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Ohrenbeschwerden - Sonne, Schwimmen, Schmerz

Ausgerechnet in der Badesaison kommt es zu einem gehäuften Auftreten von Ohrenproblemen.

Endlich! Die kalte Jahreszeit ist vorüber. Die Sonne scheint, und die Sommerbäder haben wieder geöffnet. Es locken die Badeseen und das Meer – Badezeit. Allerdings ist das Pritscheln im Wasser nicht nur angenehm, es kann auch eine der schmerzhaftesten Entzündungen hervorrufen: die Gehörgangsentzündung. „Schlimmer als jede Nierenkolik“, wissen Betroffene zu berichten. Mit Fachausdruck heißt die Erkrankung „otitis externa“, man nennt sie umgangssprachlich aber auch „Badeotitis“, eben weil sie gerade während der Badesaison gehäuft auftritt.

Winzige Verletzung

Wie kann es zu dieser Entzündung kommen? Wasser allein schadet dem Ohr noch nicht. Wie es in den Gehörgang hineinfließt, und zwar bis zum Trommelfell, so fließt es auch wieder hinaus. Noch kein Grund zur Beunruhigung. Schaden kann das Wasser erst, wenn es verschmutzt, genauer gesagt: mit Keimen kontaminiert, ist. Und auch dann erst – zweite Bedingung – falls Risse oder Verletzungen, wenn auch vielleicht nur mikroskopisch klein, in der Haut des Gehörgangs sind, durch die Krankheitserreger eindringen und eine Entzündung auslösen können.

Hörbeeinträchtigung

Außer zu starken Schmerzen führt die Gehörgangsentzündung auch zu einer mehr oder minder großen Hörbeeinträchtigung, je nachdem, wie stark der Gehörgang zugeschwollen ist. In der Regel ist eine Gehörgangsentzündung leicht in den Griff zu bekommen. Doch das therapeutische Vorgehen richtet sich immer nach der jeweiligen Diagnose. Möglich, dass die Entzündung sich auf eine kleine Stelle beschränkt, möglich aber auch, dass der ganze Gehörgang betroffen ist. Es können Bakterien oder auch Pilze verantwortlich sein… Also bei Beschwerden in jedem Fall zur genaueren Abklärung den Hals-Nasen-Ohren-Arzt aufsuchen.

Aufsteigende Infektion

Während eine Gehörgangsentzündung gleichermaßen bei Alten wie Jungen auftreten kann, ist die Akute Mittelohrentzündung eher eine Domäne der Kinder. Man muss den Sprösslingen nur beim Baden zuschauen: Sie prusten, sie schnäuzen, sie blasen das Wasser über die Nase wieder aus. Das erklärt auch, wieso es in der Badesaison gerade bei anfälligen Kindern vermehrt zu Akuter Mittelohrentzündung kommt.

Kinder häufiger als Erwachsene

Am Anfang steht meist eine einfache Erkältung; die Infektion setzt sich dann vom Nasen-Rachen-Raum über die Tube ins Mittelohr fort. Kinder sind öfter als Erwachsene betroffen, da bei ihnen die Tube noch recht kurz und der Verschlussmechanismus der Tube zum Nasen-Rachen-Raum noch nicht so wie bei Älteren ausgebildet ist – die Erreger haben also leichtes Spiel, sich weiter auszubreiten. Die Akute Mittelohrentzündung äußert sich in stechenden Schmerzen, außerdem können starkes Fieber und Kopfschmerzen dazukommen. Auch hier sollte unbedingt ein Facharzt aufgesucht werden.

Konsument befragte den Wiener Hals-Nasen-Ohren-Arzt Dr. Guido A. Budik zu seinem Vorgehen bei Gehörgangsentzündung und Akuter Mittelohrentzündung.

Konsument: Gehörgangsentzündungen entstehen, indem Keime durch Risse in der Gehörgangshaut eindringen. Wie kommt es überhaupt zu diesen Rissen oder Verletzungen?

Dr. Budik: Häufig ist das auf die verbreitete Unsitte zurückzuführen, den Gehörgang mit Wattestäbchen zu reinigen. Das Ohrenschmalz ist ein natürliches Sekret, das auch auf natürlichem Weg nach außen abtransportiert wird – und da muss niemand nachhelfen. Wer es dennoch tut, beraubt sich eines natürlichen Schutzes. Das Ohrenschmalz hat pflegende, reinigende und bakterizide Funktion – eingedrungene Bakterien werden eingefangen, abgetötet und nach außen transportiert. Ohne Ohrenschmalz trocknet der Gehörgang aus, und es können feine Risse entstehen – die Eintrittspforten für Bakterien. Davon abgesehen kann man mit Wattestäbchen auch leicht den Gehörgang direkt verletzen. Wer glaubt, verschmutzte Ohren zu haben, sollte nicht zu Reinigungshilfen greifen, sondern zur Abklärung einen HNO-Arzt aufsuchen.

