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Jeanshersteller im Ethik-Test - Hosen runter!

, aktualisiert am

Eine Untersuchung der sozialen und ökologischen Bedingungen in der Jeansverarbeitung ­offenbart eine relativ klare Trennung zwischen (ganz) gut und (ziemlich) böse.

Bild: Clean Clothes 

Kaum ein Konsumprodukt ist so weit verbreitet wie Jeans. Fast jeder trägt sie. In den wohl­habenderen EU-Staaten liegt der Pro-Kopf-Verbrauch bei einem Paar pro Jahr. Im Durchschnitt kaufen 78 Prozent aller EU-Bürger ein Paar Jeans im Jahr, auf 390 Millionen Paar wird der Gesamtabsatz in der EU für 2007 geschätzt, im Wert von 14 Milliarden Euro.

Trend in Richtung Dritte Welt

Immer noch ist Italien ein bedeutender Jeans-Produzent, der größte in der EU, gefolgt von Spanien, Portugal und Rumänien. Doch die Entwicklung geht eindeutig in Richtung Dritte Welt. Vor allem die Importe aus China, aber auch aus Indien wiesen zuletzt hohe zweistellige Zuwachsraten auf. Die ­ungleich niedrigeren Lohnkosten will sich keiner entgehen lassen.

Umweltverschmutzung und miserable Arbeitsbedingungen begleiten die Jeansherstellung von der Rohstoff-Gewinnung bis zur Auslieferung des Endproduktes:

  • Baumwollanbau:  7.000 Liter Wasser müssen für die Produktion von einem Kilogramm Baumwollfasern aufgewendet werden, ebenso enorm ist der Einsatz von Schädlingsbekämpfungsmitteln – 10 Prozent aller Pestizide weltweit werden im Baumwollanbau verwendet.
  • Stoffproduktion: Die Garnerzeugung ist energieintensiv und benötigt ebenfalls eine große Menge unterschiedlicher Chemikalien. Das Waschen und Färben der Stoffe verschmutzt die Gewässer, weil die chemischen Farbstoffe oft ohne jede Aufbereitung entsorgt werden; die Arbeitskräfte sind den krebserregenden oder allergieauslösenden Stoffen oft schutzlos ausgeliefert.
  • Jeansfertigung: Hier ist es vor allem die Endbearbeitung, die eine massive Gefährdung für Mensch und Umwelt mit sich bringt. Zu trauriger Publizität ist in der letzten Zeit das Sandstrahlverfahren gelangt, das Tausende Arbeiter mit dem Erstickungstod bedroht (siehe rechts "Tod durchs Sandstrahlen").

Modisch oder nachhaltig?

Verstreute Begleiterscheinungen

Wie viel Blut im Laufe ihrer Entstehung geflossen ist und wie viel Dreck sie hinterlassen, sieht man den schicken Beinkleidern in den Aus­lagen der Flagship-Stores nicht an. Selbst engagierte Hersteller sind nicht in der Lage, sich ein komplettes Bild über das Ausmaß dieser negativen Begleiterscheinungen zu machen, weil die einzelnen Fertigungsschritte in zahlreichen, oft über die halbe Welt verstreuten Produktionsstätten erfolgen.

Modisch oder nachhaltig

Einer sozial und ökologisch verträglichen Herstellung von modischer Bekleidung steht auch das Credo der Fashion-Industrie im Weg, die sich rühmt, blitzschnell auf kurzlebige Trends zu reagieren. Da muss die Produktion jederzeit rasch und kostengünstig umgestellt werden können. Nachhaltiges Produzieren braucht hingegen Zeit, nur bei langfristigen Handelsbeziehungen können Umweltinvestitionen getätigt und Arbeitnehmerrechte eingehalten werden.

Fertigungsbedingungen im Test

Zusammen mit acht anderen europäischen Verbraucherorganisationen haben wir eine Untersuchung in Auftrag gegeben, die herausfinden sollte, wie engagiert Hersteller und Vertreiber von Jeans in ihrem Bemühen sind, in ihrem Einflussbereich wenigstens Mindeststandards durchzusetzen. Dabei haben wir uns auf die Fertigung der Hosen beschränkt, also auf Zuschneiden, Nähen, Endbearbeitung und Auslieferung; die vorgelagerten Stufen Baumwollanbau, Garn- und Stoffproduktion blieben unberücksichtigt – sie sind von den Markenfirmen noch viel schwerer zu kontrollieren.

Mode- und Eigenmarken

Ausgewählt wurden Jeans- bzw. Modemarken (Levi‘s, Diesel, Boss) sowie Handelskonzerne mit Eigenmarken (H&M, Zara, KiK). Von den 13 hier veröffentlichten Jeansan­bietern zeigten sieben keine Reaktion oder lehnten eine Kooperation ab, sechs hingegen beantworteten die umfangreichen Frage­bögen und erlaubten den Besuch von Produktionsstätten.

