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Fernsehen in 3D: Konsument-Interview - Die andere Dimension

„Es wiederholt sich alles – man muss nur alt genug werden, es zu erleben.“ An diese Weisheit wird zwangsläufig erinnert, wer den aktuellen Hype um die neuen 3D-Fernsehgeräte mitverfolgt. Konsument.at sprach mit Paul Srna, dem VKI-Experten für Unterhaltungselektronik zum Thema 3D-Fernseher.

Uralt und dennoch neu

Denn die dreidimensionale Darstellung von bewegten Filminhalten ist an sich alles andere als neu: Nachdem die Brüder Lumière bereits 1895 einen einmütigen Film in 3D drehten, dauerte es immerhin bis in die 50er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts, bis die 3D-Technik einen kräftigen Schub erhielt: Mit der Einführung des Fernsehens in Österreich leerten sich die Kinosäle und die Filmindustrie suchte zu kontern. Mit etwas, was das Fernsehen nicht zu bieten vermochte: Spielfilme in 3D. Der Erfolg hielt sich – nicht zuletzt wegen der fürs Betrachten nötigen rot-grünen Brillen und eher skurrilen als überzeugenden Effekte – in Grenzen.

Die Kino-Zukunft ist dreidimensional

Heute ist das anders: 3D-Filme, die mit vergleichsweise bequemen Polarisationsbrillen und noch dazu in Farbe auf Breitwand daherkommen, lassen die Kinokassen klingeln wie selten zuvor: Avatar, Alice im Wunderland ….

Da ist es nur logisch, dass die neue Technik auch ins Wohnzimmer drängt.  Denn einerseits nähern sich die TV-Gerätehersteller mit ihren Flachbildschirmen der Marktsättigung – noch viel größer und noch viel flacher geht bald nicht mehr – andererseits jammert die Unterhaltungsindustrie über Internet-bedingte Einbrüche beim Filmverkauf auf DVD. Da kommt 3D für beide gerade recht.

Denn dazu bedarf es neuer TV- und Abspielgeräte sowie Trägermedien.

Das war die schlechte Nachricht.

Es funktioniert!

Die gute: Soweit derzeit absehbar, bietet die neue 3D-Technologie am heimischen TV-Apparat tatsächlich ein völlig neues Fernsehgefühl. Vergleichbar am ehesten mit dem Unterschied zwischen den alten Fernsehsausstrahlungen in schwarz-weiß und dem Ende der 60er-Jahre in Österreich eingeführten Farbfernsehen.

VKI-Experte im Interview

Konsument.at sprach mit einem der ersten, die eines der neuen Geräte im Testlabor unter die Lupe nehmen konnte, mit dem Experten für Unterhaltungselektronik des Vereins für Konsumenteninformation, Paul Srna:

Konsument.at: Herr Srna, für welche Zielgruppe sind die neuen 3D-Fernsehgeräte gemacht?

Paul Srna: Vorerst sicherlich nicht für den „Durchschnittskonsumenten“, sondern für den Trendsetter, den Technik-Verliebten und jenen, der „schon sonst alles hat“. Denn die großen Player im 3D-Spiel – derzeit vor allem Samsung, Sony, Philips, Panasonic, LG – fügen nicht einfach ihrer gesamten Produktpalette die 3D-Fähigkeiten hinzu,  sondern packen in die neuen Spitzengeräte alles, was sie an technischem Know how zu bieten haben.

Konsument.at:… was wahrscheinlich seinen Preis hat?

Paul Srna: Ja, unter 2.000 Euro muss man gar nicht erst an 3D denken, 3.000 Euro sind für die großen Diagonalen da schon realistischer.

Konsument.at: Inklusive Zubehör?

Paul Srna: Nicht unbedingt. Nicht alle Hersteller liefern das TV-Gerät, mit den benötigten Brillen aus – die ersteht man dann ab 90 Euro zusätzlich.

Konsument.at: Samsung argumentiert damit, dass ja erst recht wenig an abspielbarem 3D-Material am Markt verfügbar sei, weshalb die Brillen den Gerätepreis unnötig verteuern würden, ohne dass man sie derzeit bereits nennenswert einsetzen könne.

Paul Srna: Die Knappheit an Material ist ganz offensichtlich. Im Moment gibt es kaum eine Hand voll an verfügbaren 3D-Filmen. Das kann sich aber rasch ändern, denn  die Unterhaltungsindustrie könnte rasch auf diesen Zug aufspringen.

 

 

Wenige Sendungen mit 3D-Effekt

Konsument.at: Apropos Zug: Als die ersten Dampfloks durch die Gegend pfauchten, befürchteten damals namhafte Mediziner, die Fahrgäste würden einen Geschwindigkeitskoller erleiden, die Hühner entlang der Bahnstrecke tot umfallen. Im Zusammenhang mit 3D-TV gibt es Warnungen, die an solche Szenarien erinnern.

Paul Srna: Ja, japanische Hersteller haben entsprechende Hinweise herausgegeben. Demzufolge sollten vor allem Epileptiker vorsichtig mit der Konsumation von 3D-TV sein, aber auch wer abgespannt und müde ist oder Alkohol getrunken hat, sollte auf 3D verzichten oder zumindest sehr dosiert damit umgehen. Auch wird empfohlen, das Gerät nicht so aufzustellen, dass man über Kabel oder  Einrichtungsgegenstände  stolpern oder vom Balkon fallen könnte …

Konsument.at: … weil man in die 3D-Welt „hinein gesogen“, die Wahrnehmung der Umgebung verändert wird?

