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Stille und milde Mineralwässer - Keine reine Freude

  • Auch diesmal wurden wieder Indikatorkeime nachgewiesen
  • Der Kohlensäuregehalt läßt einen sauer aufstoßen
  • Die Wegwerfflasche verdrängt das Pfandsystem

Als wir im Frühjahr 1994 das letzte Mal kohlensäurearme Mineralwasser getestet haben, wurden in einigen Proben Keime nachgewiesen, die auf Hygienemängel in der Abfüllung schließen ließen. Das Untersuchungsergebnis hat das Gesundheitsministerium auf den Plan gerufen, einige Mineralwasserfirmen sahen sich veranlaßt, ihre Abfüllanlagen zu erneuern. Wie sieht die Situation fünf Jahre danach aus – haben die Hersteller die Probleme in den Griff bekommen? Starke Verunreinigungen, wie sie 1994 noch in einigen Fällen festgestellt werden mußten, gab es diesmal nicht. Dennoch gibt es Hygieneprobleme. In 5 der 16 getesteten Mineralwasser wurde das Vorhandensein bedenklicher Keime nachgewiesen, verdorben oder gesundheitsschädlich war aber keines.

Kohlensäurearme Wasser sind anfälliger für Bakterien, denn Kohlensäure hemmt bis zu einem gewissen Grad das Keimwachstum. Daher muß beim Reinigen und Abfüllen der Flaschen besondere Sorgfalt angewandt werden. Wegen der raschen Vermehrung der Bakterien könnten ein paar von ihnen beim Abfüllen ausreichen, um die Keimbelastung des Wassers binnen weniger Tage bedenklich ansteigen zu lassen.

Keines ist gesundheitsschädlich

Ab wann man von Gesundheitsschädlichkeit sprechen kann, ist im Lebensmittelcodex definiert. Die Mineralwasserverordnung nennt eine Reihe von Bakterienarten, die eine Erkrankung verursachen können (beziehungsweise als Indikator auf andere – krankheitserregende – Keime hinweisen) und die daher nicht im Mineralwasser enthalten sein dürfen. Wenn in einer oder zwei von zehn Proben einer dieser sogenannten Indikatorkeime nachgewiesen wird, gilt dies lediglich als Hygienemangel. Verdorben ist ein Produkt, wenn drei oder mehr Proben Indikatorkeime enthalten. Als gesundheitsschädlich wird ein Produkt beurteilt, wenn ein massives Auftreten in drei oder mehr Proben feststellbar ist.

Im Test waren bei fünf Mineralwassermarken Indikatorkeime nachweisbar. Weitere fünf Parallelproben der Testprodukte wurden einer anderen autorisierten Untersuchungsanstalt übermittelt, die das Vertrauen der Industrie besitzt. Unsere Ergebnisse konnten dabei nicht bestätigt werden.

Auch stille Wasser können prickeln

Auch im Leitungswasser sind wichtige Mineralstoffe enthalten.

Natürliches Mineralwasser muß von ursprünglicher Reinheit sein, es dürfen keine Stoffe (mit Ausnahme von Kohlensäure) zugesetzt werden. Im besonderen keine, die den Keimgehalt verändern könnten. Milde oder stille Mineralwasser, die auf die Beigabe von Kohlensäure mehr oder weniger verzichten, dürfen also auch nicht durch andere Methoden keimfrei gemacht werden – etwa durch Bestrahlung oder durch Behandlung mit Ozon. Letztere ist zulässig, wenn sie zum Abtrennen von Eisen-, Mangan- und Schwefelverbindungen sowie von Arsen erforderlich ist oder erwünscht wird. Einzige Auflage ist, daß dies angegeben ist, etwa durch den Hinweis "Enteisent".

Hinweise für eine Ozonbehandlung kann die Gasanalyse liefern: Wird ein erhöhter Sauerstoffgehalt festgestellt, läßt dies auf eine Behandlung mit Ozon schließen. Bei keinem der 16 Testobjekte war dies der Fall.

Ärgerlich ist die häufig mißverständliche Deklaration der kohlensäurearmen Mineralwasser. "Stille" Wasser liegen im Trend, die Marktchancen für Mineralwasser ohne Kohlensäure steigen zusehends. Und das will sich keiner entgehen lassen, auch wenn das Wasser in einigen Fällen mit gar nicht so wenig Kohlensäure versetzt wurde. Manche "milde" Mineralwasser haben kaum weniger Kohlensäure als "prickelnde" Produkte (ab 6000 Milligramm pro Liter). Zumindest als "still" sollten nur solche Produkte bezeichnet werden, bei denen die Kohlensäure beim Trinken nicht mehr wahr- nehmbar ist: Das ist sicher der Fall, wenn der Gehalt an freier Kohlensäure unter 100 Milligramm (mg) pro Liter beträgt.

Über 250 mg sollte man besser nur mehr von einem "milden" Wasser sprechen. Die Bezeichnung "Astoria still" für ein Produkt mit 4000 Milligramm ist jedenfalls irreführend.