H & M: engagiert - Diesel: verweigert

Besonders augenfällig am Ergebnis ist, dass diejenigen Unternehmen, die in Sachen ­gesellschaftliche Verantwortung (CSR – Corporate Social Responsibility) aktiv sind, auch bereit waren, an dieser Untersuchung teil­zunehmen. Während auf der anderen Seite Unternehmen, deren CSR-Politik nach allen verfügbaren Informationen nur als marginal oder bestenfalls unterdurchschnittlich bezeichnet werden kann, eine offene Auseinander­setzung mit dem Erhebungsteam scheuten.

Unternehmen, die sich von uns nicht gerne in die Karten blicken lassen, sind auch gegenüber der breiten Öffentlichkeit sehr verschwiegen – interessierten Konsumenten wird auf den Unternehmens-Websites nur wenig Erhellendes in Bezug auf gesellschaftliche Verantwortung geboten (siehe Tabelle - Spalte "Information").

Unternehmens- und Sozialpolitik, Umwelt

Der einzige Bereich, wo auch nicht partizipierende Firmen mithalten können, ist die Behandlung der Beschäftigten im eigenen Unternehmen. Im Speziellen ist es Hugo Boss, der hier vor allem auf ein Bekenntnis zu Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz verweisen kann.

Die beste Unternehmenspolitik findet sich bei der schwedischen Handelskette Hennes & Mauritz. Im Bereich Sozialpolitik folgen Zara und Levi‘s auf den Plätzen, in Umweltagenden sind es Jack & Jones und abermals Levi‘s.

Die Praxis sieht anders aus

Die Praxis in den Produktionsstätten ist allerdings im Allgemeinen schlechter, wobei vor allem die Umweltaktivitäten zu wünschen übrig lassen. Sehr schwach sind vor allem die Maßnahmen zur Reduktion der Umweltverschmutzung.

Missstände gibt es aber auch immer wieder bei den Arbeitsbedingungen: 13 Tage Arbeit ohne einen einzigen freien Tag, vorenthaltene Überstundenzahlungen oder jener Vorfall, der damit endete, dass 20 Arbeiter kollabierten – sie mussten in ­einem geschlossenen Raum bei Temperaturen über 50 Grad mit Chemikalien hantieren; die Fenster blieben zu, damit die teuren ­Chemikalien nicht entweichen konnten.

Verantwortung für ganze Wertschöpfungskette

Ist schon die Verantwortlichkeit gegenüber den direkten Lieferanten gering, so sinkt ­diese noch weiter, wenn man die Ebene der Sublieferanten betrachtet. Das Prinzip, dass Großkonzerne Verantwortung für die gesamte Wertschöpfungskette tragen, ist gerade in der Textilbranche nicht sehr ausgeprägt.

Diesel, Lee und Wrangler verweigern Auskunft

Fazit

Im Endergebnis gibt es eine recht klare Zweiteilung: Die "Pioniere" liegen recht knapp beisammen, den Ersten trennen vom Sechstplatzierten gerade einmal zwölf Prozentpunkte – ihre Performance ist als eher ­durchschnittlich zu bezeichnen. Vier Marken können zwar auf die Note B verweisen, haben diese allerdings nur knapp erreicht.

Auf der anderen Seite stehen die Verweigerer, die auch tatsächlich wenig zu bieten haben – sie verdienen durchwegs ein klares E, die schlechteste Note in der fünfteiligen Skala. Angeführt wird die Branche von Hennes & Mauritz, der preiswerten und dennoch trendigen Handelskette aus Schweden.

Keine Änderungen bei den Verweigerer 

Unser letzter Jeans-Test liegt schon fast ein Jahrzehnt zurück. Auch damals, mit deutlich beschränkterem Kriterienkatalog (keine Vor-Ort-Untersuchungen in Produktionsstätten) hatte H & M die ­Nase vorn, gefolgt von Levi‘s. Und auch damals hatten Diesel, Lee und Wrangler jede Auskunft verweigert.

Was vor Ort aufgefallen ist

Generell gibt es in der Endbearbeitung große Mängel, die Nassverarbeitung (mit Schleifen, Sprühen, Kunstharz- oder Laserbehandlung, Sandstrahlverfahren) birgt ein hohes Gesundheitsrisiko, dem nicht entsprechend Rechnung getragen wird. In den besuchten Fabriken mangelte es an effizienten Abgas- und Ventilationsanlagen, es gab zu wenige Gesundheitschecks, gefährliche Chemikalien wurden allzu bedenkenlos eingesetzt.