Paul Srna: Ja, das könnte der Grund sein. Allerdings entspricht die Stärke des 3D-Effekts nach meinem Eindruck nicht jenem, den man vom Kino her kennt. Dort taucht man nämlich mehr oder weniger mit dem gesamten Gesichtsfeld in das dreidimensionale Geschehen ein. Die TV-Geräte haben natürlich nicht die Breite einer Kinoleinwand, deshalb bleibt „die Welt drum herum“ die gewohnte.

Ich meine damit: Der 3D-Effekt bei den TV-Geräten funktioniert akzeptabel bis hervorragend, es ist aber als würde man durch einen Schacht, eine Röhre, einen Tunnel, ein Fenster auf einen künstlich dreidimensional aufbereiteten Ausschnitt der Welt blicken.

Konsument.at: … und dieser Blick ist ja nur mit einer jeweils speziellen Brille möglich, die sich noch dazu von Hersteller zu Hersteller unterscheidet.

Paul Srna: Richtig, die Brillen des einen Herstellers sind nicht mit den TV-Geräten eines anderen kompatibel. Aber das kennt man ja schon aus vielen anderen  Bereichen auch. Dabei ist das – derzeit – eingesetzte System aber das gleiche: Über eine Infrarotverbindung werden TV-Gerät und Brille so  synchronisiert, dass die Bilder für das linke und rechte Auge abwechselnd angezeigt werden, man nennt das „shuttern“.

Da die Bilder leicht versetzt aufgenommen beziehungsweise wiedergeben werden – wie ja auch das linke und das rechte Auge des Menschen die Gegenstände leicht unterschiedlich wahrnehmen – entsteht der 3D-Effekt.  Das Ein- und Ausschalten der Brille geschieht dabei so schnell, dass es vom Betrachter nicht bewusst wahrgenommen wird.

Konsument.at: Wegen der Shutter-Brille ist 3D-TV somit nur etwas für Menschen, die keine optische Brille tragen müssen?

Paul Srna: Nein, das stimmt nicht. Erstaunlicher Weise lassen sich die Shutter-Brillen in den meisten Fällen problemlos über der gewohnten Brille tragen.

Konsument.at: Dennoch bleiben die Brillen doch eine lästige Voraussetzung zum 3D-Genuss?

Paul Srna: Derzeit ja. Obwohl es prinzipiell 3D-Technologien gibt, welche auch ohne Brille auskommen. Die sind für die normale Anwendung derzeit aber noch unerschwinglich und unterliegen auch Einschränkungen, wie etwa beim möglichen Betrachtungswinkel.

Konsument.at: Bei der Shutter-Technik – wie viele Leute können eigentlich vor dem TV-Gerät sitzen und 3D genießen?

Paul Srna: Auch abhängig von der Bildschirmgröße passen aber drei bis vier Leute allemal vor das Gerät, ohne dass jemand Einbußen  hinnehmen müsste.

Konsument.at: Okay, und was kann man denn nun sehen?

Paul Srna: Wie schon gesagt: derzeit wenig. Aber es ist, wie man hört, die Übertragung oder doch zumindest Wiedergabe von einigen Spielen der bevorstehenden Fußball-Weltmeisterschaft geplant. Zusätzliches Film-Material ist für Blue-ray-Player, die Nachfolger der DVD, zu erwarten. Dafür ist aber in den meisten Fällen die Anschaffung eines neuen Gerätes notwendig.

Konsument.at: Warum?

Paul Srna: Derzeit gibt es nur wenige Player, die den Anforderungen gerecht werden. Für die Playstation 3 als Wiedergabegerät soll demnächst ein Update zur Verfügung stehen, dass die Wiedergabe von 3D-Filmen „schafft“.

Trendsetteraufschlag und wenige Wahlmöglichkeiten

Konsument.at: So, unter dem Strich, Herr Srna: Macht die Anschaffung eines 3D-tauglichen Fernsehgerätes zurzeit Sinn?

Paul Srna: Das hängt von der Planungsperspektive des Konsumenten ab. Vergessen wir nicht: Alle derzeit als 3D-Fernseher angebotenen Geräte sind auch im „Normalbetrieb“ Spitzengeräte der jeweiligen Hersteller.  Wer auf hohen bis höchsten technischen Standard, selbst für das „normale“ Fernsehen Wert legt – beispielsweise ein breites Spektrum an Anschlussmöglichkeiten für externe Bildquellen – und wer gleichzeitig zukunftssicher kaufen will, dem ist vom Kauf nicht abzuraten. Denn die 3D-Funktion kommt mit erstaunlich wenigen Kinderkrankheiten daher, fundamentale Verbesserungen sind mittelfristig nicht zu erwarten.

Andererseits: Wie bei jeder Produktneueinführung haben wir es auch bei den 3D-Geräten sicher mit einem Trendsetter-Aufschlag beim Preis und einer sehr schmalen Palette an Wahlmöglichkeiten zu tun. Diese wird sich schon in naher Zukunft deutlich erweitern, gleichzeitig werden die Preise (allerdings nicht im selben Maße) sinken.

Gut zu wissen:

  • Nicht alle Menschen können überhaupt 3D sehen. Man rechnet mit etwa 10% „nicht-3D-fähigen“ Menschen
  • EINE Erklärung für Kopfschmerzen durch 3D.  Infolge der „künstlichen Erzeugung“ des 3D Bildes auf einer realen Ebene ist auch nur diese eine reale Ebene wirklich scharf, der Versuch auf den (unscharfen) Hintergrund zu fokussieren führt zur Überanstrengung, da ja – anders als in der realen Welt - kein Schärfepunkt gefunden werden kann.

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