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Schadstoffe im Kinderzimmer - Giftfreie Zone

Kinder sind bei der Aufnahme von Schadstoffen besonders exponiert. Das gilt auch im Kinderzimmer. So können Sie das Risiko möglichst gering halten.

Ein Leben frei von Chemie ist heutzutage undenkbar. Auch daheim sind in Böden, Wänden und Möbeln potenzielle Schadstoffe allgegenwärtig. Daher ist es wichtig, mögliche Gefahren zu minimieren. „Die Dosis macht das Gift“ – das gilt im Besonderen im Kinderzimmer.

Kinder sind durch Schadstoffe schon aufgrund ihres gerin­geren Körpergewichts und des schnelleren Stoffwechsels stärker gefährdet als Erwachsene. Zudem krabbeln Kleinkinder auf dem Boden, auf Möbeln, Betten und anderen Einrichtungsgegenständen herum – auf ­ihren Entdeckungsreisen berühren sie alles und nehmen es in den Mund.

Fußoden: PVC und Kleber problematisch

Die Wahl des Fußbodens ist ein wichtiger Faktor für die Vermeidung oder Reduzierung von Schadstoffen. Bodenbeläge sollten besser nicht aus Kunststoff und schon gar nicht aus PVC bestehen, da PVC Weichmacher meist in Form von Phthalaten enthält (siehe „Gefährliche Spiel­sachen“). Stattdessen sollte man auf Naturlatex oder Jute setzen.

Da sich Teppich­böden mit synthetischen Fasern elektro­statisch aufladen können, werden Natur­fasern wie Wolle, Sisal, Kokos oder Jute empfohlen. Reines Linoleum ist übrigens kein Kunststoff, es wird aus den natürlichen Rohstoffen Holz, Kork, Leinöl, Jutefasern und Gesteinsmehl hergestellt, muss allerdings verklebt werden.

Entscheiden Sie sich für einen glatten ­Bodenbelag, so ist die Verlegung eines Holzbodens zu empfehlen. Diese Investi­tion macht sich vor allem wegen der starken Beanspruchung im Kinderzimmer auf Dauer bezahlt: Gute Parkettböden lassen sich bis zu zehn Mal abschleifen und haben dadurch eine lange Lebensdauer.

Auch wenn sie so aussehen, Laminatböden bestehen nicht aus Holz, sondern aus gepressten Papierschichten, die mit einem Kunstharz (Melamin) getränkt sind. Sie können Formaldehyd abgeben und sich elektrostatisch aufladen. Daher ist ein Korkboden die bessere Alternative zum Holz­boden. Er wird als weich und angenehm empfunden und ist dennoch strapazierfähig.

Auf Produkte mit "Österreichischem Umweltzeichen" achten

Bei allen Böden sollte man nicht nur auf die Art der Versiegelung achten, sondern auch darauf, ob sie verlegt werden können oder geklebt werden müssen. Denn Fußbodenkleber können große Mengen an Schadstoffen an die Raumluft abgeben. Bei der Wahl des Bodenklebers sollten Sie auf Produkte setzen, die das „Österreichische Umwelt­zeichen“ tragen (www.umweltzeichen.at).

Auf allen glatten Fußböden sammelt sich Haus- bzw. Feinstaub, der gefährlicher ist als bisher angenommen, da er mit Schadstoffen angereichert ist. Daher hat regelmäßiges feuchtes Aufwischen und Saugen nichts mit übertriebener Reinlichkeit zu tun, sondern es hilft, die Schadstoffbelas­tung zu verringern.

Anstriche, Lacke, Möbel

Anstriche

Auf Kunstharzanstriche an den Wänden sollte man verzichten, da sie bedenkliche Konservierungsmittel und Weichmacher enthalten können und die Wände versiegeln. Zu hohe Luftfeuchtigkeit fördert die Bildung von Schimmelpilz, der schwere Krankheiten verursachen kann.

Empfoh­lene Wandfarben, die die Dampfdurchlässigkeit der Wand nur gering einschränken, sind Kalkanstriche (sie sind bei der Verarbeitung ätzend, daher Hautkontakt vermeiden und Schutzbrille tragen), Silikatfarben (beim Verarbeiten gilt dasselbe wie beim Kalk­anstrich) sowie Kasein- und Leimfarben.

Lacke

Auch Lacke können bei großen Flächen beträchtliche Mengen an Schadstoffen an die Umwelt abgeben. Für Gütesiegel gibt es keine einheitliche Regelung und damit auch keine für die jeweilige Produktgruppe verbindlichen Qualitätskriterien. Auf der sicheren Seite sind Sie mit Produkten, die das Österreichische Umweltzeichen tragen.

Naturanstriche garantieren keinesfalls ­gesundheitliche Unbedenklichkeit. So können offenporige Imprägnierungen mit Pflanzenharzen, Ölen oder Bienenwachs eine Geruchsbelästigung oder Reizungen verursachen. Manche Naturanstriche enthalten allergieauslösende Substanzen wie Zitrusschalenöl oder Betacaren.

