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Spital: Kostenvoranschlag - Verbindlich?

Wie verbindlich ist ein Kostenvoranschlag im Spital? - Eine Patientin ohne Zusatzversicherung lässt sich nach der Operation in einem Sonderklasse-Zimmer unterbringen. Der zuvor eingeholte Kostenvoranschlag wird massiv überschritten.

30 Prozent höhere Kosten

Unterbringung in einem Sonderklasse-Zimmer

Der Fall: Bei Patientin S. wird eine schwere, lebensbedrohliche Erkrankung diagnostiziert. Die behandelnden Ärzte erachten eine sofortige Behandlung und Operation für notwendig. Damit sie sich optimal erholen kann, überlegt S., ob eine Unterbringung in einem Sonderklasse-Zimmer vorteilhaft sein könnte. Sie verfügt über keine entsprechende Zusatzversicherung und erkundigt sich beim Krankenhausträger, welche privat zu tragenden Kosten auf sie zukommen. Sie erhält vom Spital einen schriftlichen Kostenvoranschlag, der sich auf insgesamt 11.000 Euro beläuft. Nach Abschluss der Behandlung wird ihr eine Rechnung in Höhe von 14.760 Euro zugestellt; das sind etwa 30 Prozent mehr als ursprünglich ausgewiesen.

Warnpflicht bei Überschreitung

Intervention: Die Patientenanwaltschaft Vorarlberg übernimmt die Vertretung der Patientin und argumentiert gegenüber dem Krankenhausträger, dass es sich bei den angegebenen Kosten von 11.000 Euro rechtlich gesehen um einen Kostenvoranschlag handle. Daraus ergebe sich, dass zwingend vorgesehene Rechtsfolgen zur Anwendung kommen müssten, etwa eine Warnpflicht, wenn sich eine Kostenüberschreitung in größerem Ausmaß (mehr als 15 Prozent) abzeichne. Werde die Warnung unterlassen, dürfe das Spital die Mehrkosten nicht geltend machen.

Ist es ein Konsumentengeschäft?

Der Krankenhausträger wendet ein, dass es nicht möglich sei, eine Kostenüberschreitung zeitgerecht zu erheben, und die Regelungen betreffend Kostenvoranschläge deshalb auf den Behandlungsvertrag nicht anzuwenden seien. Zudem stellt das Spital in Abrede, dass ein Konsumentengeschäft vorliege, demnach bestehe auch keine Warnpflicht bei Überschreitung des im Kostenvoranschlag angegebenen Rahmens.

Kosten höher als geplant: Warnpflicht

Spital erlässt einen Teil des Betrages

Ergebnis: Nach Austausch der gegenseitigen Standpunkte willigt der Krankenhausträger schließlich ein, der Patientin einen Großteil des über dem Kostenvoranschlag liegenden Betrages zu erlassen.

Warnpflicht bei mehr als 15% Überschreitung

Fazit: Für die Patientenanwaltschaft liegt ein rechtlich eindeutiger Sachverhalt vor. Ein Kostenvoranschlag für eine Behandlung im Spital bedingt demnach die Einhaltung der Warnpflicht bei deutlicher Überschreitung (mehr als 15 Prozent) des angegebenen Betrages. Die Bestimmungen des Kostenvoranschlages sind, auch wenn es sich um einen gemischten Vertragstyp handelt, genauso auf einen Behandlungsvertrag anzuwenden.

Kostenvoranschläge - wie verlässlich sind sie?

Für den Fall, dass sich die Kosten durch nicht vorhersehbare aufgetretene Komplikationen deutlich erhöhen, muss eine Neuabschätzung erfolgen. Voraussetzung dafür wäre, dass vonseiten der behandelnden Abteilung eine entsprechende Meldung an die Kostenstelle des Spitals ergeht. Ob dieses Verfahren sinnvoll und umsetzbar ist, müsste nach Ansicht der Patientenanwaltschaft Vorarlberg grundsätzlich diskutiert werden. Solange dies nicht der Fall sei, stelle sich die Frage, inwieweit derartige Kostenvoranschläge verlässlich seien und inwieweit Krankenanstalten überhaupt verbindliche Kostenvoranschläge abgeben sollten.

Unsere Kooperation mit der Patientenanwaltschaft

In unserer Rubrik "Patientenanwaltschaft" berichten wir über Fälle, mit denen österreichische Patientenanwältinnen und -anwälte konfrontiert werden.

Die Patientenanwaltschaft für das Land Vorarlberg hinterfragt u.a. die Verbindlichkeit von Kostenvoranschlägen bei Spitalsbehandlungen.

 

Patientenanwaltschaft für
das Land Vorarlberg
Marktplatz 8, 
6800 Feldkirch,
Tel. 05522 815 53,
Fax 05522 815 53-15
E-Mail: anwalt@patientenanwalt-vbg.at
www.patientenanwalt-vbg.at

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Aus dem Inhalt

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  • Welche Behandlung steht mir zu?
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  • Psychiatrie und Heimunterbringung
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