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Zukunftsvorsorge neu - Keine sichere Bank

  • Hohe Kosten fressen Ertrag
  • Zu wenig Transparenz und Information
  • Versicherungs-Produkte meist teurer und unflexibler

Staatliche Prämie, Kapitalgarantie, Steuerfreiheit – kein Wunder, dass die neuen Zukunftsvorsorgeprodukte der Banken und Versicherer weggehen wie die warmen Semmeln. Rund 60.000 Verträge haben die größeren Anbieter binnen kurzer Zeit verkauft. Wir haben uns die Angebote näher angesehen. 18 waren es zum Stand der Erhebung, und laufend werden es mehr.

Alle kochen mit Wasser

Der Großteil sind fondsgebundene Lebensversicherungen, der Rest Fondsprodukte. Und obwohl das Gesetz relativ enge Grenzen für die Ausgestaltung vorgibt, unterscheiden sich die Produkte oft in Details, die ganz schöne Differenzen ergeben können; sei es, was die Laufzeit betrifft, den Mindesteinzahlungsbetrag oder die Kosten. Gemeinsam ist sämtlichen Anbietern, dass sie alle nur mit Wasser kochen. Einen wahren Geldsegen darf sich niemand erwarten – trotz markiger Werbeaussagen.

Wen fördert der Staat da eigentlich?

Das beginnt schon bei den 9,5 Prozent Prämie, die der Staat für dieses Jahr beisteuert. Die Prämie wird jährlich neu festgelegt und orientiert sich am jeweiligen Zinsniveau. Sie wird allerdings nicht unbegrenzt gewährt, sondern nur bis zu einem Einlagebetrag von 1,53 Prozent der jährlichen Sozialversicherungs-Höchstbemessungsgrundlage (derzeit sind das 1851 Euro).

Prämie ist nicht Rendite

Was noch wichtiger ist: Die 9,5 Prozent Prämie sind nicht gleichzusetzen mit der Rendite. Werfen die Vorsorgeprodukte keinen Ertrag ab, ergibt sich aus der Kapitalgarantie (Einzahlung plus staatliche Prämie) bei zehnjähriger Laufzeit eine mickrige Rendite von 1,6 Prozent jährlich. So viel zu den "vom Staat geschenkten 9,5 Prozent"!

Bei den Versicherern nagen vor allem die Vertriebskosten am Ertrag. Einzig von der Victoria Versicherung erhielten wir einigermaßen realistische Werte. Diese liegen zwischen 35 und 50 Prozent der ersten Jahresprämie. Dazu kommen noch Verwaltungskosten (inklusive Garantiekosten) von 4 Prozent pro Jahr und ein Ausgabeaufschlag von 3 Prozent, der beim Kauf – das heißt, bei jeder Einzahlung! – anfällt.

Versicherer schweigen über Kostenbelastung

Besonders negativ: Die anderen Versicherer hielten sich bei den Kostenangaben sehr bedeckt. Das ist vor allem deshalb unfair, weil vielen Konsumenten nicht bewusst ist, dass bei Abschluss einer Lebensversicherung Kosten in der Höhe bis zu einer Jahresprämie anfallen können. Erhalten sie also nach einem Jahr Zukunftsvorsorge eine Kontonachricht (die gesetzlich vorgeschrieben, aber nicht immer üblich ist), könnten manche ihr blaues Wunder erleben, wenn ihr Vorsorgekonto weniger enthält als eingezahlt.

Nur 2,9 Prozent Rendite

Denn die Kostenbelastung ist in den Beratungsgesprächen praktisch kein Thema. Manche, wie die Grazer Wechselseitige, wollten uns gegenüber keine Kosten offen legen und beteuerten, stattdessen ihre Kunden zu informieren – offenbar nach dem Motto "Wer nicht unsere Katze im Sack kaufen will, soll gefälligst zur Konkurrenz gehen". Etwas informationsfreudiger noch die Bank Austria mit ihrem Versicherungsprodukt: Die Kosten würden in etwa denen einer vergleichbaren fondsgebundenen Lebensversicherung entsprechen. Bei einer angenommenen Wertsteigerung von 6 Prozent (was derzeit zwar unüblich, aber im Bereich des Möglichen ist) wäre das laut Fondsexperten eine Rendite von rund 2,9 Prozent inklusive Prämie – und das bei zehn Jahren Laufzeit!

Bankenprodukte sind klarer und flexibler

Auch bei den Banken ist derzeit nur die kleine Rendite durch die staatliche Prämie fix, denn auch sie können nicht in die Zukunft der Finanzmärkte blicken. In einem sind sie den Versicherern aber voraus: Die Kunden wissen weitgehend, welche Kosten bei den Fondsprodukten auf sie zukommen. Die Verwaltungskosten liegen zwischen 0,75 und 1,5 Prozent, der Ausgabeaufschlag bei 3 Prozent und die Depotgebühren bei 0 bis 1,2 Prozent.

