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Formulare: Finanzamt und PVA - Kommentar von KONSUMENT-Redakteurin E. Spanlang

Viele Formulare sind unverständlich - die der Pensionsversicherung und die vom Finanzamt. Steckt da vielleicht System dahinter? - Ein "Aufgespießt" von KONSUMENT-Redakteurin Elisabeth Spanlang.

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KONSUMENT-
Redakteurin
Elisabeth Spanlang

Im vergangenen Jahr bekamen mehr als 3,5 Millionen Österreicher Post von der Pensionsversicherungsanstalt (PVA). Die meisten Empfänger waren sprachlos, was die PVA alles wissen und vor allem belegt haben wollte. So reichte z.B. nicht der Nachweis der bestandenen Matura, es mussten auch noch die Jahreszeugnisse her.

Jeder Handelsbetrieb weiß heute über seine Kunden praktisch alles. Täglich werden Millionen von User-Daten im Internet "abgegriffen". Doch die korrekte Berechnung einer zukünftigen Pension geht nur mit viel Papier, hoffentlich sorgfältig abgelegt in zahlreichen Ordnern?

Lesen und verstehen

Die wirkliche Herausforderung war aber, den zugeschickten Brief nicht nur zu lesen, sondern auch zu verstehen. Mehr als die Hälfte der Adressaten scheiterte an dieser Aufgabe. Viele entsorgten den Zettelberg kurzerhand in der Mülltonne – weniger aus Desinteresse, vielmehr aus Verzweiflung.

Seitenlange Erläuterungen und Denksport

Formulare, die so kompliziert sind, dass nur Eingeweihte begreifen, worum genau es hier geht, gibt es nicht nur bei der PVA, sondern auch beim Finanzamt. Eine hochkomplizierte Gesetzgebung sorgt dafür, dass die Arbeitnehmerveranlagung jedes Jahr im wahrsten Sinn des Wortes anders aussieht. Seitenlange Erläuterungen und gewundene Formulierungen generieren Denksportaufgaben, die sich viele nicht antun wollen: Sie verzichten auf den jährlichen Steuerausgleich. Steckt hier vielleicht System dahinter?

Durch komplizierte Gesetze bleibt Geld bei der Finanz

Kann schon sein: Je unverständlicher ein Formular ist, desto seltener wird es ausgefüllt. Und je weniger Steuern zurückverlangt werden, umso mehr bleibt dem Staat. Warum es also einfacher machen? Zumindest die PVA hat hier Besserung gelobt. Die seit Jänner neu verschickten Fragen in Sachen Pensionskonto sind nach Auskunft des Chefs der Anstalt "extrem vereinfacht, klarer und transparenter formuliert".

Test für Formulare

Wie wäre es in Zukunft mit einer anderen Vorgangsweise? Also z.B. ein neues Formular vor dem Verschicken von jenen Mitarbeitern im Haus ausfüllen zu lassen, die mit der Materie nicht vertraut sind? Jede Wette, dass der erste PVA-Brief anders ausgesehen hätte.

Leserreaktionen

„Leichte Sprache“ vorschreiben

Ich stimme zu 100 % mit der Meinung von Frau Spanlang überein, und möchte sogar noch „ein Schäuferl drauflegen“: Das Pensionskonto-Formular der PVA und der Begleitbrief sind schlicht haarsträubend. Es wundert mich überhaupt nicht, dass – wie Sie schreiben – „mehr als die Hälfte der Adressaten an dieser Aufgabe scheiterte“, und ich vermute, dass auch der Rest nicht alles verstanden hat, was hier viel zu lang und in umständlichem Amtsdeutsch zu Papier gebracht worden ist.

Ich bin der Meinung, dass sämtlichen Behörden die Verwendung der sog. „Leichten Sprache“ vorgeschrieben werden sollte. Das wäre die vermutlich kundenfreundlichste Aktion, die jemals von einem Amt gesetzt wurde.

Dasselbe gilt grundsätzlich für die Gesetze, denn nur ein verschwindend kleiner Prozentsatz der ÖsterreicherInnen kann einen Gesetzestext sinnergreifend lesen. Hier gibt es wenigstens Initiativen – z.B. www.rechtleicht.at – die begonnen haben, Gesetze in „Leichte Sprache“ zu übersetzen, und auch andere Texte wie Parteiprogramme oder Informationen über das Parlament.

Dr. Peter Berger, MSc
Mutters/Tirol
(aus KONSUMENT 4/2014)

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