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Medikamente: Mittel bei Osteoporose - Beinhart

  • Bei Osteoporose Kalzium und Vitamin D
  • Das Ende einer Ära: Hormone
  • Neue Mittel viel versprechend

Knochen – Sinnbild der Stabilität

Knochen – Sinnbild der Stabilität. Doch im Alter kann dieses Gerüst des Körpers brüchig werden. Von Osteoporose spricht man, wenn die Knochenmasse so abgenommen hat, dass Knochen schon aus nichtigem Anlass brechen.

Es gibt zwei Osteoporosetypen, die aber nahezu gleich behandelt werden. Der eine Typ betrifft vornehmlich Frauen nach den Wechseljahren. Da das Hormon Östrogen die Aktivität der Knochen abbauenden Zellen bremst, verlieren die Knochen bei verringerter Hormonproduktion an Dichte. Hierdurch können vor allem Rückenwirbel in sich zusammensinken.

Baumaterial der Knochen

Bei Osteoporose nach dem 70. Lebensjahr steht meist eine Unterversorgung mit Kalzium und Vitamin D im Vordergrund. Kalzium ist das Baumaterial der Knochen, und Vitamin D ist notwendig, um Kalzium in die Knochen einzulagern. In der Folge gibt es vor allem Oberschenkelhalsbrüche. Diese Osteoporoseart findet sich zunehmend auch bei Männern.

Verloren gegangene Knochenmasse wieder aufzubauen, ist nicht leicht. Darum ist das erste Ziel der Medikamenteneinnahme, Knochenbrüchen vorzubeugen. Von Behandlung spricht man, wenn nach dem ersten Bruch weitere, vor allem Brüche des Oberschenkelhalses, verhindert werden sollen.

Kalzium plus Vitamin D

Eine ausreichende Versorgung mit Kalzium und Vitamin D ist die Basis jeder Art von Osteoporosebehandlung. Frauen nach den Wechseljahren sind mit täglich 1200 Milligramm Kalzium und 400 IE Vitamin D auf der sicheren Seite. Können sie das mit ihrem Lebensstil nicht sicherstellen, sind Medikamente mit diesen Substanzen angebracht.

Im Kommen: Bisphosphonate

Zu dieser Klasse gehören Alendronsäure, Etidronsäure und Risedronsäure. Sie hemmen die Tätigkeit der Knochen abbauenden Zellen; so wird der Verlust an Knochenmasse gestoppt und sogar neue aufgebaut. Für Frauen mit nachgewiesenem Osteoporoserisiko und verringerter Knochendichte ist Risedronsäure zur Vorbeugung und Behandlung geeignet. Bei Alendronsäure ist die therapeutische Wirksamkeit nur für die Behandlung nachgewiesen.

Wichtig ist, die Einnahmevorschriften exakt einzuhalten: morgens mit einem großen Glas Leitungswasser einnehmen, anschließend nichts essen, nichts trinken, nicht hinlegen; am besten erst zwei Stunden später frühstücken. Der Grund: Die Mittel können die Schleimhaut der Speiseröhre schädigen, wenn sie direkt auf sie einwirken, und Nahrung kann die Wirkung vermindern.

Noch unsicher: Raloxifen

Diese Substanz wirkt ähnlich wie Östrogen, jedoch nur an speziellen Stellen. An den Knochen entfaltet sie stabilisierende Effekte, Brust und Gebärmutter reagieren aber anscheinend nicht auf sie. Klinische Studien haben gezeigt, dass Raloxifen die Zahl der Wirbelbrüche verringern kann; ob es auch die besonders für ältere Frauen gefährlichen Oberschenkelhalsbrüche beeinflusst, ist hingegen nicht sicher. Deutlich wurde dafür, dass bei Einnahme von Raloxifen mehr Thromboembolien auftreten als bei einem Scheinmedikament. Da das Medikament noch relativ neu ist, ist über seine Langzeitwirkungen erst wenig bekannt. Die Bewertung lautet daher „Mit Einschränkung geeignet“.

