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Geldanlage - Auf der Jagd nach höheren Zinsen

Mickrige Sparbuch- und Anleihezinsen lassen Anleger nach lukrativeren Investments suchen. Höhere Renditen sind aber nur um den Preis eines erheblichen Verlustrisikos zu haben.

Seit 2009 sind die Zinsen im Keller. Und auch im Sommer 2011 sind wir trotz erster Zins­erhöhungen durch die Europäische Zentralbank (EZB) von einem normalen Zinsniveau noch weit entfernt. Die Sparer suchen daher höher verzinsliche Kapitalanlagen. Die folgenden besonders renditestarken Angebote können wir sicherheitsorientierten Sparern und Anlegern allesamt nicht empfehlen.

Spekulieren mit Aktienanleihen

Aktuell werden wieder viele Aktienanleihen angeboten. Bei diesem strukturierten Anlageprodukt kann der Emittent die Anleihe entweder zum Ausgabekurs zurückzahlen oder eine vorher festgelegte Zahl von Aktien liefern. Zusätzlich erhält der Anleger Dividenden. Die Anleihe wirft einen fixen Ertrag ab. Die Rückzahlung der Anleihe erfolgt zu 100 Prozent, sofern der Kurs der zugeordneten Aktie (oder des Aktienindex) nicht unter einen bestimmten Betrag fällt, sonst anteilig.

Hohe Dividende - hoher Kursabschlag

Bei Aktien werden die Dividende und die Bezugsrechte vom Kurs abge­schlagen. Je höher die Dividende, desto höher dieser Kursabschlag. Und damit ist es unabhängig von der wirtschaftlichen Einschätzung des jeweiligen Unternehmens wichtig zu wissen, wie hoch die Dividende (in Prozent) ist und wie viele Dividenden-Termine in die Laufzeit der Aktienanleihe fallen. Und natürlich auch, wie viel Risikopuffer Ihnen der Anbieter unter dem aktuellen Aktienkurs gegeben hat, bevor Sie an den Kursverlusten beteiligt sind. Rechnen Sie für sich immer nach folgender Faustregel:

Mehrertrag Aktienanleihe = Zinsertrag (über die Laufzeit) abzüglich Aktiendividende (über die Laufzeit).

Risiko bis zu 100%

Ein möglicher Kursverlust der Aktie von mehr als dem Mehrertrag der Aktienanleihe bedeutet für Sie einen Kapitalverlust. Bei ­Aktienanleihen ist Ihr Ertrag in Form des ­Zinsergebnisses (vor Steuern) begrenzt, Ihr Risiko beträgt hingegen bis zu 100 Prozent des Basisinstrumentes (Aktie bzw. Index) und damit Ihres Kapitaleinsatzes!

Anleihe

Steuerfreie Erträge mit Verlusten

Fehlgeschlagene Finanzwetten können derzeit noch zur Erzielung von steuerfreien Erträgen genutzt werden. Möglich ist dies ­dadurch, dass die Kursgewinne von bis zum 30. September 2011 gekauften Anleihen ­(eine Verlängerung der Frist bis Frühjahr 2012 ist im Gespräch) nach Ablauf der einjährigen Spekulationsfrist steuerfrei sind. Aber das gilt natürlich nicht für den Erstkäufer, der aufgrund des Kaufkurses von 100 bis 105 Prozent des Nominalbetrages ja keine Gewinne hat.

Nehmen wir als Beispiel eine beliebige ­Anleihe mit Kapitalgarantie (wichtig, damit Ihr Risiko begrenzt ist) und einer Wette: X % Zinsen, wenn

  • der Kursverlust am Aktienmarkt nicht größer ist als 20 Prozent,
  • ein Aktienindex mit dividendenstarken ­Papieren besser performt als der Aktienindex DAX,
  • die langfristigen Zinsen schneller steigen als die kurzfristigen,
  • Manchester United mehr als 5 Tore schießt etc.

Wir raten prinzipiell von Wetten bei Finanzgeschäften ab. Bis jetzt ist diese Wette regelmäßig gegen den Anleger ausgegangen. Die Restlaufzeit beträgt noch ein bis fünf Jahre, Zinsen werden nicht mehr oder nur minimal (z.B. 0,5 Prozent) gezahlt.

Kapitalgarantie bei einer Anleihe

Bei Kapitalgarantie wird die An­leihe zwar am Fälligkeitstag zu 100 Prozent zurückgezahlt, davor jedoch notiert sie an der Börse unter 100 Prozent. Der Kurs ermittelt sich hierbei aus der verbleibenden Restlaufzeit und dem üblichen Zinsniveau für diese Rest­laufzeit: So bedeuten beispielsweise 2,5 % Marktzinsen für 3 Jahre und eine Restlaufzeit von 3 Jahren einen Kursabschlag von rund 7,5 % (3 Jahre mal 2,5 % Rendite, ohne Berücksichtigung von Zinses­zinsen). Der Erstbesitzer der Anleihe kann diese über die Börse zu Geld machen (zu 92,5 Prozent, also mit teilweisem Kapitalverlust). Der Käufer hingegen kann eine (noch) steuerfreie Veran­lagung vornehmen. Aber natürlich ist immer auch die Bonität des Schuldners zu beachten.

