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Gütesiegel im Supermarkt - Licht im Dschungel

Sind die vielen Gütesiegel in den Supermärkten nicht alle überflüssig – es gibt doch glaubwürdige staatliche oder unabhängige Zeichen für Nachhaltigkeit? Unser Ethik-Test zeigt: Sie haben ihre Berechtigung, jedenfalls einige von ihnen.

Der Gütesiegel-Dschungel in den Supermärkten, und immer mehr auch in den Drogeriemärkten, lässt viele Konsumenten verwirrt zurück. Wem sollen sie noch glauben? Und wenn tendenziell alle Produkte mit irgend­einem Gütesiegel verziert sind, ist es dann nicht egal, was man kauft?

Bio, öko, fair, regional: alles nur Schmäh?

Bio, öko, fair, regional – frühere Nischen sind zu bedeutenden Marktsegmenten angewachsen, was bedingt, dass viele Produkte längst nicht mehr von kleinen Bauern angeliefert werden, sondern von Agrarfabriken, wo die Unterschiede zur konventionellen Produktionsweise immer kleiner werden. Ist alles nur ein "Schmäh", wie Clemens Arvay, einer der schärfsten Kritiker der Bio-Vermarktung, behauptet? (Siehe dazu auch Bio-Lebensmittel: "Hinter der Idylle" 8/2013)

Es geht um Mehrwert

Was muss ein Gütesiegel erfüllen, soll es nicht nur ein Beitrag zur Verwirrung sein? Es muss einen "Mehrwert" schaffen; nur wenn Handelsunternehmen ihre Marktmacht dazu nutzen, eine Verbesserung und Verbreiterung des Angebots an nachhaltigen Produkten zu bewirken, sind solche Eigenmarken des Handels gerechtfertigt.

Über den Mindestanforderungen staatlicher Prüfzeichen

Sie müssen mehr bieten als es etablierte staatliche oder unabhängige Prüfzeichen tun, müssen über die Mindestanforderungen ­(etwa jene des österreichischen Bio-Zeichens) hinausgehen oder verschiedene Prüfsysteme in einer Marke kombinieren – Beispiel: ein veganes Bio-Produkt aus der Region.

Wie wurde der Mehrwert gemessen? - Die Test-­Kriterien lassen sich in drei Bereiche zusammenfassen:

  • Anspruch: Zusätzliche Kriterien müssen wesentlich in Bezug auf Nachhaltigkeit sein, sie sollen mehrere Dimensionen umfassen (Umfang) und sie sollen strenger als die ­Mindestanforderungen sein.
  • Beweiskraft: Die Siegel müssen von unabhängigen und kompetenten Prüfstellen geprüft werden. Der Prüfprozess soll möglichst lückenlos und tiefgehend sein. Letztlich geht es um Transparenz: Sind die Prüfkriterien nachvollziehbar, gehen Werbeaussagen ­damit konform oder wird mehr versprochen?
  • Weiterentwicklung: Welche Zielsetzungen gibt es, wie soll sich die Marke weiterentwickeln? Gibt es Konzepte für die Verschärfung der Kriterien, für eine aktive Produktentwicklung, für engere Beziehungen zu den Produzenten? 

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Müller, Pfeiffer, Zielpunkt verweigern Mitarbeit

Lebensmittel und Wasch- und Reinigungsmittel im Vergleich

Wir haben die Forschungsstelle Wirtschafts­ethik an der Uni Graz mit einer Untersuchung "Nachhaltigkeitssiegel im Einzelhandel" beauftragt. Sie fand 36 Handelsmarken auf dem Markt, die 7 verschiedenen Produkt­kategorien zuzuordnen sind. Ausgeschieden wurden Bereiche, in denen es nur ein Angebot und somit keine Vergleichsmöglichkeit gibt – betrifft zum Beispiel Fairglobe von Lidl für fair gehandelte Produkte oder alverde (dm) für Bio- & Naturkosmetik.

So blieben 4 Kategorien übrig: biologische ­Lebensmittel, herkunftsgesicherte Lebens­mittel, fleischlose Lebensmittel sowie umweltfreundliche Wasch- und Reinigungsmittel.

