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Ethisch konsumieren - Das Zeichen der Fairness

Weltweit wird die Kluft zwischen Arm und Reich immer größer. „TransFair“ will gegensteuern – mithilfe der Konsumenten.

Derzeit trinkt die Mehrheit der Österreicher Kaffee, der denen, die ihn anbauen, keine existenzsichernden Preise bietet,“ erklärt Andrea Reitinger von EZA (Entwicklungszusammenarbeit mit der Dritten Welt – Weltläden). Kaffee-Kleinbauern erhalten oft nur die Hälfte oder gar nur ein Viertel des Weltmarktpreises.

Der wilde Süden

Ähnlich ist es bei Tee, Kakao und vielen anderen Produkten aus der Dritten Welt. Der Kakaoalltag in Asien: Frauen müssen die für die Schokoladeherstellung geernteten Kakaobohnen in 40-Kilo-Säcken oft kilometerweit schleppen. Gearbeitet werden muss, bis das geforderte Pensum erreicht ist. Wer nicht arbeiten kann, erhält auch kein Geld. Rund 50 Prozent der über zwölf Jahre alten Kinder besuchen keine Schule mehr. Nicht viel anders ist die Situation in Afrika und Brasilien, auch wenn dort mitunter mehr Männer als Saisonarbeiter eingesetzt sind. Vielerorts werden von Großgrundbesitzern immer noch bewaffnete Söldner bezahlt, um die Kleinbauern von ihren Feldern zu vertreiben. Der Wilde Westen wurde vom Wilden Süden abgelöst.

Fairer Handel

Um zumindest einen Teil all dieser Probleme zu lösen, gibt es zahlreiche Initiativen und Kampagnen; über manche (siehe „Bekleidungsindustrie“) haben wir bereits berichtet. Eine wesentliche Initiative dieser Art ist das TransFair-Siegel. Es kennzeichnet in Österreich Kaffee, Tee, Schokolade und Orangensaft, die nach ökosozialen Richtlinien produziert und fair gehandelt werden. Erstellt werden die Richtlinien von der Fairtrade Labelling Organisation International (FLO International). Von TransFair Österreich wird das darauf basierende Gütesiegel in Lizenz an Importorganisationen, Markenartikler etc. vergeben. Diese beziehen dann ihre „Rohstoffe“ bei TransFair-Vertragsimporteuren oder direkt von den Plantagen.

Ein wesentlicher Punkt der Richtlinien von TransFair ist die Ausschaltung des Zwischenhandels, was Produzenten und Konsumenten gleichermaßen zugute kommt.

Bevölkerung sensibilisiert

Helmut Adam, Geschäftsführer von TransFair Österreich, sieht die Zukunft äußerst positiv: „Die BSE-Krise, Hormone und Antibiotika in Schweinefleisch etc. haben die Verbraucher bezüglich Lebensmittel sehr sensibilisiert. Sie wollen verstärkt wissen, wo diese herkommen und wie sie produziert wurden. Das gilt auch für Lebensmittel aus der Dritten Welt. Dabei ist es natürlich wichtig, dass ‚fair gehandelte‘ Produkte beim täglichen Einkauf verfügbar sein müssen.“

Plantagen- und Geschäftsbücherkontrolle

Doch welche Garantie ist gegeben, dass bei Produkten mit dem TransFair-Gütesiegel die Richtlinien für fairen Handel eingehalten werden? Dazu Helmut Adam: „Es gibt sozusagen zwei Ebenen der Kontrolle. Einerseits haben wir Einsicht in alle Geschäftsbücher der Produzenten und Vertragsimporteure, um kontrollieren zu können, dass finanziell alles korrekt abgewickelt wurde. Was die Produktionsrichtlinien betrifft, so überprüfen Experten der FLO International jede Plantage. Dabei geht es um Eingangs- und Prozesskriterien. Die Eingangskriterien müssen erfüllt sein, um in das TransFair-Produzenten-Register aufgenommen zu werden. Die Prozesskriterien sind in einem definierten Zeitraum zu erfüllen. Bei Nichterfüllung gibt es Nachverbesserungsvereinbarungen, oder es erfolgt eine Streichung aus dem Register. Jedenfalls werden TransFair-Betriebe jedes Jahr bezüglich Finanzen und der Erfüllung der Richtlinien für fairen Handel überprüft.“