Abgestürzt: Hormone

Die Frauen lange Zeit gegebene Empfehlung, ab den Wechseljahren Hormone einzunehmen, um ihre Knochen stabil zu halten, musste gründlich revidiert werden. Hormone sind bei Osteoporose zwar unzweifelhaft wirksam. Um den Effekt zu erhalten, müssen sie aber viele Jahre lang in relativ hoher Dosierung angewendet werden. Das ist jedoch mit deutlichen Risiken verbunden: Wird Östrogen allein eingesetzt, steigt das Risiko für Schlaganfälle, wird es mit Gestagen kombiniert, steigt das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Brustkrebs. Sowohl zur Vorbeugung als auch zur Behandlung von Osteoporose gelten Hormone darum als wenig geeignet. Eine Hormonbehandlung bei Osteoporose wird allenfalls noch für jene Frauen für vertretbar gehalten, deren Risiko hoch ist und für die andere Mittel, die als geeignet eingestuft werden, nicht infrage kommen.

Bei Knochenschmerzen: Calcitonin

Calcitonin ist an der Steuerung des Kalziumhaushalts beteiligt. Das Hormon muss gespritzt oder als Nasenspray verabreicht werden, da es im Magen-Darm-Trakt zerstört wird. Calcitonin sorgt dafür, dass die Knochen keine Substanz mehr abgeben, sondern im Gegenteil mehr Kalzium einbauen. Mit dem Hormon lassen sich Schmerzen aufgrund von Wirbelbrüchen bessern. Ob der kurzzeitige Stopp des Verlusts an Kno-chenmasse aber dazu führt, dass die Knochen auf lange Sicht stabiler werden und weniger Brüche auftreten, ist unklar.

Die Studienergebnisse dazu sind ganz uneinheitlich. Zudem kann sich bei der Anwendung von Calcitonin eine allergische Reaktion mit heftigem Juckreiz am ganzen Körper einstellen. Aufgrund dieser Fakten wird Calcitonin bei Osteoporose als eingeschränkt geeignet angesehen.

Fluorid für Große?

Fluorid für die Zähne der Kleinen ist gang und gäbe. Bei Älteren nimmt dadurch die Knochendichte zu. Wenn es niedrig dosiert wird, treten Wirbelbrüche seltener auf. Ob das auch für Hüft- und Oberschenkelbrüche gilt, ist nicht gesichert. Wird Fluorid aber länger oder in einer Dosierung von mehr als 50 Milligramm am Tag angewandt, kann die Knochenstruktur unregelmäßig werden. Dann werden die Knochen zwar dichter, sind aber dennoch nicht tragfähiger und immer noch bruchgefährdet.

Ein Präparat für Osteoporose, das nur Fluorid enthält, gibt es in Österreich nicht. Erhältlich ist eine Kombination aus Natriumfluorid und Ascorbinsäure (Vitamin C). Die wird jedoch als nicht sinnvoll und damit wenig geeignet angesehen, denn Vitamin C ist bei Osteoporose therapeutisch nicht wirksam.

Tipps: Fitness und Training

So oft wie möglich körperliche Aktivität : Gehen, Radfahren, Schilanglaufen, Tanzen, Gymnastik, ein speziell zusammengestelltes Fitnesstraining. Am effektivsten sind Laufen und Springen, z.B. auf dem Trampolin.

Kalziumreiche Ernährung : Milch, Käse, grüne Gemüse.

Betätigung an der frischen Luft . Durch Tageslicht bildet sich in der Haut Vitamin D.

Gleichgewichtstraining durch Yogaübungen oder beim Physiotherapeuten.

Sturztraining bei Physiotherapeuten oder Judo-sportlern.

Hüftschutz . Ihn zu tragen verringert nachweislich das Risiko, sich bei einem Sturz die Hüfte oder den Oberschenkelhals zu brechen.

