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Tchibo-Filzstifte mit Stempelfunktion - Einige Inhaltsstoffe giftig

Tchibo verkaufte vor einiger Zeit Stempelfilzstifte um 5,95 Euro. Eine besorgte Mutter machte der starke Geruch stutzig; wir ließen das Produkt analysieren: Es enthält Ethanol, Cyclohexanon, Ethylacetat, Ethylbenzol, Xylol und 1,2-Dichlorethan, also giftige Inhaltsstoffe. Sie werden beim Einatmen aufgenommen und sind absolut ungeeignet für Kinder!

Kinder malen und stempeln gern. Das dachten auch Freunde der Familie S., als sie deren Kindern Filzstifte mit integrierten Druck- und Rollstempeln von Tchibo mitbrachten. Bald fiel der aufmerksamen Mutter jedoch der starke Geruch nach Lösungsmitteln auf und sie wandte sich an die Tchibo-Kundenservicestelle mit der Bitte um Stellungnahme und an uns.

Nicht für Kinder geeignet

Stempel-Filzstifte vor einiger Zeit bei Tchibo erhältlich: giftig und ungeeignet für Kinder /Bild: E. Würth/VKI 

Wir haben die Stifte vom österreichischen Umweltbundesamt und dem deutschen Prüfinstitut DEKRA chemisch analysieren lassen. Ein alarmierendes Ergebnis kam zutage: Die Filzstifte mit Stempelfunktion enthalten gesundheitlich gefährliche Stoffe und haben nichts in Kinderhänden verloren!

Dabei stellt nicht das Saugen an den Malutensilien eine Gefahr dar sondern die Inhalation. Schon allein das nicht vermeidbare Einatmen beim Malen ist schädlich. Die Aufnahme der schädlichen Stoffe erfolgt über das bedruckte Blatt, sprich mit jedem Malstrich oder Stempelaufdruck, den Kinder auf einem vor sich liegenden Mal-Bogen anfertigen.

Auch wenn Tchibo die Stifte nicht mehr verkauft: Sie befinden sich im Umlauf und werden von Kindern verwendet. Unsere Experten raten dringend vor dem Benützen dieser Tchibo-Mal- und Stempelstifte mit der Artikel-Nr. 290474  ab!

Prüfgutachten von Tchibo

Auf ihre Rückfrage bei Tchibo erhielt die Leserin die Information, dass das Mal- und Stempelstifte-Set von einem akkreditierten und unabhängigen Prüfinstitut überprüft wurde. Zitat aus der Mail-Antwort der Tchibo-Kundenservicestelle: "Die gesundheitliche Unbedenklichkeit wurde bestätigt. Sie können somit sicher sein, dass in den Farben keine giftigen Bestandteile enthalten sind“. Lesen Sie auch die beiden Stellungnahmen von Tchibo auf den nächsten Seiten.

Gefahr durch Inhalieren

Das Ergebnis unserer chemischen Analyse zeigt: Die Stifte erfüllen zwar die in der derzeitigen Fassung der Kinderspielzeugverordnung vorgesehene Europäische Norm (EN) 71/9-11. Das bedeutet: Den Stift in den Mund zu nehmen und daran zu saugen ist laut Norm gesundheitlich nicht bedenklich. Eines jedoch zieht diese Art der Prüfung nicht in Betracht: die enorme Gefahr der Aufnahme über die Atemwege. Anders als beim Malen können Kinder mit der Stempelfunktion in relativ kurzer Zeit sehr große Oberflächen stempeln. Dabei atmen sie Lösungsmitteldämpfe ein.

Prüfnorm prüft das Falsche

Wenn also die Prüfnorm das eigentliche Anwendungsspektrum, hier das Stempeln und Malen, nicht wirklich abdeckt, so ist unserer Meinung nach zusätzlich eine sogenannte Baumusterprüfung durchzuführen. Im Rahmen dieser Prüfung ist im vorliegenden Fall eine Inhalationsanalyse erforderlich. Tchibo hat bei den Filzstiften mit Stempelfunktion durch die Prüfung nur die orale Aufnahme, nicht aber das Inhalieren einbezogen. Das Produkt ist somit entgegen der Auskunft der Kundenservicestelle an die Mutter gesundheitlich nicht unbedenklich.