Marktführer bei Eigenmarken im Hintertreffen

Die deutsche Drogeriekette Müller und die oberösterreichische Pfeiffer Handelsgruppe sowie Zielpunkt (die Kette wird mittlerweile von Pfeiffer kontrolliert) haben sich selbst aus dem Rennen genommen, weil sie grundsätzlich nicht an solchen Studien teilnähmen, so die übereinstimmende Reaktion der drei wettbewerbsscheuen Unternehmen.

So konnten schließlich 24 Marken bzw. Auslobungen verglichen werden. Das Ergebnis zusammengefasst: Fast alle Eigenmarken können zwar einen Mehrwert gegenüber ­bereits bestehenden Prüfsystemen für sich beanspruchen, doch bleibt er in der Regel beschränkt, bewertet mit Note C oder knapp darüber (B–).

MPreis und Sutterlüty eindeutig besser

Eindeutig besser schneiden lediglich die beiden regionalen Unternehmen MPreis in Tirol und Sutterlüty in Vorarlberg ab, ihre Eigenmarken stellen einen deut­lichen Mehrwert für Produzenten und Konsumenten dar (Note A– oder B+). Beide ­profitieren von der starken regionalen Verankerung. Auch BIO vom Berg (MPreis), ­eigentlich eine Bio-Marke, kann sich nicht zuletzt deshalb von der Konkurrenz absetzen, weil sie die Bio-Dimension mit hohen Standards punkto Herkunft erweitert.

Bio-Lebensmittel: Demeter am strengsten

Vorwurf: Mindeststandards voll ausgereizt

Man muss den Supermärkten zugute halten, dass sie Bio-Produkte aus der Nische geholt haben. Erst das Angebot in den Supermärkten hat den Bio-Boom möglich gemacht, ihr ­Anteil am Bio-Markt liegt bei zwei Drittel. ­Allerdings hat der Boom auch zur Industrialisierung der Bio-Branche geführt, zu Monokulturen, Vertragslandwirtschaft und Lobbyismus. Die gesetzlichen Mindeststandards, so der Vorwurf, würden bis in Letzte ausgereizt.

Übertriebene Werbung

Im Widerspruch dazu steht die Werbung, die ein übertrieben idyllisches Bild von Bio-Bauern zeichnet. Die Glaubwürdigkeit leidet darunter und könnte vollends verloren gehen. Umso mehr kommt dem Handel die Aufgabe zu, mit seinen Bio-Eigenmarken einen Mehrwert zu schaffen, mehr zu machen als nur "Dienst nach Vorschrift".

EU-Mindeststandards vs. Demeter-Verordnung

Bei der Untersuchung wurden die EU-Bio-Verordnung bzw. die Kriterien des Österreichischen Biozeichens als Mindeststandard bzw. "untere Benchmark" herangezogen. Als "obere Benchmark" wurde die Demeter-Verordnung gewählt – der Demeter-Bund wird als strengster aller Bio-Verbände angesehen.

Positiv: BIO vom Berg, Ja! Natürlich und Zurück zum Ursprung

Die drei Marken BIO vom Berg, Ja! Natürlich und Zurück zum Ursprung schneiden deutlich besser ab als die anderen. Sie zeichnen sich durch sehr unterschiedliche Heran­gehensweisen aus, nicht nur was den Anspruch und die Strenge der Kriterien betrifft, sondern vor allem in der strategischen Ausrichtung (siehe "Steckbriefe").

Herkunftsgesicherte Lebensmittel

Herkunftsgesicherte Lebensmittel

Die Marke "Österreich" wird von den meis­ten heimischen Konsumenten sehr geschätzt. Viele sind von der hohen Qualität und Sicherheit österreichischer Lebensmittel überzeugt ("Feinkostladen Europas") – was allerdings nicht Gegenstand dieser Untersuchung war.

