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Autoapotheken: Kauf, Preis, Ausstattung - Museumsstücke im Kofferraum

, aktualisiert am

Test Autoapotheke: Dass auch die Autoapotheke ein Verfallsdatum hat, wissen viele Autofahrer, doch mit der Kontrolle hapert es. Worauf Sie beim Kauf eines neuen Verbandkastens achten sollten.

Kartoon: Leszek"Dass eine Autoapotheke ein Verfallsdatum hat, weiß ich. Kontrolliert habe ich sie zwar noch nie, aber meine ist sicher noch in Ordnung." So in etwa lautete der meistgehörte Satz, als wir im April dieses Jahres zur Autoapotheken-Kontrolle auf dem Parkplatz eines Einrichtungshauses im Raum Wien schritten.

Gelang es uns dennoch, die Autofahrerinnen und Autofahrer davon zu überzeugen, einen Blick auf ihren Verbandkasten werfen zu dürfen, war das Erstaunen meist groß.

Verfallsdatum der Autoapotheke überschritten

Fast 60 Prozent der 120 von uns begutachteten Autoapotheken (manche bezeichnen sie auch als Verbandstaschen oder Verbandskassette) erwiesen sich als nicht mehr so ganz aktuell, teilweise waren sie im wahrsten Sinne des Wortes angestaubt. Bei über einem Viertel lag das Ablaufdatum gar fünf und mehr Jahre zurück. Das älteste Exemplar, das wir aus dem Verkehr zogen, taugte eher als Exponat in einem Automobilmuseum denn für den Straßenverkehr. Es war im Jahr 1979 abgelaufen. Der vergilbte Inhalt zeigte bereits starke Auflösungserscheinungen.

Nie ausgepackt, leer oder nicht auffindbar

Manche – auch bereits abgelaufene – Verbandkästen waren vollständig und sogar noch in Plastikfolie eingeschweißt, andere dagegen hätten dringend eine Auffrischung benötigt. Sogar in Plastikbeuteln aufbewahrte Heftpflaster und Mullbinden wurden uns präsentiert. Erstaunlich auch: Nicht wenige Automobilisten waren sich zwar sicher, eine Autoapotheke an Bord zu haben, hatten jedoch keine Ahnung, wo sie sich befinden könnte. In zwei Fällen verlief die Suche danach ergebnislos; es war keine vorhanden.

Strafen von 40 bis 70 Euro möglich

Für eine fehlende oder mangelhafte Autoapotheke können Strafen verhängt werden. Die liegen hierzulande zwischen 40 und 70 Euro. Das österreichische Kraftfahrgesetz schreibt vor, dass eine Autoapotheke an Bord sein muss, legt aber keine Mindest­standards für das Verbandmaterial fest. Es muss lediglich zur Wundversorgung geeignet und in einem widerstandsfähigen Be­hälter staubdicht verpackt sowie gegen ­Verschmutzung geschützt sein.


 

Ausstattung: Europäisches Durcheinander

Ausstattung: europäisches Durcheinander

Auf euro­päischer Ebene ist die Angelegenheit schon etwas komplizierter. Da die Autoapotheke nicht fixer Bestandteil des Kraftfahrzeugs ist, wird die Pflicht des Mitführens respektive die Zusammensetzung über die diversen Straßenverkehrsordnungen geregelt. Zwar ist häufig vermerkt, dass man eine Auto­apotheke dabeihaben muss – jedoch nicht, wie diese ausgestattet zu sein hat.

Gesetze für Einheimische und Ausländer

In einigen Ländern beziehen sich die Gesetze nur auf einheimische Autos, in anderen auch auf ausländische Kraftfahrzeuge. Trotz mehrerer Anläufe war es uns nicht möglich, heraus­zufinden, wie eine in allen Ländern der EU – geschweige denn in allen europäischen ­Staaten – akzeptierte Autoapotheke aus­gestattet sein müsste.

