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Datenschutz: Facebook - Surfverhalten genau erforscht

Facebook hat sich dank unserer Daten zu einer der größten Werbemaschinen weltweit entwickelt. Seit Anfang des Jahres spioniert es uns noch gründlicher aus.

Außerdem in unserer Datenschutzserie erschienen:


Unglaubliche 1,3 Milliarden Menschen nutzen die Social-Media-Plattform Facebook. In Österreich sind es laut statista.com mit 3,4 Millionen Usern rund 40 Prozent der Bevölkerung. Im November 2014 klärte Facebook seine User über geänderte Geschäftsbedingungen auf.

Neue Daten- und Cookie-Richtlinie

"Durch die Nutzung unserer Dienste nach dem 1. Januar 2015 stimmst du unseren aktualisierten Bedingungen sowie unserer aktualisierten Datenrichtlinie und Cookie-Richtlinie zu", stand in der Benachrichtigung geschrieben. Heißt so viel wie: Jeder Facebook-User, der sich im neuen Jahr schon einmal eingeloggt hat, ist mit den neuen Nutzungsbedingungen automatisch einverstanden.

Der Text, auf den verwiesen wird, ist lang und kompliziert, und das, obwohl sich das Unternehmen bei der Neufassung um mehr Transparenz und eine verständliche Sprache bemüht hat. Einige Neuerungen werden vorgestellt. Die gute Nachricht dabei ist: User bekommen ein wenig mehr Kontrolle über ihre Daten. Die schlechte: Das Surfverhalten wird noch genauer erforscht.

Standortdaten mit Werbeanzeigen verknüpft

Neu ist, dass die Standortdaten der Nutzer mit denen ihrer Freunde und mit Werbeanzeigen verknüpft werden. Dadurch will Facebook seine Werbung noch zielgenauer auf den "Kunden" zuschneiden. Wenn dieser beispielsweise in der Wiener Innenstadt spazieren geht, dann schlägt ihm die Facebook-App ein Restaurant in der Nähe vor. Wer über einen Onlineshop eine Handtasche kauft, der bekommt eine Anzeige über ein Accessoire-Geschäft in der Gegend. Die Werbung bezieht sich noch stärker auf die unmittelbare Umgebung.

Außerdem werden den Usern mehr Neuigkeiten von denjenigen Freunden auf der Pinnwand gezeigt, die gerade in der Nähe sind. Nutzer können sich gegen diese Neuerung allerdings indirekt wehren, indem sie der Facebook-App auf dem Smartphone den GPS-Zugriff verweigern.

Surfverhalten auf anderen Websites ausgewertet

Weiters bezieht Facebook von nun an noch viel mehr Daten mit ein, wenn es darum geht, die passende Werbung für die Nutzer zu wählen. Bis jetzt entnahm das Netzwerk die Vorlieben seiner Mitglieder vor allem den Klicks auf den Like-Button. Seit diesem Jahr wertet das Unternehmen auch das Surfverhalten auf anderen Internetseiten und bei App-Anwendungen aus.

Noch mehr Auskundschaftung also, die Facebook seinen Usern mit einem Zuckerl schmackhaft machen will. Denn ihnen ist es nun auch möglich, Werbeanzeigen auf ihre Relevanz hin zu bewerten. Was auf den ersten Blick als entgegenkommende Geste wirkt, ist für Facebook selbst nur Mittel zum Zweck. Immerhin hat die Firma durch die Info, welche Werbung genehm ist und welche nicht, noch mehr wertvolle Daten zur Verfügung.

Was können User tun?

Was können User tun?

Eine Möglichkeit, den neuen Richtlinien zu widersprechen, gibt es nicht. Es greift die Macht des Faktischen. Den Nutzern bleibt die Wahl, entweder komplett aus dem Netzwerk auszusteigen oder die Neuerungen mehr oder weniger hinzunehmen. Abschwächen können sie die Auswirkungen der Datensammelwut nur insofern, als sie in den Privatsphäre-Einstellungen auf eine minimale Auswertung der persönlichen Daten zu Werbezwecken setzen (unter "Einstellungen/Werbeanzeigen/Werbeanzeigen & Freunde" auf "bearbeiten" klicken und das Feld "Kombiniere meine sozialen Handlungen mit Werbeanzeigen für" auf "Niemand" setzen; danach die Änderungen speichern).

Tracking-Schutz installieren

Generell lässt sich die Sammlung und Auswertung von Daten auch mit der Installation eines Tracking-Schutzes am Computer eingrenzen. Programme wie Tor, Adblock oder Ghostery schränken das Mitlesen Dritter ein und sorgen auch dafür, dass Werbung gar nicht erst eingeblendet wird. Zudem schadet es nicht, die Sichtbarkeit der eigenen Beiträge bei Facebook in der Rubrik "Einstellungen" zu kontrollieren.

