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Terminvergabe bei Hüft-OP´s - Privat geht´s schneller

, aktualisiert am

Zwölf Ärzte im Test: Werden Privatpatienten bevorzugt? Seit Mitte 2011 ist ein Wartezeitenmanagement für bestimmte Operationstermine in österreichischen Spitälern vorgeschrieben. Doch wie unser Test zeigt, besteht immer noch Nachholbedarf.

Auf unserern Testergebnisseiten finden Sie diese Ärzte:

Aus Wien

  • OA Dr. Heinrich Martin
  • OA Dr. Heuberer Philipp
  • OA Dr. Karamat Lukas
  • OA Dr. Knechtel Herbert
  • OA Dr. Klein Gerhard
  • Univ.Doz. Dr. Kubista Bernd
  • OA Dr. Loho Gerald

Aus Niederösterreich

  • Dr. Bräuner Johannes
  • OA Dr. Felsing Clemens
  • Univ.Prof. Dr. Nehrer Stefan
  • Dr. Reisner Christoph
  • Dr. Winter Felix


Können Privatpatienten verkürzte Wartezeit erkaufen?

Lange Wartezeiten für einen OP-Termin im Spital oder für einen Untersuchungstermin beim Facharzt sorgen unter Patientinnen und Patienten immer wieder für Ärger und Verdruss. Empörung kommt auf, wenn der Eindruck entsteht, betuchtere "Kunden" könnten sich gegen entsprechende Privat-Zahlungen, unabhängig von medizinischen Notwendigkeiten, eine Verkürzung der Wartezeit erkaufen.

Frühere Tests erhärten den Verdacht

Unsere bisherigen Tests zum Thema Wartezeit bei Ärzten und in Spitälern (Wartezeit bei Facharztterminen 2/2008 und OP-Termine 9/2011) erhärteten diesen ­Verdacht. Lesen Sie auch Privat versichert, trotzdem Kosten 10/2013.

Gesetz fordert transparente Wartelisten

Der Gesetzgeber reagierte. Mitte 2011 trat eine Novelle des Bundesgesetzes über Krankenanstalten und Kuranstalten (KAKUG) in Kraft. Darin ­werden öffentliche und private gemeinnützige Krankenanstalten verpflichtet, für bestimmte Eingriffe ein transparentes Wartelisten­regime einzuführen. Die Regelung gilt für geplante (elektive) Operationen, bei denen die Wartezeit mehr als vier Wochen beträgt. Konkret betroffen sind Kataraktoperationen, Bandscheibenoperationen sowie das Einsetzen von Hüft­endoprothesen.

Terminvergabe: Bevorzugung bestimmter Patienten verhindern

Ebenfalls im Gesetz vor­geschrieben ist, dass "nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten tunlichst eine Auskunftseinholung auf elektronischem Weg zu ermöglichen ist". Ziel des Gesetzes ist es, durch Offenlegung und Nachvollziehbarkeit eine Bevorzugung von bestimmten Patienten zu verhindern und eine Termin­vergabe ausschließlich nach streng medi­zinischen Kriterien sicherzustellen.

Keine Extraleistungen

Um es vorweg klarzustellen: Dass Spitals­ärzte den Patienten Untersuchungen und Beratung in ihren Privatordinationen anbieten, soll hier nicht Gegenstand der Kritik sein. Dies ist im Gegenteil als zusätzlicher Service für die Patienten zu sehen.

Nicht ­zulässig ist es hingegen, wenn Ärzte den ­Eindruck vermitteln, dass mit dem Besuch in der Privatordination eine Bevorzugung im stationären Bereich erkauft werden könne. Dazu zählt unter anderem auch die raschere Vergabe eines OP-Termins (Vorreihung auf der Warteliste).

Umgehen Ärzte Warteliste?

In unserem KONSUMENT-Test zu Wartezeiten bei Hüft-Operationen finden Sie Informationen zu Dr. Lukas Karamat, Dr. Bernd Kubista, Dr. Gerald Loho, Dr. Herbert Knechtel, Dr. Martin Heinrich, Dr. Gerhard Klein, Dr. Philipp Heuberer, Dr. Stefan Nehrer, Dr. Clemens Felsing, Dr. Johannes Bräuner, Dr. Christoph Reisner und Dr. Felix Winter. Wir untersuchen die Kosten der Privatordination, die Wartezeit auf den OP-Termin, das Angebot des Arztes, weitere Kosten und - ganz entscheidend -: ob der Arzt die Warteliste umgeht. Die Ärzte haben wir nach Zufallsprinzip ermittelt.