Der geringe Kohlensäuregehalt entscheidet letztlich auch die Reihenfolge unter jenen Mineralwassern, bei denen die Mikrobiologie in Ordnung war, bei denen also keine Keimbelastung nachgewiesen werden konnte und auch die Gasanalyse ohne Beanstandung blieb. Da hat das französische Volvic mit 20 Milligramm die Nase vorn. Am höchsten ist der Gehalt an freier Kohlensäure bei Güssinger perlmild und Waldquelle sanft: 4900 mg. Die Kennzeichnungsbestimmungen wurden eingehalten. Bei sechs Produkten wurde die Eignung für natriumarme Ernährung ausgelobt, was speziell für Personen mit hohem Blutdruck von Bedeutung ist. Die Mineralwasserverordnung verlangt in einem solchen Fall, daß weniger als 20 Milligramm Natrium-Ionen pro Liter vorhanden sind. Dies trifft bei allen sechs Produkten zu. Der Natriumgehalt ist bei den getesteten stillen oder milden Mineralwassern generell recht niedrig. Ausnahmen sind Sulzegger Styrianquelle, Güssinger perlmild und Juvina, die mit 239 bis 330 Milligramm Natrium pro Liter natriumreich sind.

Wenig Chancen für Mehrweggebinde

Bei der Auswahl der stillen und milden Mineralwasser für den Test haben wir die Marktbedeutung zugrundegelegt. Die beiden Marktführer Römerquelle und Vöslauer sind mit je zwei Produkten vertreten: einem stillen und einem milden. Die Gebindeformen sind sehr unterschiedlich: Ein-Liter-Glasflaschen, Polyethylen(PET-)Flaschen mit einer Füllmenge von eineinhalb oder einem halben Liter, und sogar ein Tetra-Pak-Gebinde sind vertreten. Auch dabei haben wir zu jenen Produkten gegriffen, die besonders beliebt sind. Neben den heimischen Produkten wurden auch drei Mineralwasser aus dem Ausland getestet. Der Trend geht eindeutig in Richtung PET-Flasche. Selbst bisher standhafte Glasabfüller haben sich mittlerweile dazu entschlossen, auch Kunststoffgebinde anzubieten. An der Frage, welche Gebindeform die umweltverträglichere ist, scheiden sich auch die Experten. Dennoch ist unbestreitbar, daß Mehrweggebinde grundsätzlich den Einweggebinden überlegen sind – egal, ob Glas oder Kunststoff. Im PET-Segment bietet bisher ausschließlich Römerquelle eine 1,5-Liter-Mehrwegflasche an. Sie ist nicht nur aus ökologischer Sicht gegenüber Einwegflaschen zu bevorzugen: Ihre Grifffestigkeit ist höher als die der konventionellen Kunststoffflasche. Mit der Distanz zum Endverbraucher steigt allerdings die Umweltverträglichkeit der Einweggebinde. Lange Transportwege lassen den Vorteil des Mehrwegsystems schrumpfen, schließlich belastet auch der Rücktransport der leeren Flaschen die Umwelt. Ökobewußte Liebhaber von Mineralwasser sind daher am besten beraten, sich für ein regionales Produkt in Pfandflaschen zu entscheiden. Das fällt einerseits leicht, weil für natürliches Mineralwasser die Quelle verpflichtend angegeben werden muß. Andererseits ist die Auswahlmöglichkeit für die überwiegende Zahl der Österreicher sehr beschränkt, denn die meisten Quellen, vor allem die mit hohen Abfüllmengen, finden sich in Ostösterreich.

Ein Qualitätsverlust des Mineralwassers durch die Verwendung von Kunststoffgebinden ist nicht nachweisbar. Das Wasser schmeckt nicht nach "Plastik". Die chemische Untersuchung hat es bestätigt: In keiner Wasserprobe konnten wir Acetaldehyd nachweisen.

Wozu Mineralwasser?

Unverfälscht und rein

Daß Mineralwasser besondes wertvoll ist, gehört eher ins Reich der Legenden. Der Wert natürlichen Mineralwassers besteht darin, daß es sich um unverfälschtes und reines Wasser aus dem Schoß der Natur handelt. Von genau definierten Ausnahmen abgesehen, darf es keiner chemischen oder physikalischen Behandlung unterzogen werden.

Trinkwasser tut’s auch

Das ist aber auch schon alles, was Mineralwasser von gewöhnlichem Trinkwasser unterscheidet. Es ist um nichts gesünder. Wichtige Mineralstoffe sind auch im Leitungswasser enthalten. Gerade die trendigen Leicht-Mineralwassersorten haben einen sehr geringen Mineralstoffgehalt. Bei Trinkwasser liegt der Mineralstoffgehalt mancherorts deutlich darüber – man denke bloß an das „harte“ (calciumreiche) Wasser, das den Waschmaschinen so sehr zusetzt. Auch die Schadstoffbelastung von Trinkwasser (durch Schwermetalle oder Nitrate) ist – von einigen Gebieten abgesehen – gering.