Arbeitsplätze, Ressourcen, Versorgungssicherheit

Aber auch Kriterien der Nachhaltigkeit sprechen für heimische Produkte: Es geht um den Erhalt der kleinräumigen österreichischen Landwirtschaft, der Wertschöpfung und der Arbeitsplätze, weiters um die Einsparung von Ressourcen (kurze Transportwege) und um die Versorgungssicherheit. Wobei freilich erwähnt werden muss, dass Regionalität nicht mit Österreich gleichzusetzen ist.

Kleinregion oder "Österreich"-Marke

Gerade die punkto Herkunft gut aufgestellten Marken BIO vom Berg und Sutterlüty‘s definieren ihre Region abweichend von nationalen Grenzen. Erstere wird von kleinstrukturierten Betrieben aus Nord- und Südtirol beliefert, Letztere aus der Bodenseeregion. Im Sinne der Nachhaltigkeit (kurze Transportwege) ist diese Art von Regionalität den nicht weiter eingegrenzten "Österreich"-Marken vorzuziehen.

AMA-Siegel: bist zu einem Drittel importierte Rohstoffe

AMA Gütesiegel rot Gütezeichen 

Das wird auch am AMA-Gütesiegel zuweilen kritisiert: Es ist als staatliches ­Gütesiegel für Produkte österreichischer Herkunft durchaus anerkannt, aber eine klein­räumiger verstandene Regionalität lässt es vermissen. Weiterer Kritikpunkt: Ver­ar­beitete Produkte dürfen bis zu einem Mengen­anteil von einem Drittel importierte Rohstoffe enthalten – ­daher kann auch ­Bananenmilch mit dem AMA-Siegel ausgezeichnet werden.

Herkunftsmarken oder -auslobungen

Die untersuchten Herkunftsauszeichnungen orientieren sich – mit wenigen Ausnahmen – an den Bestimmungen des AMA-Güte­siegels, das daher als (untere) Benchmark herangezogen wurde. Herkunftsmarken und -auslobungen wurden getrennt voneinander dargestellt und bewertet. Nur bei Ersteren handelt es sich um Eigenmarken im engeren Sinn; bei Letzteren um Auslobungen (am ­Regal oder in Prospekten) nicht nur für ­Eigen-, sondern auch für Fremdmarken­produkte. Auslobungen umfassen meist ein wesentlich größeres Spektrum, vor allem an verarbeiteten Produkten.

Vegetarische/vegane Lebensmittel

Vegetarische/vegane Lebensmittel

Auch der Verzicht auf Tierprodukte in der Ernährung hat große Bedeutung für die Nachhaltigkeitsthematik. Die Fleischproduktion verbraucht mehr Land, mehr Wasser und mehr Energie als der Ackerbau. Die Nutztiere in der EU können nur ernährt werden, weil riesige Flächen in Südamerika oder Ost­europa für die Futterversorgung der EU ­reserviert sind. Der Verzehr tierischer Produkte wird in Deutschland für knapp 69 Prozent der ­direkten CO2-äquivalenten Emissionen durch Ernährung verantwortlich gemacht.

Das V-Label

Gesetzliche Bestimmungen gibt es für tierfreie Ernährung keine, dafür aber ein weithin anerkanntes Prüfsiegel: das Vegetarian Label (kurz "V-Label") der Europäischen Vegetarier-Union. Es unterscheidet vier Abstufungen von rein pflanzlicher Ernährung (vegan) bis zu ovo-lacto-vegetarischer, die Milchprodukte und Eier einbezieht.

Stärken und Schwächen heben sich auf

Das diente auch als ­Mindeststandard in der vorliegenden Untersuchung der zwei auf dem Markt auftre­tenden Eigenmarken (von Rewe und Spar). Wobei auch darauf Bedacht genommen ­wurde, welche zusätzlichen Aspekte (regionale, biologische Herstellung) erfüllt werden. Ergebnis: Unterschiedliche Stärken und Schwächen heben sich im Endergebnis auf.

