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Kinderwagen - Windelmercedes mit Kompromissen

Ständig neue Modelle und Konstruktionsideen sorgen für Verwirrung bei den Kunden. Das macht die richtige Auswahl nicht gerade leicht.

Kinderwagen gehören zu jenen Produkten, die trotz aller Bemühungen und pfiffiger Ideen der Hersteller nie perfekt sein können. Aus gutem Grund: Während der Zeit, in der der Sprössling herumkutschiert wird, wächst er nicht nur und nimmt dabei kräftig zu, auch die Körperproportionen verändern sich in den ersten Monaten und Jahren. Genauso schnell ändern sich seine Bedürfnisse. Und die stehen in Sachen Kinderwagen nicht selten in krassem Widerspruch zu jenen der Eltern. Kinder haben’s gern gut gepolstert und gefedert, bequem zum Sitzen wie zum Schlafen. Das wünschen sich Eltern für ihre Kinder auch; in der mühsamen Praxis fällt dann aber oft die Entscheidung zu Gunsten von geringem Gewicht, Kompaktheit und größtmöglicher Faltbarkeit.

Auch die Gewohnheiten, die individuell sehr unterschiedlich sind, bestimmen die Auswahl. Wer auf dem Land wohnt, für den spielt es üblicherweise keine Rolle, wenn der Kinderwagen in keine Straßenbahn reinpasst, weil er um einige Zentimeter zu lang oder zu breit ist. Und wer sein ideales Modell gefunden hat und dann draufkommt, dass es nicht in den Kofferraum des Autos hineingeht, wird gezwungenermaßen zu einem weniger sympathischen Modell greifen.

Viele Bauarten und Varianten

Entsprechend den vielfältigen Anforderungen an einen Kinderwagen gibt es auch mehrere verschiedene Bauarten und Mischformen davon. Der klassische Kinderwagen mit großen Rädern, fixem Liegebett und Verdeck bietet zwar dem Kind optimalen Komfort, wird aber trotzdem selten gekauft, da er nur in den ersten sechs Monaten brauchbar ist, also solange das Kind noch nicht sitzen kann.

Am andere Ende der Skala stehen die Buggys: sehr beliebt, weil wendig und einfach in der Handhabung, aber mit etlichen Nachteilen für das Kind (wenig oder gar nicht gefedert, oftmals schlecht gepolstert, unergonomische Proportionen, eingeschränkte Haltbarkeit durch extremen Leichtbau, oft nur zum Sitzen). Buggys sind deshalb nicht grundsätzlich abzulehnen. Sie sollten aber nur als Ergänzung zum Sportwagen verwendet werden und nur für kurze Wege.

Kombi- Sportwagen

Die wichtigste Gruppe der Kinderwagen stellen die Kombinations-Sportwagen dar, entweder mit zusätzlichem Liegeaufsatz für die ersten Lebensmonate oder mit einschiebbarer Tragtasche. Eine solche Tragtasche hat einige Vorteile im Handling, für längere Touren im Kinderwagen ist sie allerdings kaum geeignet. Sie hat üblicherweise keine Matratze, sondern bloß einen stoffbezogenen Karton als Liegefläche, der obendrein noch schlecht isoliert. Deshalb ist es in einer Tragtasche für das Baby und im Winter rasch zu kalt, im Sommer schnell zu heiß – und überhaupt meist zu eng.

Grundsätzlich gibt es auch bei den Sportwagen die verschiedensten Ausführungen. Dem Einfallsreichtum der Hersteller sind keine Grenzen gesetzt.

1.) Schwenkschieber: Ein schwenkbarer Schieber hat den Vorteil, dass das Kind sowohl in als auch gegen die Fahrtrichtung sitzen bzw. liegen kann. Wichtig ist auch eine Höhenverstellung, vor allem, wenn mehrere Personen mit dem Wagen unterwegs sind. Praktisch sind Modelle, wo der Kinderwagen zusammengeklappt werden kann, ohne den Schieber abzunehmen.

