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Raiffeisen-Hollandfonds insolvent - MPC-Anlegern droht Totalverlust

, aktualisiert am

Geldanlage: Der Hollandfonds 51 ist zahlungsunfähig; Geldgeber müssen Rückforderungen befürchten. - VKI bereitet Klage - siehe Seite 2 - gegen MPC in Hamburg und Wien vor.

Wien (APA) - Österreichische Raiffeisen-Kunden, die in einen geschlossenen Fonds des Hamburger Emissionshauses MPC investiert haben, müssen Geld-Rückforderungen befürchten. Der Hollandfonds 51 ist insolvent. Das bereits einbezahlte Kapital ist damit verloren. Der VKI wirft der Treuhänderin TVP schwere Pflichtverletzung vor und kündigt eine Klage an.

Fonds für Raiffeisen-Kunden pleite

"Still und leise" sei am 31. März 2015 vom Amtsgericht Niebüll in Schleswig-Holstein das Insolvenzverfahren über den MPC-Immobilienfonds Holland 51 eröffnet worden. Dieser sei exklusiv für österreichische Raiffeisen-Kunden aufgelegt worden, so der VKI. Die Anleger, technisch gesehen Gesellschafter des Fonds, seien bisher weder von Raiffeisen noch von der Treuhandgesellschaft TVP informiert worden. "Wir haben dieses Produkt von MPC an Kunden vermittelt. Für die Informationen zur Entwicklung dieses Produktes ist die Treuhandgesellschaft TVP verantwortlich", hieß es dazu von der Raiffeisenlandesbank Niederösterreich-Wien. TVP ist eine 100-Prozent-Tochter von MPC und hält die Fondsbeteiligungen.

"Gewinnabführungsvertrag" mit TVP gekündigt

Die Muttergesellschaft MPC Capital AG hat am 19. Dezember 2014 zusätzlich einen langjährigen "Gewinnabführungsvertrag" mit der TVP aufgekündigt. "Das bedeutet, dass man zwar über die Jahre die Gewinne der Treuhänderin an die MPC weitergeleitet hat, nun aber nicht für die Ansprüche der Anleger gegen die Treuhänderin einstehen will", so Peter Kolba, Leiter des Bereichs Recht im VKI.

MPC bestätigt die Kündigung und begründet dies mit der Neuaufstellung des Finanzhauses - nun konzentriere man sich auf professionelle Anleger, so Unternehmenssprecher Stefan Zenker.

Anwalt: irreführende Verkaufsprospekte

VKI-Rechtsvertreter Sebastian Schumacher indes wirft der TVP "schwere Pflichtverletzungen" vor, da für den Vertrieb in Österreich irreführende Verkaufsprospekte verwendet worden seien. Schumacher hat bereits zahlreiche Anlegerklagen gegen die TVP eingebracht; kürzlich erging ein - nicht rechtskräftiges - Handelsgerichtsurteil gegen Raiffeisen. "Das ist wohl eine der Ursachen dafür, dass sich die MPC aus der Verantwortung nehmen will", so der Anwalt. "Wer seine Ansprüche gegen die TVP bis spätestens 19. Juni 2015 von der MPC besichert verlangt, bewahrt sich die Chance, auch von der MPC Schadenersatz zu bekommen."

Das Geld ist weg

Das eingezahlte Geld ist jedenfalls weg. "Mit der Insolvenz ist der Totalausfall eingetreten", sagte VKI-Rechtschef Peter Kolba. Zusätzlich könnte nun der Insolvenzverwalter des Holland 51 die Anleger auffordern, die erhaltenen Ausschüttungen zurückzuzahlen.“

Einzahlung kann zurückgefordert werden

Im Lichte der Unterlagen und Beratungsgespräche hätten die Anleger angenommen, dass es sich bei den Ausschüttungen um Gewinne bzw. Zinsen handle. Tatsächlich waren es aber nur Rückzahlungen des eigenen eingezahlten Kapitals. Nach deutschem Handelsrecht können diese spätestens bei einer Insolvenz zurückgefordert werden. Laut VKI müssen sich die Anleger des MPC-Hollandfonds 51 auf einen Totalverlust ihres Kapitals einstellen.

MPC Münchmeyer Petersen Capital AG

Das deutsche Emissionshaus MPC Münchmeyer Petersen Capital AG hat in Österreich ab dem Jahr 2000 über Banken oder Vermögensberater sogenannte geschlossene Fonds großflächig an den Mann und die Frau gebracht. Im Programm hatten die Hamburger Schiffsfonds, Immobilienfonds in Holland - meist handelte es sich um Bürohäuser - und Lebensversicherungsfonds. In den vergangenen Jahren gerieten einige dieser Fonds gehörig in Schwierigkeiten, sodass Ausschüttungen zurückgefordert wurden.

