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Stromzähler: Smart-Meter - Smarte Geschäfte

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Smart-Meter werden die neuen, intelligenten Stromzählgeräte ­genannt, die die alten analogen ersetzen sollen. Mit ihnen wird ­vieles möglich – nicht nur zum Nutzen der Konsumenten, wie befürchtet wird.

Die neuen digitalen Stromzähler werden schon seit einiger Zeit installiert, am weites­ten ist die Umstellung in Oberösterreich gediehen (rund 20.000 Geräte bis Ende 2010). Derzeit können sie nur Strom zählen – wie die alten. Aber sie könnten jederzeit auf „smart“ umprogrammiert werden.

Mehr als nur Strom zählen

Damit eröffnet sich eine Vielzahl neuer Möglichkeiten. Die Messdaten werden ­automatisch an den Netzbetreiber übermittelt, was die Ablesung vor Ort (bzw. eine mehr oder weniger grobe Schätzung, wenn keine Ablesung erfolgt) überflüssig macht. Erfassung und Abruf des Stromverbrauchs können in kurzen Intervallen erfolgen, theoretisch im 15-Minuten-Takt. Auf diese Weise lässt sich sehr genau eingrenzen, welches Gerät wie viel Strom verbraucht. Der Konsument kann so sein Verhalten anpassen, um Strom zu sparen.

Smart-Meter können mehrere Tarife gleichzeitig erfassen. Heute schon gibt es ja einen eigenen Nachtstromtarif, für den ist aber ein eigener Zähler erforderlich. In Hinkunft wäre es möglich, zusätzlich etwa spezielle Wochenend- oder Ferienhaustarife in Anspruch zu nehmen oder beispielsweise einen eigenen Tarif für Wärmepumpen. Wenn man die entsprechenden Haushaltsgeräte hat, kann man sie auch so programmieren, dass sie sich dann einschalten, wenn der Tarif am niedrigsten ist – hochpreisige Wasch­maschinen beispielsweise werden dazu bereits in naher Zukunft in der Lage sein.

Smartmeter sollen die alten Stromzähler ablösen (Bild: Pro-smart-metering.de)

Smart-Meter (links) sollen die gewohnten Stromzähler ersetzen (Bild: www.pro-smart-metering.de)

Geringes Sparpotential

Geringes Sparpotenzial

Auf diese Weise könnte sich ein durchschnittlicher Haushalt mit einem Stromverbrauch von 3.500 kWh pro Jahr laut ­einer Studie der E-Control rund 23 Euro ­ersparen. Zurückhaltender wird dies von der Energiewirtschaft selbst eingeschätzt, sie gibt das Einsparungspotenzial mit rund 12 Euro an. Dem stehen die Kosten für das Smart-Meter gegenüber, die noch nicht feststehen, vermutlich aber 200 bis 300 Euro ausmachen werden.

Kritiker, vor allem aus den Reihen von ­Konsumentenschutzorganisationen, halten aber selbst diesen bescheidenen Spareffekt für ungewiss. Zunächst hängt er von der ­Tarif­gestaltung der Netzbetreiber und Stromlieferanten ab. Wenn keine oder nur un­attraktive Billigtarife angeboten werden, hat der Konsument nichts davon. Außerdem muss man bereit sein, sich intensiv mit seinem Stromverbrauch auseinanderzusetzen – man sollte den Verbrauch zumindest im Monatsabstand analysieren, und man muss vielleicht auf lieb gewonnene Gewohnheiten verzichten. Um die erforderlichen Daten zu bekommen, benötigt man außerdem einen Internetanschluss.

Billigere Angebote nicht immer nutzbar

Nicht immer wird man billigere Angebote nutzen können. Ein Berufstätiger wird nicht um 12 Uhr mittags duschen können. Und ob die Nachbarn erfreut sind, wenn die Waschmaschine um drei Uhr nachts das Schleuderprogramm startet, darf bezweifelt werden.

Kommt der Überwachungsstaat?

Kommt der Überwachungsstaat?

Vor allem für arme Menschen könnte das System zur Falle werden, befürchtet AK-Experte Karl Kollmann. Man könnte ihnen vorschreiben, zu welchen Tageszeiten sie Strom verbrauchen dürfen. Bei einem ­Zahlungsrückstand könnte der Strom sehr schnell ferngesteuert abgedreht werden, ohne dass ein Kassier die Wohnung aufsucht, der auf einen sozialen Härtefall fle­xibel reagieren kann. Und es besteht die Gefahr, dass Bezieher niedriger Einkommen künftig nur mehr dann Strom beziehen dürfen, wenn sie vorher per Wertkarte ein Guthaben gekauft haben.

Die größten Bedenken gegen Smart-­Metering werden von Datenschützern ins Treffen geführt. Es werde dadurch eine bis heute nicht gekannte Überwachung der ­Lebensgewohnheiten von Menschen ermöglicht, in weit höherem Maß als etwa durch die Benutzung eines Mobiltelefons. Man könnte auskundschaften, wie viele Menschen in einer Wohnung wohnen, wann sie zu Hause sind, wie lange sie fernsehen und wie oft sie duschen. Der totale Überwachungsstaat wäre nicht länger ­Utopie, fürchtet nicht nur Hans Zeger von der ARGE Daten.

Befürchtet wird auch, dass Hacker ins ­System eindringen könnten. Sie könnten Rechnungen manipulieren, etwa ihren Verbrauch einem anderen Haushalt zuschreiben oder mit einem Schlag Tausenden Haushalten den Strom abdrehen.

Die Quintessenz aller Kritik

Es fehlen sämtliche Rahmenbedingungen, es müss­ten vor der Einführung noch umfangreiche Studien durchgeführt werden. Und man muss nicht alle Möglichkeiten der neuen Technologie wirklich nutzen. So könnte ­eine Ablesung oder Abschaltung aus der Ferne unterbunden werden. Oder man könnte den Konsumenten die Entscheidung überlassen, ob sie ein Smart-Meter wollen oder nicht.

Die Gesetzeslage

Bis zum Jahr 2020 sollen 80 Prozent aller Haushalte mit einem intelligenten Stromzähler ausgerüstet sein. Österreich hat diese Vorgabe der EU mit dem neuen Energiewirtschafts- und -organisationsgesetz (ElWOG) im November des Vorjahres vollzogen. Zur endgültigen Umsetzung bedarf es einer Verordnung des Wirtschaftministers.

Leserreaktionen

Fernablesung sinnvoll

Österreichs Energie hat darauf hingewiesen, dass vor Einführung des Smart Meters die diffizilen datenschutzrechtlichen Fragen gelöst werden müssen.

Wenn es keine Möglichkeit der Fernablesung gibt, dann ist eine der wichtigsten Funktionen der smarten Meters nicht vorhanden – sie sollen nämlich auch deshalb eingeführt werden, damit die Kunden häufiger als bisher Rechnungen bekommen können, die auf den tatsächlichen Verbrauchsdaten (als Standard gelten zumindest Monatswerte) basieren, und diese Daten zeitnah erfasst werden.

Ohne Fernablesung würde das wohl nur mit einer riesigen Truppe von Stromablesern gehen, die alle Monate ins Haus kommen. Und das kostet die Kunden dann ebenfalls eine Menge Geld.

Verband der E-Wirtschaft
Wien
(aus KONSUMENT 6/2011)

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