Konsument: Was ist bei einer Gehörgangsentzündung zu tun?

Dr. Budik: Das richtet sich ganz nach der Diagnose. Es gibt Entzündungen, die mit einer lokalen Tropfentherapie abheilen, es gibt aber auch schwere Fälle, die eine stationäre Aufnahme und Infusionstherapie im Krankenhauserfordern. In jedem Fall sollte der Betroffene sich ohne Gehörgangs- und Trommelfellbefund des Arztes nicht selbst Ohrentropfen in der Apotheke besorgen. Denn erstens ist es fraglich, ob die in seinem Fall überhaupt helfen, und zweitens sind Ohrentropfen nicht gleich Ohrentropfen. Die einen enthalten Kortison, die anderen Antibiotika…

Konsument: Sind Ohrstöpsel oder in den Gehörgang gesteckte Watte nach Ihrer Meinung ein geeigneter Schutz gegen Gehörgangsentzündungen?

Dr. Budik: Nein, man sollte prinzipiell nichts in die Ohren geben, da deren Belüftung jederzeit erhalten werden sollte. Ohrstöpsel sind allerdings dann unbedingt angezeigt, wenn kein Wasser ans Trommelfell dringen darf. Das ist bei Personen der Fall, die ein Loch oder ein so genanntes Paukenröhrchen im Trommelfell haben. Diese Patienten müssen, bevor sie duschen oder baden gehen, vorher den Gehörgang abdichten. Und das machen sie am besten mit Stöpseln, die von einer Hörgerätefirma für sie individuell angefertigt wurden, denn jeder Gehörgang ist verschieden.

Konsument: Zum zweiten Problembereich, der Akuten Mittelohrentzündung. Können Sie einen Rat geben, wie man sich oder vor allem seine Kinder vorbeugend schützen kann?

Dr. Budik: In den meisten Fällen handelt es sich um eine so genannte tubogene Infektion – von den oberen Luftwegen pflanzt sich die Infektion über die Tube bis ins Mittelohr fort. Daher die Empfehlung, bei Infektionen im Nasen- und Nasen-Rachen-Bereich frühzeitig abschwellende Nasentropfen zu verwenden, um die Atemwege freizuhalten. Wenn die Nase frei ist, ist auch der Nasen-Rachen-Raum frei, und die Belüftung zum Mittelohr ist garantiert. Allerdings können Nasentropfen, wenn zu lange verwendet, auch zu einer Schleimhautschädigung führen. Daher meine Empfehlung: nicht länger als eine Woche, lieber noch kürzer, dafür in dieser Zeit intensiver.

Konsument: Viele Eltern haben ein Unbehagen, wenn die Akute Mittelohrentzündung ihrer Kinder sogleich mit Antibiotika bekämpft wird. Erstens führt das meist zu Durchfall, zweitens ist der Nutzen dieser Therapie aufgrund neuester Studien höchst fraglich, ja sie wird sogar für eine erhöhte Allergieanfälligkeit verantwortlich gemacht. Welche Alternativen sehen Sie?

Dr. Budik: Gerade bei Kindern hat man in den ersten 24 Stunden einer Akuten Mittelohrentzündung gute Chancen, allein mit belüftenden Maßnahmen – sprich: mit abschwellenden Nasentropfen, die die Atemwege freihalten – zu einer Verbesserung im Mittelohr beizutragen. In einem frühen Stadium der Erkrankung kann man, in Absprache mit den Eltern, mit der Antibiotikagabe noch zuwarten. Antibiotika sollten meiner Ansicht nach allerdings dann unbedingt verordnet werden, wenn der Trommelfellbefund eindeutig auf eine bakterielle Entzündung hinweist. Andernfalls besteht die Gefahr von weiteren Komplikationen, die auch zu Störungen des Hörvermögens führen können.

Konsument: Einige HNO-Ärzte arbeiten auch mit homöopathischen Mitteln und dem Anspruch, nicht die Krankheitserreger direkt bekämpfen zu wollen, sondern vordringlich die Abwehrkräfte des Patienten zu stärken.

Dr. Budik: Ich sehe da keinen Widerspruch. Die Zeiten, da sich die Proponenten der beiden Richtungen, hier Allopathie, dort Homöopathie, wild bekämpft haben, sind Gott sei Dank vorbei. Das sind zwei einanderergänzende Schulen, die beide ihre Berechtigung haben und die dann richtig angewendet werden, wenn beide ihre Grenzen kennen.

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