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Darmspiegelung - Aufklärungsbedarf

Patientenanwaltschaft: Bei einer Darmspiegelung im Rahmen der Vorsorgeuntersuchung kommt es zu erheblichen Komplikationen mit dauerhaften Folgeschäden. In der Zustimmungserklärung wurde auf mögliche Gefahren hingewiesen. Für eine Abschätzung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses ist das jedoch zu wenig.

Der Fall: Bei einer 78-jährigen Patientin wurde in einem Krankenhaus im Rahmen der Vorsorgeuntersuchung eine Darmspiegelung (Koloskopie) vorgenommen. Dabei kam es zur Verletzung der Darmwand (Darmperforation). Diese wurde sofort erkannt: Die Untersuchung wurde unterbrochen, ­dennoch musste die Patientin notoperiert werden. Es folgte ein zwölftägiger Krankenhausaufenthalt. Anschließend wurde die ­Patientin zur Nachversorgung in ein anderes Krankenhaus verlegt.

Beschwerden und Schmerzen im Bauch

Seit dem Eingriff leidet die Patientin unter Beschwerden und Schmerzen im Bauchbereich. Hinzu kommen erhebliche finanzielle Nach­teile. Vor der Koloskopie konnte sie ihren Alltag ohne fremde Hilfe bewältigen, das ist nun nicht mehr möglich. Neben den Selbstkosten für die Krankenhausaufenthalte muss die ­Patientin auch die Kosten für eine notwendig gewordene Haushaltshilfe tragen.

Intervention: Die Patientin wendet sich an die Tiroler Patientenvertretung. Sie bemängelt, vor der Koloskopie nicht ausreichend über die – insbesondere bei Frauen in fort­geschrittenem Alter – möglichen Risiken des Eingriffs informiert worden zu sein.

Informiert Spital ausreichend über mögliche Komplikationen?

Die Krankenanstalt weist diesen Vorwurf zurück und legt eine Ablichtung des von der Patientin vor dem Eingriff unterfertigten Aufklärungs- und Zustimmungsbogens vor. Da die Haftung außergerichtlich nicht eindeutig geklärt werden kann, stellt die Patientin einen Antrag an den Tiroler Patientenentschädigungsfonds.

Ergebnis: Der Klientin wird aufgrund der schweren Komplikationen ein Betrag von rund 7.000 Euro zugesprochen.

Risiko einer Darmperforation

Fazit: Das Risiko einer Darmperforation wurde vom Spital als eine koloskopie­bedingte "Standard-Komplikation“ mit geringer Wahrscheinlichkeit dargestellt. Der­artige Komplikationen treten jedoch nicht selten auf. Allein der Tiroler Patientenver­tretung wurden seit dem Jahr 2009 fünf ­Beschwerdefälle betreffend koloskopie­bedingte Komplikationen vorgetragen. Alle fünf Beschwerdeführer hatten sich ohne ­konkreten Verdacht im Rahmen der Vorsorgeuntersuchung einer solchen Darmspiegelung unterzogen.

Detailliert über Risiken und Nutzen informieren

Auch wenn die Tiroler ­Patientenvertretung den Sinn der Koloskopie als Vorsorgeuntersuchung nicht in Zweifel ziehen will, erscheint es aus ihrer Sicht doch unabdingbar, dass die Patienten vor dem Eingriff vom Arzt detailliert über Risiken und Nutzen informiert werden. Im Besonderen erscheint es zur Abwägung möglicher eingriffsbedingter Risiken wichtig, dass auch darüber aufgeklärt wird, welche Erkran­kun­gen sich beispielsweise mithilfe einer präventiven Koloskopie diagnostizieren lassen, welche Therapiemöglichkeiten bestehen und welche Heilungschancen zu erwarten sind.

Darmspiegelung: Krankenhäuser müssen bei der Koloskopie gut über Risiken aufklären (Grafik/Montage: erwin Haberl) 

VKI-Kooperation mit Patientenanwaltschaft Tirol

In unserer Rubrik "Patientenanwaltschaft" berichten wir über Fälle, mit denen österreichische Patientenanwältinnen und -anwälte befasst sind.

Die Tiroler Patientenvertretung setzt sich dafür ein, dass Patientinnen und Patienten besser über Nutzen und Risiken von Eingriffen im Spital aufgeklärt werden.

 

Tiroler Patientenvertretung
Meraner Straße 5,
6020 Innsbruck,
Tel. 0512 508-7702,
Fax 0512 508-7705
E-Mail: patientenvertretung@tirol.gv.at  
www.tirol.gv.at/patientenvertretung

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Aus dem Inhalt

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  • Welche Behandlung steht mir zu?
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