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Sommerreifen - Markenlos auf Crash-Kurs

, aktualisiert am

  • Irreführende Kennzeichnung
  • No-Name-Reifen mit extrem langen Bremswegen
  • Kompromiss zwischen Rollwiderstand und Nassbremsung

Miserable Ergebnisse bei drei Reifen

Bis vor Kurzem schien die Welt ziemlich in Ordnung. Es gab keine wirklich schlechten Sommerreifen mehr. Abgesehen von einigen „Ausrutschern“ in einzelnen Disziplinen schafften auch viele billige Reifen passable Ergebnisse. Doch die Resultate der jüngsten Reifentests machen regelrecht Angst. Gleich drei Reifen können getrost als miserabel bezeichnet werden. So beträgt der Bremsweg der schlechten Reifen auf nasser Fahrbahn gleich um zwei bis drei Wagenlängen mehr als bei den besten Reifen mit der Note „gut“. Fatal, wenn es einmal wirklich eng wird.

Falsche M&S-Kennzeichnung

Und damit nicht genug: Die drei „abgestürzten“ Fabrikate besitzen auch noch das M&S-Symbol, sind also sogar als Winterreifen gekennzeichnet und damit laut den seit 1. Jänner 2008 geltenden Bestimmungen auch als solche zugelassen. Das grenzt an einen Skandal. Tigar ist sogar mit „All Season“ beschriftet, er ist demnach also ein Ganzjahresreifen. Bei den anderen beiden liegt die Vermutung nahe, dass die Hersteller auf den nordamerikanischen Markt abzielen. Dort ist es üblich, Sommerreifen mit dem M&S-Stempel zu versehen – auch ohne Wintereignung.

Wir haben die drei Kandidaten zusätzlich in die Winterprüfung genommen und können nur warnen: Sie sind im Winter um nichts besser. Die Bremswege auf Schnee sind doppelt so lang wie mit echten Winterreifen.

Keine zeitgemäßen EU-Vorschriften

Fortwährende Reifentests durch europäische Konsumentenschutzorganisationen haben offenbar ihre Wirkung nicht verfehlt und zu einer kontinuierlichen Verbesserung der Qualität geführt – auch ohne neue gesetzliche Vorschriften. Es schien so, als könnte es sich kein Reifenhersteller mehr leisten, hier zu versagen. Doch das Internet als wichtigster Vertriebsweg der Billigmarken, deren Herkunft oft gar nicht eruierbar ist, bringt Bewegung in den Markt. Möglich ist dies unter anderem, weil es in der EU keine zeitgemäßen Vorschriften für die Definition von Pkw-Reifen gibt.

Kompromisse gesucht

Zu den Details: Einen rundum guten Reifen zu konstruieren, bedeutet technisch immer einen Zielkonflikt. Einige Eigenschaften widersprechen einander nämlich. Geringer Rollwiderstand und damit weniger Kraftstoffverbrauch oder hohe Verschleißfestigkeit können auf der anderen Seite Probleme auf nasser Fahrbahn nach sich ziehen. Doch einige Produzenten stellen unter Beweis, dass hier ein guter Kompromiss gefunden werden kann. Immerhin schaffen in der Dimension 175/65 R 14 für Kleinwagen sowohl der erstplatzierte Pirelli Cinturato P4 als auch der Fulda EcoControl in beiden Disziplinen ein gutes Ergebnis.

Verschleiß, Verbrauch, Geräusch nur durchschnittlich

Hier zeigt sich aber auch eines: In der Testgröße für Kompakt- und Mittelklasseautos, Format 195/65 R 15, ist dieser Spagat offenbar schwieriger zu schaffen. Hier weisen zwar die Fahrzeuge auf den ersten fünf Plätzen auf nasser Fahrbahn die Note „gut“ auf. Sie alle schaffen aber in den Umwelteigenschaften (Verschleiß, Kraftstoffverbrauch, Geräusch und PAK-Gehalt) nur ein durchschnittliches Ergebnis.

Auf eigene Bedürfnisse abstimmen

Zurück zu den Kleinwagenreifen: Zwar trägt der zweitplatzierte Continental Eco-Contact 3 den Begriff „Öko“ im Namen, er schafft aber gerade einmal ein „durchschnittlich“ beim Kraftstoffverbrauch. Wie wichtig es unter Umständen ist, die Ergebnisse genauer anzusehen und auf die eigenen Bedürfnisse abzuklopfen, zeigt das Beispiel Yokohama C.drive. Der Reifen überzeugt nicht nur durch seinen geringen Rollwiderstand (Kraftstoffverbrauch), er ist auch auf nasser Fahrbahn kaum schlechter und auf trockener sogar besser als der Testsieger Pirelli. Der Haken: Er ist weniger verschleißfest – was aber nur für Kilometerfresser bedeutend ist, für Wenigfahrer hingegen kaum eine Rolle spielt.