Willkürliche Strafen

Strafen scheinen willkürlich ausgesprochen zu werden. Beispiel Tschechien: Hier wurde im vergangenen Jahr gegen einen österreichischen Lenker aufgrund seines ungenügend ausgestatteten Verbandkastens ein Bußgeld verhängt. Begründung: Die mitgeführte Schere entspreche nicht den gesetzlichen Anforderungen, da sie zu kurz sei.

Einmal im Jahr überprüfen, Keimfreiheit hat Ablaufdatum

Schwerer als derlei Kapriolen und verhängte Bußgelder fällt für uns allerdings ins Gewicht, wenn effektive Erste-Hilfe-Maßnahmen aufgrund unzureichender Ausstattung nicht oder nur eingeschränkt möglich sind. Das kann auch der Fall sein, wenn das Ablaufdatum der Autoapotheke überschritten ist.

Keimfreiheit hat ein Ablaufdatum

Die Keimfreiheit der sterilen Bestandteile eines Verbandkastens ist nämlich nur für ­einen gewissen Zeitraum gegeben. Danach sind Wundkompressen und Verbandtücher für eine saubere Wundversorgung nicht mehr geeignet und sollten dringend aus­getauscht werden.

Verbands-Material durch Hitzeschwankungen stark belastet

Dies gilt umso mehr, als das Material im Fahrzeug aufgrund der starken Temperaturschwankungen einer großen Belastungsprobe ausgesetzt ist. Sie sollten sich deshalb einmal im Jahr die Zeit nehmen, den Inhalt des Verbandkastens zu kontrollieren. Prüfen Sie dabei auch nicht sterile Produkte wie Dreiecktuch, Fixierbinden, Schere oder Rettungsdecke, die kein Verfallsdatum tragen, auf ihre Tauglichkeit.

3 Autoapotheken-Modelle: KFG, ÖNORM oder DIN

Im Rahmen unserer Aktion interessierten wir uns allerdings nicht nur für das Verfalls­datum, sondern auch für die Bestückung der Autoapotheken. In österreichischen Kraftfahrzeugen sind im Wesentlichen drei verschiedene Modelle anzutreffen.

Mehr als die Hälfte der von uns überprüften Apotheken entsprachen dem § 102 des Kraftfahrgesetzes (KFG), knapp 20 Prozent waren gemäß der Österreichischen Norm (ÖNORM) V 5101 bestückt und etwas über 20 Prozent trugen den Stempel der Deutschen Norm (DIN) 13164. Etwa 6 Prozent der kontrollierten ­Autoapotheke konnten wir nicht eindeutig zuordnen.

Fragwürdige Utensilien: auf ÖNORM oder DIN achten!

KFG-Apotheke nicht geeignet

Das Kraftfahrgesetz § 102 macht keinerlei Vorschriften zum Inhalt der Apotheke. Hier heißt es nur, dass "der Lenker auf Fahrten Verbandzeug, das zur Wundversorgung geeignet und in einem widerstandsfähigen ­Behälter staubdicht verpackt und gegen Verschmutzung geschützt ist", mitzuführen hat. Folglich bleibt es dem Hersteller der Autoapotheke überlassen, wie er sie ausstattet.

Unterschiedliche Zusammensetzung, fragwürdige Utensilien

Das führt dazu, dass KFG-Modelle höchst unterschiedlich zusammengesetzt sind. Der Nutzen enthaltener Utensilien ist nicht un­bedingt nachvollziehbar. Welche Wunden sollten etwa mit einem Sackerl Watte versorgt werden? In unserem Test konnten wir keine einzige ausreichend ausgestattete KFG-Autoapotheke finden. Wir erachten ­diese daher für nicht geeignet.

ÖNORM und DIN: geeignete Verbandskassetten

Die ÖNORM V 5101 sowie die DIN 13164 beschreiben unserer Ansicht nach, wie eine "Kfz-Verbandkassette für mehrspurige Fahrzeuge" (wie die Autoapotheke im Amtsdeutsch bezeichnet wird) sinnvoll und praxis­tauglich zusammengestellt sein sollte.