Inhaltsstoffe sind giftig und gesundheitsschädlich

Die Stifte enthalten Ethanol und Cyclohexanon als Hauptkomponenten. Die weiteren Inhaltsstoffe sind Ethylacetat, Ethylbenzol, Xylol und 1,2-Dichlorethan - allesamt Stoffe, die der Gesundheit extrem schaden können! Bei den Substanzen Cyclohexanon und 1,2- Dichlorethan beispielsweise besteht der begründete Verdacht, dass sie krebserregend wirken. Xylol und Ethylacetat gelten als sogenannte Schnüffelstoffe, die beim Einatmen Schaden verursachen können. Da sich alle diese Stoffe kaum in Wasser lösen, werden die Grenzwerte der EU-Norm meist nicht überschritten.

Inhalationsprüfung wäre wünschenswert

CE-Zeichen sagt nichts aus

Bleibt noch die Frage, warum das Stifte-Set auf der Rückseite einen CE-Vermerk trägt. Wie schon in unseren Artikeln „Schadstoffe in Kinderspielzeug“ und „Spielzeugkauf“ dargestellt, bringt das CE-Zeichen nichts. Das Beispiel der für Kinder ungeeigneten Malstifte mit Stempelfunktion verdeutlicht, dass sich Eltern nicht auf die CE-Kennzeichnung verlassen können. Was sagt das Zeichen also aus? Der Hersteller bestätigt damit lediglich, dass sein Produkt den geltenden europäischen Richtlinien entspricht und in den EU-Raum eingeführt werden darf. Eine verpflichtende Kontrolle fehlt noch immer.

Inhalationsprüfung fehlt

Es wäre wünschenswert, die aktuelle EU-Norm 71/9-11 um eine Inhalationsprüfung zu ergänzen, sofern der Anwendungsbereich des Produkts weiter gefasst ist, als die Norm vorsieht. Nachdenklich sollte auch die Tatsache stimmen, dass sogar die Verpackungsverordnung strengere Grenzwerte vorsieht als die Verordnung für Kinderspielzeug.

Auf jeden Fall erwarten Eltern bei Produkten, die sich für Kinder eignen, dass diese für die Gesundheit der Kleinen unbedenklich sind. Das gilt umso mehr für Spielsachen, die sich wie im Fall der Tchibo-Stifte laut Verpackungsaufdruck für Kinder ab 36 Monaten eignen.

Worauf achten bei Kinderspielzeug?

Vertrauen Sie bei Kinderspielsachen dem eigenen Geruchssinn und waschen Sie - wenn möglich - die Produkte. So gehen Sie dabei vor:

  • Geruchstest. Wenn ein Produkt einen starken lösungsmittelähnlichen Geruch verströmt, geben Sie es Ihren Kindern nicht zum Spielen und bringen Sie es zum Händler zurück.
  • Waschen. Geben Sie Kunststoffspielzeug vor dem ersten Benutzen in die Waschmaschine oder in den Geschirrspüler. Nach dem Waschgang bei einer Temperatur von 60 Grad Celsius (nicht geeignet für Styropor oder Malstifte) reduziert sich eine mögliche Schadstoffbelastung erheblich.