Östrogen + Gestagen

Östrogenanwendung nach den Wechseljahren bedeutet immer eine Behandlung mit beiden Geschlechtshormonen: Östrogen und Gestagen – es sei denn, die Frau hätte keine Gebärmutter mehr. Durch Östrogen vermehren sich die Zellen in der Gebärmutterschleimhaut. Sie müssen regelmäßig abgestoßen werden, um zu verhindern, dass veränderte Zellen zu einem Krebs heranwachsen. Wenn der Körper die Blutungen nicht mehr selbst herbeiführt, müssen sie mit Medikamenten, die Gestagen enthalten, ausgelöst werden.

Manche Produkte enthalten beide Hormone in gleich bleibender Menge in allen Tabletten, bei anderen wird in Phase I nur Östrogen verabreicht, in Phase II dann Östrogen und ein Gestagen.

Präparat vermisst?

Das lässt sich erklären. Basis dieses Artikels ist ein Kapitel im „Handbuch Medikamente“ der Stiftung Warentest, Berlin. Für dieses haben Fachleute die in Deutschland zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen am häufigsten verordneten Arzneimittel begutachtet. Bewertet wurde ihre Eignung für die Anwendungsgebiete, für die die Präparate zugelassen sind, hier also zur Vorbeugung und Behandlung von Osteoporose.

Unsere Tabelle listet die Präparate auf, die den in Deutschland bewerteten bezüglich Inhaltstoffen und Anwendungsgebieten gleich sind. Nur dann konnten wir die Bewertung übernehmen. Wenn Sie „Ihr“ Mittel vermissen, kann das folgende Gründe haben:

  • Es ist anders zusammengesetzt. Bei Cyclacur® z.B. ist Estradiol mit Norgestrel kombiniert, einem Gestagen, die es in den Präparaten der deutschen Marktauswahl nicht gibt.
  • Es ist zu gering dosiert. Cycloderm 25® beispielsweise gibt am Tag 25 µg Estradiol ab. Das genügt bei Wechselbeschwerden, nicht aber bei Osteoporose.
  • Es ist für andere Anwendungen zugelassen.
  • In Österreich u. a. ebenfalls zugelassen: Didronel 400 mg (Etidronat), Liviel (Tibolon 2,5 mg) und Forsteo (Teriparatid).

Hinweise zur Bewertung

Es gibt vier Stufen der Bewertung, wobei sich die Aussage über die Eignung ausschließlich auf die angeführten Anwendungsgebiete bezieht.

Geeignet sind Mittel, deren therapeutische Wirksamkeit ausreichend nachgewiesen ist, bei denen die Nutzen-Risiko-Abwägung positiv ausfällt und die gut erprobt sind. Der therapeutische Nutzen dieser Mittel ist hoch, sie gehören zu den Standardtherapeutika. „Geeignet“ sind auch Kombinationsmittel, deren Wirkstoffe sich sinnvoll ergänzen.

Auch geeignet sind Mittel, deren therapeutische Wirksamkeit ebenfalls nachgewiesen ist, die aber noch nicht so lange erprobt sind wie die als „geeignet“ bewerteten. In diese Kategorie fallen vor allem neue oder weniger gut untersuchte Wirkstoffe.

Mit Einschränkung geeignet sind Mittel, die zwar therapeutisch wirksam sind, aber im Vergleich zu Standardtherapeutika ein höheres oder nicht gut einschätzbares Risiko bergen. Diese Bewertung gilt auch für Mittel, bei denen noch weitere Studien erforderlich sind, um ihre therapeutische Wirksamkeit ausreichend nachzuweisen.

Wenig geeignet sind Mittel, deren therapeutische Wirksamkeit nicht ausreichend belegt ist, die nicht ausreichend dosiert sind und deren therapeutische Wirksamkeit im Verhältnis zu den Risiken zu gering ist, sodass die wahrscheinlichen Risiken mehr Gewicht haben als der mögliche Nutzen. „Wenig geeignet“ sind darüber hinaus Mittel mit mehr als einem Wirkstoff, wenn sich die Wirkstoffe nicht sinnvoll ergänzen oder keinen oder keinen zusätzlichen therapeutischen Nutzen aufweisen.

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