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Energieberatung - Schwachstellenanalyse

Wer sein Haus sanieren möchte, ist oft ratlos: Wo anfangen? Und was kostet das eigentlich? Energieberater helfen, diese Fragen zu klären. Wir fragten DI Friedrich Brandstetter, was Kunden von einer solchen Beratung erwarten können.

Interview mit Friedrich Brandstetter zum Thema Energieberatung (Foto: Brandstetter) 

DI Friedrich Brandstetter ist studierter Elektrotechniker und selbstständiger Energieberater im Pool der Energieberatung des Landes Niederösterreich. Er stand für unseren neuen Ratgeber „Energiesparen ganz einfach!“ als Experte zur Verfügung.

"Konsument": Was versteht man unter einem Energieberater?

DI Brandstetter: Ein Energieberater ist jemand, der sich intensiv mit dem Thema Energieeffizienz und dem Einsatz von erneuerbaren Energien beschäftigt.

Wie lange dauert bei Ihnen eine Beratung und wie läuft sie ab?

DI Brandstetter: Sie müssen mit ca. zwei Stunden rechnen. Ich komme zu Ihnen in Ihr Ein- oder Zweifamilienhaus und schaue mir das Objekt vor Ort an. Dann bespreche ich, welche Maßnahmen in welcher Reihenfolge sinnvoll wären. Wichtig sind natürlich auch die Themen Finanzierung und Förderung.

Wie erheben Sie den Ist-Zustand einer Wohnung oder eines Hauses?

DI Brandstetter: Es gibt relativ gut abgegrenzte Bauperioden, anhand derer man die Qualität eines Gebäudes beurteilen kann. Es gibt eine ­Bauperiode vor 1918, 1919: Gebäude aus dieser Zeit bestehen typischerweise aus Vollziegelwerk oder Natursteinmauerwerk. Dann gibt es die Bauperiode, bei der man energetisch am meisten herausholen kann: Das sind Nachkriegsbauten bis Ende der 1960er-Jahre. Da ist aufgrund der ge­ringen Verfügbarkeit und der nicht vorhan­denen Mittel großteils mit sehr schlechten Mate­rialien gebaut worden.

Wenn man sich für eine Sanierung entschieden hat, womit fängt man an?

DI Brandstetter: In der Reihenfolge steht an erster Stelle: dämmen, dämmen, dämmen. Man sollte einen möglichst hohen Standard der thermischen Qualität des Gebäudes erreichen. Das sind also die oberste Geschossdecke, die Fenster, die Fas­sade und, falls vorhanden, auch der Keller. Bei nicht unterkellerten Gebäuden muss general­saniert und der Fußboden neu aufgebaut werden.

Materialien + Kosten

Welche Dämm-Materialien kommen zum Einsatz?

DI Brandstetter: Es gibt viele verschiedene Materialien, die für die Dämmung verwendet werden können. Das beginnt bei der obersten Geschoßdecke mit ganz naturnahen Produkten wie Stroh oder Zellulose. Es kann aber auch mit Mineralwolle- oder Steinwolleprodukten, Hanf, Kork oder – was sehr häufig aus Kostengründen gemacht wird – mit Styropor isoliert werden.

Ähnliches gilt im Fassadenbereich. Auch hier wird größtenteils mit Styropor isoliert. Teilweise werden Mineralwolleprodukte verwendet. Manche dämmen auch mit Kork, Schafwolle oder Holzwolleprodukten. Es gibt also die unterschiedlichsten Varianten.

Wann ist ein Fenstertausch sinnvoll?

DI Brandstetter: Bei Fenstern empfehle ich, Kastenfenster zu sanieren, wenn die Substanz gut ist. Hier besteht z.B. die Möglichkeit, den inneren Flügel doppelt zu verglasen und Wärmeschutz­gläser einzusetzen. Ansonsten: Bei 98 Prozent aller Fenster, die alt oder undicht sind, ist das Beste ein kompletter Austausch.

Und welche Fenster soll man kaufen? Kunststoff-Fenster?

DI Brandstetter: Die sind immer die zweite Wahl. Aber Kunststoff-Fenster sind die billigsten Fenster und werden daher aus Kostengründen häufig verwendet. Meine Empfehlung ist Holz oder Holz-Alu. Holz im Außenbereich bedarf einer gewissen Pflege, das sollte man bei der Kaufentscheidung mitberücksichtigen. Alu im Außenbereich braucht kaum Pflege.

Ein ganz wichtiger Punkt ist noch die Reihenfolge der Sanierung – haben Sie vor, auch die Fassade zu erneuern, sollte der Fenster- und Türentausch unbedingt vorher erfolgen.

Was kann man bei Haustüren machen?

DI Brandstetter: Im Normalfall ist bei den alten Haustüren ein Türentausch notwendig. Diese Türen sind oft verzogen, dann gibt es Undichtigkeiten, wo es durchzieht. Unter manchen Türen kann man durchschauen, da ist nichts zu sanieren.