Beratung in Privatordination

Auch dürfen Privatpatienten ohne Zusatzkrankenversicherung keine ­Leistungen im stationären Bereich erhalten, die nicht allen sozialversicherten Patienten zustehen. In der Privatordination erbrachte Leistungen (etwa Untersuchung, Diagnosestellung, Nahtentfernung im Rahmen der Nachbehandlung, Aufklärung und Beratung) sind von den Leistungen des stationären ­Bereichs eindeutig zu trennen. Dies ist dann gewährleistet, wenn Operationstermine nur im Krankenhaus und nicht in der Privatordination vergeben werden.

Möglichst rasch einen OP-Termin

Wir wollten wissen, ob die Spitäler die ­gesetzlich vorgeschriebenen transparenten Wartelisten führen sowie diese online verfügbar machen und ob es ungerechtfertigterweise zu einer Verkürzung der Wartezeit kommt, wenn Patienten sich in der Privat­ordination um einen OP-Termin bemühen.

Unsere Testperson suchte dazu im Beisein einer Zeugin 12 verschiedene Privatordinationen in Wien (7) und Niederösterreich (5) auf. Auswahlkriterium war, dass diese Ärzte in Spitälern tätig sind, in denen besonders häufig Hüftoperationen ausgeführt werden.

Hüftprobleme seit der Kindheit

Die Testperson gab an, seit ihrer Kindheit unter Hüftproblemen zu leiden, eine Ope­ration jedoch immer hinausgeschoben zu haben. Inzwischen leide sie trotz Schmerztherapie unter Dauerschmerzen und wolle die Operation möglichst rasch hinter sich bringen. Jeder Besuch wurde von der Testperson dokumentiert und das Protokoll von der Begleitperson unterzeichnet.

Verdachtsfälle und Fazit

Verdachtsfälle

Die Auswertung der erhobenen Daten erfolgte in Kooperation mit drei Experten von der Niederösterreichischen Patientenanwaltschaft. Die Daten wurden den Experten in anonymisierter Form ausgehändigt. Sie wussten also nicht, um welche Ordination beziehungsweise um welches Spital es sich im jeweiligen Fall handelte.

Zwar konnten wir keinen Fall von offensichtlicher "Kuvertmedizin“ erkennen, jedoch erscheinen die für den Fall einer Operation angegebene Privat­honorare bei drei Ärzten überhöht. In fünf der zwölf Fälle liegen Hinweise darauf vor, dass eine Umgehung der Warteliste in Aussicht gestellt wurde. In einem Fall attestierten unsere Experten Verdacht auf versuchte Steuerhinterziehung, in einem Fall steht der Verdacht auf Beihilfe zum Abrechnungs­betrug im Raum.

Nachholbedarf bei KAV und Vinzenzgruppe

Nachholbedarf besteht auch, was das Führen der Wartelisten sowie Transparenz und Verfügbarkeit derselben angeht. Die zwölf Spitäler, die in unseren Test involviert sind, werden von drei verschiedenen Krankenhausträgern geführt: Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV), Vinzenzgruppe und Niederösterrei­chische Landeskliniken Holding. Nur Letztere führt im Internet zugängliche Wartelisten.

Gesetz nur lückenhaft umgesetzt

Fazit: Die gesetzlichen Vorgaben sind auch zweieinhalb Jahre nach Inkrafttreten der entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen (§ 5a KAKUG) nur lückenhaft umgesetzt. Nach wie vor scheint es in österreichischen Spitälern möglich zu sein, die Wartezeit für einen OP-Termin per Umweg über die Privat­ordination des operierenden Arztes deutlich zu verkürzen.

Was ist ein "Akutfall": objektive Kriterien fehlen

Auffällig ist auch, dass die fachlich begründeten Einstufungen in den Privatordinationen, inwieweit ein Akutfall vorliege, sehr unterschiedlich vorgenommen wurden. Um das vom Gesetzgeber anvisierte Wartelistenmanagement zu gewährleisten, erscheint es unabdingbar, objektive, für alle Ärzte und Spitäler verbindliche Einstufungskriterien dafür zu definieren, wann ein Akutfall vorliegt.

