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Kreditzinsen - Verhandeln statt vertrauen

, aktualisiert am

Bei Krediten gibt es gewaltige Spannen. Sowohl Gebühren als auch Zinssätze sind verhandelbar.

Kredite sind Vertrauenssache, zumindest aus Sicht der Banken. Sie müssen Vertrauen haben in einen Kreditwilligen, sonst geben sie nichts her. Das ist auf den ersten Blick auch gut so, schließlich will niemand leichtfertig vergebene Kredite, die Schuldnerkarrieren fördern. Dass die Banken aber auch mit Informationen zu Krediten und Kreditzinsen sehr zurückhaltend sind, wäre nicht notwendig. Schließlich zählt der Geldverleih neben der Geldverwaltung zu ihren Kerngeschäften.

So wie vom Kunden Offenheit gefordert wird, sollten auch die Banken bei den ­Konditionen die Karten auf den Tisch legen. Ihr Argument lautet, dass Kredite eine sehr individuell zugeschnittene Sache seien. Sprich: Je nach Laufzeit, Bonität und vorweisbaren Sicherheiten, wie etwa einem fixen Einkommen, könne man dem Kunden bei den Kreditkonditionen weniger oder auch mehr entgegenkommen.

Hartnäckigkeit lohnt sich

Für die Kreditnehmer bedeutet das im Umkehrschluss: Kredite sind nicht Vertrauenssache, sondern Verhandlungssache. Bei durchschnittlicher Bonität tun sich zwischen vergleichbaren Angeboten erhebliche Spannen auf, die unbedingt zu den eigenen Gunsten genutzt werden sollten. Da heißt es wie so oft: mehrere Banken abklappern und am besten ohne detaillierte Angabe der eigenen Personalien Angebote einholen. Der Rest ist fragen und hartnäckig sein. Zum Beispiel bei den Kosten: An Be­arbeitungsgebühren fallen zwischen 0 und 2 Prozent des Kreditvertrags an. Das macht bei einem Kredit über 50.000 Euro immerhin einen Unterschied von 1.000 Euro "haben oder nicht haben" aus. Kosten, die sich durchaus verhandeln lassen!

Fixzinssätze sind teuer

Noch viel kräftiger sparen lässt sich natürlich, wenn man auf einen günstigen Zinssatz ­achtet. Bei den Hypothekardarlehen lagen die Spannen für einen Kredit über 100.000 Euro in unserer Erhebung zwischen 2,4 und 5,3 Prozent. Die höheren Werte ergaben sich insbesondere dort, wo ein Fixzinssatz über einen Teil der Laufzeit vereinbart wurde. Fixe Zinsen sind hilfreich, weil sich dadurch über eine bestimmte Zeit genau kalkulieren lässt, in welcher Höhe Raten anfallen werden. ­Außerdem kann der Zinssatz damit in Zeiten steigender Zinsen auf den niedrigeren Satz eingefroren werden.

Nachteilig an den Fixzinskrediten ist, dass sie derzeit relativ teuer erkauft werden müssen. Beispiel BAWAG: Derselbe Kredit, der variabel verzinst zu 2,4 Prozent zu haben ist, kostet mit Fixzinsvereinbarung auf zwei Jahre 4 Prozent. Auch der Höchstwert von 5,3 Prozent unter den Hypothekarkrediten bezieht sich auf einen auf zehn Jahre ausgelegten Fixzins.

Kontoüberziehung

Kontoüberziehung: vorweg Zinssatz abklären!

Sollten die Zinsen weiterhin auf so niedrigem Niveau wie derzeit bleiben, lohnt sich die fixe Verzinsung nicht, weil man momentan fast doppelt so viel zahlt wie bei einem variabel verzinsten Angebot. Dazu kommt: Hypothekarkredite sind in der Regel auf 20 und mehr Jahre angelegt. Da sollte das Augenmerk nicht allein auf einer vergleichsweise kurzen Fixverzinsung liegen, sondern auch geklärt werden, wie es danach um die Höhe der ­variablen Verzinsung bestellt sein wird: Wie könnte ein günstiges oder ein besonders ungünstiges Szenario der Verzinsung aussehen, wie hoch wären dann jeweils die Raten?

Bis zu 5 % weitere Zinsen

Die Zinssätze in unseren Tabellen sind jedenfalls die Gesamtzinssätze über die gesamte Laufzeit bei gleichbleibender Zinssituation. Besonders deftig sind die Unterschiede, wenn ein Girokonto überzogen wird. Von 4 Prozent (Hypo Alpe-Adria) bis 13,25 Prozent (Bank Austria, BAWAG PSK) reichen hier die Konditionen; und wer sich dann auch noch über den Überziehungsrahmen hinaus Geld von seiner Bank leiht, muss im schlimmsten Fall mit ­weiteren 5 Prozent Zinsen rechnen.

