Absurd und nicht durchdacht
Das Bewertungsschema ist teilweise absurd und damit enthält auch dieser Apotheken-Test leider wiederum handwerkliche Fehler seitens des VKIs. Dies zeigt sich an folgendem Beispiel: Eine Apotheke wurde für die „Abgabemodalität“ mit „sehr gut“ bewertet, weil sie ein Generikum (Aciclobene) vorgelegt hat. Andere Apotheken wurden in dieser Kategorie mit „nicht zufriedenstellend“ bewertet, weil sie das Original (Zovirax) angeboten haben. Zovirax ist aber um EUR 0,25 BILLIGER (!) als Aciclobene und man handelt sich damit statt einem „sehr gut“ ein „nicht zufriedenstellend“ ein. Dies kann doch wohl nicht im Sinne dieses Tests sein.
Mit der Einstiegsfrage "Ich brauche so was wie..." das Anbieten des Originals negativ zu bewerten, ist schlichtweg praxisfremd. Im Vordergrund steht bei dieser Frage die rasche Lösung eines Gesundheitsproblems. Impliziert wird, dass der Kunde/Patient das verlangte Präparat schon einmal gehabt und gut vertragen hat. Ein Grund für einen Wechsel vom Original auf ein Generikum lässt sich auf den ersten Blick nicht erkennen sondern bestenfalls erahnen. Wobei man als Apotheker dann wiederum auf die Körpersprache des Kunden/Patienten angewiesen ist, die - wie besprochen - bei einer derart großen Anzahl Apotheken für eine einzige Testerin verfälscht sein kann.
Ascorbisal enthält 500 mg Wirkstoff Acetylsalicylsäure und damit exakt so viel wie Aspirin 500. Es ist bereits länger am Markt als ASS Genericon und ASS ratiopharm, die teilweise aufgrund der geringen Nachfrage nicht in allen Apotheken lagernd sind. 20mg zusätzliches Vitamin C sind eine durchaus sinnvolle Kombination (immerhin existiert auch ein Aspirin C), als derart geringe Menge vernachlässigbar bzw. fast schon als „Hilfsstoff“ zu betrachten. Jedenfalls ist die Abgabe dieses Präparates auf die Frage „so etwas wie...“ durchaus abgedeckt und fachlich gerechtfertigt. Ein Totalpunkteverlust erscheint uns Apothekern im Zusammenhang mit der oben erwähnten Fragestellung nicht nachvollziehbar und wird zur fachlichen Kritik am Test führen.
ASS ratiopharm bzw. Aciclostad als bloß "mittelpreisig" mit gleich 20 Punkten Abzug zu bestrafen, ist ebenfalls zu hinterfragen. Die Formulierung „etwas Billigeres“ muss in einem Beratungsgespräch nicht zwangsläufig als Preisauskunft nach dem Billigsten verstanden werden. Da kommt es wiederum auf Einschätzung der Dringlichkeit, Körpersprache, Beratungssituation etc. an. Die Erwartungshaltung des VKIs „etwas Billigeres“ = „das Billigste“ ist nicht nachvollziehbar, noch dazu wo es sich um Ersparnisse im Cent-Bereich handelt.
Da bei Zovirax das Patent abgelaufen ist, ist es damit - für die Fragestellung des Tests jedenfalls - einem Generikum gleichzusetzen. Warum bitte soll es etwas Schlechteres sein? Es kann nicht sein, dass dieses Präparat in der Bewertung benachteiligt wird? Es entspricht damit einem (ihrer Diktion nach) „Mittelklasse“- Generikum, da es ja teurere Präparate gibt. Daher müsste der „Verkauf“ von Zovirax gemäß ihres eigenen Bewertungsschema wiederum mit „durchschnittlich“ erfolgen und nicht mit „nicht zufriedenstellend“. Dies entspricht einem ungerechtfertigten Punkteabzug von 20 Punkten für immerhin vierzehn Apotheken. Das Bewertungsschema und die Abgrenzung Original - Generikum ist bei diesem Test des VKIs leider nicht gänzlich durchdacht.
Mag.pharm. Max Wellan
Vizepräsident der Österreichischen Apothekerkammer
Landesgeschäftsstelle Wien
Ärgerlich
Zu Ihrem engagierten, guten Artikel „Generika in Apotheken“ darf ich anmerken, dass es nicht nur ärgerlich ist, dass Apotheken wenig Generika verkaufen, sondern auch, dass einfache Salben und Tabletten (z.B. Wundsalben, Kopfwehpulver etc.) nur in Apotheken und nicht auch in Drogerien verkauft werden dürfen. Eine moderate Liberalisierung wäre auch hier sicher sinnvoll.
Dr. Friedrich Stöferle
Wien