Öko-Wasch- und Reinigungsmittel

Öko-Wasch- und Reinigungsmittel

Die Vermarktung von Wasch- und Reinigungsmitteln mit "Bio"- oder "Öko"-Eigenschaften ist gesetzlich nicht eindeutig geregelt. Das erlaubt es der Drogeriekette Müller auch, eine Eigenmarke namens "Blink bio" zu lancieren, ohne dass die Produkte extern verifiziert ­wären. Sie tragen lediglich die wenig aussagekräftige Nachhaltigkeits-Auszeichnung des Industrieverbands A.I.S.E. Müller hat ja auch, wie erwähnt, die Teilnahme an unserer Untersuchung verweigert.

Umweltzeichen ...

Für die Beurteilung der Nachhaltigkeit relevant sind jedenfalls das Europäische und das Österreichische Umweltzeichen, die in diesem Bereich praktisch idente Kriterien aufgestellt haben. Sie fokussieren auf die unmittelbaren Umwelt- und Gesundheitswirkungen von Wasch- und Reinigungsmitteln. Fragen zur Herkunft und Beschaffenheit der Rohstoffe und Vorprodukte sind nicht geregelt.

... oder Non-Food-Standard bzw. Ecogarantie

Das heißt, dass auch petrochemisch oder gentechnisch gewonnene Ausgangsstoffe enthalten sein können. Weiters sind auch Biozide zur Konservierung und Azo-Farbstoffe zugelassen. Die Umwelt­zeichen bilden somit die untere Benchmark der Untersuchung. Deutlich strenger sind der "Non-Food-Standard" der Austria Bio-Garantie (noch nicht sehr weit verbreitet) sowie das "Ecogarantie"-Gütesiegel der belgischen EcoCert, das in Bio-Fachgeschäften gut vertreten ist.

Pflanzliche Reinigungs-Substanzen

Alle untersuchten Eigenmarken bewerben die pflanzliche (nachwachsende) oder natürliche Herkunft der wasch- und reinigungs­aktiven Substanzen (Tenside und Alkohole) und gehen damit über die Umweltzeichen-Kriterien hinaus.

Auch pflanzliche Substanzen nicht unproblematisch

Zu beachten ist allerdings, dass auch pflanzliche Substanzen nicht unproblematisch sind; man denke nur an die Palmöl-Auseinandersetzung (Abholzung von Regenwäldern, Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion).

Spar und Hofer: teilweise gleicher Produzent

Im Ergebnis hat die Spar-Marke Splendid ­nature die Nase vorn, die Produkte sind allerdings auch deutlich teurer als jene der Konkurrenz von dm, Hofer und Lidl. Obwohl die infrage stehenden Artikel relativ homogen sind. Vier Spar-Produkte werden sogar vom selben Hersteller wie die von Hofer in Lohnfertigung produziert, ihre Rezeptur ist mehr oder weniger ident.

Untersuchungsergebnisse im Detail

Die Untersuchung wurde von der Forschungsstelle Wirtschaftsethik & CSR an der Universität Graz durchgeführt und kann im Internet abgerufen werden: http://uni-graz.at/fswecsr/nhhm/bericht/nhhm_bericht.pdf

Testtabelle: Bio-Lebensmittel

Testtabelle: Herkunft (Lebensmittel)

Testtabelle: Herkunft-Auslobung (Lebensmittel)

Testtabelle: Vegetarische/Vegane Lebensmittel

Testtabelle: Öko-Wasch- und Reinigungsmittel

Steckbriefe

Bio-Lebensmittel

 

BIO vom Berg (MPreis)
Partnerschaftliche Beziehung zu den Bauern. Strenge Bio-Kriterien gelten für nahezu das gesamte Sortiment. Darüber hinaus ist die Bio-Marke durch zusätzliche Aspekte angereichert: Regionalität, Saisonalität und Fairness. Beweiskraft leidet etwas unter mangelnder Transparenz. Unsicher ist, ob bei Expansion in andere Bundesländer die hohen Ansprüche gehalten werden können.

Zurück zum Ursprung (Hofer)
Der Anspruch "Bio, das weiter geht" wird eingehalten: zusätzliche strengere Kriterien für pflanzliche und tierische Produktion, wenn auch nicht ganz konsequent. Transparente Rückverfolgbarkeit der Produkte übers Internet, strenge Vergabekriterien. Punkto Beweiskraft am besten, allerdings leidet die Glaubwürdigkeit durch nicht immer nachvollziehbare Werbebotschaften.

