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Märzenbier - Prost ohne Unterschiede

  • 30 Märzenbiere im Vergleich
  • Keine Hygieneprobleme
  • Geringe Unterschiede im Geschmack

Trotz seit Jahren rückläufiger Zahlen ist Bier nach wie vor des Österreichers liebstes Getränk. Mit einem Pro-Kopf-Verbrauch von zuletzt 108 Litern führt Bier die Statistik an, gefolgt von Milch (96 Liter) sowie kohlensäurehältigen Limonaden und Mineralwasser. Unter den Bieren ist das Märzen- oder Lagerbier bei weitem das beliebteste: Fast drei von vier Biertrinkern präferieren jenes mild gehopfte Vollbier mit einem Stammwürzegehalt von 11 bis 12,5 Grad – unabhängig davon, wie es von den Herstellern bezeichnet wird.

Trend: „schlankes“ Bier

Auch die Entwicklung neuer Biersorten (vor allem Leichtbier oder Mediumsorten) konnte an der Vormachtstellung des Märzenbiers nicht rütteln, ihnen blieb der Durchbruch bislang versagt. Dennoch hat auch auf dem Biermarkt der Zug der Zeit seine Spuren hinterlassen. Märzenbier schmeckt heute ganz anders als vor 20, 30 Jahren. Der Trend geht in Richtung „schlankes“ Bier, es ist weniger vollmundig und weniger bitter.

Die Marktverteilung

Der Markt ist einerseits durch einen dominierenden Großkonzern gekennzeichnet – die Brau-Union kommt auf einen Marktanteil von gut 55 Prozent –, andererseits durch eine immer noch recht große Zahl unabhängiger Brauereien. Insgesamt gibt es 59 Braustätten in Österreich, nicht eingerechnet ist die wachsende Zahl von Gasthausbrauereien, die für den Eigenbedarf produzieren. Im Test wurden 30 Märzenbiere von 26 Brauereien berücksichtigt (Villacher und Schleppe werden in Villach, Puntigamer und Reininghaus in Graz/Puntigam hergestellt; in Wieselburg wird auch Kaiser und Zipfer gebraut). Fünf Braustandorte mit acht Marken gehören zum Brau-Union-Konzern.

Das Reinheitsgebot

Bier gilt als eines der unverfälschtesten Produkte. „Nur Wasser, Hopfen und Malz und sonst nichts“, wie es das deutsche Reinheitsgebot verspricht, ist aber schon lange nicht mehr die Regel. Laut Lebensmittelcodex dürfen neben Malz auch 25 Prozent andere Stärkeprodukte wie Bruchreis, Mais oder Hirse verwendet werden. Das sorgt nicht zuletzt für den „schlankeren“ Geschmack. Der Hopfen kommt auch nicht mehr direkt vom Feld, sondern eher aus der Dose: Hopfenextrakt und Hopfenpellets haben den Naturhopfen verdrängt. Um Bier haltbar zu machen, wird es pasteurisiert oder filtriert.

Schadstoffe

Bier ist auch nicht immer frei von Verunreinigungen und Schadstoffen. Der Gerstensaft wäre grundsätzlich sogar ein recht guter Nährboden für Bakterien, würden die Kessel nicht regelmäßig gereinigt. In den letzten Jahren ist es lediglich in einigen Gasthausbrauereien zu Hygienemängeln gekommen.

Möglich ist auch eine Belastung durch Nitrate. Die Schadstoffe könnten sowohl über das Wasser, das Getreide als auch über den Hopfen ins Endprodukt gelangen. Doch die Laboruntersuchung ergab: Der Nitratgehalt bewegt sich gegen null. Bei unserem letzten großen Biertest im Jahr 1989 war in einigen Fällen sogar der Grenzwert für Trinkwasser von 50 Milligramm pro Liter überschritten worden. Diesmal waren 10 Milligramm der höchste gemessene Nitratwert.

