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ÖBB: Schwarzfahrer - Überpünktlich beim Abkassieren

Man wird rascher zum Schwarzfahrer, als man denkt. Die Strafgebühr übergeben die ÖBB ohne Mahnung gleich an das Inkassobüro.

Die ÖBB haben den Kampf gegen Schwarzfahrer verschärft. Mit der Folge, dass Beschwerden von Bahnfahrgästen über Fahrgeldnachforderungen und Inkassogebühren in den letzten Jahren stark zugenommen haben.

Formal sind die ÖBB im Recht

Wer ohne – oder mit falscher – Fahrkarte im Zug angetroffen wird, für den kann das Zugfahren teuer werden. Denn zum Ticketpreis kommen 65 Euro Strafgebühr und, wenn man nicht gleich bar zahlen kann, auch noch 15 Euro Gebühr dazu. Und in diese Situation kann jemand schneller kommen als er oder sie glaubt.

Die Jahreskarte vergessen, eine ermäßigte Fahrkarte am Automaten gekauft, aber die Vorteilscard nicht dabei, am Automaten im Zug ein Ticket lösen wollen, aber nicht das nötige Kleingeld im Börsel (der Automat nimmt bei kleinen Beträgen nur kleine Scheine) – und schon ist man Schwarzfahrer. Und die ÖBB-Angestellten zeigen immer seltener Verständnis für das individuelle Missgeschick, sondern kassieren streng nach Vorschrift.

Personenbezogene Zeitkarte

So hat das Vergessen einer personenbezogenen Zeitkarte, einer Vorteilscard oder Schülerfreikarte die gleiche Behandlung und Kosten zur Folge wie „normales“ Schwarzfahren. Die Strafgebühren werden allerdings, abzüglich einer Bearbeitungsgebühr von sieben Euro, rückerstattet, wenn eine Kopie des vergessenen Ausweises nachträglich an fahrgeldnachforderung.wien@pv.oebb.at gesandt wird.

Bei übertragbaren Zeitkarten gibt es naturgemäß keine Rückerstattung. Eine unbürokratische Lösung wie bei den Wiener Linien kennen die ÖBB nicht. Dort überprüft ein Kontrollorgan über mobilen Datendienst sofort, ob die beanstandete Person wirklich eine gültige Zeitkarte besitzt – vorausgesetzt, diese kann ihren Lichtbildausweis vorweisen.

Erst zahlen, dann Einspruch

Erst zahlen, dann Einspruch

Formal sind die ÖBB im Recht. Wer daher diese subjektiv als ungerecht empfundene Härte bei den ÖBB beeinsprucht und auf eine gütliche Lösung hofft, den kann das noch teurer zu stehen kommen. Ein „Einspruch“ bei den ÖBB hat keine aufschiebende Wirkung, die offene ÖBB-Forderung wandert nach Ablauf der achttägigen Zahlungsfrist ohne Mahnbrief ans Inkassobüro – laut ÖBB de facto, wenn nach einem Monat keine Zahlung eingelangt ist.

Um weitere (Inkasso-)Kosten zu vermeiden, sollte die strittige Summe innerhalb der Zahlungsfrist (in der Regel acht Tage) bezahlt werden. Man kann diese aber, wenn man sie als unberechtigt empfindet, gleichzeitig bei der am Erlagschein angegebenen Stelle mit Begründung zurückfordern. Wurde die Forderung zu Unrecht erhoben, wird das Geld zurückgezahlt. Wurde man ohne gültigen Fahrschein angetroffen, ist die Chance aber gleich Null.

Ticket online gebucht

Noch härter kann es Bahnkunden treffen, die ein Ticket online buchen. Denn auch wenn der zahlungswillige Kunde „Vom Konto abbuchen“ angeklickt hatte und gar nicht mitbekommen musste, dass die Abbuchung nicht geklappt hat: Wenn das Geld für das ausgedruckte Ticket nicht abgebucht werden kann, wird sofort – ohne Mahnung– an das Inkassobüro übergeben. Da kann der Schock groß sein, wenn nach einigen Wochen plötzlich das Schreiben eines Inkassobüros ins Haus flattert und die Ticketbezahlung samt Strafgebühr und Inkassogebühr einfordert.

Dass das auch anders geht, zeigen Fluglinien. Sie weisen den Kunden per Mail darauf hin, dass nicht abgebucht werden konnte, und fordern die korrekte Überweisung auf diesem Weg nochmals ein. Bei den ÖBB muss sich jeder selbst vergewissern, ob abgebucht wurde, um keine böse Überraschung zu erleben.

Kein Pardon für treue Bahnkunden

Kein Pardon für treue Bahnkunden

Inkassobüros sind private Unternehmen, die es für ihre Auftraggeber übernehmen, offene Forderungen einzutreiben. Um ihr Ziel zu erreichen, üben sie Druck aus: Durch knapp gesetzte Fristen, durch gehäufte Mahnschreiben, durch Androhung von gerichtlichen Schritten oder sogar durch Hausbesuche. Eine solche Vorgangsweise ist bei oft langjährigen treuen Bahnkunden wohl nicht angemessen.

Ein Dienstleistungsunternehmen wie die ÖBB, überdies ein Unternehmen im Besitz der öffentlichen Hand, sollte auch säumige Kunden fair behandeln. Dazu gehört es, die Kosten nicht durch sofortige Übergabe an Inkassobüros explodieren zu lassen. Denn wie die Praxis zeigt, ist es oft nicht böser Wille, der Fahrgäste formal zu Schwarzfahrern werden lässt. Umgekehrt erwarten ja offenbar auch die ÖBB von ihren Fahrgästen Verständnis, wenn etwas nicht nach (Fahr-)Plan läuft – und das ist ja nicht einmal so selten …

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