ÖNORM-Inhalt:

  • 4 Dreieck­tücher
  • 6 Wundauflagen
  • 1 Verbandtuch
  • 1 Spule Heftpflaster mit Seitenscheiben und Schutzring
  • 5 Pflasterstrips
  • 3 Pflasterschnellverbände
  • 1 Alu-Rettungsdecke
  • 1 Verbandschere
  • 6 Einmalhandschuhe
  • 1 Einmal-Beatmungsbehelf (für Mund- und Nasenbeatmung geeignet)
  • 2 Verbandpäckchen (Momentverband)
  • 5 elastische Mullbinden
  • 1 Erste-Hilfe-Anleitung
  • 1 Inhaltsverzeichnis.

Unterschiedliche Preise und Verfallsdaten

DIN-Ausstattung

Die Autoapotheke nach DIN-Norm 13164 unterscheidet sich geringfügig von der ÖNORM-Variante und erscheint uns ebenfalls geeignet, typische Unfallverletzungen zu versorgen. Enthalten sind: Heftpflaster, 8 Wundverbände, 4 Verbandpäckchen, 3 Verbandtücher, 6 Kompressen, 5 Fixier­binden, 2 Dreiecktücher, 1 Rettungsdecke, 1 Schere, 2 Paar Einmalhandschuhe, 1 Erste-Hilfe-Broschüre.

Produkte mit Ablaufdatum vom Rest getrennt

Einige Hersteller sortieren den Inhalt so, dass Produkte mit Ablauf­datum vom Rest abgetrennt verpackt werden. Das vereinfacht den Autofahrerinnen und Autofahrern die Kontrolle. Bequem sind auch im Handel befindliche Nachfüllpackungen, die nur jene Bestandteile enthalten, die ein Verfallsdatum aufweisen.

Unterschiedliche Preise ...

Die bessere Ausstattung der ÖNORM- und DIN-Apotheken hat allerdings ihren Preis, wie unsere Marktrecherche zeigt. KFG-Verbandkästen finden sich im Handel bereits ab 5,30 Euro. Für das teuerste KFG-Exemplar bezahlten wir 15,50 Euro. ÖNORM-Apotheken wurden zu Preisen zwischen 11,49 und 25,99 Euro angeboten. Die DIN-Produkte gab es im günstigen Fall ab 9,90 Euro, das teuerste DIN-Produkt kostete 22 Euro. Das sind überraschende Preisunterschiede für genormte, also inhaltsgleiche Produkte.

... und Verfallsdaten

Was uns allerdings mehr erstaunte als die Differenzen beim Preis, waren die Unterschiede beim Verfallsdatum. Einige der Exemplare, die wir in Autozubehörgeschäften, Baumärkten, bei den Autofahrervereini­gungen oder bei den Autoherstellern direkt erwarben, wären bereits nach zweieinhalb Jahren abgelaufen, andere hielten mehr als doppelt so lange. Beim Kauf lohnt sich also auch ein Blick auf das Verfallsdatum.

Testtabelle: Autoapotheken

Zusammenfassung

  • Ablaufdatum. Kontrollieren Sie einmal pro Jahr Inhalt und Verfallsdatum Ihrer Autoapotheke. Sterile Produkte mit Ablaufdatum müssen ausgetauscht werden. Nicht sterile Bestandteile (Schere, Dreiecktuch, Rettungsdecke usw.) können weiterhin verwendet werden, solange sie funktionstüchtig sind.
  • Kauf. Achten Sie beim Kauf einer neuen Autoapotheke darauf, dass sie den Aufdruck ÖNORM oder DIN-Norm trägt. Diese Produkte sind im Gegensatz zu KFG-Autoapotheken ausreichend bestückt und für die Erstversorgung am Unfallort geeignet. Zudem lohnt sich ein Blick auf das Haltbarkeitsdatum. Eine neue Autoapotheke sollte fünf Jahre gebrauchsfähig sein.
  • Aufbewahrungsort. Die Autoapotheke nicht irgendwo im Auto aufbewahren. Sinnvolle Orte sind die Türinnenseite, die Rückseite der Sitzlehne oder der Fußraum der Beifahrerseite. Auf keinen Fall gehört der Verbandkasten auf die Hutablage, denn dort kann er bei einem Unfall zum gefährlichen Geschoss werden.

