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Beratung beim Aktienkauf - Die Profis vom Hauptquartier

  • Überraschend kompetente Beratung
  • Finger weg von heißen Tipps und voreiligen Käufen
  • Risiken und Kosten nicht unterschätzen

Die neue Telekom-Aktie hat sicher viele Sparer zum Grübeln gebracht. Heftig beworben als erste „Volksaktie“, hat sich wohl so mancher gefragt: „Soll ich mir nun nicht doch auch einmal eine Aktie zulegen?“. Eine durchaus berechtigte Frage, denn trotz gelegentlicher Rückschläge an der Börse bringt Aktiensparen langfristig gesehen die höchsten Renditen. Allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen, die jeder, der in Aktien investieren will, kennen sollte (siehe dazu: "Aktien: Nicht für jeden geeignet").

Grundprinzip

Dazu zählt auch, sich das Grundprinzip klarzumachen: Aktien verbriefen Anteilsrechte an einer Aktiengesellschaft. Das heißt, mit dem Kauf erwirbt der Aktionär einen Anteil am Unternehmen sowie einen Anspruch auf Beteiligung am Jahresgewinn (Dividende). Sollte das Unternehmen jedoch in einem Jahr plötzlich keinen Gewinn mehr erzielen, sondern sogar Verluste einfahren, muss der Aktionär zwar nichts drauflegen, aber der Anteil, den er am Unternehmen besitzt (also die Aktie), wird dadurch weniger wert. Ein Konkurs des Unternehmens führt unter Umständen zum Totalverlust des investierten Geldes. Und nicht der beste Wertpapierberater der Welt, ja nicht einmal die Firmenleitung selbst, kann voraussagen, ob das Unternehmen nun in den nächsten Monaten oder Jahren in die Gewinnzone fahren oder einen Tiefflug erleiden wird. Zu unkalkulierbar sind Einflüsse von außen, wie etwa steigende Rohstoffpreise oder ein neues, erfolgreiches Konkurrenzprodukt, oder auch unternehmensinterne Krisen, zum Beispiel durch einen Produktionsausfall. Heißt das nun, besser gleich auf jegliche Beratung zu verzichten und nach dem Zufallsprinzip ein paar Wertpapiere auszuwählen? Natürlich nicht, denn es gibt sehr wohl Unterschiede zwischen sehr riskanten und relativ stabilen Unternehmen, Branchen und Regionen.

Seriöse Berater ziehen diese Unterschiede immer ins Kalkül und erstellen zunächst ein Risikoprofil ihrer Kunden. Das heißt, sie sehen sich an, wie erfahren ein Anleger mit Wertpapieren ist und ob er sich überhaupt für ein Investment in Aktien eignet.

Gute Beratung durch Großbanken

Genau so gingen erfreulicherweise die Berater der von uns getesteten Großbanken vor. Allerdings müssen wir einschränkend festhalten, dass wir im Raum Wien unterwegs waren und daher immer gleich an die Experten in den jeweiligen Zentralen verwiesen werden konnten. Und die nahmen sich ein bis zwei Stunden für die Beratung unserer Testkäufer Zeit. Sie überprüften zunächst auch genau, wie es um die Veranlagungsziele und die finanziellen Verhältnisse des Anlegers bestellt war. Zudem gingen die Berater auf Wünsche des Kunden ein, das heißt, es wurde nach bestimmten Aktientiteln oder aber nach Vorlieben, wie Branchen oder Märkte, gefragt. Es wurden also nicht von vornherein bestimmte Aktien vorgeschlagen oder beworben, sondern zuerst die Interessen des Testers ergründet. Weiters wurde auch immer wieder auf die riskante und spekulative Art der Veranlagung hingewiesen und von keinem Berater eine bestimmte Wertentwicklung versprochen. Kaufempfehlungen gab es zwar, aber immer mit dem Hinweis, dass man das selbst entscheiden müsse. Und: Die Berater drängten nicht auf einen Abschluss, sondern schlugen durchwegs vor, alles noch einmal zu überdenken und erst dann zu kaufen.

Kosten

Die beim Aktienkauf nicht zu unterschätzenden Kosten wurden ebenfalls nicht unter den Tisch gekehrt. So wurden ohne weiteres Nachfragen Orderspesen wie Depotgebühren genannt, und es kam in allen Fällen der Hinweis, dass man beim Kauf und Verkauf von ausländischen Titeln mit höheren Kosten rechnen müsse. Um Kosten zu sparen, wurde darauf verwiesen, dass man beispielsweise größere amerikanische Werte auch in Europa (Frankfurt) handeln könne. Überraschenderweise kam auch des öfteren der Hinweis, dass man – mit zunehmender Erfahrung im Aktienhandel – die Möglichkeit habe, auf die billigere Variante der Discount-Brokerage zurückzugreifen (dabei wird auf Beratung gänzlich verzichtet, dafür sind die Spesen niedriger).

Fazit

Insgesamt also bei allen getesteten Banken durchaus umfassende, hilfreiche Informationen, was zum einen damit zusammenhängen könnte, dass in den Zentralen österreichischer Großbanken getestet wurde und dort offensichtlich ausgesucht gute Berater tätig sind. Zum anderen werden die Kunden beim Thema Aktien – wie bei diesem Test festzustellen war – offenbar immer an die „Beratungsprofis“ verwiesen. (Bei weiteren Tests – zum Beispiel Investmentfonds – haben wir allerdings andere Erfahrungen gemacht.) Die Profis in den Zentralen machen dem Konsumenten das mit Aktien verbundene Risiko klar und sagen auch, dass sich Aktien nicht für jedermann eignen. Bleibt nur zu hoffen, dass dieses Motto auch in kleineren Bankinstituten und Filialen beherzigt wird.

