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Blutzuckermessgeräte - Nur nicht fremdgehen

  • Alle getesteten Modelle messen präzise
  • Immer mit demselben Gerät messen
  • Vor dem Kauf Gerät ausprobieren

Verhängnisvolle Beschwerdefreiheit

Kaum eine Krankheit verbreitet sich weltweit derzeit so rasant wie Diabetes. In der EU geht bereits rund ein Drittel der Gesundheitskosten auf das Konto „Zucker“. Hier zu Lande leiden offiziell über 300.000 Menschen an Diabetes mellitus, dem „honigsüßen Durchfluss“ (siehe Kasten Diabetes). Experten gehen allerdings davon aus, dass doppelt so viele Österreicherinnen und Österreicher betroffen sind. Doch nur jeder Zweite weiß, dass er Zucker hat. Die am weitesten verbreitete Form – Diabetes vom Typ 2 – verläuft zu Beginn meist völlig beschwerdefrei und wird oft nur zufällig vom Arzt erkannt.

Altersdiabetiker immer jünger

Verantwortlich für den Aufstieg zur Volkskrankheit ist unser Lebensstil. Die Mischung aus fettreicher, ballaststoffarmer und süßer Ernährung verbunden mit zu wenig Bewegung und Nikotinkonsum führt dazu, dass immer mehr Menschen am so genannten Altersdiabetes erkranken. Der Begriff leitet sich davon ab, dass die Krankheit ursprünglich fast ausschließlich in höherem Alter diagnostiziert wurde; inzwischen sind jedoch zunehmend junge Menschen betroffen.

Diabetes in den Griff bekommen

Wen es erwischt, der sollte schleunigst seine Ernährungs- und Bewegungsgewohnheiten ändern. Dann lässt sich die Krankheit – unterstützt durch blutzuckersenkende Medikamente – meist relativ gut in den Griff bekommen. Erfolgt jedoch keine Umkehr, führt Diabetes unweigerlich zu Insulinabhängigkeit und mit hoher Wahrscheinlichkeit zu massiven Folgeerkrankungen.

Zahlreiche Geräte im Handel

Wer an der Insulinnadel hängt, kommt nicht darum herum, mehrmals am Tag seinen Glukosegehalt im Blut zu messen, den so genannten Blutzuckerspiegel. Für den insulinabhängigen Diabetiker ist dies von entscheidender Bedeutung, damit er genau weiß, wie hoch der Insulin- oder Glukosebedarf ist. Nur so kann eine Über- respektive Unterzuckerung mit schlimmen Folgen verhindert werden. In Österreich ist ein gutes Dutzend Blutzuckermessgeräte im Handel. In den vergangenen Jahren ist der Markt stark in Bewegung geraten. Neue Modelle können bereits nach wenigen Monaten wieder verschwunden beziehungsweise durch eine Neuentwicklung ersetzt worden sein.

Vollblutreferenzierung - Plasmareferenzierung

Grundsätzlich sind zwei Klassen von Messgeräten erhältlich, zum einen auf das Blutplasma, den wässrigen Bestandteil des Blutes, geeichte, zum anderen auf Vollblut ausgelegte Geräte. Für die Nutzer besteht kein Unterschied bei der Handhabung. Es ist allerdings wichtig zu wissen, welchen Gerätetyp sie verwenden. Wird der Zucker mit einem „Vollblutgerät“ gemessen, liegt die Konzentration nämlich durchschnittlich rund zwölf Prozent unter dem Wert eines plasmareferenzierten Gerätes.

Nur hochpräzise Geräte im Handel

Wir haben zehn der gebräuchlichsten Modelle, die in Österreich auf dem Markt sind, getestet. Es ging dabei um Präzision und Benutzerfreundlichkeit. Wichtig ist, dass der Patient – auch wenn er im Besitz mehrerer Messgeräte ist – immer dasselbe Gerät verwendet. So bleibt gewährleistet, dass Schwankungen des Blutzuckerspiegels möglichst genau nachvollzogen werden können.

Präzision der Geräte sehr hoch - Jedes Gerät hat Vor- und Nachteile

Insgesamt zeigte sich, dass nur höchst- und hochpräzise Geräte im Handel sind. Bei der Bewertung der Geräte sind wir von unserem üblichen Bewertungsschema („sehr gut“, „gut“, durchschnittlich“, ...) abgewichen. Ob ein Gerät besser oder schlechter geeignet ist, hängt nämlich sehr stark vom Benutzer und den gestellten Anforderungen ab. Wer etwa keine ruhige Hand und Mühe mit der Handhabung der kleinen Teststreifen hat, ist mit dem Accu-Chek Compact Plus von Roche oder dem Ascensia Confirm von Bayer  gut bedient. Diese Geräte verfügen über ein Magazin, das mit 17 beziehungsweise 10 Teststreifen bestückt ist.