Mehr Flexibilität bei Bankprodukten

Außerdem bieten die Bankenprodukte mehr Flexibilität, vor allem variable Laufzeiten, Verlängerungsmöglichkeiten unter Einräumung der Kapitalgarantie und mehr Spielraum bei den Einzahlungsbeträgen. Allerdings gibt es Unterschiede, auf die Sie genau achten sollten. Optimal sind Verträge mit einer Laufzeit von zehn Jahren, die kostenlos verlängert werden können und eine durchgehende Kapitalgarantie auch nach Ablauf der Mindestbindefrist anbieten. Diese konnten uns bislang nur Raiffeisen (Pensionsfonds-Österreich), Erste (ESPA Vorsorge Classic) und – einzige Ausnahme unter den Versicherern – Allianz (BonusLife) zusichern. Die Kapitalgarantie wird in der Folge immer zum Ende eines Monats fällig. Bei der Volksbank (Austro-Garant) sind Verlängerungen mit durchgehender Kapitalgarantie um jeweils ein Jahr möglich.

Zu lange Laufzeiten

Bei den Versicherern wird oft bis zum Pensionsantrittsalter abgeschlossen – aus unserer Sicht eine zu lange Laufzeit. Das Gesetz sieht zwar einen Ausstieg nach zehn Jahren vor; wenn aber im Vertrag eine Mindestbindefrist von 15 Jahren steht, dann gilt die auch, und auch die Kapitalgarantie greift erst nach der im Vertrag fixierten Mindestdauer.

Geld vorzeitig auszahlen lassen ist teuer

Generell gilt: Wer sich das Kapital auszahlen lässt, muss 25 Prozent Kapitalertragsteuer auf den ersparten Betrag zahlen und die Hälfte der staatlichen Prämie zurückerstatten. Und die Kapitalgarantie kann dadurch verloren gehen. Bei den hohen Kosten ein Verlustgeschäft!

Nicht zu hohe Einzahlungsbeträge

Wenn Sie knapp kalkulieren müssen, vereinbaren Sie nicht zu hohe monatliche Mindesteinzahlungsbeträge. 20 bis 25 Euro, wie bei den meisten Anbietern, sind wahrscheinlich bei fast jedem drinnen. Bei 40 Euro pro Monat (BA-CA und Volksbank) kann es aber schon einmal knapp werden. Besser ist, einen geringen Monatsbetrag zu vereinbaren und dann gegebenenfalls noch etwas zuzuzahlen. Auch das ist bei den Fondsprodukten der Banken meist einfacher möglich als bei den Versicherungsangeboten. Dort sind Änderungen oft mit Kosten verbunden oder Prämienerhöhungen nur bis fünf Jahre vor Ablauf oder überhaupt nur ein einziges Mal möglich.

Kapitalgarantie ist nicht gratis

Von anderen Anlageprodukten unterscheidet sich die Zukunftsvorsorge vor allem durch die gesetzlich festgelegte Kapitalgarantie. Die Anbieter tragen also das Risiko, das volle eingezahlte Kapital plus Prämie auch bei sinkenden Börsekursen zurückzahlen zu müssen. Das kostet, da dafür je nach Vertragslaufzeit verschiedene Absicherungsstrategien eingesetzt werden müssen.

Andererseits: Über derart lange Laufzeiten sollten eigentlich auch ohne Garantie einigermaßen brauchbare Renditen zu erwirtschaften sein. Wenn am Ende trotz Garantie nicht mehr als 2 Prozent herausschauen, hat sich die Investition in den riskanteren Wertpapiermarkt nur für den Anbieter gelohnt, der mittels Gebühren und Spesen verdient hat.

Kürzere Zeiträume vorteilhaft

Achten Sie bei der Kapitalgarantie jedenfalls darauf, an welchen Stichtagen (Ablauf der Vertragslaufzeit oder andere) sie greift. Vorteilhaft sind kürzere Zeiträume, also monatlich oder jährlich. Die Kapitalgarantie bezahlt der Kunde. Dennoch verfällt sie bei einigen Anbietern bei nicht widmungsgemäßer Verwendung, das heißt, wenn man den Betrag am Ende nicht verrentet, sondern ihn sich bar auszahlen lässt.

Altersvorsorge oder Finanzmarktbelebung?

