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Nachbarschaftsrecht: Jauche - Ein Problem

, aktualisiert am

Nicht nur Industriebetriebe können die Lebensqualität der Anrainer beeinträchtigen. Auch die Landwirtschaft kann zum Problem werden, etwa beim Versprühen von Jauche bzw. Gülle.

Wer sehnt sich nicht nach ländlicher Idylle. Dem eigenen Häuschen in einem kleinen Dorf mitten in hügeliger Umgebung. Natur pur und doch nicht weit von der Stadt entfernt. Dazu ein paar – verbliebene – Bauern, die Wiesen rund um den Ort bewirtschaften. Doch der Schein kann trügen. Zum Beispiel, wenn die angefallene Gülle bzw. Jauche nicht – wie bis vor einigen Jahren üblich – nur im Frühjahr und Herbst ausgebracht wird, sondern die Wiesen mehrfach gemäht und dann sofort mit Gülle gedüngt werden.

In der Nähe von Wohngebieten

Schlimmer noch: wenn die Gülle – auch ganz in der Nähe von Wohngebieten – in hohem Bogen versprüht wird. Und das alles womöglich spät nachts oder am Sonntag. Wer da am Wochenende im Garten grillen will, dem vergeht wohl rasch die Lust darauf.

Unterschiedliche Rechtsquellen

Es gibt eine Reihe von Beschränkungen, ­denen verschiedenste Rechtsquellen zugrunde liegen. Eine wesentliche Rolle spielen die (tatsächlichen) örtlichen Verhältnisse. Wenn beispielsweise landwirtschaftliche Nutz­flächen in einem Grundwasserschongebiet liegen, kann sowohl die Lagerung von Jauche, Gülle oder Mist etc. als auch die Ausbringung dieser Düngemittel bewilligungspflichtig bzw. anzeigepflichtig sein.

Was verboten ist

In den Bundesländern, in denen es Bodenschutzgesetze gibt (Ober- und Niederösterreich, Burgenland, Kärnten), sind Ausbringungsbeschränkungen und -verbote für Gülle etc. vorgesehen. So ist etwa im Agrarland Oberösterreich die Ausbringung von Klärschlamm stark limitiert. Ein Verbot besteht z.B. bei verkarsteten Böden, auf Wiesen, Weiden, Almböden und Feldfutterkulturen. Wird Klärschlamm ausgebracht, dürfen dort für ein Jahr weder Gemüse noch Beerenobst oder Heilkräuter herangezogen werden. Beschränkungen gelten bei Hanglagen wegen der Abschwemmgefahr. Klärschlamm darf auch nicht mit Gülle (Jauche) vermischt ­werden; das gilt sowohl für die Lagerung als auch für die Ausbringung.


 
Zu diesem Thema finden Sie außerdem folgende Artikel: Nachbarschaftsrecht - StromleitungenNachbarschaftsrecht - Reden statt streiten, Nachbarschaftsrecht - Leseranfragen, Nachbarschaftsrecht - Haustiere

Sowie die Bücher: Wenn Nachbarn nerven und Mein großer Rechts-Berater.

Gewässerverordnung

Gewässerverordnung

Auf Bundesebene schützt eine Gewässer­verordnung vor Verunreinigung durch Nitrat aus der Landwirtschaft. Darin sind – mit Ausnahmen – Ausbringungszeiträume fixiert:

  • 30.11. bis 28.2. Verbot des Ausbringens von stickstoffhaltigem Handelsdünger, Gülle, Biogasgülle, Gärrückständen, Jauche und nicht entwässertem Klärschlamm auf Dauergrünland und Wechselwiesen.
  • 15.10. bis 15.2. Verbot des Ausbringens von stickstoffhaltigem Handelsdünger, ­Gülle, Biogasgülle, Gärrückständen, Jauche und nicht entwässertem Schlamm auf allen übrigen landwirtschaftlichen Nutzflächen (abweichend davon beginnt der Verbotszeitraum für die Ausbringung solcher stickstoffhaltigen Stoffe auf Ackerflächen, auf denen bis 15.10. eine Folgefrucht oder Zwischenfrucht angebaut worden ist, mit 15.11.).
  • 30.11. bis 15.2. Verbot des Ausbringens von Stallmist, Kompost, entwässertem Klärschlamm und Klärschlammkompost auf landwirtschaftlichen Nutzflächen.

