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Wegefreiheit: Was darf man im Wald? - Jäger oder Sammler

, aktualisiert am

Manchmal sehen Erholungsuchende den Wald vor lauter Verbotsschildern nicht. Immer mehr ­Naturraum wird für die Öffentlichkeit gesperrt. Wir sagen Ihnen, welche Verbote zu beachten sind und welche Sie getrost ignorieren können.

Der Zugang zur Natur wird von zwei Seiten bedroht: Einerseits wird der Naturraum ­immer stärker durch Autobahnen, Golfplätze, Skipisten oder riesige Hotelkomplexe zurückgedrängt. Auf der anderen Seite gibt es eine kapitalkräftige Lobby, die offenbar am liebs­ten alle Erholungsuchenden aus den verbliebenen Naturräumen aussperren lassen würde, um ungestört ihrer Jagdlust frönen zu können. Man stellt sich die bange Frage: Was darf man im Wald eigentlich noch?

Im Wald und darüber

Wobei es nicht nur um den Wald geht. Als ­Erholungsraum kommt in Österreich neben dem Wald auch das Alm- und Ödland oberhalb der Baumgrenze infrage. Diese Grenze ist auch rechtlich relevant. Denn die Rechte im Wald und im Bergland sind zum Teil sehr unterschiedlich geregelt.

In jedem Fall gilt allerdings der Grundsatz: Jeder Mensch hat ein Anrecht darauf, die ­Natur aus Erholungsgründen zu betreten. Auch private Eigentümer dürfen dieses Recht nicht infrage stellen. Der Erholungsuchende ist kein Bittsteller, auch wenn diese Vorstellung in vielen Köpfen noch herumgeistern mag.

Wandern und laufern

Laut Paragraf 33 des Forstgesetzes aus dem Jahre 1975 gilt im Wald die sogenannte ­"Wegefreiheit". Das bedeutet, dass sich jedermann dort aufhalten kann; er kann gehen, wandern, laufen – auch abseits der Wege. Das schließt auch Skilaufen (Tourenskilauf und Langlauf) und natürlich auch Schneeschuhwandern ein. Für andere Betätigungen gibt es allerdings Einschränkungen.

Reiten und Rad fahren

Wer reiten, Rad fahren, rodeln oder zelten will, braucht dazu die Zustimmung des Grundeigentümers. Für markierte Mountainbike-Routen gibt es in der Regel eine generelle Vereinbarung, die vom Land, von der Gemeinde oder Tourismusverbänden mit dem Eigentümer ausgehandelt wurde. Ähnliches gilt für Reitwege oder Rodelstrecken. Überdies bedürfen kommerzielle Veranstaltungen und das Betreten des Waldes zu anderen als Erholungszwecken der ausdrücklichen Zustimmung durch den Grundeigentümer. Im Bereich von Skiliften ist das Abfahren nur auf markierten Pisten oder Skirouten erlaubt (ca. 500 Meter rechts und links des Lifts).

Sammler, Nutzungsverbote

Mineralien, Schwammerl, Beeren

Sofern nicht erwerbsmäßig, ist das Sammeln von Mineralien unbeschränkt, das Sammeln von Schwammerln, Beeren und Kräutern bis zu maximal zwei Kilo pro Tag gestattet. ­Darüber hinaus beschränken zum Teil die Naturschutzgesetze der Länder die Sammel­leidenschaft. Die Verwendung von Rechen beim Beerensammeln ist jedenfalls verboten.

Oberhalb der Waldgrenze

Oberhalb der Waldgrenze ist einerseits alles komplizierter, weil hier die Wegefreiheit nicht einheitlich geregelt ist, sondern jedes Bundesland sein eigenes Süppchen kocht. Andererseits sind die Freiheiten generell größer als im Wald. Das Bergland ist "für den Touristen­verkehr frei", was so interpretiert wird, dass auch das Reiten, Radfahren, Rodeln oder ­Zelten grundsätzlich ohne Genehmigung erlaubt ist. Mit zwei Ausnahmen: In Oberösterreich und Vorarlberg gilt Reiten und Rad­fahren oberhalb der Baumgrenze als generell verboten.

Nutzungsverbote und Sperren

Sowohl unterhalb als auch oberhalb der Baumgrenze können Beschränkungen für bestimmte Gebiete vorgesehen werden. Zu unterscheiden sind Nutzungsverbote und Sperren.