Wer sich nun auf dem freien Markt nach dem optimalen Pensionsangebot umsieht, sollte auch wissen: "Die prämienbegünstigte Zukunftsvorsorge hat explizit die Belebung des österreichischen Kapitalmarktes zum Ziel." So steht es im 4. Finanzmarktstabilitätsbericht der Oesterreichischen Nationalbank. Das flaue Geschäft der Wiener Börse und der Versicherer soll also mit kräftiger Hilfe des Staates angekurbelt werden. Und damit die Fondsmanager der neuen Altersvorsorgeprodukte nicht erst recht wieder auf rührigere Börsenplätze zurückgreifen, wurde auf Nummer sicher gegangen: Der 40-prozentige Aktienanteil muss an EU-Börsen notieren, deren Marktkapitalisierung unter 30 Prozent des jeweiligen Bruttoinlandsprodukts liegt. Diese Bedingungen erfüllt derzeit nur die Wiener Börse und bald schon die meisten Börsen der EU-Erweiterungsländer.

Kritik an der Beschränkung auf Österreich

Kein Geringerer als Nationalbank-Chef Klaus Liebscher und seine Notenbanker haben diese zwangsverordnete Konzentration auf den österreichischen Markt kritisiert: Die staatliche Pension hänge völlig von der heimischen Konjunktur ab; daher sollte bei der privaten Vorsorge das Risiko nicht erneut auf den engen Finanzmarkt beschränkt werden. Wegen der niedrigen Liquidität der Wiener Börse seien außerdem erhöhte Kursschwankungen nicht auszuschließen.

International breit streuen

Der indirekte Rat der Notenbanker: Wer privat vorsorgt, sollte sein Risiko international breit streuen. Und Nationalbank-Gouverneur Liebscher hängt der quasi staatlich verordneten privaten Vorsorge gleich noch ein großes Warnschild um: Die Zukunftsvorsorge neu sei kein Spiel, das immer nur Gewinne kenne. Die vergangenen drei Jahre haben das mehr als deutlich gezeigt: Durch die Kursverluste auf den Aktienmärkten erlitten die privaten Haushalte nach Berechnungen der Nationalbank "Bewertungsverluste" von rund 7 Milliarden Euro. Es ist also gar nicht so fix, dass die Zukunftsvorsorge neu das Kraut in der Pension wirklich fett machen wird.

Unwiederbringliche Gelegenheit? Keinesfalls

Keinesfalls ist dieses Produkt eine unwiederbringliche Gelegenheit, die man nicht verpassen darf. Eile ist also nicht nötig. Wenn Sie die Prämie für dieses Jahr noch lukrieren wollen, reicht ein Vertragsabschluss im Dezember. Und: Die Einzahlungen sollten leistbar sein. Es nützt nichts, viel Geld in die Vorsorge zu stecken, das dann zum Lebensunterhalt fehlt.

Kompetent mit Konsument

  • Prämie ist nicht gleich Rendite. Ohne Wertsteigerungen liegt die Rendite bei zehnjähriger Laufzeit nur bei 1,6 Prozent pro Jahr.
  • Flexible Produkte bevorzugen. Am besten zehn Jahre mit kostenloser Verlängerungsoption inklusive Kapitalgarantie und flexibler Einzahlungsmöglichkeit.
  • Zusatzleistungen bei Versicherungen beachten. Müssen zusätzlich bezahlt werden. Prüfen, ob Sie Versicherungsschutz überhaupt brauchen. Doppelversicherung, etwa bei vorhandenem Ablebensschutz, vermeiden.
  • Nichts überstürzen. Keine bestehenden Lebensversicherungen, Bausparverträge etc. zu Gunsten der neuen Vorsorge auflösen – das kostet nur und bringt nichts.

Flexibilität Laufzeit (bei aufrechter Kapitalgarantie):

+ = 10-Jahres-Verträge mit Verlängerungsoption um weniger als 10 Jahre

o = 10-Jahres-Verträge mit Verlängerungsoption um weitere 10 Jahre

– = Laufzeiten länger als 10 Jahre bzw. bis zum Pensionsantrittsalter, keine kostenlose Verlängerungsoption

Flexibilität Einzahlung (unter Berücksichtigung der Mindestzahlungen):

+ = volle Flexibilität: Änderungen monatlicher Einzahlungshöhe ohne Aufwand und Kosten, jährliche Einmal-Zuzahlung ebenfalls kostenlos möglich

– = eingeschränkte Flexibilität: Änderungen nur einmal jährlich, nur am Ende eines Versicherungsjahres, Prämienfreistellung nur eingeschränkt möglich etc.

Kostentransparenz:

+ = Basiskosten des Produkts wurden bekannt gegeben

o = Kostenelemente nur teilweise bekannt gegeben

– = keine Angaben

Kapitalgarantie bei nicht widmungsgemäßer Verwendung:

+ = ja

– = nein

Die Bewertung enthält keine Aussage über die zu erwartende Rendite.

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