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Schuh-Spikes geprüft - Keine Ausrutscher

Der Winter ist für Fußgänger oft mit einer permanenten Rutschpartie verbunden. Das Forschungsinstitut für Orthopädietechnik hat gemeinsam mit der Sonderkrankenanstalt Zicksee Anti-Rutsch-Behelfe für die Schuhe getestet, sogenannte Schuhspikes.

Bei Glatteis wird der Gang zum Supermarkt oder zum Beisl am Eck zu einem riskanten Unterfangen. Ein unachtsamer Schritt und man landet unsanft auf dem Boden – für ältere Personen sind damit häufig gravierende Verletzungen bis hin zum Oberschenkelbruch verbunden.

 

Krallen, Spikes oder Ketten 

 

In letzter Zeit werden vermehrt Produkte angeboten, mit denen man sich – angeblich – auch auf Eis sicher fortbewegen kann: Es handelt sich um Krallen, Spikes oder Ketten, die mittels Schnallen oder Gummizug am Schuh befestigt werden. Im Fachjargon werden sie Gleitschutz genannt; man kann sie – vereinfacht – unter „Schuh-Spikes“ zusammenfassen. Sie sind in Orthopädiegeschäften, im Sport- und im Schuhhandel erhältlich und kosten meist zwischen 10 und 40 Euro.

 

Gleitschutz: Gute Idee

 

Viele ältere Personen trauen sich bei winterlichen Verhältnissen nicht auf die Straße. Ein so einfaches Hilfsmittel könnte also dazu beitragen, dass Senioren am öffentlichen Leben ungehindert teilnehmen können. Die Frage ist nur: Sind die angebotenen Systeme praktikabel, kann man sich auf sie verlassen?

 

Beim Aufsetzen passiert’s 

 

Dazu muss man erst einmal wissen, wie der typische Ausrutscher aussieht. Meist kommt es dann zu einem Sturz, wenn man sich im gewohnten Gang fortbewegt und auf eine glatte Stelle gelangt – unvorbereitet, weil sie beispielsweise mit einer dünnen Schneesicht bedeckt ist. Der entscheidende Moment ist das Aufsetzen der Ferse auf dem Boden (der Fuß befindet sich ungefähr in einem 15-Grad-Winkel zum Boden). Wenn man da keinen Halt hat, rutscht der Schuh unweigerlich weg. Das folgende Abrollen über die Sohle und das Abdrücken mit den Fußballen ist demgegenüber weit weniger gefährlich: Wer mit der Schuhspitze wegrutscht, kann sich relativ leicht wieder erfangen.

 

Knapp unterm Gefrierpunkt am gefährlichsten 

 

Der heikle Temperaturbereich liegt knapp unter dem Gefrierpunkt. Bei minus 10 Grad finden auch normale Schuhsohlen ganz guten Halt, bei Plusgraden wiederum hilft manchmal auch der beste Gleitschutz nichts – wenn das Eis an der Oberfläche einen flüssigen Film gebildet hat, kann es sein, dass das Eis darunter ausbricht und mitsamt dem spikebewehrten Schuh wegbricht.

 

 

Simulation auf dem Eisblock

Simulation auf dem Eisblock

 

Das Forschungsinstitut für Orthopädietechnik (FIOT) hat die typische Rutschsituation in einer Prüfanordnung simuliert: Eine Beinprothese mit winterfestem Schuh und angelegtem Gleitschutz wird in einem Winkel von 15 Grad auf einen Eisblock, der auf 2 bis 3 Grad minus erwärmt wurde, aufgesetzt. 22 im Handel erhältliche Spikes, Ketten und Klauen wurden auf diese Art getestet, weiters 2 Paar Schuhe mit integrierten (und versenkbaren) Spikes.

 

Gleitschutz im Fersenbereich am effektivsten 

 

Ein gutes Antirutschsystem sollte in einem solchen Test kaum einen Millimeter abrutschen. Das gelingt aber nur, wenn Kette oder Spikes auf der Sohle auch wirklich greifen können. Modelle, bei denen der Gleitschutz vorne montiert wird (im Bereich der Fußballen), sind da natürlich zum Scheitern verurteilt. Denn beim entscheidenden Aufsetzen der Ferse wird kein Schutz geboten. Solche Spikes sind nur beim Bergaufgehen eine Hilfe. Es gibt einige Modelle, deren Spikes zu weit vorne auf dem Schuhabsatz zu montieren sind – dann greifen sie zu spät, der Träger hat möglicherweise schon davor das Gleichgewicht verloren und stürzt in der Folge.

 

„Beim Anlegen des Gleitschutzes sollte daher nicht nur darauf geachtet werden, dass er fest sitzt, sondern auch darauf, dass Kette oder Spikes möglichst weit nach hinten gespannt sind“, so FIOT-Leiter Dr. Josef Kastner.