Testkriterien

Es wurden Autoapotheken (KFG §102, DIN 13164, ÖNORM V5101) diverser Anbieter eingekauft. Es wurde erhoben, ob die Zusammensetzung der jeweiligen Norm (DIN 13164 bzw. ÖNORM V5101) entspricht. Autoapotheken mit DIN 13164 bzw. ÖNORM V5101 wurden als geeignet bewertet, Autoapotheken nach KFG §102 wurden als nicht geeignet bewertet.

Anbieter

Alpin: OBI Bau- und Heimwerkermärkte
Triester Straße 14
A-2334 Vösendorf
01 699 188 00
www.obi.at

ARBÖ Wien Auto-
Motor- und Radfahrerbund Österreichs
Brünner Straße 170
A-1210 Wien
050 123 29 00
www.arboe.at

Audi: Porsche Wien
Prager Straße 133
A-1210 Wien
01 27 71 40
www.porschewiennord.at 

Car Promo Company: A.T.U Auto-Teile-Unger GmbH & Co. KG
Zwerchaeckerweg 34
A-1220 Wien
0820 220 32 43
www.atu.at

Easy Med: HORNBACH Baumarkt GmbH
Johann-Steinböck-Straße 7a
A-2345 Brunn am Gebirge
02236 30 60
www.hornbach.at

Ford: MVC Motors
Brünner Straße 66
A-1210 Wien
01 277 800
www.mvcmotors.at 

LEINA Werke: A.T.U Auto-Teile-Unger GmbH & Co. KG
Zwerchaeckerweg 34
A-1220 Wien
0820 220 32 43
www.atu.at

ÖAMTC Österreichischer Automobil-
Motorrad- und Touringclub
Schubertring 1-3
A-1010 Wien
01 71 19 90
www.oeatmc.at

Opel: Eisner Auto Vertrieb und Service GmbH
Maria-Kuhn-Gasse 6/1
A-1100 Wien
01 769 09 93
www.eisner.at

ROKO: Forstinger Österreich GmbH
Gewerbeparkstraße 5
A-1220 Wien
05 910 190 904
www.forstinger.at

Skoda: Porsche Wien
Prager Straße 133
A-1210 Wien
01 27 71 40
www.porschewiennord.at 

Volkswagen: Porsche Wien
Prager Straße 133
A-1210 Wien
01 27 71 40
www.porschewiennord.at

Leserreaktionen

Preisfehler

In Ausgabe 7/2013 geben Sie für die ÖAMTC-Autoapotheke als Preis 9,90 € an. Beim Kauf einer neuen Autoapotheke (meine war im Jänner 2012 abgelaufen) in Innsbruck beim ÖAMTC bezahlte ich dann aber 14,90 € (Anfang Juli). Auf meine freundliche Nachfrage, bekam ich zur Antwort: „In Tirol sind halt andere Preise.“

Birgit Angerer
Volders
(aus KONSUMENT 9/2013)

Der von uns angegebene Preis (9,90 €) war tatsächlich falsch. Wir haben den Preis aus der Rechnung übernommen, die wir vom ÖAMTC erhalten hatten. Leider ist dem ÖAMTC beim Bonieren ein Fehler unterlaufen, korrekt wären zum Testzeitpunkt 14,90 € gewesen. Wir haben das in Text und Tabelle geändert.

Die Redaktion

Richtigstellung

Im Autoapotheken-Test der Ausgabe 7/2013 ist uns ein Fehler bei der Preisangabe unterlaufen. Wir haben die Preise der beiden Produkte LEINA Werke Verbandkasten (DIN 13164) und ROKO Verbandkasten (ÖNORM V 5101) vertauscht. Das LEINA-Produkt kostet 11,49 €, der korrekte Preis des Verbandkastens von ROKO (ÖNORM V 5101) beträgt 25,99 €.

Die Redaktion
(aus KONSUMENT 9/2013)

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