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Kontoüberziehung - Die größten Banken sind am gierigsten

Das Zinsniveau ist niedrig wie nie. Für das Überziehen des Girokontos verrechnen die Banken aber gewaltige Zinsen.

Wer heute für seine Spareinlage mehr als ein Prozent Zinsen jährlich bekommt, kann sich glücklich schätzen. Zweistellige Renditen sind heute praktisch nicht zu erzielen. Banken haben es besser: Überzieht ein Kunde sein Konto, kassieren sie Zinsen in zweistelliger Höhe.

Konto überziehen ist (zu) bequem

Wurde dereinst gegen Monatsende das Geld knapp, musste man beim Kaufmann anschreiben lassen. Heute überbrückt man die Zeit bis zum nächsten Gehaltseingang, indem man das Konto überzieht. Der Vorteil für den Kunden: Das geht ganz automatisch. Das Minus wird (hoffentlich) mit dem nächsten Eingang abgedeckt.

Weil das Kontoüberziehen so einfach ist, beginnt der Weg in den Privatkonkurs meist mit einem heillos überzogenen Konto. Und weil die Kontoüberziehung problemlos möglich ist, verdienen die Banken daran prächtig: Ist das Konto übers Jahr im Schnitt mit 2.000 Euro in den roten Zahlen, kostet das je nach Institut zwischen 95 und 265 Euro Überziehungszinsen.

Kleine geben es billiger

Warum die kleine VKB 6,625 Prozent Zinsen, die große Bank Austria aber rund doppelt so viel verlangt, bleibt im Dunkeln. Sogar innerhalb des gleichen Instituts kann der Überziehungszinssatz sehr unterschiedlich ausfallen, wie das Beispiel BAWAG zeigt. Überzieht man das "Konto für Flexible", gelten 8,5 %, beim "Konto für Preisbewusste" aber sind es gleich 13,25%! Ein ähnliches Bild zeigt sich bei Raiffeisen NÖ-Wien.

Was auffällig ist: Niedrigere Zinssätze unter 8 % verlangen eher kleine Institute. Die meisten Großbanken wie Bank Austria, BAWAG/P.S.K. oder einige Raiffeisenbanken und Sparkassen kratzen an der Zehn-Prozent-Marke oder überschreiten sie.

Hohe Zinsen trotz geringer Kosten

Bemerkenswert ist auch, dass die hohen Zinsen kaum mit den Kosten zu erklären sind. In eine Kontoüberziehung ist kein Bankangestellter involviert, die Zinsen werden vom Computer berechnet. Lediglich das Risiko, dass ein Kunde gar nicht zahlt, muss abgegolten werden. Allerdings gleichen die meisten Bankkunden ihr Minus ja ohnehin wieder aus. Im Vergleich zur Kontoüberziehung ist ein Privat- oder Schalterkredit geradezu wohlfeil. Obwohl hier der Aufwand für die Bank höher ist. Der Effektivzinssatz für Verbraucherkredite (also unter Berücksichtigung aller Nebenkosten) liegt momentan zwischen 6 und 8 Prozent.

Überziehen oder Kredit?

Zur Beantwortung der Frage "Überziehen oder Kredit“ gibt es eine Faustregel: Beträgt das Minus nicht mehr als ein Monatsgehalt und kann es binnen kurzer Zeit – drei bis vier Monate – ausgeglichen werden, ist Überziehen sinnvoll. Denn dann käme ein echter Kredit teurer. Wie unser Rundruf bei verschiedenen Instituten ergab, zeigen sich Banken beim Thema Überziehungszinsen durchaus gesprächsbereit. Ein kleiner Nachlass kann sehr wohl drin sein. Verhandeln sollte man aber nicht erst, wenn das Konto schon in den roten Zahlen ist! Und natürlich ist abzuklären, ob die Zinsreduktion dauerhaft ist oder nach einem Jahr wieder entfällt.

Limit überschreiten: bis 18% Zinsen

Falle Limitüberschreitung

Mit dem Zinssatz für die Kontoüberziehung wird auch bekannt gegeben, bis zu welcher Überziehungshöhe er gilt. Dieses Limit wird von der Bank festgesetzt und richtet sich nach Bonität sowie Höhe und Regelmäßigkeit der Eingänge. Was vielen Konsumenten nicht bewusst ist: Das Konto kann man auch über das Limit hinaus überziehen! Dann wird’s richtig teuer. Zu den ohnehin schon happigen 6 bis 13 Prozent kommen weitere 4,5 Prozentpunkte dazu, in einzelnen Fällen zahlt man insgesamt 18 Prozent.

Keine gesetzlichen Limits

Ein Überschreiten des Limits ist also unbedingt zu vermeiden; notfalls durch einen Kredit, der in Raten zurückgezahlt wird. Weil den hohen Überziehungszinsen keine Kosten gegenüberstehen, drängt sich der Verdacht auf, dass die Banken sich hier jene Finanzspritze holen, die sie nach der Finanzkrise offenbar dringend benötigen. Ein problemloser Ausweg, weil in diesem Bereich keine gesetzlichen Limits existieren. Auch in Deutschland sind die Überziehungszinsen "unverschämt hoch", wie unsere Kollegen von der Stiftung Warentest konstatierten. Aber anders als in Österreich sind es dort kleine Banken, die happige Überziehungszinsen verlangen.

Tabelle: Was kostet eine Kontoüberziehung ?

Infografik: Soviel kostet das Minus am Konto

Wir haben die Prozentsätze für Überziehungszinsen recherchiert. Hier unsere Infografik (Daten vom Oktober 2010). - Bei gleicher Betragshöhe ist die Reihung alphabetisch.

 

 

Kontoüberziehung - so viel kostet das Minus am Konto (Infografik: KONSUMENT)

Und hier unsere Infografik in vergrößerter Darstellung für den Bildschirm:

Kontoüberziehung - so viel kostet das Minus am Konto (Infografik: KONSUMENT)

Zusammenfassung

  • Unverschämt hoch. Für das Überziehen des Gehalts- oder Pensionskontos verlangen Banken
    zwischen 6 und 13,6 %, bei Überschreiten des Limits kommen weitere 4,5 % dazu.
  • Keine Regeln. Es gibt keine Vorschriften, wie hoch Überziehungszinsen sein oder wann sie erhöht werden dürfen. Verhandeln ist daher möglich; allerdings besser nicht erst dann, wenn man schon im Minus ist.
  • Kredit oder überziehen. Konto nur dann überziehen, wenn der Betrag überschaubar ist (ein Monatsgehalt) und bald zurückgezahlt wird. Sonst besser einen Kredit beantragen, um das Minus abzudecken.

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