Etwa 10.000 investierten in Schiffsfonds

Geschätzte 10.000 Österreicher haben in den Jahren 2004 bis 2008 allein in Kühl- und Containerschiffe oder Tanker 700 Mio. Euro via Fonds investiert. Neben MPC tummelten sich auch andere deutsche Emissionshäuser am Markt. "Damals, als die Wirtschaft geboomt hat, wurden im Stakkato Fonds aufgelegt", so Kolba. Zu Beginn seien die versprochenen hohen Ausschüttungen tatsächlich ausgezahlt worden. In Deutschland sind mehr als 450 Schiffsfonds pleite, bei mindestens ebenso vielen zittern die Anleger um ihr Geld.

Erste Pleite 2012

MPC hat bereits im Sommer 2012 eine Pleite hinnehmen müssen: Der exklusiv für Österreich aufgelegte und ebenfalls von der Raiffeisenlandesbank Niederösterreich-Wien verkaufte Schiffsfonds Merkur Sky musste Ende Juni 2012 Insolvenz anmelden. Mit der nunmehrigen Einundfünfzigste Sachwert Rendite-Fonds Holland GmbH & Co. KG ist Kolba zufolge der erste Hollandfonds der MPC pleite.

Viele Raiffeisen-Kunden betroffen

Es sind 700 bis 800 Raiffeisen-Kunden betroffen. "Der VKI wird die geschädigten MPC-Anleger nicht im Regen stehen lassen. Wir betreiben ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen juristische und natürliche Personen im MPC-Imperium", so Kolba. 2.000 Anleger, die sich geschädigt fühlen, hätten sich dem Verfahren bereits als Privatbeteiligte angeschlossen. Daneben bereitet der VKI eine zivilrechtliche Klagsaktion gegen MPC vor.

Urteil gegen die RLB NÖ-Wien

Kürzlich gab es bei Hollandfonds ein HG Wien: Raiffeisen haftet für Holland-Fonds (Aktenzahl 59 Cg 1/14h). Das Handelsgericht (HG) gab einem klagenden Anleger Recht, der in die MPC-Hollandfonds 50 und 54 investiert hatte. Das Gericht sah mehrere schwere Beratungsfehler, so habe die Bank ihren Kunden zum Beispiel nicht über das Totalverlustrisiko aufgeklärt oder darüber, dass es sich bei den Ausschüttungen nicht um Gewinne handelte. "Die Beklagte haftet für sämtliche Schäden, die aus der Falschberatung resultieren", erklärte das HG Anfang April. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. "Wir prüfen das Urteil derzeit, gehen aber davon aus, dass wir dagegen berufen werden", sagte ein Raiffeisen-Sprecher.
 

Prozess in Deutschland

Der VKI wird beim Landgericht Hamburg eine erste Sammelklage nach dem deutschen Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG) in Sachen Hollandfonds 47 einbringen. 12 Kläger begehren die Einleitung eines Musterverfahrens. Wenn das Gericht diesem Musterverfahren zustimmt, können sich weitere Verbraucher dem Verfahren anschließen. In dem Musterverfahren klärt das Gericht exemplarisch alle gemeinsamen Sach- und Rechtsfragen. Sind die Musterkläger erfolgreich, dann könnten alle Anmelder nach deutschem Recht ohne weiteres Verfahren Geld bekommen.

Anders in Österreich: Zwar gibt es einen einstimmigen Beschluss im Justizausschuss des Parlaments aus dem Jahr Jahr 2007, trotzdem sind solche Massenverfahren in Österreich noch nicht möglich. In Deutschland hingegen gibt es sehr wohl ein sinnvolles Massenverfahren für geschädigte Anleger. "Daher weicht der VKI erstmals ins Ausland aus, um Ansprüche österreichischer Geschädigter gegen deutsche Firmen mit den Instrumenten der deutschen Zivilprozessordnung durchzusetzen." erklärt Dr. Peter Kolba, Leiter des Bereiches Recht im VKI.

Die Pläne des VKI

  • Der VKI wird - unterstützt von einem deutschen Prozessfinanzierer - weitere Musterklagen zu den Hollandfonds 43, 44, 50 bis 68 und zu den Schiffsfonds Reefer Flotte I und II in Hamburg einbringen.
  • Wenn die KapMuG-Klagen zugelassen werden, wird der VKI das den betroffenen Anlegern sofort mitteilen. Diese können sich dann diesen Verfahren anschließen und ihre Forderungen damit gegen Verjährung sichern.

Als Privatbeteiligter anschließen

Wer an der Sammelaktion teilnehmen möchte, muss seine Ansprüche gegenüber der TVP geltend machen und gleichzeitig die MPC auffordern, diese Forderungen zu besichern. Diese Aufforderungsschreiben müssen spätestens am 19.6.2015 bei MPC und TVP einlangen. Der Vertrauensanwalt des VKI hat bereits in über 350 Fällen solche Ansprüche geltend gemacht und steht Verbrauchern für diese Intervention gegen ein Pauschalhonorar zur Verfügung.

Der VKI empfiehlt, sich dem laufenden Strafverfahren als Privatbeteiligter anzuschließen. Dazu ist eine Eingabe im Online-Fragebogen des VKI auf www.verbraucherrecht.at notwendig. Der VKI verlangt einen Organisationskostenbeitrag von 150 Euro. Die Teilnahme an der Sammelaktion ist bis 13.5.2015 möglich.
 

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