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Behandlungsmethode - Operieren oder nicht?

Patienten mit Schmerzen wollen Linderung, und zwar möglichst schnell. In manchen Fällen kann es jedoch sinnvoll sein, erst abzuwarten und konservative Behandlungen zu ­probieren, bevor man sich auf den Operationstisch legt.

Der Fall. Stefan K. ist begeisterter Leichtathlet. Beim Training verdreht er sein rechtes Knie so stark, dass sein vorderes Kreuzband reißt und der Meniskus verletzt wird. In der Ambulanz des nächstgelegenen öffentlichen Krankenhauses fühlt er sich sehr unfreundlich behandelt und mit einer Überweisung zu einer Magnetresonanz-Untersuchung abgefertigt. Drei Wochen später kommt er mit den Befunden, die den Kreuzbandriss bestätigen, wieder in die Ambulanz.

Zweitmeinung bei Wahlarzt eingeholt

Der Arzt empfiehlt ihm, noch zwei bis drei Monate abzuwarten und die Muskulatur des Kniegelenks mithilfe von Physiotherapie zu stärken. Erst dann könne man beurteilen, ob eine Opera­tion notwendig und sinnvoll sei oder nicht. Stefan K. hat noch immer starke Schmerzen und möchte bald wieder mit dem Training beginnen. Deshalb holt er bei einem Wahl­arzt eine zweite Meinung ein. Dieser empfiehlt ihm eine sofortige Operation. Dem ­Patienten entstehen durch den privat durchgeführten Eingriff­ Kosten in Höhe von rund 7.000 Euro. Diese möchte er vom Krankenhaus, das ihm von der OP abgeraten hat, ­zurückfordern.

Konservative Behandlung

Intervention und Ergebnis. Herr K. wendet sich an die Niederösterreichische Patienten­anwaltschaft, die ein ärztliches Gutachten erstellen lässt. Dieses kommt zu dem Schluss, dass die Empfehlung der Spitals­ambulanz, das Knie zuerst konservativ zu behandeln, richtig war. Die medizinische Leitlinie für einen isolierten Kreuz­bandriss mit teilweiser Beschädigung des Meniskus sieht in einem ersten Schritt eine konservative physiotherapeutische Behandlung zur Stärkung der Kniemuskulatur vor. Eine ­Operation ist nur dann angezeigt und damit fachlich notwendig, wenn der Patient nach drei Monaten noch immer unter starken Schmerzen leidet und eine dauerhafte Instabilität des Knies droht. Der Gutachter kritisiert, dass der Wahlarzt zu einer sofortigen Operation geraten hat, ohne den Patienten über die Therapiealternativen aufzuklären.

Operation nicht immer beste Behandlung

Fazit. Aus Sicht des Patientenanwaltes zeigt dieser Fall, dass eine Operation nicht immer die beste Behandlung sein muss. Patienten sollten vom behandelnden Arzt darauf ­hingewiesen werden. Jeder medizinischen Behandlung sollte grundsätzlich eine um­fassende und verständliche Aufklärung über sämtliche therapeutischen Möglichkeiten mit allen Vor- und Nachteilen vorangehen. Die Patienten sollten von den Ärzten so be­raten werden, dass sie in der Lage sind, eine fachlich fundierte eigenständige Entscheidung treffen zu können. Sie sollten nicht außer acht lassen, dass private Zuzahlungen die ärztliche Empfehlung beeinflussen könnten. Finanzielle Anreize wirken sich nicht ­immer positiv für die bestmögliche Versorgung der Patienten aus.

VKI-Kooperation mit der Patientenanwaltschaft Niederösterreich

In dieser Rubrik berichten wir über Fälle, mit denen österreichische Patientenanwältinnen und -anwälte befasst sind. Die Niederösterreichische Patienten- und Pflegeanwaltschaft weist darauf hin, dass eine konservative Behandlungsmethode einer möglichen Operation in bestimmten Fällen vorzuziehen ist. Wer für eine Zweitmeinung eine privatärztliche Ordination aufsucht und sich vorschnell für eine Operation entscheidet, muss die Kosten dafür selbst tragen. Die behandelnden Ärzte müssen den Patienten über die therapeutischen Möglichkeiten sowie die Kosten des Eingriffs informieren. 

 

Niederösterreich

NÖ Patienten- und Pflegeanwaltschaft

Rennbahnstraße 29, Tor zum Landhaus, 3109 St. Pölten

Tel. 02742 9005-15575

Fax 02742 9005-15660

E-Mail: post.ppa@noel.gv.at

Patientenanwalt Niederösterreich




 

 

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