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Zahnbehandlung: Konflikt mit dem Zahnarzt - Au Backe!

Wenn Zahnarzt und Patient streten, wird es schwierig. In unserem aktualiserten Buch "Zähne" schreiben wir über Streitbeilegung, Schlichtungsstellen und die Chancen vor Gericht. Hier ein Auszug.

Beispiel 1: Herr G. hat Zahnschmerzen, sein Zahnarzt zieht den Zahn. Später beginnt die Wunde sehr stark zu schmerzen und ein anderer Zahnarzt findet einen Zahnrest im Kiefer – ein klassischer Kunstfehler.

Beispiel 2: Eine Patientin beklagt sich, dass ihre neue Prothese nicht passt. Die Untersuchung zeigt, dass sie zwar im Oberkiefer die neue Prothese einsetzt, im Unterkiefer aber die alte verwendet. Kein Wunder, dass der Biss nicht stimmt.

Beispiel 3: Nach einer Wurzelspitzenresektion ist die Lippe einer Patientin teilweise taub.

Drei Fälle, ein Problem: Das Verhältnis zwischen Zahnarzt und Patient ist nicht immer frei von Konflikten. Und wer in solchen ­Fällen recht hat, ist oft schwer zu klären. Gehen Sie davon aus, dass Ihr Zahnarzt ­seine Arbeit genauso gut macht wie Sie die Ihre. Ein Arzt schuldet Ihnen eine sorgfäl­tige Behandlung. Eine Garantie dafür, dass die Behandlung glückt, kann Ihnen aber niemand geben; der Körper lässt sich nicht zur Heilung zwingen. Auch korrekte Behandlungen können scheitern, und Sie müssen sie trotzdem bezahlen.

Was wollen Sie?

Wenn Sie ein Problem mit Ihrem Zahnarzt oder Ihrer Zahnärztin haben, teilen Sie ihm bzw. ihr das auch mit. Notieren Sie sich vorher die Punkte, über die Sie reden wollen. Was erwarten Sie? Sagen Sie das klar. Wollen Sie eine Entschuldigung? Wollen Sie, dass der Behandler die Kosten übernimmt? Wollen Sie, dass der Arzt oder die Ärztin ­zugibt, dass hier falsch behandelt wurde?

Nehmen Sie – wenn nötig – ein Familienmitglied oder einen guten Freund als Beistand mit. Sie können dem Behandler auch zuerst einen Brief schreiben und um eine schriftliche Antwort bitten.

Nicht alle können gut reden oder schreiben

Nicht alle Patienten können überzeugend reden und schreiben. Sollte Ihr direkter Versuch scheitern, gibt es folgende Institutionen, an die Sie sich wenden können:

  • Schlichtungsstellen der Zahnärztekammern
  • Patientenanwaltschaften (arbeiten oft eng mit den Schlichtungsstellen zusammen)
  • Krankenkassen bzw. deren medizinischen Dienst (für Kassenleistungen)
  • Gerichte.

Zahnärztliche Schlichtungsstellen

Patienten können sich bei einem Konflikt mit dem Arzt bzw. Spital zum einen an die Patientenanwaltschaft ihres Bundeslandes wenden. Zum anderen gibt es speziell für den Konflikt Zahnarzt/Patient eigene Schlichtungsstellen der Zahnärztekammern. Diese Schlichtungsstellen überprüfen, ob zahnärztliche Arbeiten sachgerecht aus­geführt wurden und das Honorar ange­messen ist. Ziel ist die rasche Einigung ­zwischen Arzt und Patient ohne Prozess. Das Verfahren ist freiwillig, kostenlos und dauert im Schnitt zwei bis vier Monate.

Problem beschreiben, Unterlagen beilegen

Sie als Patient können bei der Schlichtungsstelle Ihres Bundeslandes Ihr Prob­lem darstellen – und zwar schriftlich. Legen Sie Unterlagen und Dokumente bei (Fotos, Kalender ...). Die Mitglieder der Schlichtungsstelle bitten den betroffenen Arzt um Stellungnahme und Unterlagen. Ein erfahrener Zahnarzt prüft den Fall und gibt eine fachliche Stellungnahme ab; Vertreter der Zahnärzte und der Patienten beraten, stimmen über den Fall ab und machen einen Schlichtungsvorschlag.

Die häufigsten Patientenbeschwerden betreffen

  • mangelhafte Arbeiten (Kronen, Brücken, Implantate ...), die
  • Höhe des ­Honorars und
  • Schmerzen als Folge einer Behandlung.