Wem es auf eine kurze Messdauer und den Einsatz ohne feste Arbeitsfläche ankommt, zum Beispiel unterwegs, der hat Vorteile mit dem OneTouch Ultra von Life Scan oder dem TrueTrack Smart System von Wellion . Patienten mit schlechter Durchblutung der Hände werden dagegen ein Mess-System mit geringem Blutbedarf bevorzugen, etwa den Glucocard X-Meter von Menarini oder FreeStyle Freedom und Mini von Abbott . Die präzisesten Messergebnisse lieferte der FreeStyle Mini von Abbott , der durch Form, Design und technische Ausstattung eher jüngere Diabetiker ansprechen könnte.

Der Ascensia Brio von Bayer ist dagegen nicht nur unhandlich, das Gerät kann auch nicht den Durchschnitt aus zurückliegenden Messungen speichern. Dies ist vor allem deshalb ein Manko, weil es für den Diabetiker von Interesse sein kann, die Entwicklung der Blutzuckerwerte in Ausnahmesituationen wie Krankheit oder während Reisen zu kennen. In der Handhabung ist das Gerät aber einfach, zudem hat es ein großes Display. Der Accu-Chek Compact Plus von Roche und der Glucocard X-Meter von Menarini haben im Gegensatz zu den Konkurrenzmodellen eine automatische Teststreifencodierung integriert. Für den Diabetiker bietet dies zusätzliche Sicherheit, da es bei den anderen Geräten zu Fehlmessungen kommen kann, wenn ein neues Teststreifenpaket benutzt und die Codierung dabei vergessen wird.

Vor dem Kauf ausprobieren

„Insulin-Neueinsteiger“ sollten sich deshalb vor dem Kauf genau überlegen, welches Gerät für sie ideal ist (zur Orientierungshilfe siehe Testtabelle ). Ratsam ist es, sich die verschiedenen Modelle vorführen zu lassen beziehungsweise sie selbst einmal auszuprobieren, z.B. bei einer Selbsthilfegruppe.

Rückfrage bei Krankenkasse empfehlenswert

Bei therapeutischer Notwendigkeit werden die Kosten für Gerät und Teststreifen von der Krankenkasse übernommen – eine Rückfrage ist deshalb in jedem Fall ratsam. Einige Modelle benötigen für den Betrieb relativ teure Batterieknopfzellen. Die meisten Hersteller lassen jedoch mit sich reden und leisten sogar kostenlosen Ersatz.

Beachtenswerte Grundregeln

Egal für welches Gerät man sich entscheidet: Beim Messvorgang sind einige wichtige Grundregeln zu beachten. Vergewissern Sie sich, dass das Gerät gemäß Bedienungsanleitung richtig codiert ist. Teststreifen nicht über das angegebene Haltbarkeitsdatum hinaus verwenden und das Testfeld möglichst nicht anfassen. Da viele Teststreifen feuchtigkeitsempfindlich sind, sollten sie erst unmittelbar vor der Messung aus dem Behälter entnommen werden.

     Wer keine ruhige Hand hat, kann Mühe mit dem Einsatz der kleinen Teststreifen bekommen. Dann ist ein Gerät mit Teststreifenmagazin unter Umständen besser geeignet. Foto: Menarini

Händewaschen nicht vergessen

Waschen Sie sich vor dem Messen die Hände mit warmem Wasser und Seife und trocknen Sie sie gut ab. Mit dem Schweiß ausgeschiedene Glukose oder Zuckerreste an den Fingern könnten die gemessenen Blutzuckerwerte verfälschen. Warmes Wasser fördert zudem die Durchblutung. Die für die Messung erforderliche Blutmenge kann leichter gewonnen werden.

Schmerzloses Messen

Lassen Sie den Arm vor dem Einstich einige Sekunden nach unten hängen, damit sich mehr Blut in der Hand ansammelt. Wählen Sie für die Probeentnahme nicht den Zeigefinger, er wird im Alltag am häufigsten benötigt, und stechen Sie nicht in die Mitte der Fingerkuppe. Dies ist die schmerzempfindlichste Stelle am Finger. Der Einstich sollte ein wenig seitlich erfolgen. Denken Sie auch daran, die Nadel in der Stechhilfe regelmäßig zu wechseln. Sie wird mit der Zeit stumpf und die Prozedur dadurch schmerzhafter.

Verfälschung des Ergebnisses

Vermeiden Sie es, den Finger bei der Blutentnahme zu quetschen, da sich Gewebeteilchen und Lymphflüssigkeit mit dem Blut vermischen und es zu einer Verfälschung des Messwertes kommen kann. Bedenken Sie außerdem, dass die Messung auch durch Medikamente beeinträchtigt werden kann. Erkundigen Sie sich also beim Arzt, wie sich Medikamente auf den Blutzuckerwert und die Messung auswirken.

Tipps für Diabetiker

Weitergehende Informationen und Tipps zur Blutzuckermessung sind bei der Österreichischen Diabetiker Vereinigung (ÖDV), 1020 Wien, Obere Augartenstraße 26–28, Tel. (01) 332 32 77, Fax (01) 332 68 28, E-Mail: oedv.wien@aon.at , www.diabetes.or.at , sowie bei Diabetes Austria, www.diabetes-austria.com , erhältlich.