Ja! Natürlich (Rewe)
In allen drei Dimensionen sicht­bare Verbesserung gegenüber den Mindeststandards; der Anspruch der Vorreiterschaft lässt sich durch einige Pilotprojekte begründen, aber nicht auf das Gesamtsortiment umlegen. Zusätzliche unabhängige Kontrollen, ständiger Verbesserungs- und Optimierungsprozess. Überbor­dende Marketing-Aktivitäten konterkarieren diese Bemühungen.

SPAR Natur*pur
Kein besonders hoher An­spruch, häufig begnügt man sich mit gesetzlichen Mindeststandards. Dafür gute Ansätze zur Stärkung des regionalen, saisonalen und fairen Bio-Angebots. Keine systematischen unabhängigen Überprüfungen. Punkto Weiterentwicklung zeichnet sich die Marke durch das große Sortiment und einzelne Produktinnovationen in der Verarbeitung aus.

Natur aktiv (Hofer)
Die zweite Bio-Eigenmarke im Hofer-Sortiment konzentriert sich auf die bessere Absicherung von gesetzlichen Mindeststandards in Bereichen, die von der Premium-Marke nicht abgedeckt sind.

Echt B!O (Penny)
Die kleine Schwester von Ja! Natürlich fällt hinsichtlich Anspruch deutlich hinter diese zurück. Bei der Beweiskraft profitiert man vom Bio-Qualitätsmanagementsystem des Konzerns.

Biotrend (Lidl)
Geht in keiner Hinsicht über gesetzliche Mindeststandards hinaus und verfügt über das kleinste Sortiment. Agiert somit eher als Trittbrettfahrer im Bio-Boom, kein Mehrwert (außer eventuell im Preis).

Herkunft (Lebensmittel)

 

Sutterlüty`s
Regionale Marke (für die Bodenseeregion) mit hohem Anspruch (ähnlich MPreis in Tirol), aber ohne Integration von Bio-Krite­rien. Baut auf langjährige Beziehungen mit Lieferanten.

Spar wie früher
Keine klassische Herkunftsmarke; Hauptmerkmal ist die Erhaltung traditioneller Produkte, die "heimische Produktion" ist allerdings unscharf definiert. Darunter leidet letztlich die Glaubwürdigkeit.

Ein gutes Stück Heimat (Lidl)
Die wichtigste von insgesamt acht Eigenmarken, die Bezug auf österreichische Herkunft nehmen. Fallweise Zusatzqualitäten; verspricht aber mehr, als sie halten kann.

Ich bin Österreich (Penny)
Basiert auf der Rewe-internen A/A+A-Systematik (siehe dort), steht für "typisch österreichische Rezeptur". Fraglich ist, welchen wirklichen Mehrwert die Marke generiert.

mit Leib & Seele (Adeg)
Auch die Adeg-Marke basiert auf der Rewe-internen A/A+A-Spezifika­tion. Allerdings fehlt deren entscheidender Vorteil: die klare, verständ­liche Unterscheidung in A- und A+A-Produkte.

Gutes aus der Region (Hofer)
Der Anspruch der Marke ist klar, aber gering: Brot und Gebäck, das von österreichischen Bäckern gebacken wird. Positiv die dezentrale Beschaffung, aber insgesamt kaum ein Mehrwert.

Herkunft-Auslobungen (Lebensmittel)

 

Ländle/Ländle pur (Sutterlüty)
Unterscheidung nach Wertschöpfungsanteil ähnlich wie A/A+A von Rewe. Anspruch der Regionalität auf Vorarlberg beschränkt, damit anspruchsvoller als die ­hauseigene Marke Sutterlüty‘s.

Regional-Regal (Billa)
Orientiert sich offenbar an der Rewe-internen A+A-Auslobung, wenn auch nicht so eindeutig. Insgesamt ein Kompromiss zwischen möglichst kleinräumiger regionaler Herstellung und der weiter gefassten österreichischen.