Preiswert und gut

Leitungswasser ist jederzeit in beliebiger Menge verfügbar. Man braucht keine Kisten zu schleppen, und es kostet praktisch nichts. Auch der Ökostreit zwischen Pfandflaschen und Wegwerfgebinden löst sich von selbst, wenn man statt zur Flasche zum Wasserhahn greift.

Nicht genug Mineralstoffe

Bei ausgewogener Ernährung deckt der Mensch seinen Mineralstoffbedarf durch feste Nahrung oder Milch. Einen Mineralstoffmangel kann man mit herkömmlichem Mineralwasser (oder Trinkwasser) jedenfalls nicht beheben. Beispiel: Die täglich benötigte Menge Kalium ist in einer Portion Kartoffeln enthalten, um sie mit Mineralwasser zu decken, müßte man bis zu 2000 Liter davon trinken.

Anbieteradressen

Alpquell:

Rieder’s Quellenbetriebe GesmbH, Nr. 403, A-6230 Münster, 0 53 37/61 50-0

Astoria still:

Astoria Mineralwasser GesmbH, A-2191 Schrick, 0 25 74/20 81-0

Dolomiten Lavaredo:

Kaiserwasser GesmbH, Pizachstraße 7, I-39043 Innichen, 00 39/47 49 91 32 61

evian:

Euromarken Getränke, Zur Oberlache 6, D-55124 Mainz, 00 49/66 0/75 44

Gasteiner kristallklar:

Gasteiner Quellen VersandgesmbH, Erlengrundstraße 14, A-5640 Bad Gastein, 064 64/26 25-0

Güssinger perlmild:

Güssinger Mineralwasser GesmbH, Güssinger Straße 1, A-7542 Sulz, 0 33 22/421 21-0

Juvina:

Mineralwasser VertriebsgesmbH, Freudenauer Hafenstraße 24, A-1020 Wien, 01/728 67 33-0-0

Markus-Quelle:

Balaia WarenhandelsgesmbH. & Co. KG, Industriestraße 7, A-7033 Pöttsching, 0 26 31/24 05-0

Römerquelle:

Römerquelle GesmbH, Holzmanngasse 3, A-1210 Wien, 01/250 75-0

SilberQuelle:

Silberquelle GesmbH & Co. KG, Innsbrucker Straße 38, A-6230 Brixlegg, 0 53 37/626 28-0

Sulzegger Styrianquelle:

Sulzegger Heil- und Mineralwasser GesmbH, Sulzegg 39, A-8422 St. Nikolai, 0 31 84/24 39-0

volvic:

Bioquelle, Klaus Lösch GesmbH, Haager Straße 44, A-4400 Steyr, 0 66 0/76 55

Vöslauer:

Vöslauer Heilquellen Verwertung AG, Paitzriegelgasse 2, A-2540 Bad Vöslau, 022 52/401-0

Waldquelle Sanft:

Waldquelle Kobersdorf GesmbH & Co. KG, Auwiese, A-7332 Kobersdorf, 0 26 18/82 49-0

Kompetent

Nicht alle still.

Trotz Kennzeichnung „still“, „mild“ oder „sanft“ ist der Kohlensäuregehalt bei einigen Produkten recht hoch. „Stille“ Wasser sollten nicht mehr als 100 mg pro Liter aufweisen.

Ein Drittel verkeimt.

5 von 16 Mineralwasserprodukten weisen Hygienemängel auf, jedoch keines in gesundheitsgefährdendem Ausmaß.

Ab 2,90 Schilling pro Liter.

Die Preisunterschiede sind auch bei heimischen Produkten beträchtlich. Unter den „sehr gut“ beurteilten Produkten sind Markusquelle und Astoria am preiswertesten.

Mindestens 1,5 Liter pro Tag.

Egal ob Trinkwasser, Mineralwasser oder Tee: Man kann gar nicht zuviel Flüssigkeit zu sich nehmen (Ausnahme: bei bestimmten Herz- oder Nierenerkrankungen oder bei Ödemen).

So haben wir getestet

Im Test:

16 als still oder mild bezeichnete Mineralwässer, die wir in Wien und Umgebung Anfang Februar 1999 eingekauft haben.

Kennzeichnung:

Geprüft wurde die Einhaltung der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993.

Chemische Untersuchung:

Die Bestimmung der freien Kohlensäure erfolgt je nach Konzentration titrimetrisch oder manometrisch. Die Gaszusammensetzung im Flaschenkopf wurde analysiert und das Verhältnis von Sauerstoff und Stickstoff ermittelt.

Mikrobiologie:

Die Untersuchung umfaßt die Gesamtkeimzahl bei 22 und 37 Grad Celsius sowie die Indikatorkeime Escherichia coli, coliforme Bakterien, Enterokokken, Pseudomonas aeruginosa, sulfitreduzierende Clostridien und Staphylococcus aureus.

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Aus dem Inhalt

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  • Bio- und Fairtrade Produkte
  • Funktional Food und Light-Produkte
  • Biotechnologie und Gentechnik
  • Zusatzstoffe und E-Nummern
  • Schadstoffe und Haltbarkeit

156 Seiten, 14,90 € + Versand

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