Möbel

Das Risiko kann man in jedem Fall durch den richtigen Zeitpunkt für Möbelkauf, Ausmalen oder Streichen minimieren. Am besten erledigen Sie das im Frühling oder im Sommer, wenn das Zimmer ausreichend gelüftet werden kann; oder knapp vor dem Urlaub. Dann können die unerwünschten Stoffe ausgasen, ohne dass die Kinder damit belastet werden.

Regelmäßiges Lüften ist in jedem Fall wichtig. Vor allem, wenn neue Möbel gekauft wurden, deren Spanplatten Formaldehyd abgeben. Es bildet mit der Luft ein Gleichgewicht und bleibt daher konstant in der Raumluft. Häufiges Stoßlüften schafft hier Abhilfe.

Um das Formaldehyd-Risiko auszuschalten, sollten die Kinderzimmermöbel aus Vollholz gefertigt sein, wobei darauf zu achten ist, dass sie mit formaldehydfreiem Lack gestrichen sind. Wurden die Ober­flächen nicht mit Risiko-Substanzen behandelt, sind Vollholzmöbel gesundheitlich unbedenklich – und außerdem schön anzusehen. Auf jeden Fall vermeiden sollten Sie Möbel aus PVC, etwa aufblasbare Sofas und dergleichen.

Gefahr durch Spielsachen

Gefahr durch Spielsachen

Sie helfen den Kindern, die Welt zu erfahren und dabei Sinnesorgane und Geschicklichkeit zu trainieren. Spielzeug soll der geistigen und körperlichen Entwicklung ent­sprechen, also altersgerecht sein.

Und es darf eines nicht: die Gesundheit oder gar das Leben gefährden. Leider ist oft genau das der Fall: Viele Spielsachen enthalten ­bedenkliche Substanzen oder es lösen sich kleine Teile ab, die verschluckt werden und zum Ersticken führen können.

Giftfrei, farbecht, speichelecht und speziell bruchfest

Spielsachen für Kleinkinder müssen in jedem Fall giftfrei, farbecht, speichelecht und speziell bruchfest sein. Erfüllen sie die diese Kriterien nicht, müssen sie mit der Warnung „Nicht geeignet für Kinder unter drei Jahren“ gekennzeichnet sein.

Sorgen Sie auch dafür, dass Spielsachen älterer Geschwister oder Teile davon, die von den Kleinsten verschluckt werden könnten, für diese unerreichbar sind. Plastiktaschen oder -säcke stellen ein potenzielle Gefahr dar, da ein Kind sie sich über den Kopf stülpen und ­dadurch ersticken kann. Deshalb gibt es für Spielsachen Verpackungen mit Löchern.

Wenn schon Spielzeug aus Kunststoff, dann nicht aus PVC, sondern aus Polyethylen oder Polypropylen, da diese Kunststoffe ­weniger schädliche Substanzen abgeben. Sie sind mit einem Dreieck aus Pfeilen und den Buchstaben PE und PP gekennzeichnet.

Batteriebetriebenes Spielzeug problematisch

Spielsachen sollten keine scharfen Kanten oder Schweißnähte haben, an denen sich das Kind verletzen kann. Batteriebetriebenes Spielzeug ist ebenfalls problematisch: Batterien sind ein Problemstoff und nicht immer kindersicher eingebaut.

Alle Spielsachen und Kuscheltiere, die das Kind in den Mund nehmen kann, gehören regelmäßig gereinigt. Stofftiere sollten gleich nach dem Kauf (um chemische Rückstände zu entfernen) und danach regelmäßig bei niedriger Temperatur ohne Zusatz von Weichspüler in der Waschmaschine ge­waschen werden.

Hitzeverträgliches Spielzeug können Sie im Geschirrspüler rei­nigen und danach mit heißem Wasser abspülen. Lässt sich das Spielzeug nicht in der Maschine reinigen, kann es händisch mit heißem Wasser gewaschen werden.

Giftige Pflanzen, Tabakrauch, offene Flammen

Giftige Pflanzen

Blattpflanzen sind auch im Kinderzimmer gut für das Raumklima. In einem 30 m2 großen Raum genügen drei bis sechs Zimmerpflanzen für die optimale Luftfeuchtigkeit von 35 bis 55 Prozent.

Bei der Auswahl der Pflanzen gilt es, giftige oder allergieaus­lösende Arten zu vermeiden. Dazu gehören Wolfsmilchgewächse (u.a. Christusdorn und Weihnachtsstern), Pflanzen aus der Familie der Aronstabgewächse (Dieffen­bachie, Kolbenfaden, Flamingoblume, Philodendron) und der Ficus benjamina.

Tabakrauch

Tabakrauch enthält mehr als 4.000 verschiedene Substanzen, von denen mindestens 40 giftig sind, darunter polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), Kohlenmonoxid, Formaldehyd, Benzol, Toluol und Blausäure.