Testergebnisse: 7 Ärzte in Wien

OA Dr. Lukas Karamat

  • Spital: Orthopädisches Spital Speising GmbH
  • Bundesland: Wien
  • Träger: Vinzenzgruppe
  • Kosten Privatordination: 120 Euro
  • OP-Termin: Wartezeit 14 Monate
  • Angebot: Bemüht sich "aufgrund der Akutsituation" der Patientin um einen OP-Termin innerhalb von drei Monaten.
  • Expertenurteil: Hinweis auf Umgehung der Warteliste

Univ.Doz. Dr. Bernd Kubista

  • Spital: AKH Wien
  • Bundesland: Wien
  • Träger: KAV
  • Kosten Privatordination: 120 Euro
  • OP-Termin: Wartezeit ca. 9 Wochen
  • Angebot: „Aufgrund der Akutsituation“ der Patientin Termin binnen 14 Tagen ­möglich (Anmerkung: Laut Kriterien des AKH lag keine Akutsituation vor).
  • Expertenurteil: Hinweis auf Umgehung der Warteliste

OA Dr. Gerald Loho

  • Spital: Herz-Jesu-Krankenhaus Wien
  • Bundesland: Wien
  • Träger: Vinzenzgruppe
  • Kosten Privatordination: 120 Euro
  • OP-Termin: derzeit rund 6 Monate ­Wartezeit
  • Angebot: Verspricht, ein „gutes Wort“ für die Patientin einzulegen, unter anderem durch Verweis auf Akutsituation. Wartezeit reduziert sich auf 4 Wochen.
  • Expertenurteil: Hinweis auf Umgehung der Warteliste

OA Dr. Herbert Knechtel

  • Spital: Sozialmedizinisches Zentrum ­Baumgartner Höhe – Otto Wagner Spital
  • Bundesland: Wien
  • Träger: KAV
  • Kosten Privatordination: 100 Euro
  • OP-Termin: Wartezeit 5 bis 6 Monate
  • Angebot: Hinweis: früherer OP-Termin möglich, wenn die Patientin den Eingriff über Weihnachten/Neujahr vornehmen lasse.­ Wartezeit reduzierte sich auf zirka 13 Wochen.
  • Weitere Kosten: 300 Euro, darin enthalten ein Termin zur Nachbehandlung
  • Expertenurteil: Kein Hinweis auf Umgehung der Warteliste. Da die OP-Termine zu bestimmten Zeiten (etwa zu Weihnachten oder in den Sommermonaten) weniger in Anspruch genommen werden, kann es für Patienten, die sich zu diesen Zeiten operieren lassen möchten, zu einer Verkürzung der Wartezeit kommen. Honorar von 300 Euro für eine Nachbehandlung erscheint bei ­üblichem Honorar von 100 Euro überhöht.

OA Dr. Martin Heinrich

  • Spital: Orthopädisches Krankenhaus der Stadt Wien – Gersthof
  • Bundesland: Wien
  • Träger: KAV
  • Kosten Privatordination: 120 Euro
  • OP-Termin: Wartezeit ca. 5 Monate
  • Angebot: Patientin erhält Fixtermin in 4 Monaten
  • Weitere Kosten: Allenfalls Kosten für ­Kontrolltermin nach der OP
  • Expertenurteil: Kein Hinweis auf Umgehung der Warteliste

OA Dr. Gerhard Klein

  • Spital: Sozialmedizinisches Zentrum Ost der Stadt Wien – Donauspital
  • Bundesland: Wien
  • Träger: KAV
  • Kosten Privatordination: 120 Euro
  • OP-Termin: Wartezeit 5 bis 6 Monate
  • Angebot: Hinweis: früherer OP-Termin möglich, wenn die Patientin den Eingriff über Weihnachten/Neujahr vornehmen lasse.
  • Weitere Kosten: Eventuell für Kontrolltermine
  • Expertenurteil: Zulässig, da nachvollziehbare Begründung