Bei den Sommerreifen für Kompakt- und Mittelklassewagen fällt vor allem Folgendes auf: Der sehr verschleißfeste Michelin Energy Saver für stolze 81 Euro erreicht auf nasser Fahrbahn nur ein „durchschnittlich“, das schafft auch der ebenso verschleißfeste Ceat Tornado für 60 Euro.

Deutlich Sprit sparen

Kraftstoffverbrauch und Verschleiß sind zentrale Argumente in der Umweltdiskussion. Weniger Verschleiß verursacht auch weniger Abrieb und damit eine geringere Belastung der Umgebung (Feinstaub etc.), gleichzeitig lassen sich mit einem verschleißfesten Reifen bis zu doppelt so viele Kilometer zurücklegen. Darüber hinaus ist es möglich, eine Spriteinsparung zu erzielen, was ebenfalls die Geldbörse entlastet. Zwischen den besten und den schlechtesten Reifen liegt immerhin eine Differenz von 0,3 bis 0,5 Liter Treibstoff auf 100 Kilometer. Aber Vorsicht: Die persönlichen Fahrgewohnheiten können bis zu 30 Prozent Mehrverbrauch ausmachen.

PAK-Gehalt promblematisch

Noch immer ein Problem ist der Gehalt an polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK). Und zwar nicht nur bei Billigreifen, wo der höchste Wert gemessen wurde (Tigar TG 621). Auch bekannte Marken weisen oft noch sehr hohe Werte auf, etwa der Fulda Carat und der Goodyear Excellence in der Kompakt- und Mittelklasse. Am wenigsten PAK war im Barum Bravuris und im BF Goodrich Profiler 2. Der finnische Hersteller Nokian wirbt zwar damit, dass seine Reifen mit PAK-freien Ölen produziert werden, trotzdem kam er bei der Prüfung nur auf ein „durchschnittlich“

Sommerreifen: Anbieter

Barum: Semperit Reifen AG,
Wienersdorfer Straße 20-24,
A-2514 Traiskirchen,
(02252) 501-0,
www.barum.at

BF: Michelin ReifenverkaufsgesmbH,
Nr. 124,
A-4844 Regau,
(07672) 783 51-0,
www.bfgoodrichtires.at

Bridgestone Austria GmbH,
Laxenburger Straße 252,
A-1230 Wien,
(01) 614 13-0,
www.bridgestone.at

Ceat: Bruckmüller Hans Reifengroßhandel GesmbH,
Hauptstraße 29,
A-4550 Kremsmünster,
(07583) 77 11-0,
www.bruckmueller.at

Continental: Semperit Reifen GesmbH,
Wienersdorfer Straße 20-24,
A-2514 Traiskirchen,
(02252) 501-0,
www.continental.at

Dunlop: Goodyear Dunlop Tires Austria GmbH,
Pottendorfer Straße 25,
A-1120 Wien,
(01) 614 04-0,
www.dunlop.at

Firestone: Bridgestone Austria GmbH,
Laxenburger Straße 252,
A-1230 Wien,
(01) 614 13-0,
www.firestone.com

Fulda: Goodyear Dunlop Tires Austria GmbH,
Pottendorfer Straße 25,
A-1120 Wien,
(01) 614  04-0,
www.fulda.at

Goodyear Dunlop Tires Austria GmbH ,
Pottendorfer Straße 25,
A-1230 Wien,
(01) 614  04-0,
www.goodyear.at

Hankook: Ruhdorfer Reifen GesmbH & Co KG,
Kärntner Straße 261,
A-8054 Graz,
(0316) 29 55 10-0,
www.reifen-ruhdorfer.at

Kumho Tire Europe GmbH,
Straßganger Straße 291,
A-8053 Graz, (0316) 28 53 62,
www.kumhotire.de

Maloya: Vredestein GesmbH,
Seybelgasse 10-12,
A-1230 Wien,
(01) 869 33 25-0,
www.maloya.at

Michelin ReifenverkaufsgesmbH,
Nr. 124,
A-4844 Regau,
(07672) 783 51-0,
www.michelin.at

Nokian: Gummi-Raab Reifenhandels GesmbH,
Schwefel 33,
A-6850 Dornbirn,
(05572) 246 66-0,
www.gummi-raab.at

Pirelli GesmbH,
Lemböckgasse 47 A,
A-1230 Wien,
(01) 250 82-0,
www.pirelli.at

Sava : Goodyear Dunlop Tires Austria GmbH,
Pottendorfer Straße 25,
A-1120 Wien,
(01) 614 04-0,
www.sava-tyres.com