Wann ist ein Heizungstausch notwendig?

DI Brandstetter: Der erste Eindruck bei einer Heizung ist deren Alter. Wir haben in Österreich sehr viele Heizungssysteme, die 30 Jahre und älter sind. Meistens sind es Ölheizungen oder auch Holzheizungen. Gasheizungen in dieser Altersgruppe gibt es eher selten. Ab einem Alter von 20 Jahren empfehle ich auf jeden Fall einen Kesseltausch.

Was kostet z.B. die thermische Komplettsanierung eines Einfamilienhauses?

DI Brandstetter: Ich verwende hier gerne Richtwerte, die natürlich von Fall zu Fall extrem differieren können. Die Dämmung der obersten Geschoßdecke kostet zwischen 25 und 40 Euro pro Quadratmeter. Im Fassadenbereich kann man von einem Quadratmeterpreis von ungefähr 70 Euro für 16-Zentimeter-Vollwärmeschutz ausgehen.

Einen Preis für den Fenstertausch zu nennen ist schwierig, da es hier eine sehr große Bandbreite gibt. Bei günstigen Kunststoff-Fens­tern beginnt das Preisband für ein 120-Quadratmeter-Ein­familienhaus bei etwa 8.000 Euro und kann bei Verwendung von höchstqualitativen Holz-Alu-Fenstern auch das Doppelte betragen. In Summe muss man bei der Sanierung eines Hauses der genannten Größe bei halbwegs vernünftigen ­Rahmenbedingungen mit etwa 50.000 bis 70.000 Euro rechnen.

Energieberater

Wer darf sich Energieberater nennen?

DI Brandstetter: Im Prinzip kann jeder dieses Gewerbe anmelden. Es zählt zu dieser riesen­großen Gruppe der freien Gewerbe, bei denen man keine Qualifikation nachweisen muss.

Wie komme ich zu einem guten Energieberater?

DI Brandstetter: In jedem Bundesland existieren Beratungsstellen, wo es Informationen zum Thema Energieberatung gibt, bzw. hat diese Beratungsstelle selbst Energieberater. Das sind im Normalfall sehr erfahrene Leute, die das schon jahrelang machen. Die beste Werbung ist Mundpropaganda. Hören Sie sich also zuerst einmal im Freundes- oder Bekanntenkreis um.

Was kostet eine Energieberatung?

DI Brandstetter: Das ist von Bundesland zu Bundesland verschieden. In Niederösterreich übernimmt das Land die Kosten zu 100 Prozent. In anderen Bundesländern gibt es Zuschüsse, die im Schnitt bei rund zwei Drittel der Kosten liegen.

Wie viel verlangt ein Energieberater am freien Markt?

DI Brandstetter: Je nach Qualifikation muss man mit 50 bis 70 Euro pro Stunde rechnen. Bei 70 Euro sollten die Fahrtspesen schon enthalten sein.

Machen Energieberater auch komplette Sanierungskonzepte?

DI Brandstetter: Einige Energieberater bieten die Erstellung von Sanierungskonzepten an. Wir haben häufig mit Kunden zu tun, die absolut keine Bauerfahrung und kein handwerkliches Geschick haben. Es gibt auch Berater, die Unterstützung bei der Ausschreibung und bei der Auswahl der Professionisten anbieten. Manche machen sogar die Bauaufsicht, also die Begleitung der gesamten Sanierung.

Gibt es Rundumbetreuung auch von einem Energieberater, den das Land zur Verfügung stellt?

DI Brandstetter: Prinzipiell ja, allerdings unter der Voraussetzung, dass er die dafür notwendige Berechtigung hat. Finanzieren muss diese Dienstleistung dann der Kunde. Eine Rundumbetreuung ist aber speziell für Laien in der Baubranche zu empfehlen.

Häufig sind wir auch mit Fehlern im Baubereich konfrontiert. Vor allem Menschen, die sich im Baubereich überhaupt nicht auskennen, laufen Gefahr, diese Fehler nicht zu erkennen. Und haben dann vielleicht in drei oder fünf Jahren ein großes Problem mit ihrer gut gemeinten Sanierung.

Ratgeber "Energiesparen - ganz einfach!"

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Schlecht isolierte Gebäude, undichte Fenster, veraltete Heizkessel, Stromfresser in Küche und Wohnzimmer: In vielen Haushalten wird  Energie nicht verschwendet, sondern förmlich vernichtet. Eine immer teurere Angelegenheit angesichts rasant steigender Preise. Energie sparen – und damit auch das Klima schützen – ist deshalb angesagt:

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Aus dem Inhalt

  • Mehr Licht um weniger Geld
  • Wo und wie Wärme verloren geht
  • Welche baulichen Maßnahmen sinnvoll sind

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