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Erben - Klartext

Nach der Neuauflage unseres Ratgebers „Erben ohne Streit“ erreichten uns immer wieder Anfragen. Zwei Expertinnen, Mag. Ingrid Gaismayer, Rechtsanwältin, und Mag. Michaela Wiesner, Steuerberaterin, haben am Telefon Leseranfragen beantwortet.

Unsere  Hotline zum Thema „Erben“ und unser Ratgeber "Erben ohne Streit" waren ein voller Erfolg. Das waren die am häufigsten gestellten Fragen:

Testament selbst verfassen

Mein Vater ist schon sehr betagt. Muss er für eine Testamentserrichtung zum Notar gehen, was für ihn sehr beschwerlich wäre?

Nein, Ihr Vater muss nicht zum Notar. Vorausgesetzt, Ihr Vater ist lediglich körperlich eingeschränkt, geistig aber voll zurechnungsfähig, kann er sein Testament selbst verfassen. Einige handschriftliche Zeilen (mit Datum und Unterschrift), aus denen eindeutig hervorgeht, wie er seinen Nachlass geregelt haben möchte, genügen.

Aufsuchen eines Experten kann ratsam sein

Bei großem Vermögen oder bereits vorhandenen Unstimmigkeiten unter den Erben ist der Gang zum Spezialisten allerdings ratsam. Sollte nicht auszuschließen sein, dass Ihr Vater bereits an Altersdemenz leidet, oder ist zu erwarten, dass sich benachteiligt fühlende Erben im Verlassenschaftsverfahren die Unzurechnungsfähigkeit Ihres Vaters behaupten, gibt eine Testamentserrichtung vor einem Notar Sicherheit. Letzterer überprüft die Zurechnungsfähigkeit Ihres Vaters und wird Ihnen später auch als Zeuge zur Verfügung stehen.

Zwei Drittel erhält die Ehefrau

Wir sind seit vielen Jahren verheiratet und haben keine Kinder. Stimmt es, dass auch meine Schwiegereltern erben, sollte mein Partner sterben?

Ist kein Testament vorhanden, gehen in Ihrem Fall nur zwei Drittel des gesamten Nachlasses an Sie. Das restliche Drittel erben tatsächlich Ihre Schwiegereltern. Das können Sie nur verhindern, wenn die Eltern ein notarielles Erbverzichtsabkommen unterschreiben. Gibt es ein Testament zugunsten des Ehepartners, bekommen die Eltern nur den Pflichtteil.

Ehepartner als Universalerbe

Wir sind verheiratet, noch relativ jung und haben bereits große Kinder. Sollen wir ein Testament auf Gegenseitigkeit machen?

Das ist sicher zu überlegen. Testament auf Gegenseitigkeit heißt, dass ein Ehepartner den jeweils anderen zum Universalerben macht. Damit erbt der überlebende Partner im Fall des Falles den Großteil des hinterlassenen Vermögens. In Ihrem Fall würden Sie erben und Ihre Kinder den Pflichtteil erhalten. Damit hätten diese lediglich Anspruch auf ein Drittel der Erbschaft, und das nur in Geld.

Kein Testament -  gesetzliche Erbfolge

Unser Haus ist endlich fertig und wir stehen beide zu gleichen Teilen im Grundbuch. Was passiert, sollte mein Mann sterben? Er hat eine Tochter aus einer früheren Ehe.

Ist kein Testament vorhanden, tritt die gesetzliche Erbfolge ein: Die Tochter Ihres Mannes bekommt zwei Drittel seines gesamten Nachlasses, das restliche Drittel geht an Sie. Ihre Stieftochter hätte daher Anspruch, mit zwei Drittel am Hälfteanteil Ihres Mannes, also mit zwei Sechstel an der Gesamtliegenschaft, Eigentum zu erwerben und im Grundbuch eingetragen zu werden, wenn Sie sich mit ihr nicht auf eine Auszahlung einigen können.

Testament auf Gegenseitigkeit - Pflichtteilsberechtigung

Haben Sie mit Ihrem Mann ein Testament auf Gegenseitigkeit errichtet, steht der Tochter Ihres verstorbenen Mannes nur noch ein Drittel von der Erbschaft als Pflichtteilsberechtigte zu. Dieser Anspruch ist ein reiner Geldanspruch, Ihre Stieftochter erwirbt damit kein Recht auf Einverleibung im Grundbuch. Auf jeden Fall ist es ratsam, die fällige Summe beizeiten anzusparen, damit Sie nicht in einen finanziellen Engpass kommen.

Leibliche Kinder sind erbberechtigt

Mein Mann hat einen Sohn aus erster Ehe, zu dem es, abgesehen von den Alimentationszahlungen, nie Kontakt gab. Ist dieses Kind erbberechtigt? Wir haben noch ein gemeinsames Kind.

Ja, das Kind ist erbberechtigt. Als leibliches Kind hat dieser Sohn selbstverständlich ein Anrecht auf eine Erbschaft aus dem Nachlass seines Vaters. Gesetzlich steht ihm ein Drittel zu (die restlichen beiden Drittel gehen an Sie und Ihr gemeinsames Kind). Setzt Ihr Mann seinen Erstgeborenen testamentarisch auf den Pflichtteil, reduziert sich der Anspruch um die Hälfte, also auf ein Sechstel.

Pflichtteil kürzen

Es besteht jedoch die Möglichkeit, diesen Pflichtteil noch einmal um die Hälfte zu verkürzen, wenn es zu keiner Zeit ein familientypisches Naheverhältnis zwischen Ihrem Mann und dem Buben gegeben hat (die Zahlung der Alimente begründet dieses Naheverhältnis nicht). Will Ihr Mann, dass sein Erstgeborener möglichst wenig erbt, muss er diese Pflichtteilsminderung in einem Testament allerdings ausdrücklich anordnen.

