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Hubschraubertransport - Wider Willen

Nach einem Bergunfall wird der Rettungshubschrauber angefordert. Die ebenfalls anwesende Bergrettung verweigert daraufhin den möglichen ­Transport. Die Betroffene blieb auf hohen Rechnungen sitzen.

Der Fall

Eine 64-jährige Dame stürzt beim Wandern auf der Alm und zieht sich einen Unterschenkelbruch mit starker Verschiebung zu. Ihre Begleitperson informiert die Einsatzzentrale des Roten Kreuzes. Diese kündigt einen Rettungshubschrauber an. Die verletzte Frau ahnt, dass erhebliche Kosten auf sie zukommen könnten. Da der Unfallort über einen Forstweg erreichbar ist und der Transport auch mit einem allradgetriebenen Wagen erfolgen könnte, lehnt sie den Transport mit dem Hubschrauber ab.

Tatsächlich trifft ein Geländefahrzeug der Bergrettung ein, die ebenfalls zur Unfallstelle geschickt worden war. Die Bergrettung lehnt die Bitte der Verletzten um einen Transport mit der Begründung ab, dass der Hubschrauber bereits zu hören sei. Sie transportiert die Verletzte lediglich bis zum Landeplatz des Hubschraubers. Einige Wochen später erhält die Patientin vom Bergrettungsdienst eine Rechnung über 94,50 Euro sowie eine Rechnung der Christophorus Flugrettung in Höhe von 4.872 Euro.

Die Intervention

Die betroffene Frau ist Mindestpensionistin, sie sieht sich mit einer derart hohen Rechnung überfordert und wendet sich an die Kärntner Patientenanwaltschaft. Diese versucht in zahlreichen Telefonaten und umfangreichem Schriftverkehr sowohl mit der Flugrettung als auch mit der zuständigen Gebietskrankenkasse, eine Übernahme der Kosten zu erreichen.

Betroffene werden über hohe Rechnungen nicht aufgeklärt

Das Ergebnis

Die zunächst in Rechnung gestellten Kosten für den Einsatz des Bergrettungsdienstes (94,50 Euro) werden storniert. Die Kostenübernahme des Hubschrauber­einsatzes wird von der zuständigen Gebietskrankenkasse mit dem Hinweis abgelehnt, dass zwischen ihr und der Christophorus Flugrettung kein Vertrag bestehe. Sie stellt lediglich einen Kostenersatz in Höhe von 895 Euro in Aussicht. Nach weiteren Interventionen der betroffenen Patientin und der Patientenanwaltschaft verzichtet die Flugrettung auf 2.000 Euro des ursprünglichen Rechnungsbetrages. Hilferufe an diverse Stellen erbringen zudem einen Spenden­betrag in Höhe von rund 1.100 Euro. Somit reduziert sich die privat zu tragende Schuld auf rund 800 Euro.

Das Fazit

In den vergangenen Jahren haben sich insgesamt acht Personen, die Rechnungen für Rettungshubschraubereinsätze erhalten hatten, an die Kärntner Patientenanwaltschaft gewandt. Die Kosten beliefen sich auf 3.500 bis 5.500 Euro. Aus Sicht der Patienten­anwaltschaft besteht das Grundproblem, dass Rettungsleitstellen den Hubschraubereinsatz auch dann anordnen, wenn die Patienten bei klarem Bewusstsein sind und diesen ablehnen. Die Betreiber verweisen dabei auf selbst erstellte Richtlinien. Die Betroffenen werden in der Regel über mögliche privat zu tragende Kosten nicht aufgeklärt. Auch dann nicht, wenn der Betreiber des Rettungshubschraubers keinen Vertrag mit der zu­ständigen gesetzlichen Krankenkasse hat.

Kärntner Patientenanwaltschaft setzt sich ein

Die Kärntner Patientenanwaltschaft hat sich mit der Bitte um Ausarbeitung einer für alle Beteiligten transparenten Lösung an die Kärntner Landesregierung gewandt. Aus Sicht der Patientenanwaltschaft ist es problematisch, wenn Ersthelfer oder die Einsatz­leitung einen Rettungshubschraubereinsatz veranlassen, ohne die jeweilige Vertrags­situation zu berücksichtigen und ohne die bewusstseinsklaren Personen über die wahrscheinlich auf sie zukommenden Kosten zu informieren. Besonders heikel sind jene Fälle, bei denen die Kostenübernahme durch die Krankenversicherung aufgrund fehlender ­medizinischer Indikation im Nachhinein verweigert wird.

Zu prüfen wäre auch, ob nicht vertraglich ­gebundene Unternehmen im jeweiligen Fall abkömmlich gewesen wären und den Transport hätten übernehmen können. Die Kärntner Patientenanwaltschaft setzt sich hier für klare Regelungen ein.

VKI-Kooperation mit der Patientenanwaltschaft

In unserer Rubrik berichten wir über Fälle, mit denen österreichische Patientenanwältinnen und -anwälte konfrontiert werden.

Die Kärntner Patientenanwaltschaft sieht sich immer wieder damit konfrontiert, dass Patientinnen und Patienten über unnötige Rettungshubschraubereinsätze klagen.

 

Patientenanwaltschaft Kärnten
St.-Veiter-Straße 47,
9020 Klagenfurt,
Tel. 0463 572 23-0,
Fax 0463 538 23-195
E-Mail: patientenanwalt@ktn.gv.at  
www.patientenanwalt-kaernten.at

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Aus dem Inhalt

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