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Biologische Schädlingsbekämpfung - Marienkäfer statt Chemiekeule

, aktualisiert am

Ob Blumenfenster, Gewächshaus, Winter- oder Hausgarten – mit Nützlingen und umweltfreundlichen Spritzmitteln werden Sie zum „Bio“-Gärtner.

Alternative zur chemischen Keule

Pestizide in der Landwirtschaft sind ein heiß diskutiertes Thema. Doch während die Landwirte – nicht zuletzt aus wirtschaftlichen Gründen – die Spritzmittel zweckmäßig und richtig dosiert einsetzen, gilt im Privatbereich oft das Motto: „Lieber einmal öfter sprühen“, um Blattläusen und anderen Pflanzenschädlingen den Garaus zu machen. Kein Wunder, dass die ausgebrachte Pestizidmenge pro Quadratmeter in den Wohnungen und (Winter-) Gärten höher ist als draußen auf den Feldern.
Die Alternative zur chemischen Keule ist im Großen wie im Kleinen der biologische Pflanzenschutz, der Präventivmaßnahmen und gezielte Schädlingsbekämpfung umfasst.

Vielfalt schlägt Monokultur

Basis ist die richtige Sorten- und Standortwahl unter Berücksichtigung einer möglichst großen Vielfalt. So entwickeln sich die Pflanzen wunschgemäß, sind widerstandsfähiger gegen Krankheiten und Schädlinge und bieten Lebensraum für Nützlinge, die den Schädlingsbestand regulieren. Zusätzliche Anreize zur natürlichen Ansiedlung von Nützlingen wie Marienkäfern, Florfliegen oder Ohrwürmern können Sie mit im Gartenfachhandel erhältlichen Insekten-Nistblöcken oder mit kopfüber aufgehängten, mit Holzwolle gefüllten Blumentöpfen schaffen. Rosenstöcke im Schatten, die Anhäufung von Exoten sowie Monokulturen aus Rasen und Thujenhecke erfordern hingegen zwangsläufig den Einsatz von Chemie, weil das natürliche Gleichgewicht gestört ist.

Brennessel und Schachtelhalm besonders gut

Zur Unterstützung der pflanzlichen Abwehrkräfte können Sie mit Pflanzenjauche gießen. Besonders geeignet sind Brennnessel und Schachtelhalm, von denen Sie etwa ein Kilogramm auf 10 Liter Wasser geben und die Mischung 10 bis 14 Tage lang offen stehen lassen (bis die Jauche nicht mehr schäumt). Die fertige Jauche im Verhältnis
1:5 mit Wasser verdünnen und den Wurzelbereich gießen. Abgepacktes Brennnesselpulver und Schachtelhalmextrakt zum Anrühren gibt’s im Fachhandel.

Gelbtafeln und Schmierseife


Beleimte Gelbtafeln, die durch ihre Farbe oder mit Sexuallockstoffen fliegende Schadinsekten abfangen, sind eine zusätzliche vorbeugende Maßnahme. Abgesehen von der Kirschmadenfalle entfalten sie allerdings in erster Linie im Innenbereich ihre volle Wirksamkeit.
Eine Methode zur gänzlichen Abhaltung von Schädlingen gibt es nicht, denn die sitzen oft schon beim Pflanzenkauf unerkannt auf den Blättern oder in der Erde oder wandern aus der Nachbarschaft zu. Fallen sie sichtbar auf, ist das Problem meist schon massiv. Dann ist der erste Schritt, zu erkennen, um welchen Schädling es sich handelt und die am stärksten
befallenen Pflanzenteile zu entfernen. Im Zweifelsfall können Sie zur Bestimmung professionelle Hilfe in Anspruch nehmen (siehe Kasten „Die Spezialisten“).

Kaliseifen ohne bedenkliche Zusatzstoffe


Als zweite Maßnahme bewährt hat sich mit Wasser verdünnte Kaliseife (= Schmierseife; gegen Blattläuse und Thripse) beziehungsweise verdünntes Rapsöl oder Paraffinöl (gegen Schild- und Wollläuse). Schmierseife, Raps- und Paraffinöl sind in Drogerien erhältlich, in den Gartenfachmärkten werden vorgemischte Präparate angeboten.
Wissenswert ist in diesem Zusammenhang, dass die deutsche Firma Neudorff seit kurzem für ihre Kaliseifen- und Paraffinölpräparate das Österreichische Umweltzeichen verwenden darf, dessen Richtlinien vom VKI erarbeitet wurden ( www.umweltzeichen.at ). österr. Umweltzeichen Einer der Kernpunkte ist, dass die Produkte keine ökologisch und toxikologisch bedenklichen Wirk- und Zusatzstoffe enthalten dürfen und die – unvermeidbaren – negativen Auswirkungen auf Nützlinge in einem engen Rahmen bleiben müssen. Im Vergleich zu herkömmlichen Pflanzenschutzmitteln wirkt diese „sanfte Chemie“ also selektiv und hat deutlich geringere Nebenwirkungen.


Nützlinge vom Briefträger


Neudorff darf ab sofort auch Schneckenkorn (zur Schneckenbekämpfung siehe unseren Test in „Konsument“ 6/2001) mit dem Umweltzeichen versehen sowie zwei Arten von Nematoden, das sind Fadenwürmer, die man unter anderem gegen Dickmaulrüssler und Trauermücken einsetzen kann. Nematoden zählen zu den nützlichen Parasiten, die – wie beispielsweise auch die Larven von Florfliegen und Schlupfwespen – in den Körpern der Schädlinge heranreifen und diese von innen her aufzehren. Bei anderen Nützlingen, wie etwa den Marienkäfern, ernähren sich die ausgewachsenen Tiere von den Schädlingen. Nützlinge sind somit die dritte ergänzende Maßnahme gegen Schädlingsbefall.