Herkunft garantiert aus Österreich (Hofer)
Steht für garantiert österreichische Herkunft von Fleisch- und Wurstwaren, an der Rückverfolgbarkeit der Produkte (wie im Bio-Bereich) wird gearbeitet. Ehrgeiziges Ziel: Künftig sollen fast alle Produkte erfasst werden.

A/A+A (Rewe)
A+A steht für 100 % inlän­dische Wertschöpfung, A für 50 %; Letztere ist damit weniger streng als das AMA-Gütesiegel. Einziger Mehrwert: die einfache, verständliche Unterscheidung.

Hergestellt in/ Qualität aus Österreich (Spar)
Auch hier werden zwei Ab­stufungen zwischen mehr oder weniger „österreichischen Produkten“ geschaffen (siehe A/A+A bei Rewe). Insgesamt erscheint die Systematik allerdings weniger streng und nachvollziehbar.

Vegetarische/Vegane Lebensmittel

 

Spar Veggie
Das gesamte Sortiment ist mit dem V-Label gekennzeichnet, 80 % darüber hi­-naus bio und/oder aus Österreich. Gefahr der Ausdünnung durch zu viele neue (fragwürdige) Produkte.

Vega Vita (Rewe)
Strikt vegane Eigenmarke und damit enger positioniert als Veggie. 60 % der Produkte sind aktuell bio, 67 % stammen aus Österreich. Insgesamt weniger ambitioniert, dafür aber solider als Veggie.

Öko-Wasch- und Reinigungsmittel

 

Splendid nature/bio (Spar)
Punktet mit österreichischer ­Produktion und dem ersten Bio-Waschmittel im Supermarkt. ­Keine Nachfüllsysteme. Handspülmittel enthält allergenen Azo-Farbstoff. ­Preise durchwegs höher als die der Mitbewerber.

Denkmit nature (dm)
Umfasst mit 9 Produkten das größte Sortiment und bietet als einzige Marke Nachfüllpacks an (die auch deutlich billiger sind). Negativ fällt auf, dass die Geschirr Reiniger Tabs kein Umweltzeichen tragen.

Alio eco (Hofer)
Auch Hofer lässt in Österreich produzieren, nur bei Handspülmittel „sensitiv“ Verzicht auf problematische Azo-Farbstoffe, keine Nachfüllsysteme.

W5 Eco (Lidl)
Mit drei Produkten das kleinste Sor­timent, wenig entwickelt. Beschränkung auf kon­zentrierte Reiniger (daher keine Nachfüllpacks). Umstrittener Farbstoff im Spülmittel.

Außer Konkurrenz: "Pro Planet"

Das Rewe-Label Pro Planet passt in keine der definierten Produktkategorien. Aufgrund seines expliziten Bezugs zur Nachhaltigkeit und seiner Bedeutung wurde es aber außer Konkurrenz einer Bewertung unterzogen.
Pro Planet soll ein Label für nachhaltige Produkte aus konventioneller Produktion sein. Es ist auf keine Produktgruppe beschränkt und umfasst auch Nicht-Lebensmittel wie Küchenrollen oder Schnittblumen. Ausgezeichnet sollen Produkte werden, die Mensch und Umwelt weniger belasten.

Innovativ aber teilweise geringe Verbesserungen

Vom Ansatz her ist das Label somit durchaus innovativ und schließt eine Lücke, weil es ökologische und soziale Nachhaltigkeitsaspekte umfasst. Auch die Einhaltung arbeits- und sozialrechtlicher Normen in Österreich soll sichergestellt werden. Problematisch ist allerdings die Dehnbarkeit des Begriffs Nachhaltigkeit. So reichen die im Pro-Planet-Programm definierten Verbesserungen in der Hühnermast nicht annähernd an Bio-Mindeststandards heran.

Ehrgeiziges Experiment

Also insgesamt ein ehrgeiziges Experiment, das noch in der Anfangsphase steckt. Ob es seinen Anspruch, das konventionelle Sortiment nachhaltiger zu machen, einlösen kann, wird sich erst in den nächsten Jahren zeigen.