 

Nur acht hielten stand

 

Vorausgesetzt, das ist möglich. Denn nicht auf allen Schuhen lassen sich die Spikes optimal montieren. Vor allem Frauen könnten hier Probleme haben, denn Damenschuhe sind oft zu schmal oder die Absätze zu hoch, um den Schutz fixieren zu können. Die Empfehlung von FIOT lautet daher: Auch wenn Sie einen Gleitschutz verwenden bzw. gerade dann sollten Sie feste Winterschuhe mit gerippter Sohle und niedrigem Absatz (besser: ohne Absatz) tragen.

 

Nur 8 der 22 Schuh-Spikes erwiesen sich als wirklich eisfest, zwei hielten bedingt, also nicht in allen Versuchen. Auch eines der beiden Spezialschuh-Paare (das Herrenmodell) hielt nicht stand – die Sohle ist zu hart und unnachgiebig, sodass die Spikes beim Aufsetzen der Ferse noch nicht greifen können.

 

Gegeteiliger Effekt auf feuchtem Untergrund 

 

Auf feuchten Fliesen (beispielsweise in einer Fußgängerpassage oder im Supermarkt) können Spikes den gegenteiligen Effekt erzielen – man rutscht mehr als mit glatten Sohlen. Auf dem Prüfstand rutschten nur fünf Modelle nicht aus, drei bestanden den Parcours bedingt. Abgesehen davon werden die Fliesen von Spikes oder Krallen zerkratzt, von Ketten weniger.

Anlegen und Abnehmen problematisch

Nicht für alle verwendbar

 

Auf Fliesenböden empfiehlt es sich also, die Spikes nach Möglichkeit abzunehmen. Doch das ist alles andere als einfach, wie der Praxistest zeigte. Zehn Personen (Alter: 55 plus) bemühten sich redlich, den Gleitschutz anzulegen bzw. abzunehmen. Zur Wahl standen nur mehr jene Systeme, die den Eistest zumindest bedingt bestanden hatten, also zehn Auflagen und der Damen-Spezialschuh.

 

Anlegen und Abnehmen problematisch 

 

Im Stehen machte das Anlegen und Abnehmen mehrheitlich Probleme, und auch im Sitzen fiel es nicht immer leicht. Nur zwei Schuh-Spikes konnten von den Testpersonen mit akzeptablem Aufwand übergezogen werden, bei allen anderen Systemen gelang es nur schlecht oder sehr schlecht, nicht wenige Tester mussten sich dabei hinsetzen. Man muss davon ausgehen, dass betagte Personen (über 80) ohne fremde Hilfe keine der Anti-Rutsch-Auflagen befestigen können.

 

Fazit

 

Es ist wohl kein Zufall, dass die beiden Modelle, mit denen man noch am ehesten zurechtkommt – Devisys und springyard icey –, reine Fersenspikes sind und mit einem einfachen Klettband befestigt werden können. Sie sind damit die einzigen empfehlenswerten Schuh-Spikes, weil sie auch auf Eis gut halten. Die Mehrzahl der Systeme bietet Gleitschutz auf der ganzen Sohle (vorne und hinten). Egal ob sie mit Riemen oder mittels Gummizug zu befestigen sind: Das Anlegen ist knifflig. „Das Einfädeln und Festmachen der Riemen erfordert Fingerfertigkeit, zum Überziehen eines engen Gummibandes wiederum bedarf es einiger Kraft“, so Tina Deutsch, die den Praxistest an der Sonderkrankenanstalt Zicksee geleitet hat.

Tabelle: Schuh-Spikes

Bildergalerie: Schuh-Spikes

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Bild: VKI
Devisys Gleitschutz Empfehlenswert. Erhältlich im Orthopädie-, Sanitäts- und Schuhhandel. Vertrieb: Börjeson KEG, Tel. 0664 386 73 05. | Bild: VKI
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springyard icey Empfehlenswert. Erhältlich im Orthopädie-, Sanitäts- und Schuhhandel. Vertrieb: Heinz Herfort Ges.m.b.H.; Tel. 02287 54 90. | Bild: VKI
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Spiky plus Gleitschutz Bedingt empfehlenswert. Wie alle Behelfe, die über die ganze Sohle gezogen werden, schwer zu befestigen. | Bild: VKI
Bild: VKI
rud quickstep Beispiel für Ketten als Gleitschutz. Da sie nur vorne montiert sind, können sie beim Auftreten nicht greifen - kein wirksamer Schutz. | Bild: VKI
Bild: VKI
Stiefel Bianca von Lackner Nicht in Tabelle. Die integrierten Spikes können, ohne den Schuh auszuziehen, nur sehr schwer nach außen gedreht werden. Vertrieb (Tel. 05356/642 86). | Bild: VKI
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Devisys Gleitschutz Empfehlenswert. Erhältlich im Orthopädie-, Sanitäts- und Schuhhandel. Vertrieb: Börjeson KEG, Tel. 0664 386 73 05. | Bild: VKI
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springyard icey Empfehlenswert. Erhältlich im Orthopädie-, Sanitäts- und Schuhhandel. Vertrieb: Heinz Herfort Ges.m.b.H.; Tel. 02287 54 90. | Bild: VKI
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Spiky plus Gleitschutz Bedingt empfehlenswert. Wie alle Behelfe, die über die ganze Sohle gezogen werden, schwer zu befestigen. | Bild: VKI
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rud quickstep Beispiel für Ketten als Gleitschutz. Da sie nur vorne montiert sind, können sie beim Auftreten nicht greifen - kein wirksamer Schutz. | Bild: VKI
Bild: VKI
Stiefel Bianca von Lackner Nicht in Tabelle. Die integrierten Spikes können, ohne den Schuh auszuziehen, nur sehr schwer nach außen gedreht werden. Vertrieb (Tel. 05356/642 86). | Bild: VKI