Stellungnahme der Firma Tchibo gegenüber der Kundin

Reaktion der Firma Tchibo auf die Anfrage einer Kundin zum starken Geruch der Stempel-Filzstifte:

Vielen Dank, dass Sie sich mit Ihrer Frage an uns gewandt haben. Gerne geben wir Ihnen genaue Hintergrundinformationen zu dem von Ihnen angefragten Mal- und Stempelstifte-Set. Bitte entschuldigen Sie, dass der von Ihnen erworbene Artikel nicht unseren hohen qualitativen Anforderungen entspricht

Alle von Tchibo hergestellten Artikel durchlaufen einen umfangreichen Qualitätssicherungsprozess, bevor sie zum Verkauf angeboten werden dürfen. Zusätzlich zu unseren eigenen, den neuesten Techniken entsprechenden Kontrollen, beauftragen wir zahlreiche neutrale, akkreditierte Prüflabore, die unsere Produkte analysieren. Die Produkte werden nur freigegeben, wenn Sie von mindestens einem unabhängigen Prüfinstitut auf Sicherheit und Schadstoffe geprüft und untersucht wurden.

Unsere Spielzeuge und Babyartikel werden vor dem Verkauf auf Basis der Europäischen Spielzeugrichtlinie 209/48/EG sowie dem Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz (LFGB) und Chemikaliengesetz von einem unabhängigen Labor überprüft. Sowohl bei Spielzeugen und Babyartikeln gehen unsere Prüfungen nach Schadstoffen sogar noch über das gesetzlich vorgeschriebene Maß hinaus.

So wurde auch das von Ihnen erworbene Mal- und Stempelstifte-Set von dem akkreditierten und unabhängigen Prüfinstitut überprüft und die gesundheitliche Unbedenklichkeit wurde bestätigt. Sie können somit sicher sein, dass in den Farben keine giftigen Bestandteile enthalten sind.

Gerne können Sie den Artikel zur Kaufpreiserstattung in einer unserer Filialen zurückgeben.

Wir hoffen, Ihnen mit diesen Informationen geholfen zu haben und freuen uns, wenn wir Sie bald wieder mit der Qualität unserer Produkte überzeugen können.


Ihr Tchibo Kundenservice
26.03.2013
 

Stellungnahme der Firma Tchibo an den VKI

In dem Artikel wird behauptet, dass unsere Stifte eine Gefährdung für Kinder darstellen. Für diese subjektive Einschätzung gibt es keine haltbare wissenschaftliche Begründung, daher ist sie für uns nicht nachvollziehbar.
Wir haben die Stifte von den international anerkannten Experten der LGA / TÜV Rheinland überprüfen lassen, von denen sie als bestimmungskonform und unbedenklich bewertet wurden.

Die im Artikel beschriebene qualitative Analysemethode ermöglicht lediglich einen Nachweis darüber, dass bestimmte Stoffe in der Tinte enthalten sind. Sie erlaubt jedoch keine Rückschlüsse auf die enthaltene Menge dieser Stoffe und somit die Menge, die möglicherweise vom Konsumenten aufgenommen werden könnte – aber genau die ist entscheidend.

Die nicht durchgeführte quantitative Analyse hätte ergeben, dass der Mengenanteil der im Artikel aufgeführten Stoffe deutlich unter den geforderten Grenzwerten liegt. Die Behauptung, dass von den Stiften eine gesundheitliche Gefährdung ausgeht, ist daher nicht nachvollziehbar.

Dem Artikel zufolge sind die offiziell anerkannten Methoden und Analyseverfahren zur Überprüfung von Spielzeug unzureichend. Wir begrüßen ausdrücklich jede Initiative die geeignet ist, Prüfungsverfahren, Richtlinien und Vorgaben im Interesse aller Konsumenten zu verbessern. Bis solche Veränderungen verbindlich geregelt sind, halten wir uns ganz im Sinne des Verbraucherschutzes weiterhin an die gesetzlichen Grundlagen und anerkannte Experten wie die LGA/TÜV Rheinland, um die Unbedenklichkeit unserer Produkte zu überprüfen und bestätigen zu lassen.

Der Artikel trägt in dieser Form leider weniger zur Aufklärung, sondern eher zur Verunsicherung der Verbraucher bei.

Andreas Engelmann
Tchibo GmbH, Hamburg
26.7.2013

 

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