Gleichbleibende Quaität

Hinter diesen fast klinisch sauberen Testergebnissen steckt nicht zuletzt ein Umdenkprozess in der Brauindustrie. Man will nichts mehr riskieren und verwendet zunehmend aufbereitete Rohprodukte. „Kristallklares Quellwasser“ klingt zwar recht gut, aber dessen Nitratgehalt ist starken saisonalen Schwankungen unterworfen, je nach dem Düngemitteleinsatz in der Landwirtschaft. Leitungswasser, das überdies die brauereieigene Aufbereitungsanlage durchläuft, garantiert hingegen eine gleichbleibende Qualität mit niedrigem Nitratgehalt. Ähnlich verhält es sich bei Hopfen. Extrakte, Pulver oder Pellets enthalten weniger Schadstoffe als Doldenhopfen und lassen sich einfacher im Produktionsprozess einsetzen.

Keine Beanstandungen

Auch sonst musste in der chemischen Untersuchung kein Bier beanstandet werden. Alle Produkte entsprechen der Sachbezeichnung Vollbier laut Lebensmittelcodex, das heißt, ihr Stammwürzegehalt liegt über 11 Grad (bzw. Gewichtsprozent), wenngleich manche diesen Wert nur knapp überschreiten. Nur wenige geben allerdings diese für Bierkenner interessante Kennzahl an (6 von 30).

Alkohol- und Kohlendioxidgehalt

Während die Angabe der Stammwürze freiwillig ist, muss der Alkoholgehalt verpflichtend angeführt sein. Auch in diesem Fall kam es zu keinen Beanstandungen. Der Alkoholgehalt liegt um die 5 Prozent, wobei Villacher mit 4,8 Prozent den niedrigsten aufwies, der höchste (5,5 Prozent) wurde bei Baumgartner und Kapsreiter gemessen. In allen Fällen lag der Messwert innerhalb der erlaubten Schwankungsbreite von +/– 0,5 Prozent vom angegebenen Wert. Auch der Kohlendioxidgehalt entspricht dem heutigen Geschmacksempfinden: Zwischen 0,4 und 0,6 Prozent gelten als angenehm prickelnd, ein geringerer Kohlendioxidgehalt würde als schal empfunden werden.

Einheits-Märzenbier

Die durchwegs guten Ergebnisse der chemischen Untersuchung finden auch im Geschmackstest ihren Niederschlag. Alle Märzenbiere schmeckten dem Laienpanel gut, nur zwei mussten sich mit einem guten „durchschnittlich“ zufrieden geben. Auch im Geschmack haben sich die Biere also sehr stark angenähert. Bierkenner mögen bedauern, dass die Marken ihre charakteristischen Eigenheiten verloren haben. Aber der Trend geht eben in Richtung leicht; durch die moderne Brautechnologie ist es einfacher geworden, Abweichungen zu korrigieren – logische Folge ist das Einheits-Märzenbier, das allen schmeckt.

Flasche oder Dose

Eine zusätzliche vergleichende Verkostung von Flaschen- und Dosenbier der gleichen Marke ergab: Unterschiede konnten festgestellt werden, die Beurteilung, ob Flasche oder Dose, lag aber nicht weit auseinander. Ein metallischer Geschmack des Dosenproduktes war nicht feststellbar. Der Umweltsünder Dose hat nur einen Vorteil: Die Bierqualität bleibt dank der lichtgeschützten Verpackung länger erhalten. Aber die wenigsten Konsumenten werden wohl ihr Bier für Monate einlagern.

