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"Do it yourself" - Ein Brief von der Bank

Von Automaten und Telebanking

Fräulein Müller, bitte zum Diktat! Also, schreiben Sie: Sehr geehrter Bankkunde! Wie Sie den regelmäßigen Klageliedern sicherlich entnehmen konnten, geht die Finanzbranche auf dem Zahnfleisch. Speziell Privatkonten wie das Ihre sind für uns ein derart krasses Verlustgeschäft, dass wir nur überleben können, weil unsere Direktoren regelmäßig aus der eigenen Tasche dazuzahlen.

Zu der bedauerlichen Auseinandersetzung, die Sie, sehr geehrter Herr, kürzlich mit unserem Portier hatten, möchten wir feststellen: Es stimmt, dass wir vor langer Zeit gebührenfreie Gehaltskonten angeboten haben. Dies geschah allerdings nicht in der Absicht, Kunden anzulocken, „um sie später mit Gebühren auszuzuzeln“, wie Sie unserem Portier vorgeworfen haben, sondern aus rein humanistischen Motiven.

Wie Sie sicherlich auch wissen, sind an den gebührenfreien Konten alle Banken Bankrott gegangen, sodass es uns im Grunde gar nicht mehr gibt. Im Übrigen bestreitet unser Portier, er hätte Sie mittels eines Schildes mit der Aufschrift „Bargeldbenützer müssen draußen bleiben“ am Betreten unserer Anstalt gehindert.

Sehr geehrter Herr! Um Sie weiter an den selbstlosen Segnungen unseres Service teilhaben zu lassen, werden, abgesehen von einer weiteren Anpassung der Gebühren, einige zukunftsweisende Modifikationen unumgänglich sein.

Zum Wohle des mündigen Kunden haben wir die Aktion „Do it yourself“ ins Leben gerufen, denn der Respekt vor Ihrer Privatsphäre verbietet uns zunehmend, Sie mit Personal zu belästigen. Zur Abwicklung Ihrer Angelegenheiten steht Ihnen unsere Automatenstraße zur Verfügung. Des Weiteren verweisen wir auf das Telebanking, das wir erheblich günstiger anbieten können. Zumindest so lange, bis es für die Kunden kein Zurück mehr gibt – nein, streichen Sie den letzten Satz.

Wo sind wir stehen geblieben? Ah ja, beim Telebanking. Weiter: Schließen wir mit unserem Zukunftsmotto „Sie nehmen sich die Zeit, wir nehmen Ihr Geld“ und freundlichen Grüßen. Danke, Fräulein Müller, das war’s.

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