Zusammenfassung

  • Mehrwert. Eigenmarken von Handelsunternehmen sind nur dann gerechtfertigt, wenn sie über die Mindeststandards bestehender Gütesiegel hinausgehen oder verschiedene Aspekte von Nach­haltigkeit kombinieren. Sonst tragen sie nur zur Verdichtung des Gütesiegel-Dschungels bei.
  • Wenige ragen heraus. Mehrheitlich bleibt der Mehrwert der Eigenmarken beschränkt. Einige können allerdings wirklich für sich beanspruchen, einen nachhaltigen Mehrwert zu schaffen. Den besten Beitrag leisten die regionalen Supermarktketten Tirols und Vorarlbergs.
  • Defizite. Die bestehenden Eigenmarken setzen sich im wesentlichen Umwelt-, Tierschutz- oder Regionalitätsstandards zum Ziel. Was generell fehlt, sind kon­krete Zielsetzungen zur sozialen Gerechtigkeit oder zu menschenwürdigen Arbeitsbedingungen. Über die Einhaltung solcher sozialer Kriterien kann daher keine Aussage getroffen werden.

Testkriterien

Der Ethik-Test wurde im Auftrag des VKI von der Forschungsstelle Wirtschaftsethik & CSR/Universität Graz durchgeführt. Untersuchungsgegenstand waren Eigenmarken (Gütesiegel) nachhaltiger Produkte in Lebensmittel- und Drogeriemärkten. Die Erhebung dauerte von Juni bis September 2013.

Folgende Instrumente kamen dabei zum Einsatz:

  • schriftliche Befragung zu den einzelnen Eigenmarken
  • ergänzende schriftliche oder mündliche Klärung offener Fragen
  • Dokumentenanalyse von Leitbildern, Berichten, Unternehmenskommunikation, Werbung usw.
  • Interviews mit Experten
  • Analyse internationaler Beispiele guter Praxis
  • Sekundäranalyse relevanter wissenschaftlicher Untersuchungen

Zentrales Erhebungsinstrument der Studie war ein umfassender Fragebogen, der anhand von 15 Einzelfragen Vergabekriterien, Markenentwicklung und Prüfkriterien der einzelnen Eigenmarken ermitteln sollte.

Analyse und Bewertungskriterien
Die Untersuchung geht davon aus, dass Eigenmarken gegenüber firmenunabhängigen Gütesiegeln einen Mehrwert an Nachhaltigkeit aufweisen müssen, der in der Untersuchung in drei Dimensionen aufgeschlüsselt wurde:

Anspruch
Operationalisiert Anforderungen an die Qualitat der ausgezeichneten Produkte: Es geht hier um die Wesentlichkeit, den Umfang und die Strenge der inhaltlichen "Vergabekriterien" – also letztlich um die Validität (Gültigkeit) des damit verbundenen Anspruchs auf "Nachhaltigkeit". "Wesentlichkeit" zielt dabei auf die Frage, inwieweit zusätzliche Kriterien nachhaltigkeitsrelevant sind, "Umfang" auf die Integration verschiedener Nachhaltigkeitsdimensionen und "Strenge" auf den jeweiligen Abstand zu Mindestanforderungen.

Bei Bio-Lebensmitteln etwa stellt sich die Frage, ob eine Eigenmarke zusätzliche relevante Qualitätsanforderungen spezifiziert, wie weit diese über den gesetzlichen Bio-Standard hinausgehen und ob dabei auch andere Anforderungen an Nachhaltigkeit – etwa bei der Verpackung, der regionalen Herkunft oder den Arbeitsbedingungen – berücksichtigt werden. Bei Öko-Reinigern stellt sich konkret die Frage, inwieweit der gesamte Produktlebenszyklus berücksichtigt wird, wie weit die Qualitätsanforderungen wiederum Mindeststandards übertreffen und ob sie ebenfalls andere – soziale und ökonomische – Nachhaltigkeitsaspekte berücksichtigen.