Nutzungsverbote bestehen vor allem für Waldflächen, dazu zählen:

  • Aufforstungsflächen – Jungwald bis drei Meter Höhe darf nicht betreten werden.
  • Bannwald – er soll Siedlungen vor Lawinen und Muren schützen.
  • Naturschutzreservate – sie bezwecken, dass Wald wieder zum vom Menschen unbeeinflussten Urwald werden kann oder beispielsweise Moore erhalten bleiben.
  • Wasserschutzgebiete – zum Schutz der allgemeinen Wasserversorgung. Sie können auf den Quellbereich beschränkt sein, aber auch großräumig abgesperrte Gebiete umfassen.

Nutzungsverbote untersagen in der Regel jegliches Betreten des Gebietes, sie gelten längerfristig oder unbefristet, Hinweistafeln an Wegen zur Kennzeichnung des Betretungsverbots sind nicht erforderlich.

Dem­gegenüber gelten Waldsperren meist befris­tet und nur abseits von Wegen. Sie sind mit amtlichen Hinweistafeln zu kennzeichnen. Absolute Betretungsverbote sind bei Sperrgebieten eher die Ausnahme: Befristet gilt das etwa für Holzfällungen oder bei Treib­jagden, unbefristet für Christbaumkulturen und Alpengärten sowie bei Eigenbedarf des Eigentümers bis zu maximal 15 Hektar (150.000 m2) rund um sein Haus.

Getarnte Verfügungen

Von Wildwuchs bis Urkundenfälschung

Es gibt aber daneben einen regelrechten Wildwuchs von nicht selten willkürlichen Verfügungen, die von Bundesland zu Bundesland sehr unterschiedlich gehandhabt werden. Das können Naturschutz- oder Wildschutzgebiete oder jagdliche Sperrgebiete sein. Gerade Letztere sind stark im Zunehmen begriffen; oft handelt es sich um sehr große Flächen, ganze Gebirgszüge oder Täler, von denen die Allgemeinheit ausgesperrt wird. Gerne werden rein jagdlich motivierte Sperren auch als Wildschutz- oder Naturschutzgebiet getarnt.

Steiermark und Vorarlberg am schlimmsten

Am schlimmsten ist laut dem Österreichischen Alpenverein die Situation in der Steiermark und in Vorarlberg, vergleichsweise liberal geht es in Niederösterreich oder Tirol zu. Der Stellenwert des Tourismus und die Größe der Waldbesitzungen spielen dabei offenbar eine große Rolle. Wo das Geschäft mit den Touristen blüht, scheint man an Jägern weniger interessiert zu sein; Großgrundbesitzer neigen wiederum mehr den Jagdgästen zu – nicht unverständlich, wenn man bedenkt, dass man mit einem einzigen Abschuss 10.000 Euro und mehr verdienen kann.

81 % in Privatbesitz

Zu den größten privaten Waldeigentümern gehören die Familien Esterházy, Habsburg-Lothringen und Liechtenstein oder Indus­trielle wie Mayr-Melnhof; nicht zu unterschätzen sind auch kirchliche Institutionen (wie die Stifte Lilienfeld oder Klosterneuburg). Nur 19 Prozent des österreichischen Waldes sind in öffent­licher Hand; 81 Prozent sind privat, das ist ­europaweit fast unerreicht (nur Por­tugal hat einen noch höheren Privatanteil).

Verbote: abseits des Weges

Keine unbefristeten jagdlichen Sperrgebiete

Unbefristete jagdliche Sperrgebiete dürfte es seit 1987 eigentlich nicht mehr geben. Auch aus anderen Gründen (etwa wegen Holzfällungen) darf eine Sperre für mehr als vier Monate nur mit behördlicher Genehmigung verfügt werden. Es müssen ganz bestimmte Hinweistafeln benutzt werden, die Zeitdauer der Sperre ist eindeutig anzugeben, nach Beendigung der Sperre sind die Tafeln zu ent­fernen.

Strenggenommen: Urkundenfälschung

Ungeachtet der eindeutigen Gesetzeslage in allen Bundesländern halten sich selbst gebastelte Verbotstafeln, die streng genommen als Urkundenfälschung anzu­sehen sind, hartnäckig über Jahrzehnte hinweg. Noch dazu wird häufig die missverständliche Formel "Jagdliches Sperrgebiet – Betreten verboten" gebraucht. Jeder Uneingeweihte wird das wohl so interpretieren, dass dies auch für den Weg gilt.

Verbote gelten oft nur abseits des Weges

Man darf Sperrgebiete aber auf Wegen oder Straßen meist durchqueren (Ausnahmen siehe oben). Peter Kapelari, Leiter des Referats Hütten und Wege im Alpenverein, weiß ein Lied davon zu singen. Auf den Hinweis, dass es längst neue Tafeln gibt, die den Besucher lediglich dazu anhalten, die Wege nicht zu verlassen, bekam er von einem steirischen Behördenvertreter zur Antwort: "Wir haben noch so viele alte Tafeln im Keller."