Zusammenfassung

  • Fersenhalt wichtig. Schuh-Spikes sind dann funktionstüchtig, wenn die Spikes (Ketten, Klauen, ...) möglichst weit hinten an der Ferse montiert werden können. Doch Vorsicht: Selbst die besten Systeme halten nicht in jeder Situation.
  • Bedienungs(un)freundlich. Der beste Gleitschutz nützt nichts, wenn man ihn nicht anlegen kann. Nehmen Sie zum Kauf daher Ihre Winterschuhe mit und probieren Sie, wie leicht Sie den Behelf anlegen können: Schaffen Sie’s im Stehen, im Sitzen … oder müssen Sie den Schuh dafür ausziehen?
  • Ohne Spikes sollten Sie einen Gang zurückschalten. Wenn möglich, nur gestreute Wege benützen. Gehen Sie langsamer als gewohnt, beugen Sie den Oberkörper vor, machen Sie kleine Schritte und setzen Sie den Fuß möglichst flach auf (nicht nur die Ferse). Verwenden Sie einen Stock mit Eiskralle.

Anbieter

apa: Heinz Herfort Ges.m.b.H.
Werkstraße 11
A-2231 Strasshof
02287 54 90
www.heinzherfort.at

Behrend: Willy Behrend GmbH & Co. KG
Bahnhofstraße 13
D-30916 Isernhagen
+49 511 972 45-0

bert: Sport Eybl & Sports Experts GmbH
Flugplatzstraße 10a
A-4600 Wels
07242 243-0
www.eybl.at

Devisys: Börjeson KEG
Salvenberg 22
A-6305 Itter
0664 386 73 05
www.ergodesign.at

grips: san aktiv Handels GesmbH
Reithstraße 2
A-5322 Hof bei Salzburg
06229 22 00
www.sansan-aktiv.at

Halkey: Paul Bständig GesmbH
Strohbogasse 8
A-1210 Wien
01 405 35 43
www.bstaendig.at

no name: Ortoproban Leitner GmbH & Co KG
Piaristengasse 17
A-1080 Wien
01 402 21 25-0
www.ortoproban.at

Ottinger: Intersport GesmbH
Flugplatzstraße 10a
A-4600 Wels
07242 233-0
www.ottinger.de

rud: Heinz Herfort Ges.m.b.H.
Werkstraße 11
A-2231 Strasshof
02287 54 90
www.heinzherfort.at

Russka: Ludwig Bertram GmbH
Lübecker Straße 1
D-30880 Laatzen
+49 5102 917-3
www.russka.de

Scholl: SSL Healthcare Österreich GmbH
Kuefsteingasse 15-19/20A
A-1140 Wien
01 985 55 87-0
www.scholl.at

Spiky plus (Freudensprung): Heinz Herfort Ges.m.b.H.
Werkstraße 11
A-2231 Strasshof
02287 54 90
www.heinzherfort.at 

Spiky plus (Petzl): Berger Max Handelsagentur
Edthof 1
A-4645 Grünau im Almtal
07616 600 27
www.petzl.de

Spiky: Heinz Herfort Ges.m.b.H.
Werkstraße 11
A-2231 Strasshof
02287 54 90
www.heinzherfort.at

springyard: Heinz Herfort Ges.m.b.H.
Werkstraße 11
A-2231 Strasshof
02287 54 90
www.heinzherfort.at

Turtles: epm Sports-Pintar
Bundesstraße 7a
A-8850 Murau
03532 23 97
www.sportpintar.at

Yaktrax: Sport Mode Freizeit Schwaighofer GmbH & Co. KG
Demmelleiten 8
A-4840 Vöcklabruck
07674 662 880www.delka.at
www.smf.at

Yngsjö: Stiefelkönig Schuhhandelsges.m.b.H/Vertrieb Delka
Weinzöttlstraße 16
A-8045 Graz
05 03 02-0
www.delka.at

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