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Urheberrecht - Hände weg von Privatkopien!

, aktualisiert am

Die EU will die Copyright-Bestimmungen drastisch verschärfen.
Aufnahmen von Radio oder TV für den Privatgebrauch
könnten so bald unmöglich sein.

Sie wollen abends ausgehen und dennoch nicht den Filmklassiker versäumen, der ausgerechnet heute im TV gesendet wird. Daher programmieren Sie die Sendung im Videorecorder. Dieser zeichnet den Film auf Videocassette auf, Sie können die Kopie des Films jederzeit ansehen. Eine Selbstverständlichkeit? Geht es nach dem Willen der EU, könnte dieser alltägliche Vorgang bald der Vergangenheit angehören; oder zu einem kriminellen Delikt werden, das entsprechend zu ahnden ist. Die Kommission der EU hat kürzlich einen Entwurf für eine Urheberrechtsrichtlinie vorgelegt, der bereits mit dem Parlament abgestimmt ist. Es steht zu befürchten, dass die Richtlinie noch bis Jahresende im Ministerrat durchgeboxt werden soll.
Privatkopien wären dann nur mehr möglich, wenn die Urheber eine ausreichende Vergütung erhalten und sie überdies keinen Kopierschutz vorgesehen haben.

Ein Freibrief für Willkür

In vielen europäischen Staaten gibt es ein eingespieltes Abgabesystem, das garantiert, dass die Inhaber von Urheberrechten an der Vervielfältigung mitverdienen können. Begünstigt sind Autoren, Musiker, Filmemacher, allen voran jedoch mächtige Medienkonzerne, die den Kulturschaffenden ihre Rechte in aller Regel zu einem mehr oder weniger fairen Preis abkaufen. Mit der Richtlinie soll das Abgabesystem einzelner Staaten auf ganz Europa ausgeweitet werden, mit der Option, flächendeckend so viele und so hohe Abgaben wie nur möglich einzutreiben. Ausnahmen sollen nur in ganz bestimmten Sonderfällen möglich sein. Daneben sollen die Medienkonzerne einen Freibrief erhalten, jederzeit das Kopieren durch technische Mittel zu verunmöglichen. Logische Folge:

  • Private Kopien sind zwar erlaubt, aber technisch unmöglich. Inhaber von Urheberrechten können einseitig technische Schutzmechanismen einführen, so dass eine Vervielfältigung nicht mehr möglich ist. Auch wenn damit eine bestehende gesetzliche Ausnahmeregelung unwirksam gemacht wird.
  • Abgaben werden bezahlt für etwas, was nicht genutzt werden kann. Beim Kauf eines Aufnahmegerätes (zum Beispiel Videorecorder oder Computer) zahlt der Verbraucher eine Abgabe, infolge kopiergeschützter Datenträger (CDs, TV-Filme …) können jedoch keine Aufnahmen gemacht werden. Es ist unbestritten, dass Maßnahmen gegen eine unkontrollierte Vervielfältigung urheberrechtlich geschützter Werke (kommerzielle Piraterie) notwendig sind. Die Rechte der Kulturschaffenden gilt es zu schützen. Diese Richtlinie schützt aber in erster Linie eine Handvoll mächtiger Konzerne.

Freier Zugang zu Informationen

In jedem Fall ist es unhaltbar, dass Konsumenten, die daheim Kopien für den privaten Gebrauch anfertigen, als „Piraten“ kriminalisiert werden sollen. Das Recht auf Zugang zu Informationen muss gewahrt bleiben. Und es steht weit mehr auf dem Spiel als der Verlust bisher selbstverständlicher Annehmlichkeiten: Ohne entsprechende Unterlagen ist ein modernes Bildungssystem undenkbar, Forschungsaktivitäten werden beeinträchtigt; ein ungeheurer Wissensschatz würde in Archiven und Dokumentationszentren ungenutzt verstauben. Am schlimmsten wären Behinderte betroffen: Sie sind darauf angewiesen, Werke in solche Formate zu konvertieren, die überhaupt erst eine Nutzung möglich machen; beispielsweise müssen Blinde Texte in Braille-Schrift konvertieren können.
Aus diesem Grund haben so unterschiedliche Gruppierungen wie Verbraucherverbände, Behindertenorganisationen, Bibliotheken und Dokumentationszentren sowie die europäische Elektronikindustrie eine Kampagne zur fairen Nutzung von Urheberrechten gestartet: Fair Practice. Zentrale Forderung: Hände weg von Privatkopien!

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