Pflichtteil per Klage einfordern

Meine Mutter ist kürzlich verstorben. Jetzt stellt sich heraus, dass sie in ihrem Testament schlicht und einfach auf mich vergessen hat. Kann ich dagegen etwas unternehmen?

Ja, Sie können etwas unternehmen. Wenn Sie als Pflichtteilsberechtigter stillschweigend übergangen wurden, aus welchen Gründen auch immer, können Sie sich dagegen wehren und Ihren Pflichtteil mit einer Pflichtteilsklage einfordern, wenn die Erben Ihren Pflichtteilsanspruch nicht anerkennen. Dafür müssen Sie die anderen Erben verklagen.

Geschwister haben keinen Erbanspruch

Meine hochbetagte, kinderlose Schwester wird seit Jahren von einer Nachbarin gepflegt, gegen Bezahlung natürlich. Bei einem Streit meinte sie kürzlich, ich würde nach ihrem Tod gar nichts erben, sondern alles ihre Pflegerin. Das kann ja wohl nicht stimmen.

Das kann sehr wohl stimmen, und zwar dann, wenn Ihre Schwester ein Testament macht und Ihre Pflegerin als Alleinerbin bestimmt. Als Schwester sind Sie nicht pflichtteilsberechtigt, haben also keinerlei Anspruch auf das Erbe. Nur wenn Ihre Schwester kein Testament macht und es sonst keine Angehörigen gibt, fällt der Nachlass an Sie.

Schenkungsvertrag errichten

Mein Mann und ich besitzen gemeinsam ein großes Haus und überlegen, es jetzt schon unserer Tochter zu schenken, anstatt es ihr irgendwann zu vererben. Worauf müssen wir achten?

Gehen Sie zu einem Notar oder Anwalt Ihres Vertrauens und errichten Sie dort den Schenkungsvertrag. Für die Schenkung selbst wird Schenkungssteuer fällig. Sie wird vom dreifachen Einheitswert des Hauses berechnet.

Wohnungsgebrauchsrecht sichern

Vereinbaren Sie auf jeden Fall ein Wohnungsgebrauchsrecht auf Lebenszeit für sich und Ihren Mann, eventuell auch ein Fruchtgenussrecht. In letzterem Fall können Sie Teile des Hauses vermieten. Die Erträgnisse daraus fließen Ihnen zu, reduzieren aber gleichzeitig – so wie auch das Wohnungsgebrauchsrecht – die Steuerlast für Ihr Kind. Achtung: Diese steuerschonende Konstruktion kann heikel werden, falls Sie irgendwann in ein öffentliches Pflegeheim müssen und dort Schulden auflaufen. Lassen Sie sich daher ausführlich beraten.

Vor Antritt des Erbes nach Schulden erkundigen

Meine Tante hat mich zur Alleinerbin (ein Einfamilienhaus, ein Baugrund) bestimmt. Sie war die letzten Jahre in einem Pflegeheim und hatte außerdem einen Sachwalter. Soll ich die Erbschaft antreten?

Das Antreten der Erbschaft sollten Sie sich gut überlegen. Pflegeheime sind in der Regel nicht billig. Gut möglich, dass hier in den letzten Jahren gewaltige Schulden angewachsen sind. Erkundigen Sie sich unbedingt beim betreffenden Heim, wie hoch die Außenstände sind. Treten Sie das Erbe an, heißt das, dass Sie alles erben, auch die Schulden der Verstorbenen, und dass Sie dafür mit Ihrem gesamten Vermögen haften.

Haftung einschränken

Eine Möglichkeit wäre, dass Sie eine bedingte Erbserklärung abgeben. Dann haften Sie nur bis zur Höhe der tatsächlichen Erbschaft. Das gibt Ihnen Sicherheit, kostet aber auch entsprechend: Ein Sachverständiger muss das gesamte Vermögen inventarisieren und schätzen. Das kostet z.B. pro Haus ungefähr 2500 Euro, für das Grundstück etwas weniger. Der Notar, der die Verlassenschaft abwickelt, muss eine sogenannte Gläubigerkonvokation (Einberufung einer Gläubigerversammlung) beantragen, was die ohnehin fälligen Gebühren zusätzlich erhöht.

Erben:  Unsere Expertinnen haben am Telefon Leserfragen beantwortet.

Mag. Ingrid Gaismayer, Rechtsanwältin   (Foto: Mitte), und Mag. Michaela Wiesner, Steuerberaterin (Foto: rechts) Mag. Ingrid Gaismayer, Rechtsanwältin Mag. Michaela Wiesner, Steuerberaterin

Streit unter Erben ist keine Seltenheit. Wer rechtzeitig klare Regelungen trifft, kann dem vorbeugen. Unser Buch gibt Aufschluss darüber, was genau alles zu regeln ist. Es zeigt, wie man ein Testament verfasst, wie der Ehepartner abgesichert werden kann und wie man Einfluss auf die Erbfolge nehmen kann.

www.konsument.at/erben

Aus dem Inhalt

  • Gesetzliche Grundlagen
  • Wie man ein Testament verfasst
  • Was zur Verlassenschaft zählt
  • Die Aufgaben des Notars
  • Die Kosten eines Verlassenschaftsverfahrens
  • Nützliche Vollmachten und Verfügungen

172 Seiten, 19,90 € + Versand

KONSUMENT-Buch: Erben ohne Streit + Einkaufstasche

 

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