Semperit Reifen GesmbH,
Wienersdorfer Straße 20-24,
A-2514 Traiskirchen,
(02252) 501-0,
www.semperit.at

Toyo Tire Europe GmbH,
Hellersbergstraße 10a,
D-41460 Neuss,
(0049 2131) 77 53-111,
www.toyo.de

Uniroyal: Semperit Reifen GesmbH,
Wienersdorfer Straße 20-24,
A-2514 Traiskirchen,
(02252) 501-0,
www.uniroyal.de

Vredestein GesmbH,
Seybelgasse 10-12,
A-1230 Wien,
(01) 869 33 25-0,
www.vredestein.at

Yokohama (Austria) GmbH,
Deutschstraße 19,
A-1230 Wien,
(01) 616 31 50-0,
www.yokohama.at

Sommerreifen: Kompetent mit "Konsument"

  • Vorsicht No-Names. Nicht alle preiswerten Reifen sind schlecht, manche aber eine regelrechte Katastrophe. Der Test hat es gezeigt: Bei Vollbremsung auf nasser Fahrbahn braucht es zwei bis drei Wagenlängen mehr, bis man steht.
  • Profiltiefe. Bei Erreichen der gesetzlich vorgeschriebenen 1,6 mm Mindestprofiltiefe ist mit erheblichen Leistungseinbußen zu rechnen, vor allem bei Nässe. Höchste Zeit zum Reifentausch ist es jedenfalls, wenn der goldene Rand einer Ein-Euro-Münze nicht mehr völlig im Profil verschwindet.
  • Verschleiß. Reifen mit guten Fahreigenschaften haben oft eine nur durchschnittliche Lebensdauer. Vor allem Vielfahrer sollten auch auf dieses Kriterium achten.

Sommerreifen: So haben wir getestet

Aus einem internationalen Gemeinschaftstest von Sommerreifen veröffentlichen wir die Ergebnisse der in Österreich erhältlichen Modelle.

Preise

Durchschnittswert aus der Befragung von Anbietern (Hersteller und Händler, auch Online-Anbieter). Alle Preise pro Stück, ohne Auswuchten, Ventil und Montage.

Nasse Fahrbahn

Handling: Zeitwertung und subjektives Urteil auf dauerberegnetem 1900-Meter-Kurs. Bremsen auf dauerberegnetem Asphalt und Beton aus 80 auf 20 km/h. Aquaplaning auf Geraden: Einfahrt in eine 7 mm tiefe Fließwasserstrecke und Beschleunigungen. Aquaplaning in Kurven: Befahren einer 200-m-Kreisbahn mit einem dauerberegneten Teilstück von 4 mm Wassertiefe. Einfahrt mit konstantem Lenkeinschlag mit 65 bis 95 km/h. Seitenführung: Befahren einer dauerberegneten Asphalt-Kreisbahn auf Zeit.

Trockene Fahrbahn

Subjektive Beurteilung der Fahrstabilität: Geradeauslauf (auch im Schub-/Zugbetrieb und bei Lastwechsel), Ansprechverhalten auf Lenkbefehle, Verhalten der Hinterachse bei minimalen Lenkwinkeländerungen und Gleichmäßigkeit der Seitenkraft (Linearität). Handling: Spurhaltung in Kurven, Zielgenauigkeit und Kurvenfestigkeit. Bremsen: Auf trockener Asphaltfahrbahn (Contidrom) werden ABS-Bremsungen von 100 auf 0 km/h durchgeführt. Pro Reifentyp 6 Messfahrten.

Umwelteigenschaften

Verschleißfestigkeit: Prüfung am Prüfstand und im Konvoi über eine Strecke von ca. 10.000 Kilometern und auf dem Verschleißprüfstand, Messung der Profiltiefe an je 24 Reifenstellen. Kraftstoffverbrauch: Verbrauchsmessungen bei 80, 100 und 130 km/h. Geräusch – Außengeräusch: subjektive Beurteilung einer Kunstkopfaufnahme der Abrollgeräusche auf einer Asphaltstrecke mit 80 km/h bei abgestelltem Motor sowie Ermittlung der Messwerte in dB(A). Innengeräusch: subjektive Beurteilung bei Fahrten auf trockenem Asphalt und Beton mit 30 bis 80 km/h. PAK-Gehalt: Aus der Lauffläche wurden Proben entnommen und untersucht. Bewertet wird die Summe aller PAK in mg pro kg Laufflächengummi.

Schnelllaufprüfung (nicht bewertet):

Höchstgeschwindigkeitstest nach den über die DIN 78051 hinausgehenden Anforderungen (+ 10 km/h) auf einem Außentrommelprüfstand. Von allen Reifen bestanden.

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