OA Dr. Philipp Heuberer

  • Spital: Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern Wien Betriebsgesellschaft m.b.H.
  • Bundesland: Wien
  • Träger: Vinzenzgruppe
  • Kosten Privatordination: 140 Euro (Anmerkung: Telefonisch angekündigt waren 120 Euro. Nachdem die Patientin auf einer Rechnung bestand, wurde der Betrag auf 140 Euro erhöht).
  • OP-Termin: Wartezeit 10 Monate
  • Angebot: Weist darauf hin, dass sich die Wartezeit bei einem Privataufenthalt im Spital (Kosten 6.000 bis 8.000 Euro) erheblich reduzieren würde (Termin innerhalb von 2 bis 3 Monaten möglich). Schlägt vor, dass er die Testperson nach 3 Tagen in ein Allgemeine-Klasse-Zimmer verlegen lassen könne, wodurch sie sich die weiteren „Hotelkosten“ spare.
  • Weitere Kosten: Keine
  • Expertenurteil: Verdacht auf versuchte Steuerhinterziehung. Das Vermischen von Privat- und Kassenleistungen ist aus rechtlicher Sicht schwer bedenklich, da zwar der Arzt das volle OP-Honorar erhält, der Rechtsträger jedoch nicht die vollen Kosten für die Hotelkomponente.

 

Testergebnisse: 5 Ärzte in NÖ

Univ.Prof. Dr. Stefan Nehrer

  • Spital: Landesklinikum Krems
  • Bundesland:
  • Träger: NÖ Landeskliniken Holding
  • Kosten Privatordination: 150 Euro
  • OP-Termin: Wartezeit 5 Wochen bei unten stehendem Angebot (Anmerkung: Laut Homepage der Landeskliniken betrug die durchschnittliche Wartezeit zum Testzeitpunkt 8,9 Wochen)
  • Angebot: Schlägt Pauschalzahlung von 1.000 Euro vor. Darin inkludiert sind die persönliche Betreuung sowie alle Nachbehandlungen. Der Patient erhält zudem die Handynummer des Arztes und kann diesen jederzeit erreichen; tägliche private Visite während des Spitalaufenthaltes. Operation ist auch ohne „persönliche Betreuung“ im Spital möglich, dann wird für jede einzelne Privatordination 150 Euro verrechnet. Bietet Fixtermin in 5 Wochen an.
  • Weitere Kosten: 1.000 Euro pauschal
  • Expertenurteil: Hinweis auf Umgehung der Warteliste. Es bestehen schwere rechtliche Bedenken, da durch das Angebot des Arztes rechtlich verbindliche Regelungen zur Sonderklasse umgangen werden. Dem Rechtsträger könnte der ihm zustehende Kostenersatz entgehen.

Dr. Johannes Bräuner

  • Spital: Landesklinikum Gmünd
  • Bundesland:
  • Träger: NÖ Landeskliniken Holding
  • Kosten Privatordination: 90 Euro
  • OP-Termin: Wartezeit 5 Monate
  • Angebot: Arzt stuft Patientin als nicht dringlichen Fall ein und bietet Fixtermin in 5 Monaten an.
  • Weitere Kosten: Keine
  • Expertenurteil: Kein Hinweis auf Umgehung der Warteliste

Dr. Christoph Reisner

  • Spital: Landesklinikum Wiener Neustadt
  • Bundesland:
  • Träger: NÖ Landeskliniken Holding
  • Kosten Privatordination: 100 Euro
  • OP-Termin: Wartezeit 6 Monate
  • Angebot: Arzt sieht keine Möglichkeit, die Wartezeit zu verkürzen.
  • Weitere Kosten: Keine
  • Expertenurteil: Kein Hinweis auf Umgehung der Warteliste. Allerdings Verdacht auf Beihilfe zum Abrechnungsbetrug, da die Krankenkasse bei Einreichung der Rechnung (Wahlarzt­honorar) eine Leistung rückerstatten würde, die nicht erbracht wurde. (Auf der Honorarnote findet sich unter anderem eine Position 135 Manuelle Therapie. Bei der Patientin erfolgte jedoch keine therapeutische Behandlung.)