Hier sollte also besonders genau auf die Konditionen geachtet und notfalls auf ein anderes ­Girokonto oder auf einen "richtigen" Privatkredit umgeschuldet werden. Letztere ­wiesen bei unserer Erhebung Zinssätze ­zwischen 5,4 und 9,3 Prozent auf – auch hier ­also deutliche Unterschiede, die man ­unbedingt nutzen sollte.

Effektiven Zinssatz beachten

Wichtig ist, bei Kreditvergleichen immer auf vergleichbare Angaben zu achten. Oft sind nur die nominalen Zinsen angeführt. Viel aussagekräftiger ist aber der effektive Kreditzinssatz oder die Gesamtbelastung über die volle Laufzeit.

Tabelle: Hypothekarkredite mit Fixzinssatz

Tabelle: Privatkredite

Tabelle: Hypothekarkredite Variabel

Tabelle: Überziehungszinsen Girokonten

Zusammenfassung

  • Weit auseinander. Zwischen niedrigstem und höchstem Zinssatz liegen bei allen ­Kreditformen große Spannen.
  • Hartnäckig nachfragen. Sowohl bei den Zinssätzen als auch bei den Bearbeitungs­gebühren besteht Verhandlungsspielraum.
  • Spitzenreiter bei Höchstzinsen. Besonders starke Unterschiede gibt es bei Kontoüberziehungskrediten, mit einer Bandbreite von 4 bis 13,25 Prozent. Die Strafzinsen bei Überschreiten des Überziehungsrahmens reichen von 0 bis 5 Prozent.
  • Teuer erkauft. Eine fixe Verzinsung bis zu zehn Jahre erhöht die Planungssicherheit, ist aber derzeit doppelt so teuer wie eine variable. Kurze Fixzinsvereinbarungen sind bei lang laufenden Hypothekarkrediten keine sinnvolle Option.

Leserreaktionen

Unverständlich

Mich würde sehr interessieren, wie Sie auf solche Werte kommen. Mit alleinigem Verhandeln habe ich bei weitem nicht solche Zinssätze und Bearbeitungsgebühren erhalten. Erst nachdem ich einen Finanzberater eingeschaltet hatte, habe ich ein Angebot erhalten, das Ihrem zumindest nahe kommt.

Auch bei der Tabelle für die Überziehungszinsen komme ich nicht mit. Bei der Erste Bank hab ich durch mehrmaliges Nachverhandeln meinen Zinssatz von über 13 % auf zumindest 10 % senken können. Meine Bankberaterin meinte dann, dass dies das absolute Minimum sei. Und trotzdem scheinen bei Ihnen nur 9,5 % auf.

Name der Redaktion bekannt
(aus KONSUMENT 7/2011)

Die Erhebung der Konditionen erfolgt durch Abfrage mittels Fragebogen bei den Anbietern selbst. Um eine Vergleichbarkeit zu gewährleisten, werden dabei die Ab-Zinssätze abgefragt. Individuell kann es davon Abweichungen geben aufgrund Bonität, Umfang der Finanzierung, Besicherung und weiterer Parameter.Leider ist es ja so, dass es nicht DIE Kreditkonditionen eines Anbieters gibt, sondern eine Vielzahl individueller Umstände einfließen und auch durch die Refinanzierung der Bank einfließen müssen.

Zu den Überziehungszinsen ist zu sagen, dass auch dies ein Ab-Zinssatz ist, der auch vom gewählten Kontopaket oder der Gesamtgeschäftsverbindung abhängt. All das sind Umstände, die eine Vergleichbarkeit leider sehr schwierig machen.

Die Redaktion

Raiffeisen antwortet nicht

Mit Interesse habe ich Ihren Beitrag zu den aktuellen Zinssätzen gelesen. Etwas sonderbar erscheint mir aber die Auswahl der Geldinstitute. Kein einziges Unternehmen aus der Raiffeisengruppe ist in Ihrer Aufstellung zu finden. Warum?

Seraphine Schuster
E-Mail
(aus KONSUMENT 7/2011)

Selbstverständlich haben wir auch mehrere Raiffeisenbanken nach ihren Zinssätzen für Kredite befragt. Leider hat uns keine der Raiffeisenbanken geantwortet.

Die Redaktion

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