Kleines Briefkuvert mit 5 Millionen Fadenwürmern


Mit der Zucht und dem Versand von Nützlingen befasst sich auch die in Wien ansässige Firma biohelp. Sie bietet als zusätzlichen Service die Schädlingsbestimmung an (siehe Kasten „Die Spezialisten“). Dort ist man auch um Aufklärung bemüht, denn viele Menschen schrecken davor zurück, ein Paket mit 5 Millionen Fadenwürmern oder 25 Schlupfwespen entgegenzunehmen. Zur Beruhigung: Das vermeintliche Paket stellt sich als Briefkuvert heraus, und Sie werden Schwierigkeiten haben, die Nützlinge überhaupt mit freiem Auge zu erkennen, weil ihre Körperlänge etwa einen Millimeter beträgt. Die Freisetzung der Tiere erfolgt laut beiliegender Anleitung, zum Beispiel, indem Sie ein Stück Karton mit den Nützlingen auf die Pflanze hängen oder die Nematoden mit der Gießkanne ausbringen. Das Wasser weckt diese aus ihrem dauerschlafartigen Zustand.

Nützlinge machen sich davon


Eine häufig gestellte Frage ist auch, was mit den Nützlingen geschieht, wenn sie die Schädlinge vertilgt haben? Die einfache Antwort: Sie sterben oder machen sich zwecks Futtersuche auf und davon. Freigelassene Nützlinge in größeren Mengen sesshaft zu machen, ist kaum möglich. Die Abwanderung ist auch der Grund dafür, weshalb die meisten geflügelten Nützlinge nicht für den Einsatz im Freien geeignet sind (siehe Kasten „Einsatzmöglichkeiten von Nützlingen“).

biologische Schädlingsbekämpfung

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Doppelfoto Blattläuse Florfliege
Doppelfoto Blattläuse Florfliege Blattläuse (links) zählen zu den häufigsten Pflanzenschädlingen. Für die Larven der Florfliege (rechts) sind sie selbst die Nahrungsgrundlage. | Bild: Foto: Biohelp / Landesanstalt für Planzenschutz Stuttgart
Doppelfoto Dickmaulrüssler Neomatoden
Doppelfoto Dickmaulrüssler Neomatoden Die schädlichen Dickmaulrüssler (links) sind den nur ein Millimeter langen parasitären Nematoden (rechts) nicht gewachsen. | Bild: Foto: Andermatt Biocontroll
Doppelfoto Blattläuse Florfliege
Doppelfoto Blattläuse Florfliege Blattläuse (links) zählen zu den häufigsten Pflanzenschädlingen. Für die Larven der Florfliege (rechts) sind sie selbst die Nahrungsgrundlage. | Bild: Foto: Biohelp / Landesanstalt für Planzenschutz Stuttgart
Doppelfoto Dickmaulrüssler Neomatoden
Doppelfoto Dickmaulrüssler Neomatoden Die schädlichen Dickmaulrüssler (links) sind den nur ein Millimeter langen parasitären Nematoden (rechts) nicht gewachsen. | Bild: Foto: Andermatt Biocontroll

Die Spezialisten

biohelp ( www.biohelp.at ),
Kapleigasse 16, 1110 Wien, Tel.: (01) 769 97 69-0,
E-Mail: office@biohelp.at ;
biohelp züchtet und versendet Nützlinge (je nach Außentemperatur und Empfindlichkeit per Post oder Paketdienst) und bietet als zusätzlichen kostenlosen Service die Schädlings- und Schadbildbestimmung an.
Diese erfolgt durch Einsendung befallener Pflanzenteile oder im Großraum Wien auch durch einen Besuch vor Ort.

Neudorff ( www.windhager.at ),
Österreich-Vertrieb: Windhager HandelsGes.m.b.H.
Enzersberg 205, 5303 Thalgau, Tel.: (06235) 61 61-0,
E-Mail: info@windhager.at ;
Neudorff-Produkte können nur über den Gartenfachhandel bezogen werden, wo Sie im Fall der Nützlinge einen Gutschein kaufen und an die Firma Windhager einsenden. Die Nützlinge kommen per Post oder Paketdienst. Hilfe zur Schädlingsbestimmung gibt es zum Download unter www.neudorff.de .

AGES – Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit,
Institut für Pflanzengesundheit ( www.ages.at ),
Spargelfeldstraße 191, 1226 Wien, Tel.: 050 555 311 61,
E-Mail: pflanzengesundheit@ ages.at
Die AGES bietet als kostenpflichtige Leistung die Schädlings- und Schadbildbestimmung inklusive Tipps zur Bekämpfung an, wobei im Gegensatz zu biohelp auch die Bestimmung von Pflanzenkrankheiten mit im Paket ist. Nützlinge können Sie bei der AGES nicht beziehen. die umweltberatung,
Tel.: (02742) 743 33, E-Mail: gartentelefon@umweltberatung.at .
Am Gartentelefon erteilt die umweltberatung österreichweit Auskünfte zu den verschiedensten Gartenfragen.

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