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Produkte gegen Elektrosmog - Schutz und Schirm

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Die Diskussion über Elektrosmog ruft zahlreiche Trittbrettfahrer auf den Plan, die Produkte zum Schutz vor Handystrahlen auf den Markt bringen. Vieles erscheint fragwürdig, es gibt aber auch wirksame Abschirm-Methoden.

Dem Erfindungsreichtum scheinen keine Grenzen gesetzt, wenn es um Produkte geht, die angeblich vor Handystrahlen schützen sollen. So wird in der einschlägigen Literatur immer wieder auf die Bedeutung der Homöostase verwiesen. Darunter versteht man das Gleichgewicht der physiologischen Körperfunktionen: Bestimmte Einflussfaktoren sorgen dafür, dass das Verhältnis von Blutdruck, Körpertemperatur, pH-Wert des Blutes oder eben körpereigenen elektromagnetischen Schwingungen in stabilem Zustand gehalten wird. Es wird behauptet, dass ein Mobiltelefon auf die Homöostase eines Menschen großen Einfluss haben kann, durch das Handy komme es zu starken Abweichungen vom Idealzustand.

Gibt’s auch gute Strahlen?

Viele Produkte gegen Handystrahlen wollen diesem Phänomen entgegenwirken: Metallfolien oder -plättchen, die im Handy eingeklebt oder eingelegt werden, beispielsweise der „ElectroSMOGSTOP-Chip“ oder die „Energiescheibe ERAYSER“. Als schmales Kästchen (zum Einstecken) präsentiert sich der „Raymaster SP1“. Die behauptete Wirkung ist stets ähnlich: Gesundheitsschädigende Schwingungsanteile werden angeblich neutralisiert (Raymaster). Dabei würden jedoch die elektromagnetischen Felder nicht verändert. Aber „der Körper kann besser mit ihnen umgehen“ (Erayser).

Das hat zwei (für die Anbieter) angenehme Begleiterscheinungen: Die Funktion des Handys wird nicht gestört, und ob das Anti-Elektrosmog-Gerät funktioniert, lässt sich nicht überprüfen, da man die Wirkung mit anerkannten Messmethoden nicht feststellen kann. Sie kann man nur mit alternativ-medizinischen Systemen erfassen (Bio-Resonanz, Kinesiologie), die unter dem Verdacht stehen, pseudowissenschaftlich und suggestiv zu agieren.

Am Beispiel SMOGSTOP-Chip

Das Institut für Krebsforschung an der Universität Wien hat einen solchen Messbericht einer Überprüfung nach wissenschaftlichen Kriterien unterzogen. Untersuchungsgegenstand bildete der ElectroSMOGSTOP-Chip. Dessen positive Wirkung auf die Homöostase wird durch eine Untersuchung des Instituts für Biosensorik und Bioenergetische Umweltforschung (IBBU) in Lieboch/ Steiermark bestätigt. Mithilfe eines Messgerätes wurde die Veränderung der Hauteigenschaften ermittelt. Doch, wie Prof. Wilhelm Mosgöller vom Institut für Krebsforschung in seiner Stellungnahme anmerkt, enthalte der Messbericht keine Angaben zur Messeinheit. „Sie sind somit in ihrer Bedeutung undefiniert und jeder objektiven Überprüfung entzogen.“ Weiters sei der Bericht in sich widersprüchlich, Messergebnisse, die auf eine Wirkungslosigkeit des Gabriel-Chips schließen lassen, würden übergangen. „Die Schlussfolgerungen des Messberichtes sind aus den präsentierten Zahlen nicht nachvollziehbar.“

Die Heilkraft des Rosenquarzes

Andere Anbieter vertrauen der Heilkraft von Steinen. Der rötlich gefärbte Rosenquarz gilt unter Kennern infolge seiner Kristallstruktur als besonders wirksam, er ist Symbol für Liebe, Freundschaft und Wohlbefinden. Einen großen Bekanntheitsgrad, vor allem unter Kindern, genießt der „Gnoomy“. Ein kleiner Rosenquarz steckt in einer Kunststoffhülle in Form eines Gnoms. Laut Herstellerangaben wurde der Stein mithilfe des IQ-Verfahrens in einen Energiezustand versetzt, der auf die Frequenz des Elektrosmogs abgestimmt ist und ihn neutralisiert. Auch diese Wirkung ist nicht nachweisbar. Experten fragen sich, wie ein nicht leitender Stein elektromagnetische Felder umwandeln und speichern kann. In einem von der deutschen Zeitschrift Computer-Bild durchgeführten Test konnte jedenfalls kein nennenswerter Effekt festgestellt werden.

Das Thema glatt verfehlt

Mehrere Produkte bieten einen speziellen Schutz für das Ohr an. Dabei wird argumentiert, die schädlichen Strahlen könnten hier fast direkt, ohne Schutz durch den Schädelknochen, über den Gehörgang das Gehirn erreichen. Ein aktuelles Beispiel ist der in privaten TV-Sendern häufig beworbene Wave Shield. Dabei handelt es sich um ein engmaschiges Sieb, das auf der Höreröffnung des Mobiltelefons befestigt wird. Nach Herstellerangaben schirmt es bis zu 97 Prozent der auf das Innenohr einwirkenden Hörerstrahlung ab. Um die geht es jedoch eigentlich gar nicht. Spricht man von Handystrahlung, meint man damit die elektromagnetischen Hochfrequenzfelder, die von der Antenne ausgehen. Auch magnetische Gleichfelder stehen zwar im Verdacht, gesundheitsschädliche Auswirkungen zu haben, doch stellt der Handy-Hörer bei weitem nicht die größte Gefahrenquelle dar. Zuvor müssten wohl die Lautsprecher von Hifi-Anlage oder TV-Gerät abgeschirmt werden. Mit dem Schutz vor dem Magnetfeld eines Mini-Lautsprechers haben Wave Shield & Co das Thema Abwehr von Handystrahlen glatt verfehlt.