OA Dr. Clemens Felsing

  • Spital: Landesklinikum St. Pölten
  • Bundesland:
  • Träger: NÖ Landeskliniken Holding
  • Kosten Privatordination: 120 Euro
  • OP-Termin: Wartezeit 4 Wochen
  • Angebot: Arzt gibt an, dass er immer 2 bis 3 OP-Termine für seine Patienten ­reserviert hat.
  • Weitere Kosten: 700 Euro pauschal. ­Inkludiert sind Erstgespräch (die bereits gezahlten 120 Euro würden abgezogen, falls Patient sich für OP entscheidet), Naht­entfernung, Verbandwechsel wenn nötig, persönliche Betreuung.
  • Expertenurteil: Hinweis auf Umgehung der Warteliste. Reservierungen für "eigene“ Patienten über die Privatordination sind unzulässig, da offenbar außerhalb der offi­ziellen Warteliste. Überhöhtes Honorar.
Dr. Felix Winter
  • Spital: Landesklinikum Mistelbach
  • Bundesland:
  • Träger: NÖ Landeskliniken Holding
  • Kosten Privatordination: 90 Euro
  • OP-Termin: Wartezeit 4 Wochen
  • Angebot: Arzt weist darauf hin, dass es Kollegen gebe, die für Geld einen früheren OP-Termin versprechen, er dies aber ablehne.
  • Weitere Kosten: Je eine Vor- und Nachuntersuchung in der Privatordination um je 65 Euro.
  • Expertenurteil: Kein Hinweis auf Umgehung der Warteliste

Fragebogen nicht beantwortet

Nach Abschluss unseres Tests wurden die Primarärzte und die ärztliche Direktion der betroffenen Spitäler offiziell vom VKI angeschrieben und ersucht, einen Fragebogen zum Wartelistenmanagement auszufüllen.

Während Vinzenzgruppe und Niederösterreichische Landeskliniken Holding unserer Bitte nachkamen, scheint dem Kranken­anstaltenverbund (KAV) weniger an Transparenz gelegen. Bis Redaktionsschluss beantwortete mit dem AKH lediglich ein einziges KAV-Spital unseren Fragebogen.

Zusammenfassung

  • Wartelistenmanagement. Öffent­liche und private gemeinnützige Krankenanstalten sind per Gesetz verpflichtet, für bestimmte Eingriffe, bei denen die durchschnittliche Wartezeit mehr als vier Wochen beträgt, ein anonymisiertes Wartelistenregime zu führen.
  • Vorreihung nicht erlaubt. Ärzte dürfen Patienten, die beispielsweise auf eine Hüftoperation warten, nicht aufgrund von Extrazahlungen gegenüber Kassenpatienten bevorzugt behandeln. Eine Vorreihung gegen Privathonorar ist nicht erlaubt.
  • Nachholbedarf. Wie unsere Test­ergeb­nisse zeigen, besteht ein gesetzlich vorgeschriebenes OP-Wartelistenmanagement nach wie vor nur lückenhaft. Eine Verkürzung der Wartezeit auf einen OP-Termin scheint über den Umweg Privatordination weiterhin möglich.

Testkriterien

12 Privatordinationen in Wien und Niederösterreich aufgesucht

Die Testperson suchte 12 Privatordinationen von Ärzten auf, die in Spitälern tätig sind, in denen besonders viele Hüftoperationen ausgeführt werden. Sie wurde bei allen Besuchen von einer Vertrauensperson begleitet. Die Testperson gab an, seit ihrer Kindheit unter Hüftprob­lemen zu leiden. Aufgrund von Dauerschmerzen solle die Operation möglichst rasch erfolgen, eine Zusatzversicherung ­liege nicht vor. Jeder Besuch wurde unmittelbar nach Verlassen der Ordination dokumentiert, das Protokoll von der Begleitperson unterzeichnet.

Vergleichende Informationen der Spitäler

Nach dem Besuch der Testperson wurde die ­Spitalsabteilung, in der der jeweilige Arzt tätig ist, telefonisch kontaktiert, um zu erheben, ob sich die Angaben aus den Besuchen mit den Informationen decken, die wir beim Anruf in den Spitälern erhielten. In der Folge wurden die Primar­ärzte und die ärztliche Direktion der betrof­fenen Häuser offiziell vom VKI angeschrieben und ebenfalls ersucht, einen Fragebogen auszufüllen.

Anonyme Auswertung

Die Auswertung der Ergebnisse erfolgte in Kooperation mit der NÖ Patientenanwaltschaft (drei Experten). Die erhobenen Daten wurden dabei in anonymisierter Form übermittelt. Die Experten hatten also bei der Auswertung keine Informationen darüber vorliegen, um welchen Arzt bzw. welches ­Spital es sich jeweils handelte. 

