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Digital-TV - Stimmvieh für Starmania

Bei der Digitalisierung des Fernsehens bleibt die Kundenfreundlichkeit auf der Strecke.

Die Zukunft des Fernsehens ist digital, daher muss auch der terrestrische Weg der Rundfunkübertragung – via Hausantenne – digitalisiert werden. Folgerichtig startet Ende 2003 ein Probebetrieb im Versorgungsgebiet Graz. Binnen weniger Jahre soll DVB-T (Digital Video Broadcasting-Terrestrial), die europäische Norm für digitales terrestrisches Fernsehen, flächendeckend in Österreich eingeführt sein. Analoges Fernsehen soll „so schnell wie möglich“ verschwinden. Der vorläufige Vier-Stufen-Plan sieht ab dem Jahr 2008 die regionsweise Abschaltung analoger Frequenzen vor, doch manchen geht auch das noch viel zu langsam.

Kein Vorteil

So sehr die Vorteile für die TV-Konsumenten hervorgestrichen werden – „erhöhte Programmvielfalt, verbesserte Bildqualität“ –, so wenig haben sie bei dieser Entscheidung mitzureden. Die Positiva halten sich jedenfalls in Grenzen. Es stimmt zwar, dass statt drei analogen TV-Programmen digital etwa 12, in Ballungsräumen sogar 20 Programme empfangen werden könnten. Allerdings nur dann, wenn man auf hochauflösende Bildübertragung verzichtet: Bei Übertragung im HDTV (High Definition Television)-Standard könnte nur ein Programm pro Kanal übertragen werden – so viel wie bisher. Per Hausantenne bleibt die Kapazität quantitativ und auch qualitativ beschränkt. Wer auf ein breites Angebot Wert legt, der kann heute schon via Kabel und Satellit mehr Sender empfangen, als es auf terrestrischem Weg je möglich sein wird.

Vorzüge bleiben beschränkt

So bleiben die Vorzüge von digitalem terrestrischem TV für den Konsumenten auf jenen Bereich beschränkt, der so geheimnisvoll mit „interaktiven Anwendungen“ umschrieben wird. Im Wesentlichen bedeutet das: Man darf bei „Starmania“ abstimmen oder beim „Millionenspiel“ mitspielen. Das wird vielen TV-Kunden herzlich egal sein. Mehr Möglichkeiten eröffnen sich hingegen für die Sendeanstalten: Sie können bestimmte Programme nur gegen (Extra-) Bezahlung anbieten oder neue Werbequellen durch Teleshopping erschließen

Set-Top-Box für alle Geräte im Haushalt

Während die Betreiber dabei großzügig gefördert werden, wird der Konsument zur Kasse gebeten. Um sein TV-Gerät digitaltauglich zu machen, wird er sich früher oder später ein Zusatzgerät (eine Set-Top-Box) zulegen müssen, dessen Preis derzeit auf rund 180 bis 200 Euro geschätzt wird. Und so eine Box braucht man für jedes TV-Gerät und für jeden Videorecorder, der im Haushalt steht. Nach dem Abschalten der analogen TV-Kanäle kann man ohne Zusatzgerät nicht mehr fernsehen. Und digitaltaugliche TV-Geräte gibt es derzeit noch sehr wenige.

Antennen-TV ist geschrumpft

Es fragt sich, warum man heute wieder auf das Antennen-TV setzt, wo es doch bald zu einer Restgröße geschrumpft sein wird. Derzeit empfangen nur mehr 17 Prozent der Haushalte ausschließlich über die Hausantenne, und dieser Anteil wird wohl angesichts der aufgezwungenen Kosten für digitale Terrestrik drastisch schrumpfen. Jene, die ausländische Sender über Satellit empfangen, können den ORF ja auch über einen Decoder empfangen.

d-box ist ein Auslaufposten

Auch dabei ist übrigens vieles falsch gelaufen. Entgegen den warnenden Stimmen aus der Fachwelt hat sich der ORF bei der Entscheidung für einen Satelliten-Decoder mit Haut und Haaren der d-box von Medienmogul Kirch verschrieben. Weil der kurz darauf pleite ging, ist auch das Verschlüsselungssystem der d-box (Betacrypt1) ein Auslaufposten und wird bestenfalls noch bis Ende des Jahres weiter bestehen. Doch der ORF will aus seinen Fehlern nicht lernen: Statt den Zutritt über mehrere Verschlüsselungssysteme zuzulassen, hat er sich neuerlich auf ein einziges festgelegt – CryptoWorks von Philips.

Schnoddriger ORF-Kundendienst

Was viele leidgeprüfte TV-Kunden besonders erzürnt, ist die schnoddrige Art, in der sie vom ORF-Kundendienst behandelt werden. Lange Zeit wurde das Problem mit Betacrypt1 verschwiegen, brauchbare Informationen sind auch heute kaum zu bekommen.

Damit Sie nicht überbleiben

  • Empfang per Hausantenne
    Schieben Sie den Kauf eines neuen TV-Gerätes möglichst auf. In absehbarer Zeit wird das Angebot digitaltauglicher Geräte breiter und billiger werden.
  • Sat-Empfang
    Entscheiden Sie sich für einen digitalen Sat-Receiver mit „Common Interface“, der für mehrere Verschlüsselungssysteme offen ist (also keine d-box oder deren Nachfolger). Er muss allerdings mit einem CryptoWorks-Adapter ausgestattet sein.

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In einem halben Jahr erfolgt die endgültige Umstellung auf den neuen Standard für Antennenfernsehen. Infos dazu findet man noch keine.

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