Diabetes

Der Begriff Diabetes mellitus stammt aus dem Griechischen und bedeutet soviel wie „honigsüßer Durchfluss“ – eine Anspielung auf Glukoseausscheidungen, die den Urin süßlich machen. Bei einem gesunden nüchternen Menschen liegt der Blutzuckerwert unter 120 mg/dl. Ab einem Wert von 160 bis 180 mg/dl kann die Niere den Zucker nicht mehr vollständig im Blut zurückhalten und er wird teilweise mit dem Urin ausgeschieden.

Stoffwechselstörung

Diabetes ist eine Stoffwechselstörung, bei der kein eigenes Insulin mehr gebildet beziehungsweise nicht ausreichend Insulin freigesetzt werden kann oder die Körperzellen unempfindlich (resistent) dagegen geworden sind.

Schäden durch Insulin

Insulin wird in der Bauchspeicheldrüse (Pankreas) gebildet und ist für den menschlichen Stoffwechsel unverzichtbar. Das Hormon sorgt dafür, dass mit der Nahrung aufgenommener Zucker (Glukose) in die Zellen transportiert werden kann. Geschieht dies nicht und bleibt die Glukose in der Blutbahn, ist nicht nur die Energieversorgung der Zellen gefährdet, sondern es kann auch zu irreversiblen Schäden der Zellmembranen kommen. Außerdem wird das Immunsystem geschwächt, weil die weißen Blutkörperchen in ihrer Funktion eingeschränkt sind.

4 Typen von Diabetes

Grundsätzlich unterscheidet man vier verschiedene Ausprägungen von Diabetes. Die beiden am häufigsten vorkommenden Diabetes-Varianten sind Typ1 und Typ 2.

Typ 1 ist auf auf einen absoluten Insulinmangel durch Zerstörung der Insulin produzierenden Inselzellen der Bauchspeicheldrüse zurückzuführen. Er tritt meist schon in jungen Jahren auf.

Typ 2 geht auf eine Unempfindlichkeit (Resistenz) gegen Insulin zurück und steht häufig im Zusammenhang mit Übergewicht.

Blutzuckermessgeräte: Anbieteradressen

A. Menarini diagnostics,
Pottendorfer Straße 25–27,
A-1120 Wien, (01) 804 15 76,
www.menarini-diagnostics.at

Abbott GmbH,
Perfektastraße 84 A,
A-1230 Wien, (01) 891 22,
www.abbottdiagnostics.at

Bayer Austria GesmbH,
Lerchenfelder Gürtel 9–11,
A-1160 Wien,
(01) 711 46-0,
www.bayer.at

LifeScan: Johnson & Johnson Medical Product GmbH,
Gunoldstraße 16,
A-1190 Wien,
0800 244 245,
www.lifescaneurope.com/de

MediSense: Abbott GmbH,
Perfektastraße 84 A,
A-1230 Wien,
(01) 891 22,
www.abbottdiagnostics.at

Roche Diagnostics Wien GmbH,
Engelhorngasse 3, A-1210 Wien,
(01) 277 87-0,
www.roche.at

Wellion: Med Trust HandelsgmbH,
Michael-Hainisch-Straße 17,
A-2493 Lichtenwörth,
(02622) 772 11,
www.medtrust.at

Blutzuckermessgeräte: Kompetent mit Konsument

  • Immer mit demselben Gerät messen. Auch wenn Sie im Besitz mehrerer Blutzuckermessgeräte sein sollten: Achten Sie darauf, immer ein und dasselbe Gerät zu verwenden.
  • Plasma- oder Vollblutgerät? Vergewissern Sie sich, welchen Gerätetyp Sie verwenden, da zwischen Plasma- und Vollblutgeräten deutliche Unterschiede bei den Messergebnissen auftreten.
  • Vor dem Messen Hände waschen. Vor der Blutentnahme die Hände mit warmem Wasser und Seife waschen und gut abtrocknen.

Blutzuckermessgeräte: So haben wir getestet

Insgesamt wurden zehn verschiedene Blutzuckermessgeräte getestet, darunter fünf Plasma- und fünf Vollblutgeräte.

Technische Prüfung. Gemessen wurde die Präzision in der Serie an fünf verschiedenen Glukosekonzentrationen. Aus jeweils 20 Messungen wurden das arithmetische Mittel und die Standardabweichung bestimmt und daraus der Variationskoeffizient berechnet.

Praxistest. Fünf Diabetiker der Österreichischen Diabetiker Vereinigung beurteilten unter Fachaufsicht die allgemeine Handhabung der Geräte nach subjektiven Kriterien. Bewertet wurden Größe und Lesbarkeit des Displays, Entnahme und Handhabung der Teststreifen, benötigte Blutmenge, Bedienung der Stechhilfe und das Schmerzempfinden, Haptik und Bedienung des Gerätes, Messdauer, Einsatz ohne festen Untergrund sowie die Menüführung.

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