Coco - Pflichtwandelanleihe der Credit Suisse

Aufgrund der Verpflichtung der Banken zu einer höheren Eigenkapital-Ausstattung kam die Credit Suisse im März 2011 mit sogenannten Cocos auf den Kapitalmarkt. Coco steht für Contingent Convertible Bonds, die auch unter der Bezeichnung Pflichtwandelanleihe bekannt sind.

Immerhin 2 Milliarden Franken nahm die Credit Suisse mit dieser Anleihe ein und machte sie zur normalen Pflichtwandelanleihe: Der Anleger muss die Anleihe nicht in jedem Fall in Aktien des ­Unternehmens tauschen. Diese Wandlung wird erst dann Pflicht, wenn das Unternehmen durch Verluste eine bestimmte Mindest-Eigenkapitalausstattung erreicht. Dann werden die Anleihen von Fremd- in Eigenkapital umgewandelt und der Gläubiger wird Aktionär ohne Zinsanspruch– zu einem Zeitpunkt, wo die Aktionärsstellung nicht gerade ein Vorteil ist. Ob dieses Beispiel bei den Banken Schule macht, wird sich zeigen. Das wird auch davon abhängen, ob die höhere Rendite (in guten Zeiten) das Risiko (in schlechteren Zeiten) ausgleichen kann.

Hohe Rendite = möglicher Kapitalverlust

Katastrophale Zinsen bei Cat Bonds

Auch Naturkatastrophen kann man zu Geld machen. Die direkt Betroffenen haben hoffentlich eine Versicherung, die sie bei den materiellen Schäden zumindest teilweise entschädigt. Die Versicherer ihrerseits geben einen Teil des Risikos an Rückversicherer wie die Münchner Rückversicherung weiter. Und diese finanzieren sich dann über sogenannte Katastrophen Bonds – Anleihen, die das erhöhte Risiko mit erhöhten Zinsen abgelten.

Im Fall einer Katas­trophe kommt es jedoch auf die Bedingungen der Anleihe an: Die Stufen 6 bis 9 auf der ­Richter-Skala für Erdbeben, eine bestimmte Schadenshöhe, eine Stufe X bei Wirbelstürmen – all dies kann für den, der auf die hohen Zinsen schielt, eine Beteiligung an den Folgekosten der Naturkatastrophe bedeuten. Beim Hurrikan ­Katrina in New Orleans kam es erstmals in der Geschichte zum Teilausfall einer Anleihe, beim Erdbeben in Japan sind bereits mehrere An­leihen mit Verlusten von bis zu 100 Prozent ­betroffen. Angeboten von den Versicherern und nachgefragt von den Anlegern werden ­diese Risikopapiere dennoch. Aber ist ein möglicher Kapitalverlust ein akzeptabler Preis für eine ­höhere Rendite?

Gewinn durch Schuldentilgung

Die deutsche Commerzbank musste in den Krisenjahren vom deutschen Steuerzahler gerettet werden. Jetzt schreibt die Bank ­wieder hohe Gewinne. Ein Blick hinter die (Bilanz-)Kulissen zeigt jedoch auf: Mehrere Hundert Millionen Euro Gewinn beruhen auf – Schuldentilgung! Wie kann so etwas funktionieren?

Trotz Kapitalverlust verkauft

Vor der Krise begab die Bank sogenannte Nachranganleihen, die den Anlegern hohe Zinsen versprachen, aber um den Preis einer Beteiligung am Verlust. Und dieses Risiko wurde 2007 und 2008 schlagend. Die Finanzmärkte waren stark verunsichert, das Risikopotenzial der Anleihen ließ sich nicht genau fassen – zum Kurs von deutlich unter 100 Prozent wurden die Anleihen an die Börse gestellt. So konnten sie die Anleger mit zum Teil erheblichen Kursverlusten (= Kapital­verlusten) an der Börse verkaufen; immerhin konnten sie noch verkaufen. Und gekauft hat unter anderem die Commerzbank. Für beispielsweise 80 Prozent erwarb sie Anleihen des Schuldners Commerzbank im Nominalwert von 100 Prozent. Und die Differenz von in diesem Fall 20 Prozent war dann im nächsten Jahresabschluss ein Gewinn. Aber hätten die Anleger ihre Verlustpapiere verkauft, wenn sie gewusst hätten, dass ihr Schuldner genug Geld zum vorzeitigen Rückkauf von Anleihen hat?

Zusammenfassung

  • Höhere Zinsen = höheres Risiko. Höhere Renditechancen sind immer nur um den Preis eines höheren Verlustrisikos zu haben. Das Risiko kann bis zum Verlust des eingesetzten Kapitals gehen.
  • Angebote sorgfältig prüfen. Fragen Sie nach den Risiken, wenn Ihnen eine Geldanlage mit höherem Zinsversprechen als den aktuell üblichen offeriert wird. Angebot eventuell von einer unbeteiligten Stelle (Hausbank, VKI-Beratung) prüfen lassen.
  • Keine unverständlichen Konstruktionen. Schließen Sie keine Verträge für Investments ab, deren Aufbau und Risiken Sie nicht verstanden haben. Bleiben Sie hartnäckig, fragen Sie nach!

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