Reaktion: Dr. Nehrer

... vom 27.01.2014

Bezüglich der Vorwürfe ist festzustellen, dass das Vormerksystem des Spitals den aktuellen nächstmöglichen Termin automatisiert vorgibt, dieser wurde auch so weitergegeben. Die Wartezeiten werden monatlich erhoben, sodass zu einem bestimmten Zeitpunkt Abweichungen von 1-2 Wochen möglich sind.

Bezüglich der Behandlung im Spital ist festzuhalten, dass jeder Patient soweit möglich persönlich vom Operateur visitiert wird und dieser Umstand damit keine Sonderbehandlung darstellt. Der Patient war kein Sonderklassepatient, sodass der Vorwurf der Umgehung der Sonderklasseversicherung in keiner Weise zutrifft und damit beide Beurteilungen damit ungerechtfertigte Unterstellungen sind.

Die strukturierte Nachbehandlung in der Privatordination über 2-3 Monate-je nach Verlauf- ist ein Angebot an den Patienten, welches Patienten, die nicht im Spital nachbehandelt werden wollen eine optimale Nachbetreuung sichert.

Stefan Nehrer

+++

Antwort der Redaktion:

Bei Patienten, die eine Hüftendoprothese erhalten, ist ein Spitalsaufenthalt von 5 -10 Tagen üblich. Nach dieser Zeit wird der Patient üblicherweise noch einmal zur Nahtentfernung bestellt. Manche Orthopäden vereinbaren vor der Nahtentfernung einen Termin zum Verbandswechsel. Bei Verrechnung des üblichen Honorars von Prof. Nehrer würden sich daher Kosten von 150 bis 300 Euro ergeben.

Prof. Nehrer hat in seiner Wahlarztordination in seinem Kalender nachgesehen und der Patientin sofort einen Fixtermin angeboten (ich operiere immer am Dienstag mein nächster freier Termin ist am…). Es entstand so der Eindruck, dass er über seine eigenen Termine verfügt, was einer Umgehung der Warteliste entspricht.

Prof. Nehrer machte unserer Patientin das Angebot einer Pauschalzahlung – wenn persönliche Betreuung gewünscht ist und alle "Nachbehandlungsgschichterln" (in der Ordination), dann sei das eine Behandlung wie "bei einem Privatpatienten". Wenn das nicht erwünscht ist - also keine persönliche Betreuung im Spital - dann könne man zur Nachbehandlung um 150 Euro pro Ordination in die Ordination kommen. Daher kann der Eindruck entstehen, dass das Pauschalhonorar zu einer besseren Betreuung im Spital führt.

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Leserreaktionen

Unauffällige Therapie

Sie berichten über Terminvergaben bei Hüftoperationen und haben dafür Testpersonen in Ordinationen geschickt. Unter anderem wurde auch meine Ordination ausgewählt. Die Patientin gab an, dass nur ihr Knie bewegt wurde, sie aber keine manuelle Therapie erhalten habe. Tatsächlich wurden beide Hüftgelenke untersucht, bei dieser Untersuchung werden sowohl Hüftgelenke wie Kniegelenke passiv bewegt. Dies ergibt sich aus der Dokumentation in meiner Kartei. Auf der Honorarnote wurde von mir im Pauschalbetrag die Leistung „Manuelle Therapie“ angeführt. Sie sehen darin nun eine Beihilfe zum Abrechnungsbetrug.

Ich habe seit vielen Jahren das Diplom in Manueller Medizin und wende diese Behandlung auch regelmäßig an. Diese Leistungsposition wird alleine in Niederösterreich jährlich mehr als 20.000 Mal von niedergelassenen Orthopäden durchgeführt. In der manuellen Medizin verschwimmen Diagnose und Behandlung, vor allem wenn so genannte „weiche“ Techniken angewendet werden, wie etwa bei der Untersuchung eines schwer geschädigten Gelenks, wie es bei Ihrer Testperson der Fall war.

Es ist somit nicht verwunderlich, dass die Patientin die Untersuchung ausschließlich als Untersuchung und nicht als Therapie wahrgenommen hat, wenngleich im Rahmen dieser Untersuchung unter anderem eine Traktion und leichte Mobilisierung des Gelenks durchgeführt wurde. Die Leistung „Manuelle Therapie“ wurde daher im konkreten Fall erbracht und steht daher völlig zu Recht auf der aufgeschlüsselten Honorarnote.

Dr. Christoph Reisner, MSc
Facharzt für Orthopädie und orthopädische Chirurgie
(aus KONSUMENT 3/2014)

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