Sowohl Zahnarzt- als auch Patientenvertreter betonten im Gespräch mit "Konsument“, dass diese Schlichtung von Patienten und Zahnärzten gut angenommen werde und dass die Vorschläge eine gute Lösung seien („hohe Erfolgs­quote“). Die Mehrheit der Schiedssprüche ende zugunsten der Patienten ("60 : 40 pro Patient"). Patientenanwaltschaft und Zahnärztekammer sind sich einig, dass es nicht einfacher wird, "wenn ein Patient ­einen Anwalt zum Schlichtungsverfahren zuzieht".

Schlichtungsvorschlag ablehnen

Sowohl Patient als auch Zahnarzt können den Spruch der Schlichtungsstelle annehmen oder ablehnen. Das bedeutet: Der Zahnarzt kann den Spruch des Schieds­gerichtes ignorieren. Wenn Patient oder Zahnarzt mit dem Ergebnis nicht zufrieden sind, können beide vor die Bundesschiedsstelle oder vor Gericht gehen. Klagt eine Seite vor Gericht, ist das Schlichtungsverfahren automatisch beendet.

Behandlungsfehler beweisen

Für Laien ist es schwierig, einem Arzt einen Behandlungsfehler zu beweisen; außerdem kann der Misserfolg viele Ursachen haben. Holen Sie zuerst die Meinung anderer Zahnärzte ein, aber erwarten Sie sich nicht zu viel davon. Natürlich ist der Zahnarzt verpflichtet, Sie über Ihren Gesundheitszustand zu informieren, und das schließt den Hinweis auf mangelhafte ­Arbeit des Vorbehandlers ein. Wundern Sie sich aber nicht, wenn Zahnärzte ihre Meinung über die schlechte Arbeit des Kollegen ausschließlich im persönlichen Gespräch äußern, aber unter keinen Umständen als Zeuge vor Gericht auftreten wollen.

Allein vor Gericht

Erstens untersagt die Werberichtlinie des Zahnärztegesetzes (§ 35 Abs. 5 ZÄG) "herabsetzende Äußerungen" über andere Zahnärzte. Zweitens muss ein Zahnarzt, der als Zeuge geht, in dieser Zeit die Ordination zusperren. Ein Zahnarzt hat als Zeuge nur Ärger. – Eines ist aber klar: Ist die Fehlbehandlung offensichtlich und schwerwiegend (z.B. abgebrochene Feile im Wurzelkanal vergessen), scheitern persönliches Gespräch und Schlichtungsverfahren, dann bleibt tatsächlich oft nur der Weg zu Gericht.

Freie Beweiswürdigung

Wenn Sie einen Behandlungsfehler vermuten, dann müssen Sie das dem Gericht beweisen oder glaubhaft machen. Ein Prozess ist für Sie als Patient eine riskante Sache. Das Gericht kann im Prozess Privat- und Gerichtsgutachten, Aussagen und Dokumente nach eigenem Ermessen würdigen. Es kommt auf die Schlüssigkeit an.

Wer schreibt, der bleibt

Rachegefühle, Zorn und Schmerz sind schlechte Ratgeber. Wenn Sie vor Gericht gehen, sollten Sie sachlich bleiben und sich gut vorbereiten. ­Juristen sagen: "Wer schreibt, der bleibt.“

  • Gedächtnisprotokoll schreiben
  • Dokumente sammeln
  • Zeugen finden

Mehr zum Thema

Schlichtungsstellen

Auf www.zahnaerztekammer.at finden Sie die neun Landeszahnärztekammern, bei denen die Schlichtungsstellen angesiedelt sind.

Artikel auf konsument.at

Unter www.konsument.at/zahnbehandlung finden Sie die wichtigsten "Konsument"-Artikel zu diesem Thema.

Test Zahnspangen

Voraussichtlich im Herbst 2010 werden wir einen Test zur Kieferorthopädie (KFO) veröffentlichen. Getestet wurde die Beratungsqualität.

Buchtipp: "Zähne"

Woran zeigt sich die Qualität einer Krone? Was sind die Vorteile von Gold, was die Nachteile von Keramik? Lohnt es sich, für ein Implantat viel Geld auszugeben? Was gehört zu einer guten Parodontalbehandlung und bei welchen Fehlstellungen reicht die abnehmbare Zahnspange nicht?

In Ordinationen kommt die Beratung oft zu kurz. Unsere aktualisierte Neuauflage des Buches "Zähne" (www.konsument.at/zahnratgeber/) bietet fundierte und für Laien gut lesbare Informationen.

Aus dem Inhalt

  • Mutter, Baby, Kind
  • Zahn- und Kieferregulierungen
  • Zahnfleisch
  • Zahnersatz
  • Kassen und Kosten
  • Probleme mit dem Zahnarzt

207 Seiten, 19,60 Euro (+ Versandspesen)

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