Unzulässige Verschmutzung

Wenn beispielsweise in hohem Bogen Gülle oder Jauche auf einem Feld ausgebracht und dabei die Wiese in Nachbars Garten "mit­gedüngt" wird, so ist das eine – ver­botene – "unmittelbare Einwirkung". Wer direkt zu­leitet, kann sich nicht darauf ­berufen, sein Tun entspreche der Ortsüblichkeit und/oder die ortsübliche Nutzung des Nachbargrundstückes werde nicht wesentlich beeinträchtigt. Eine derartige Verschmutzung des Nachbargrundstückes ist immer unzulässig.

Ortsüblich und lokales Wohlbefinden

Ortsüblich und lokales Wohlbefinden

Diffiziler verhält es sich bei einer "schleichenden" Veränderung der Ausbringungsgewohnheiten. Die Gründe hierfür sind meist banaler Natur, wie z.B. der Umstieg eines Bauern vom Vollerwerb zum Nebenerwerb. Rechtlich spielt es aber keine Rolle, warum die Wiesen nicht mehr am Tag, sondern in der Nacht gemäht und gedüngt werden. Entscheidend ist, ob dadurch ortsunüblicher Gestank (oder Lärm) verursacht wird. Hierzu gibt es zwar keine Rechtsprechung, aber Vergleichsfälle. Demnach könnte die Orts(un)-üblichkeit von an Sonn- und Feiertagen sowie während der Abendstunden zu duldenden Immissionen besonders zu beurteilen sein. Maßstab sind dabei Art und Intensität des Gestanks sowie die Störungseignung für das (lokale) Wohlbefinden "normal empfindender Menschen".

Rechtssprechung des OGH

In jedem Fall unzulässig sind gesundheitsschädliche Immissionen. Die Ortsüblichkeit hat dort ihre Grenzen, wo der beißende Geruch von Ammoniak einem die Tränen in die Augen treibt. Dazu der Oberste Gerichtshof: Bei Immissionen, an die man sich nach allgemeiner Auffassung nicht gewöhnen könne, sei das Ergebnis der Interessenabwägung so eindeutig, dass es auf die tatsächlichen Verhältnisse nicht ankomme. Das gilt für die Gefährdung von Leben und Gesundheit, die im Streitfall von einem Sachverständigen zu untermauern wäre.

Was Nachbarn hinnehmen müssen

Neu hinzukommende Nachbarn müssen sich jedoch mit der im Gebiet vorherrschenden Immission abfinden, zumal in diesbezüglich stärker belasteten Gebieten auch die Grundstückspreise entsprechend niedriger sind.

Buchtipp: "Wenn Nachbarn nerven"

Nachbarschaftskonflikte können die Lebensqualität erheblich einschränken. Ob Musik, Kinderlärm, Grillgerüche oder Tierhaltung: Was ist zumutbar – was nicht? Unser Buch erläutert anhand von zahlreichen Beispielen aus der Rechtsprechung, wogegen Sie sich wehren können und gibt Tipps für den Streitfall.

www.konsument.at/nachbarn

Aus dem Inhalt

  • Lärm: Feiern, Musik, Kinder, Baulärm
  • Geruch: Grillrauch, Abfall, Gewerbebetriebe
  • Garten: Licht, Bäume, Zäune
  • Tierhaltung: Haustiere, Nutztiere, Wildtiere
  • Streitfall: Rechtsweg und Schlichtung

196 Seiten, 16,90 € + Versand

 Wenn Nachbarn nerven

 

Leserreaktionen

Jauche muss nicht stinken

Der Bauer hat sicherlich Ausschlusszeiten, aber diese beheben nicht den Geruch der Jauche oder Gülle. Wie immer ist das Milieu entscheidend! Gülle und Jauche müssen nämlich gar nicht stinken! Bei uns in der Gemeinde Angerberg gibt es Landwirtschaftsbetriebe ohne stinkende Jauche/Gülle bzw. Ställe. Wie und warum? Das Milieu passt einfach! Und es ist so einfach wie es klingt! Kinderleicht! Man benötigt eigentlich nur eine Gießkanne.

Gülle-Management sollte in jedem Betrieb Chefsache sein, denn jeder Verlust ist bares Geld! Rottefördernde (und damit auch gestankmindernde) Maßnahmen erhöhen den Düngewert und gleichzeitig Einsparungen (Kunstdünger kann tatsächlich 100 % eingespart werden) bei mehr Ertrag bei besserem Bodenmilieu)! Es wäre schön, wenn mehr Landwirte von einfachen Hilfsmitteln wissen würden, und dies ist sicherlich auch im Interesse der „Nachbarn“ mit frischer Wäsche im Garten.

Alexandra Luef
Angerberg
(aus KONSUMENT 12/2013)

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