Beweiskraft
Operationalisiert Anforderungen an die zur Sicherstellung dieses Anspruchs eingerichteten Prozesse: Es geht hier um Unabhängigkeit, Dichte und Transparenz entsprechend den "Prüfkriterien" – also letztlich um die Reliabilität (Verlässlichkeit) des Anspruches auf "Nachhaltigkeit". "Unabhängigkeit" zielt dabei auf die Autonomie und Kompetenz der Prüfstellen, "Dichte" auf die Lückenlosigkeit und Tiefe, "Transparenz" auf die Nachvollziehbarkeit des Prüfprozesses, aber auch drauf, ob der (etwa durch Werbung angemeldete) Anspruch der Auslobung damit klar nachvollziehbar ist.

Bei Bio-Lebensmitteln stellt sich hier z.B. die Frage nach etwaigen Abhängigkeitsverhältnissen im Prüfprozess, nach der Kontrolldichte und der Rückverfolgbarkeit des Warenflusses – aber auch nach der Nachvollziehbarkeit des beworbenen Anspruchs.

Weiterentwicklung
Operationalisiert Anforderungen an einen diese Produkte und Prozesse betreffenden kontinuierlichen Verbesserungsprozess: Es geht hier um die Frage der Entwicklung von Produkt- und Prüfkriterien, Produkten und ProduzentInnen – also letztlich um die Weiterentwicklung der Marke. "Kriterien" betrachtet die beiden anderen Dimensionen unter dem Aspekt der Markenentwicklung, die darüber hinaus auch Innovation in der "Produkt-" und "Produzentenentwicklung" (v.a. in der Urproduktion) erfordert.

Bei Bio-Produkten stellt sich hier z.B. die Frage, inwieweit sich die Markenentwicklung – vor dem Hintergrund massiver Kritik an "Supermarkt-Bio" – mit bestehenden Defiziten auseinandersetzt, in welche Richtung die Markenentwicklung geht und welche Zielsetzungen, Ressourcen und Kompetenzen es gibt.

Gewichtung und Bewertung
Als Bewertungsmaßstab wurden für jede Gütesiegel-Kategorie spezifische Benchmarks eingesetzt.

Untere Benchmarks
Untere Benchmarks sind die relevanten (gesetzlichen oder privatwirtschaftlichen) Mindeststandards für die jeweilige Produktauslobung. Diese Mindestanforderungen bilden den Ausgangspunkt – oder quasi den "Nullpunkt" – der Bewertung. Dieser "Nullpunkt" wird auf der Bewertungsskala bei 50 % (Note "C") angesiedelt.

Obere Benchmarks
Die oberen Benchmarks unserer Bewertung sind demgegenüber besonders anspruchsvolle Produktlabels: darunter unabhängig vergebene Gütesiegel, fallweise auch internationale Beispiele guter Praxis oder auch eine Kombination verfügbarer Labels.

Die Bewertungsskala reicht von "A" bis "E" und lässt folgende verbale Bewertung zu:

- "A" (80 bis 100 %) bezeichnet eine Eigenmarkenpolitik, die in den meisten Bereichen weit über gesetzliche Mindestanforderungen hinausgeht und unterschiedliche Nachhaltigkeitsanforderungen miteinander verbindet.

- "B" (60 bis <80 %) bezeichnet eine überdurchschnittliche Performance, die gegenüber bestehenden Mindeststandards einen deutlichen Mehrwert für Produzent und Konsument im Hinblick auf "Nachhaltigkeit" bietet.

- "C" (40 bis <60 %) bezeichnet eine Eigenmarkenpolitik, die gegenüber bereits bestehenden, unabhängigen Prüfsystemen einen geringfügigen Mehrwert bietet.

- "D" (20 bis <40 %) bezeichnet eine Eigenmarkenpolitik, die bestehende gesetzliche Regelungen kopiert und auch keine eigenständige Produktentwicklung vorsieht.

- "E" (0 bis <20 %) bezeichnet eine Eigenmarkenpolitik, die hinter gesetzliche Regelungen zurückfällt und damit v.a. zur Desinformation der VerbraucherInnen beiträgt.

Zur weiteren Differenzierung wurden die "Endnoten" mit "+" (obere 5 %) oder "–" (untere 5 %) gekennzeichnet.

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