Man sollte sich nicht einschüchtern lassen. Wer auf dem Weg bleibt, braucht vor den meisten Sperrgebieten nicht haltzumachen. Ungesetzliche oder veraltete Tafeln dürfte man eigentlich entsorgen, denn rechtlich sind sie als "Abfall" zu qualifizieren.

Gewohnheitsrecht

Nach der Rechtsprechung kann durch die langjährige Benutzung eines Weges oder ­einer Skiabfahrt durch Gemeindemitglieder, Touristenvereinsangehörige oder durch die Allgemeinheit ein Benutzungsrecht ("Dienstbarkeit") auch ersessen werden. Die Berechtigten können dieses Recht gegen Eingriffe des Grundeigentümers verteidigen und sogar im Grundbuch eintragen lassen. Voraussetzung einer solchen Dienstbarkeit ist der ­Ablauf einer Ersitzungszeit von 30 Jahren; wenn es sich um einen öffentlichen Grundeigentümer oder eine juristische Person als Grundeigentümer handelt, beträgt die Frist 40 Jahre.

Schilder: welche illegal sind, welche korrekt

Verbotstafeln werden häufig illegal aufgestellt.

Mit der grünen Tafel wird ein Betretungsverbot ausgesprochen, obwohl (meist) nur ein Betreten abseits von Wegen verboten ist. Bei den beiden anderen handelt es sich um Einzelfälle, aber sie belegen, wie sehr mit manchen Freunden der Jagd die (Gewalt-)Phantasien durchgehen.

Verbotstafeln werden häufig illegal aufgestellt. (Bilder: ÖAV, grüne Tafel: VKI) 

 So sieht eine korrekte Hinweistafel für ein befristetes Sperrgebiet aus:

So sieht eine korrekte Hinweistafel für ein befristetes Sperrgebiet aus. (Bilder: ÖAV, grüne Tafel: VKI) 

Zusammenfassung

  • Ihre Rechte im Wald und im Bergland. Wandern, Schwammerln suchen oder Ski fahren dürfen Sie überall, auch abseits der Wege – ausgenommen in bestimmten Verbotszonen und Sperrgebieten. Oberhalb der Baumgrenze ist (außer in Oberösterreich und Vorarlberg) auch das Reiten, Radfahren oder Zelten frei.
  • Kein Betretungsverbot in Sperrgebieten. Vor allem jagdliche Sperrgebiete nehmen überhand. Doch selbst dort dürfen Sie die Wege benutzen. Ungesetzliche Verbotstafeln können Sie ignorieren.

Leserreaktionen

Widersprüchlich

Als Waldbesucher war mir dieser Bericht sehr willkommen, allerdings ist mir aufgefallen, dass er der NÖ Landesjagdverordnung eindeutig widerspricht. Was gilt nun wirklich? Eine Missachtung des Jagdgesetzes ist doch strafbar ...

Szilard Kiss
E-Mail
(aus KONSUMENT 7/2011)

Leider wird versucht, mit jagdrechtlichen Bestimmungen der Länder bundesgesetzliche Regelungen zu umgehen. Wir empfehlen Ihnen nicht, das Wegerecht zu erzwingen, wenn sich Ihnen ein Jäger entgegenstellt. Abgesehen davon, dass Sie mit empfindlich hohen Strafen rechnen müssen, kommt es immer wieder vor, dass Wanderer von einem Jäger mit Waffe und Hund bedroht werden.

In einer solchen Situation leisten Sie den Anordnungen des Jägers besser Folge. Was Sie aber sehr wohl tun können, ist, den Vorfall den Behörden zu melden und auch einen der Alpinvereine darüber zu informieren.

Die Redaktion

Als Gast verhalten

Wichtig wäre es doch auch, den Konsumenten fremden Eigentumsrechtes (und damit auch Jagdrechtes) daran zu erinnern, sich als Gast in der Natur zu sehen und so zu verhalten. Zu den Rechten (was man alles im Wald darf) gehören im Leben immer auch Pflichten, was die moderne Spaßgesellschaft leider vergisst. Zwischen den Interessen der Land- und der Forstwirtschaft, der Jagd samt Naturschutz und den Erholungssuchenden ist ein Ausgleich zu suchen.

Mag. Clemens Fritsch
E-Mail
(aus KONSUMENT 7/2011)

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