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Hüft-Operationen - Wenn die Prothese nicht passt

Patientenanwaltschaft: Nach der Implantation eines künstlichen Hüftgelenks kommt es zu unerklärlichen Komplikationen. Erst nach mehreren Untersuchungen stellt sich heraus, dass die Gelenk-Komponenten nicht zusammenpassen.

Der Fall: Starke Schmerzen nach Hüftoperation

Bei einer Patientin treten derart massive Probleme mit dem künstlichen Hüftgelenk auf, dass ein Hüftgelenkspfannenwechsel unumgänglich ist. Dieser wird in einer Tiroler Krankenanstalt vorgenommen. Nach dem Eingriff verspürt die Patientin starke Schmerzen im Hüftbereich. In den Folgetagen stellt sich beim Gehen ein "knackendes" Geräusch ein. Die behandelnden Ärzte nehmen zwar radiologische Untersuchungen vor, doch sie finden weder für die Schmerzen noch für das Geräusch eine Erklärung.

Pfanneninlay und Prothesenkopf passten nicht zusammen

Schließlich wird die Patientin in die häusliche Pflege entlassen. Die Beschwerden halten an und einen Monat später sucht die Patientin einen niedergelassenen Facharzt für Orthopädie auf. Dieser veranlasst eine computertomographische Untersuchung. Dabei wird festgestellt, dass das implantierte Pfanneninlay und der Prothesenkopf nicht zusammenpassen. Die Patientin wird wenige Wochen später erneut operiert, dabei werden passende Prothesenkomponenten implantiert.

Die Intervention: Gutachten attestiert Behandlungsfehler

Nach Prüfung des Sachverhaltes anhand der Behandlungsunterlagen konfrontiert die Tiroler Patientenvertretung die Haftpflichtversicherung der Krankenanstalt mit dem Verdacht einer fehlerhaften medizinischen Behandlung. Im Zuge der Verhandlungen einigt man sich auf die Einholung eines fachärztlichen Gutachtens auf Kosten des Versicherers. Das Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass eine "Verwechslung der Kongruenzgrößen" vorliegt, und attestiert einen Behandlungsfehler.

Behandlungsfehler oder Materialfehler?

Das Ergebnis: Patientin erhält Entschädigung

Die Haftpflichtversicherung der Krankenanstalt erkennt der Patientin als Entschädigungsleistung einen hohen vierstelligen Betrag zu.

Das Fazit: Nicht immer ist es ein Behandlungsfehler

Nach der Implantation von künstlichen Hüftgelenken kann es aus verschiedenen Gründen zu Problemen kommen. Die Ursachen können sowohl beim Material liegen (fehlerhafte Prothesen) als auch auf ärztliche Behandlungsfehler zurückgehen oder bei den Patienten selbst liegen (z.B. Übergewicht). Eine Gewährleistung oder Garantie für einen Behandlungserfolg gibt es zwar nicht, doch selbst wenn eine ausreichende ärztliche Aufklärung über mögliche Komplikationen erfolgte, kann der behandelnde Arzt bzw. das betroffene Krankenhaus nicht aus der Verantwortung entlassen werden. Besonders wenn die Ursachen von auftretenden Beschwerden nicht plausibel erklärbar sind, sollte die Möglichkeit eines Behandlungsfehlers geprüft werden.

Positionierung und Kompatibilität der Komponenten sind entscheidend

Die wichtigsten Elemente einer Hüftprothese sind Kugelkopf und Pfanneneinsatz. Sie bilden das eigentliche Gelenk und sollen dem Träger die ursprüngliche Beweglichkeit zurückgeben. Dabei kommt es nicht nur auf die korrekte Positionierung der Prothese, sondern auch auf die Kompatibilität der verschiedenen Prothesenkomponenten an.

So kann beispielsweise eine schlecht abgestimmte Materialbeschaffenheit der verschiedenen Teile zu einem erhöhten Abrieb führen – oder wie im gegenständlichen Fall eine unterschiedliche Größe von Prothesenkopf und Pfanneninlay einen Austausch erforderlich machen.

Derartige Fehler bei der Wahl des Materials können beim Patienten Entzündungen, Schmerzen oder Bewegungseinschränkungen zur Folge haben, die für den Betroffenen meist sehr belastend sind. Bei solchen Beschwerden ist daher auch die Auszahlung einer Entschädigungsleistung zu prüfen.

VKI-Kooperation mit Patientenanwaltschaft

In unserer Rubrik "Patientenanwaltschaft" berichten wir über Fälle, mit denen österreichische Patientenanwältinnen und -anwälte befasst sind.

Die Tiroler Patientenvertretung setzt sich dafür ein, dass bei unerklärlichen Komplikationen nach einer Hüft-OP geprüft wird, ob ein Behandlungsfehler vorliegt und eine Entschädigungszahlung zu leisten ist.

 

Tiroler Patientenvertretung
Meraner Straße 5 (1. Stock),
6020 Innsbruck,
Tel. 0512 508-7702,
Fax 0512 508-7705
E-Mail: patientenvertretung@tirol.gv.at
www.tirol.gv.at/patientenvertretung

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Aus dem Inhalt

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