Durch Passivrauchen steigt bei Erwachsenen das ­Risiko für eines der typischen Raucher­leiden um das 1,3- bis 1,4-fache, bei Kindern ist dieses Risiko ungleich höher. Verschonen Sie daher Kinder in allen Wohn­bereichen und vor allem im Kinderzimmer vor den Folgen des Passivrauchens!

Offene Flammen

Auch offene Flammen haben im Kinderzimmer nichts verloren. Nicht nur wegen der Verbrennungsgefahr oder dem Risiko, etwa durch das Umstoßen einer Kerze einen Brand auszulösen.

Alle offenen Flammen erzeugen Gase, die unter anderem Stickoxide und Kohlenmonoxid enthalten und über die Lunge in den Körper aufgenommen werden. Bei Kerzen können zusätzlich die unverbrannten Paraffine ­giftig sein.

Gefährliche Spielsachen

Die deutsche Stiftung Warentest schlug Alarm. Das Ergebnis eines im November 2010 veröffentlichten Tests hat gezeigt: Mehr als 80 Prozent der getesteten Spielsachen enthielten gesundheitsgefährdende Schadstoffe, zwei Drittel waren sogar stark belastet. Außerdem lösten sich bei einigen Spielsachen kleine Einzelteile.

Auch Spielsachen renommierter Marken betroffen

Betroffen von diesen teilweise lebensgefährlichen Mängeln sind nicht nur die berüchtigten Billigprodukte aus Fernost, sondern auch teure Spielsachen renommierter Marken. Auch keines der getesteten Holzprodukte war gänzlich frei von Schadstoffen. So enthielten die verwendeten Holzschutz- oder Flammschutzmittel unter anderem polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe.

Kein Grenzwert für PAK-Gehalt in Spielsachen

Das Risiko für Kinder beim Hautkontakt mit PAK-haltigen Produkten ist noch nicht ausreichend erforscht oder wird unterschätzt. Wie sonst ist es zu erklären, dass es hierzulande keinen Grenzwert für den PAK-Gehalt in Spielsachen gibt? Für Phtha­late, deren erbgutverändernde Wirkung in Tierversuchen nachgewiesen wurde, gibt es Grenzwerte.

In Spielsachen für Kinder bis zu drei Jahren sind Phthalate in der EU seit 1999 verboten. Seit 2007 darf Spielzeug für Kinder, die älter als drei Jahre sind, nur mehr höchstens 0,1 Prozent Phthalate enthalten. Allerdings werden Produkte in Billigshops oft nicht kontrolliert und halten daher diese Grenzwerte nicht ein. 

Machen Sie den Geruchstest

Beim Erkennen von Produkten minderer Qualität ist die eigene Nase oft besser als so manches Analysegerät. Formaldehyd (kann Schlaf und Bewusstsein beeinträchtigen, Allergien auslösen und das Erbgut verändern) oder säurehärtende Lacke riechen in höheren Konzentrationen ­stechend.

Bei stechendem Geruch auf Kauf verzichten

Wenn es sich denn machen lässt: Vor dem Kauf von Möbeln einen Teil des Möbelstücks (z.B. eine Lade) in einen Plastiksack legen, diesen verschließen und eine Woche lang in warmer Umgebung aufbewahren. Macht sich danach oben beschriebener Geruch bemerkbar, sollten Sie auf den Kauf verzichten.

Gleiches kann man auch mit einer Fliese des Boden­belags machen. Bei einer Matratze aus Schaumstoff, die in einer Plastikfolie verschweißt ist, kann man ein kleines Loch in die Verpackung stechen und daran riechen. Übler Geruch bei Matratzen aus Schaumstoff, Kautschuk oder Naturlatex ist ein Hinweis auf mindere Qualität oder ein Problem bei der Produktion.

Auf Reinigungsmittel, die scharf, stechend oder sonst wie intensiv riechen, sollte man im Kinderzimmer verzichten. Hygienereiniger sind nur dann sinnvoll, wenn jemand im Haushalt krank ist.

Buchtipp: "Wohnen ohne Gift"

Wohnen ohne GiftDicke Luft in den eigenen vier Wänden: Das Buch zeigt,  wie man mögliche Schadstoffquellen erkennen  und sein Heim so gestalten kann, dass man sich wohlfühlt  und keinen unnötigen Risiken ausgesetzt ist.  Außerdem: Umfangreicher Serviceteil mit Literatur,  Adressen und Links zum Thema.

Aus dem Inhalt:

  • Schadstoffquellen in Innenräumen
  • ABC der Wohngifte
  • Faktoren für Ihr Wohlbefinden
  • Richtiges Raumklima
  • Gesunde Materialien
  • Licht und Farben
  • Gerüche und Düfte
  • Elektrosmog

 148 Seiten, Flexcover, 14,90 Euro (+Versandspesen)

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