Soiale und ökologische Föderung der Dritten Welt

Grundsätzlich bedeutet ein fairer Handel mit der Dritten Welt eine Förderung der so genannten nachhaltigen Entwicklung auf sozialem und ökologischem Gebiet. Es werden die Bedürfnisse der gegenwärtigen Generation berücksichtigt, ohne die Erfüllung der Bedürfnisse zukünftiger Generationen zu gefährden. Andrea Reitinger von EZA zur ökologischen Situation: „Kleinbäuerlich strukturierte Landwirtschaft, verknüpft mit traditioneller Anbauweise, kommt in der Regel mit beträchtlich geringerem Chemieeinsatz aus, als dies in Monokulturen der großen Plantagen der Fall ist.“

Direkter Marktzugang

Dazu kommt der für Kleinbauern und Kooperativen garantierte direkte Marktzugang. Die Produzenten erhalten einen fairen Preis, der soziale Mindeststandards gewährleistet. Sie entscheiden selbst über die Verwendung des bezahlten Mehrpreises im Interesse der Gemeinschaft. Und dieser Preis wird den Produzenten im Voraus bezahlt. Für Kleinproduzenten ist dies äußerst wichtig, denn so können sie Produktionsmittel kaufen und bis zum Verkauf überleben, ohne in eine nie endende Spirale verheerender Verschuldung zu geraten.

Wo man TransFair-Produkte erhält

TransFair-Produkte gibt es in den Weltläden, in manchen Feinkostgeschäften, Bäckereien und Bioläden sowie bei ADEG, ADEG-aktiv, Contra, Euro- und Interspar, Gewusst-wie-Drogerien, Magnet, Maxi-Markt, Merkur, M-Preis, Neukauf, Winkler-Märkte und Zielpunkt. Auch Metro, AGM, Holzmann und das Hausfreund-Zustellservice führen TransFair-Produkte.

Nähere Informationen: TransFair Österreich, A-1010 Wien, Wipplingerstraße 32, Tel.: (01) 533 09 56-30 (Frau Gabriele Bichler), Fax: (01) 533 09 57, E-Mail: office@transfair.or.at, Internet: www.transfair.or.at 

Richtlinien für fairen Handel

Die Richtlinien für die Erlangung des TransFair-Gütesiegels sind äußerst umfangreich und auch auf die einzelnen Produktgruppen abgestimmt. Hier ein Auszug:

  • Faire Preise ermöglichen faire Löhne, die eine ausreichende Ernährung, Kleidung, ein angemessenes Wohnen, eine medizinische Grundversorgung, eine Schulbildung für die Kinder und eine entsprechende Altersversorgung garantieren. Zudem muss ein Spielraum für Investitionen gegeben sein.
  • Die Arbeitsbedingungen müssen den ILO-Richtlinien entsprechen (International Labour Organisation). Dazu zählen unter anderem legale Arbeitsverträge mit Lohnanspruch im Urlaub und bei Krankheit, die Einhaltung der gesetzlichen Arbeitszeiten, Arbeitsschutzausrüstungen, keine Zwangsarbeit, keine Diskriminierung nach Geschlecht, Rasse, Religion oder Parteizugehörigkeit, keine in Lohn beschäftigten Kinder unter 15 Jahren, Gewährung des Rechts auf Versammlungsfreiheit etc.
  • Es wird ein direkter Zugang zum europäischen Markt gewährleistet, unter weitestgehender Vermeidung des Zwischenhandels und der Spekulation.
  • Bis zu 60 Prozent der Jahresproduktion werden vorfinanziert, um eine Verschuldung der Produzenten zu vermeiden.
  • Mit den Produzenten sind langfristige Absatzbeziehungen geplant. Dementsprechend werden auch langfristige Verträge abgeschlossen.
  • Als Grundlage gilt auch im ökologischen Sinn eine nachhaltige Produktionsweise. Es gibt ökologische Mindeststandards, die unter anderem von der Reduktion der Agrochemie bis hin zu ihrem Verzicht reichen. Weiters zählen dazu der Schutz des Wassers, Erosionsschutz, kontrollierte Abfallentsorgung, kein Raubbau an nicht erneuerbaren Ressourcen etc.

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