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Ölziehen - Zahngesundheit

Fördert Ölziehen die Zahngesundheit?

Wir sagen: Für eine derartige Wirkung gibt es keine aussagekräftigen Hinweise.

KONSUMENT Faktencheck-Medizin: Beweislage unzureichend


Ölziehen soll Bakterien töten und Gifte entziehen

Ölziehen oder Ölkauen nennt sich eine aus der ayurvedischen Heilkunde stammende Methode, bei der morgens ein Esslöffel Pflanzenöl für zehn bis zwanzig Minuten im Mund bewegt wird. Die Prozedur soll nicht nur die Zahngesundheit fördern, sondern auch bei Kopfschmerzen, Hautproblemen, Rheuma und Arthrose Abhilfe schaffen sowie Blasen- und Nierenleiden bessern. Erreicht werden soll dies dadurch, dass dem Körper über die Mundspülung mit Sesam-, Oliven-, Kokos- oder Sonnenblumenöl schädliche Bakterien und Gifte entzogen werden. Am Ende wird das Öl einfach ausgespuckt.

Studie 1: Ölziehen oder antibakterielle Mundspülung

Ein indisches Forscherteam hat in drei kleinen Studien die Wirkung des Ölziehen mit der einer antibakteriellen Mundspülung verglichen. Jeweils 10 Jugendliche mussten jeden Morgen über 10 bis 14 Tage lang ihren Mund mit Sesamöl oder Chlorhexidin-Lösung spülen. Zusätzlich durften sie sich einmal täglich auf herkömmliche Weise die Zähne putzen. Die Wissenschaftler fanden in den Zahnbelägen der mit Chlorhexidin spülenden Teilnehmer weniger kariesverursachende Streptococcus-mutans-Bakterien als bei der Ölzieh-Gruppe.

Beide Methoden ähnlich gut

Beide Behandlungen schienen jedoch Zahnfleischentzündungen ähnlich gut oder unzureichend lindern zu können. Ebenfalls keine Unterschiede fanden die Forscher, als sie die Zahnbeläge bei den beiden Gruppen verglichen. Gleiches gilt für die Stärke des Mundgeruchs. Diese wurde vom Versuchsleiter sowie von den Studienteilnehmern selbst eingeschätzt.

Ergebnisse nur bedingt vertrauenswürdig

Die Ergebnisse der Studien sind jedoch nur bedingt vertrauenswürdig, da sie allesamt grobe Mängel aufweisen. So machen die Wissenschaftler keine Angaben zur Zahngesundheit der Teilnehmer oder dazu, wie oft sich diese die Zähne putzten. Unklar bleibt deshalb, ob die Ölzieh-Gruppe nur deshalb vergleichsweise gut abschnitt, weil die Probanden ihre Zähne gründlicher geputzt hatten. Auch der Zeitpunkt der Probenabnahme ist mit "ein bis zwei Stunden nach dem Zähneputzen oder Essen" sehr unpräzise angegeben. Im Zeitraum einer Stunde kann sich jedoch die Anzahl der Bakterien im Mund insbesondere nach einer Mahlzeit sprunghaft erhöhen. Zudem hätten die Forscher die Probanden der Ölzieh-Gruppe mit Studienteilnehmern vergleichen müssen, die ihren Mund mit einer unwirksamen Placebo-Flüssigkeit spülten.

Studie 2: Sesamöl und kariesverursachende Bakterien

In einer weiteren Studie wurde die Wirkung von Sesamöl auf kariesverursachende Bakterien untersucht. Hier hatten es die Forscher ebenfalls verabsäumt, die Ergebnisse mit denen einer Kontrollgruppe zu vergleichen. Somit lässt sich nicht sagen, ob dieselbe Wirkung auch ohne Ölziehen zustande gekommen wäre. Zudem ist diese Fragestellung lediglich an 10 Personen untersucht worden. Dies ist eine viel zu geringe Anzahl, um ein aussagekräftiges Resultat erhalten zu können.

Studie 3: Ölziehen bei Zahnfleischentzündungen

Ähnliches gilt für eine weitere Studie zur möglichen Wirksamkeit des Ölziehens bei Zahnfleischentzündungen. Die Frage, ob die ölige Mundspülkur auch bei Kopfschmerzen, Hautproblemen, Rheuma, Arthrose oder Blasen- und Nierenleiden helfen kann, muss gänzlich unbeantwortet bleiben, denn sie wurde bislang nicht wissenschaftlich untersucht. Aussagen dazu sind also reine Mutmaßung.

 

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