Nur zwölf Betriebe machten mit

Wenig auskunftsfreudig.
Obwohl in der Biererzeugung Umweltbelastungen relativ gering sind, waren viele Brauereien nicht bereit, sich an unserem ökosozialen Unternehmenstest zu beteiligen. Nur 12 von 26 Brauereien zeigten sich in allen drei Bereichen – Umwelt, Soziales und Information – auskunftsfreudig. Die Hubertus-Brauerei vermied Angaben zum Thema Soziales. Die Brau-Union wollte über ihre einzelnen Braustandorte keine Informationen nach außen dringen lassen und bestand auf einer zentralen Beantwortung. Die Bewertung des Konzerns Brau-Union kann somit nicht auf die einzelnen Standorte umgelegt werden und lässt keinen direkten Vergleich mit anderen Brauereien zu. Acht Bierfirmen haben eine Teilnahme am Ethik-Test überhaupt rundweg abgelehnt. Sie werden wissen, warum.

Hohe Standards.
Diejenigen Brauereien jedoch, die bereit sind, der Öffentlichkeit in Sachen Ethik Rede und Antwort zu stehen, können bereits auf recht hohe Standards verweisen: Die drei Ethik-Kreise symbolisieren, dass der betreffende Betrieb mehr als die Hälfte aller Kriterien erfüllt. Am leichtesten tun sich die Brauereien offensichtlich mit offenem Informationsverhalten: Mit Kriterien wie großzügige Kennzeichnung, Kundenzufriedenheit, Qualitätssicherung etc. können die meisten punkten. Deutlich schwächer ist dagegen das soziale Verhalten ausgeprägt.

Die Spitzenreiter.
Insgesamt am besten schneiden die drei Brauereien Wurmhöringer, Hirter und Murauer ab (sie erhielten vier Ethik-Kreise). Die kleine Privatbrauerei Wurmhöringer mit elf Mitarbeitern hat zwar keinen Betriebsrat, trotzdem kommt sie auf eines der besten Ergebnisse im Sozialbereich (ausschlaggebend: Beschäftigung eines Behinderten, Gleichstellung von Teilzeitbeschäftigten). Hirter punktet beispielsweise mit einem fortschrittlichen Abfallkonzept und in Sachen Familienfreundlichkeit. Die Brauerei Murau schließlich ist die einzige, die mit dem Umweltzeichen ausgezeichnet wurde: für ihr ausgereiftes Mehrwegsystem mit möglichst geringem Wasser- und Energieverbrauch bei Reinigung und Abfüllung der Flaschen.

Der Test Unternehmens-Ethik Brauereien wurde vom Institut für Agrarökonomik der Universität für Bodenkultur Wien durchgeführt (poechtrager@mail.boku.ac.at). Dabei wurden Kriterien aus den Bereichen Umwelt, Soziales und Informationsoffenheit berücksichtigt. Die Prozentangaben besagen, in welchem Ausmaß die Kriterien erfüllt wurden.

Chemie stimmt.

Die österreichischen Brauereien sind generell auf einem zeitgemäßen technologischen Standard. Hygienemängel oder Schadstoffbelastungen gehören der Vergangenheit an.

Geschmack gleicht sich an.

Dem Zeitgeist entsprechend sind Biere leichter geworden. Die Geschmacksunterschiede der Märzen- oder Lagerbiere sind großteils gering. Umso eher können Sie sich am Preis oder an der ethischen Beurteilung orientieren.

Verwirrendes Etikett.

Für die Kennzeichnung der Biere gibt es nur wenige Regeln. Der Alkoholgehalt muss angegeben werden, ein „Vollbier“ muss eine Mindest-Stammwürze von 11 Grad aufweisen. Andere Bezeichnungen (wie „Premium“ oder „Export“) sagen meist wenig über den tatsächlichen Geschmack aus.

Der Test umfasst 30 Märzenbiere, die österreichweit eingekauft wurden.

Chemische Untersuchung
Die Analyse beinhaltet die Messung des Gehaltes an Alkohol und Stammwürze mittels Destillationsmethode.
Der Kohlendioxidgehalt wurde mittels Durchmessung ermittelt, der Nitratgehalt mittels HPLC.

Geschmack
Geschmack sowie Aussehen und Geruch wurden von einem Laienpanel nach dem Schulnotenprinzip bewertet und statistisch ausgewertet.

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