2.) Räder: Große Räder mit Luftreifen erschweren zwar die Unterbringung beim Transport im Auto, sorgen aber für guten Abrollkomfort, was vor allem abseits glatten Asphalts für alle Beteiligten von Vorteil ist. Sehr häufig werden Kunststoff-Gleitlager verwendet. Wesentlich robuster sind Kugellager. Fragen Sie im Fachgeschäft nach, welche Lager verwendet werden.

3.) Bremsen: Eine Betriebsbremse wie beim Fahrrad ist nicht notwendig. Ein Kinderwagen sollte immer so gelenkt werden, dass er vom Kinderwagen-Piloten auch ohne weiteres zum Stehen gebracht werden kann. Skater und Jogger, die den Kinderwagen als Bremshilfe benützen, handeln fahrlässig.

Achten Sie bei Schwenkschiebern darauf, dass auf beiden Achsen eine Feststellbremse vorhanden ist, weil Sie sonst möglicherweise beim Abstellen um den Wagen „herumtanzen“ müssen.

4.) Federung: Es gibt üblicherweise zwei Arten der Federung – entweder wie eine Kutsche mit Riemen (optimal für Babys) oder mit Einzelradfederung (besser bei größerem Gewicht der Kinder). Luftreifen mildern Stöße zusätzlich.

5.) Verdeck: Es sollte leichtgängig hochklappbar sein und gut einrasten. Es gibt auch abnehmbare Dachsegmente. Wichtig ist ein ausreichender Sonnenschutz. Ein Verdeck muss auf jeden Fall UV-undurchlässig sein. Das gilt auch für abnehmbare Sonnendächer und Sonnenschirmchen.

6.) Lehnenhöhe: Zu Gunsten guter Verstaubarkeit geraten die Rückenlehnen der Sitzgestelle oft zu kurz, was sehr schlecht für den Sitzkomfort größerer Kinder ist. Achten Sie deshalb auf ausreichende Lehnenhöhe.

7.) Gurte:Ein Kind muss im Kinderwagen angeschnallt werden können. Die Quirligkeit der Kleinen wird sonst zu einem erheblichen Sicherheitsrisiko.

8.) Verarbeitung, Bedienung:Achten Sie auch auf gute Bedienbarkeit, etwa, ob beim Zusammenklappen die Gefahr des Einklemmens besteht, ob das Gurtschloss kindersicher ist und keine leicht zu lösenden Klein- und Plastikteile vorhanden sind. Bezugstoffe müssen abnehmbar und waschbar sein.

9.) Dimensionen: Ein Kinderwagen muss möglichst breit sein, damit das Kind sich auch im Liegen wohl fühlt. Allerdings geben oft die Nutzungsgewohnheiten die Grenzen vor. Die Wiener Linien beispielsweise garantieren problemlosen Transport nur bis zu einer Breite von 60 cm.

Ganz wichtig: Nehmen Sie Ihr Auto mit beim Kauf, und machen Sie die Probe aufs Exempel. Das ist sicherer, als bloß den Kofferraum auszumessen, und erspart unliebsame Überraschungen.

10.) Tragtasche:Tragtaschen sind zwar praktisch, bieten aber dem Kind keinen optimalen Liegekomfort, weil sie vor allem bei kräftigen Babys und winterlicher Kleidung meist beengend sind. Ein eigener Liegekorb, den man später gegen das Sitzgestell austauscht, ist für das Kind die bessere Lösung.

Sportwagen mit eingeschobener Tragtasche für die Kleinsten. Obwohl in Sachen Liegekomfort nicht optimal, dominiert diese Lösung derzeit den Markt, weil sie im Handling praktisch und außerdem relativ preiswert ist.

Seien Sie vorsichtig bei dreirädrigen Kinderwagen! Die gelten zwar als besonders dynamisch und erleben wahrscheinlich deshalb gerade einen Boom. Ein dreirädriger Wagen kippt aber wesentlich leichter, die oftmals darauf montierte Fahrradbremse verleitet zu riskanten Fahrmanövern, und die Gestaltung der Sitzflächen und Lehnen aus Stoff ist ergonomisch mehr als bedenklich. Außerdem sind Dreiradler meist deutlich länger als herkömmliche Kinderwagen, wodurch sich ein zusätzliches Problem im Handling ergibt.

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