Was angehende Aktionäre wissen sollten und worauf beim Aktienkauf zu achten ist.

  • Vorkenntnisse über den Kapital- und Aktienmarkt sind unbedingt empfehlenswert, um bereits vor einem Beratungsgespräch für sich festlegen zu können, in welche Titel, Branchen und Märkte man investieren will. Informationen bieten regelmäßig Tageszeitungen, Fernsehen, Fachzeitschriften und -bücher, aber auch Banken sowie zunehmend das Internet. Letzteres enthält die aktuellsten Informationen, bietet aber auch Platz für allerhand Scharlatanerie, denn eine Website ist rasch erstellt.
  • Aktienkauf auf Kredit ist abzulehnen, selbst wenn die Gewinnversprechen noch so verlockend sind. Auch der Notgroschen sollte nicht in Aktien gesteckt werden: Wird das Geld gerade dann benötigt, wenn die Kurse im Keller sind, droht ein starker bis totaler Verlust! Eine gewisse Barreserve sollte immer zur Verfügung stehen.
  • Nur jenes Kapital in Aktien stecken, das mittel- bis langfristig (mindestens fünf Jahre, besser noch zehn Jahre) nicht benötigt wird.
  • Zuerst sichere Anlageformen wählen und dann erst den Rest des Ersparten in Aktien stecken! Zu kleine Beträge (unter 50.000 Schilling) lohnen sich wegen der anfallenden Spesen kaum.
  • Keine übereilten Käufe – vor allem aufgrund von heißen Tipps – tätigen, sondern unbedingt vorher Informationen einholen. Das tägliche Hin- und Herschieben von Aktienpaketen, um so rasch kurzfristige Gewinne einzustreifen, ist nur etwas für echte Profis, die sich ständig mit dem Kapitalmarkt befassen.
  • Spesen immer im Auge behalten, denn sie verringern die Rendite (siehe dazu: Weitere Artikel - "Wertpapierspesen"). Als Depotgebühr (für die Verwaltung der Aktien) werden pro Jahr zwischen 0,24 und 0,30 Prozent für inländische, beziehungsweise 0,60 Prozent für ausländische Aktien verrechnet. An Orderspesen (für An- und Verkauf der Aktien) werden in der Regel 1,1 Prozent beim Kauf von inländischen Aktien berechnet, bei ausländischen Titeln ist die Spesenabrechnung komplizierter und teurer, weil Devisenspesen hinzukommen.
  • Streuung auf mehrere verschiedene Aktien ist sinnvoll. Aber: Bei einem überfüllten Wertpapierdepot verliert man leicht den Überblick. Besser nur bis zu maximal zehn verschiedene Titel im Depot führen, um deren Entwicklung verfolgen zu können.

Bankinstitut Testurteil
Bank Austria sehr gut
Erste Bank sehr gut
Oberbank sehr gut
Volksbank sehr gut
BAWAG gut
Creditanstalt gut
P.S.K. gut
Raiffeisen Wien/NÖ gut
Erhoben: Wien, November 2000

Kompetente Beratung. Die Zentralen der acht getesteten Banken informierten gut und ausführlich.

Viele Meinungen einholen. Ein Konkurrenzinstitut, ein unabhängiger Vermögensberater oder einfach ein börsenerfahrener Bekannter kann vielleicht auf eine Facette (ein Risiko?) hinweisen, die bislang unerwähnt blieb.

Achtung vor Insidertipps. Besonders über das Internet werden zunehmend „heiße Tipps“ gehandelt. Wer übereilt kauft, kann sich ordentlich die Finger verbrennen, denn oft stecken sehr eigennützige „Insider“ dahinter.

Risiko und Kosten genau abwägen. Bei Aktientiteln, die nicht im Euro-Raum notieren, kommt das Währungsrisiko hinzu. Generell vor allem an ausländischen Börsenplätzen die Kosten nicht unterschätzen!

Grundwissen erforderlich. Ohne Basiskenntnisse über den Kapitalmarkt und ohne eine gewisse Lust, sich regelmäßig über seine Werte und die Entwicklungen in der Wirtschaft zu informieren, wird die Anlage in Aktien zum Lotteriespiel.

Nicht für jedermann. Wer fallende Kurse nicht durchstehen und einen eventuellen Kapitalverlust nicht verschmerzen kann, sollte die Finger von Aktien lassen.

Unsere Tester besuchten acht Filialen österreichischer Großbanken in Raum Wien und äußerten den Wunsch, 200.000 Schilling in einzelne Aktientitel anzulegen. Die gewünschten Aktientitel wurden vorher von uns festgelegt, da die Beraterinnen oder Berater in den Banken keine Empfehlungen abgeben beziehungsweise abgeben dürfen. In allen Fällen wurden die Testpersonen sofort an die jeweilige Zentrale zur Beratung weiterverwiesen.

Als Kriterien für die Bewertung wurden die Wohlverhaltensregeln nach dem Wertpapieraufsichtsgesetz (Ziele, Erfahrungen, finanzielle Verhältnisse), das Erstellen eines Risikoprofils, der Risikohinweis, die Qualität der Erklärungen zum Kapitalmarkt beziehungsweise zu den einzelnen Aktientiteln sowie der Hinweis auf Kosten (Orderspesen, Depotgebühren) herangezogen.

Bei den mit „gut“ bewerteten Instituten fehlte meist das Erstellen eines Risikoprofils. Auch waren die Erklärungen zu manchen Aktientiteln nicht in jedem Fall besonders aussagekräftig.

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