Konventionelle Abschirmung

Es gibt aber auch Möglichkeiten, die eigentlichen Handy-strahlen durch bestimmte Maßnahmen abzuschirmen. So wird beispielsweise von der deutschen Firma PTR die Protector-Handytasche angeboten: Eine spezielle Lasche deckt die Antenne während des Telefonats ab und hält die Strahlung vom Kopf fern. Weiters gibt es Antennenabschirmungen, (halbseitige) Manschetten, die auf die Antenne aufgesetzt werden. Grundsätzlich ist die abschirmende Wirkung unbestritten, doch ob einzelne Produkte wirklich ihre Funktion erfüllen, hängt zunächst von deren Konstruktion ab und zum Zweiten von der Position während des Telefonierens. Denn wenn sich der nächste Sender auf der Seite befindet, auf der das Handy abgeschirmt ist, so kann dieses ja auch keine Signale empfangen. Folge: Entweder es gibt keinen Empfang oder das Handy fährt mit seiner Leistung so weit hinauf, bis es wieder Signale empfängt – und Strahlen trotz Abschirmung auch den Kopf treffen. Dem ist allerdings entgegenzuhalten, dass es sich sozusagen um ein worst-case-Szenario handelt, wo es nur einen Sender auf weiter Flur gibt. Im gut ausgebauten Netz wird es dazu wohl nicht kommen.

Reflektierende Textilien

Natürlich drängt sich da die Frage auf, warum eigentlich die Handy-Antenne abgeschirmt wird. Schließlich soll ja nicht sie, sondern der Kopf des Benützers geschützt werden. Eine Kopf-Abschirmung könnte optimalen Schutz gewähren, ohne die Sendeleistung zu beeinflussen. Schließlich funktioniere auch der berühmte Stealth-Bomber der US-Luftwaffe nach einem ähnlichen Prinzip, bringt Krebsforscher Mosgöller ein überzeugendes Beispiel. Der besondere Lackanstrich dieses Kampfflugzeuges sorgt dafür, dass Radarstrahlen zerstreut und nicht reflektiert werden, so dass es für die Radarüberwachung unsichtbar bleibt. Ebenso gibt es Textilien, die Strahlen reflektieren können: In deren Basismaterial (beispielsweise Baumwolle) wird ein Geflecht hauchdünner, versilberter Kupferdrähte eingearbeitet. Untersuchungen Mosgöllers zufolge werden 60 bis 90 Prozent der Strahlen auf diese Weise abgeschirmt.

Das Angebot am Markt ist rar

Konkrete Angebote für Konsumenten sind aber (im Gegensatz zu Militär und Wirtschaft) rar. Erst vor wenigen Wochen ist die Schweizer Firma Swiss Shield auf den heimischen Markt getreten: Sie bietet Vorhänge, Baldachine und Bettwäsche an, die eigenen Angaben zufolge 90 bis 99 Prozent der Strahlenbelastung reduzieren (Österreich-Vertretung: Franz Tüchler GmbH, Tel: [01] 400 10 16). Dieses Gewebe kann auch in Kleidungsstücke eingearbeitet werden, um vor Handystrahlen zu schützen – etwa in der Brusttasche eines Sakkos oder in einer Hosentasche. Der Kopf lässt sich durch entsprechend ausgerüstete Schirmkappen abschirmen, die im Internet angeboten werden (siehe Foto). Besser wären Kappen mit Ohrklappen oder Kopftücher, weil sie auch den unteren Kopfbereich abdecken. Das entspricht aber nicht dem herrschenden Modebewusstsein. Wie überhaupt die Zurückhaltung der (konventionellen) Industrie bei der Entwicklung von Abschirmprodukten auffällt. Mosgöller nennt eine plausible Begründung dafür: „Man will nicht in den Geruch von Esoterik oder Technikfeindlichkeit geraten. Das verträgt sich nicht mit der Spaßgesellschaft.“

Falsche Versprechungen. Immer wieder tauchen neue „Wundermittel“ gegen Elektrosmog auf dem Markt auf. In den meisten Fällen ist deren Wirkung nicht nachvollziehbar.

Placebo. Da Elektrostress auch psychische Ursachen haben kann, ist es durchaus möglich, dass Produkte ohne Wirkungsnachweis die Befindlichkeit Betroffener verbessern. Wem es wirklich hilft, der braucht sich durch den Wissenschaftsstreit nicht verunsichern zu
lassen.

Nachweisbar. Abschirmungen am Handy (Taschen, Antennen-Manschetten) können nachweisbar Schutz gewährleisten, jedenfalls in gut ausgebauten Netzen. Bekleidung, die vor Elektrosmog schützt, wird erst sehr zögerlich angeboten.

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