Generell empfiehlt der auf Datenschutz spezialisierte Jurist Rainer Knyrim allen Facebook-Usern, die Zeit zu investieren, um sich die Nutzungsbedingungen anzusehen. Wobei man allein beim Grunddokument locker eine Stunde sitzt. Außerdem enthält es viele unklare Sätze und Verweise, bei denen sich nicht nur beim gemeinen Leser, sondern vor allem für Juristen zahlreiche Fragen auftun.

Zustimmung zur Datenverarbeitung notwendig

Grundsätzlich verstößt das größte soziale Netzwerk der Welt gleich in mehreren Belangen gegen das in der EU verankerte Grundrecht auf Datenschutz. Denn für die Facebook-Nutzer ist es unmöglich, festzustellen, was mit den über sie gesammelten Daten passiert. Genau das aber sieht das EU-Recht vor. Außerdem müssen die Nutzer dem europäischen Datenschutzrecht zufolge den jeweiligen Sammelfunktionen ausdrücklich zustimmen, nachdem sie entsprechend aufgeklärt worden sind.

Facebook selbst erklärt dann stets, dass die User bei der Anmeldung allen Arten der Datenverarbeitung zugestimmt haben. Praktisch sieht die Sache anders aus. Das Gros der User verwendet die von Facebook automatisch vorgeschlagene Grundeinstellung deshalb, weil sie die Möglichkeiten zur Steuerung der Privatsphäre nicht kennen. Die Grundeinstellung sorgt dafür, dass persönliche Infos mit einem breiten Nutzer- und Sammlerkreis geteilt werden. Das Ändern ist vor allem für ältere und technisch weniger beschlagene Menschen äußerst mühevoll. Außerdem werden neue Funktionen oft automatisch aktiviert, ohne Information an die Nutzer.

Synchronisieren: Facebook sammelt Daten

Juristisch fragwürdig ist außerdem die Vorgangsweise von Facebook beim Synchronisieren; sprich: wenn ein User die Kontakte in seinem Netzwerk mit jenen im Smartphone abgleicht. Dabei sammelt das Unternehmen Mailadressen, Rufnummern und mehr von nicht auf seiner Plattform angemeldeten Personen. Auch in diesem Fall stimmt der Betroffene der Datenverwendung nicht ausdrücklich zu.

Recht auf Daten einfordern

Recht auf Daten einfordern

Wer wissen möchte, welche Daten ein Unternehmen über ihn gespeichert hat, der hat der europäischen Datenschutzrichtlinie zufolge das Recht, es zu erfahren. So auch von Facebook – wobei das Netzwerk einiges unternimmt, um es Anfragenden so schwer wie möglich zu machen.

Schritte zur Herausgabe persönlicher Daten:

1. Zunächst muss ein Formular zur Herausgabe der persönlichen Daten abgeschickt werden: Antrag auf Herausgabe persönlicher Daten. Bald erhält man eine standardisierte Antwort-Mail, die auf ein Download-Tool verweist, auf dem man mit einem Bruchteil aller gespeicherten Daten abgespeist wird.

2. Um zum vollen Datensatz zu gelangen, muss sich der Interessent bei der irischen Datenschutzbehörde beschweren (Infos und Formulare aufDaten verlangen: Auskunftsersuchen an Facebook). Doch auch die ignoriert Beschwerden oder weist sie ab.

3. Nur wer hartnäckig bleibt, wiederholt anfragt und sich gegebenenfalls bei der EU-Behörde beschwert (Facebook: Beschwerde gegen die irische Behörde bei der EU), dem werden alle Daten per Post zugeschickt.

Dass die irische Behörde sich so unkooperativ verhält, hat damit zu tun, dass Facebook seinen europäischen Hauptsitz in Irland hat. Dort profitiert die Firma von einem Steuerschlupfloch und muss nur geringe Sätze zahlen. Dennoch kassiert Irland an den Facebook-Einnahmen kräftig mit und ist wohl deswegen nicht sonderlich an der Durchsetzung besserer Datenschutzrechte interessiert.

Sammelklage angestrebt

Für die Einhaltung des Grundrechts auf Datenschutz kämpft die Initiative "Europe versus Facebook: Datenschutz". Die Gruppe rund um den jungen Salzburger Juristen Max Schrems hat unter anderem eine Sammelklage beim Wiener Handelsgericht eingereicht, mit dem Vorwurf, dass das Netzwerk gegen Datenschutzbestimmungen verstoße.

Aktuell wird die Frage ausverhandelt, ob Facebook in Österreich klagbar ist. Sollte es zu dieser Feststellung kommen, halten Juristen die Chancen auf einen Sieg der Initiative für nicht unrealistisch. 25.000 Menschen sind beteiligt, damit ist es die größte Sammelklage in Sachen Datenschutz in ganz Europa. Geklagt wird auf Unterlassung und einen Schadenersatz in der Höhe von 500 Euro pro Nutzer. Wer mitmachen möchte, kann sich auf www.fbclaim.com/ui/register als Interessent registrieren. Wird die Sammelklage ausgedehnt, bestehen Chancen auf eine Teilnahme.

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