Eigeninitiative verbesserungswürdig

Außerdem zeigte die Vor-Ort-Untersuchung, dass eine an sich erfreuliche Entwicklung auch Risiken in sich birgt. Mehr und mehr Unternehmen setzen auf Zertifizierungen wie GOTS (Global Organic Textile Standard – eine Art umfassendes Biolabel mit sozialen Komponenten) oder Fairtrade, oder aber sie arbeiten mit durchaus seriösen Organisationen wie Fair Wear Foundation oder Made-By zusammen, die die Einhaltung sozialer und ökologischer Mindeststandards in der Wertschöpfungskette überprüfen.

Es scheint nun, dass sie im Vertrauen auf deren guten Ruf ­eigene Bemühungen vernachlässigen, die Umwelt- Gesundheits- und Sicherheitsbedingungen zu kontrollieren bzw. zu verbessern. Manchmal beschränken sich CSR-Maßnahmen darauf, Abschriften des Verhaltenscodex am Werksgelände auszuhängen. Man muss allerdings den verschiedenen Initiativen zubilligen, dass sie erst am Beginn stehen und das Monitoring-System noch nicht voll funktionsfähig ist.

Nachtrag: KiK und zweites Werk von H&M nachgetestet

Nach dem Ende unserer Erhebungen erklärte sich die Unternehmensführung von KiK bereit, ein Produktionswerk in Bangladesch überprüfen zu lassen. Außerdem wurde von Branchenprimus H&M ein zweites Werk besichtigt.

KiK wird durchschnittlich

Zunächst hatte es die KiK-Unternehmensführung abgelehnt, an der Erhebung teilzunehmen. Im Lauf des Juni 2011 zeigte sie sich letztlich doch einsichtig und stellte Unterlagen zur Verfügung, offene Fragen konnten in Telefongesprächen geklärt werden. Außerdem wurde die Bewilligung erteilt, dass unser Erhebungsteam ein Werk in Bangladesch inspizieren darf.

Ergebnis: Es gibt eine akzeptable Unternehmenspolitik in Sachen CSR. Doch in der Umsetzung bleiben noch viele Mängel bestehen. Die Ergebnisse der Werksüberprüfungen werden nicht veröffentlicht. Die Informationen über das Produktionswerk waren lückenhaft,
das Untersuchungsteam erhielt keinen Zutritt zum Nassbereich der Produktion.

Insgesamt erreicht KiK damit knapp der Hälfte der erzielbaren Punkte (49 %) und landet damit im Mittelfeld – als eines von vier durchschnittlichen Unternehmen (Note C).

H&M-Werk in Bangladesch

Zu Vergleichszwecken wurde von H&M neben dem Werk in China ein zweites inspiziert, in Bangladesch. Es zeigten sich ähnliche Mängel im Umweltbereich. In sozialer Hinsicht erscheint die Situation besser, wenngleich die Einhaltung der Arbeitszeitbestimmungen nur unzureichend kontrolliert wird, ähnliches trifft für Anti-Diskriminierungsmaßnahmen zu.

Insgesamt schnitt H&M Bangladesch damit etwas besser als H&M China ab (70 gegenüber 64 % der möglichen Punkte), wobei dies vor allem auf die besseren Sozialbedingungen im Produktionswerk zurückzuführen ist. Die Ergebnisse auf Unternehmensebene (Unternehmenspolitik, Transparenz,…) bleiben ja unverändert.

Testtabelle: Jeanshersteller im Ethik-Test

Kurzbeschreibungen

Im Folgenden Kurzbeschreibungen der getesteten Jeanshersteller; Details finden Sie in der Tabelle.

1 - H&M 2 - Zara 3 - Jack & Jones

Die schwedische Handelskette ist auch unter den Jeansherstellern die Nummer 1 in Sachen CSR. Sehr gute Unternehmenspolitik, sie wird auch gut kommuniziert. Doch in der Praxis zeigen sich Mängel: übermäßige und schlecht bezahlte Überstunden, keine Arbeitsverträge für Zeitarbeiter.

Starke Maßnahmen im Sozialbereich, wenn auch inadäquate Kontrollmöglichkeiten. Umweltpolitik erst in der Entwicklung, schwache Arbeitsplatzkontrollen. Februar 2011: 300 Arbeiter in Kambodscha wurden ent­lassen, als sie Lohnerhöhungen gefordert hatten.

Gehört zu Bestseller, einem dänischen Familienunternehmen. Gute Unternehmenspolitik findet auch in konkreten Maßnahmen im Sozialbereich ihren Niederschlag. 2006/2007 gab es jedoch eine Kampagne gegen Arbeiter einer türkischen Fabrik, die sich organisieren wollten.

4 - Levi's 5 - Nudie Jeans 6 - G-Star Raw

Die Traditionsmarke könnte weiter vorne liegen, doch die restriktive Informationspolitik hat ein besseres Resultat verhindert. Positiv hervorzuheben sind konkrete Maßnahmen im Sozialbereich (z.B. Information der Beschäftigten) und die Oeko-Tex-Zertifizierung.

Das schwedische Unternehmen kooperiert mit der Fair Wear Foundation, es gibt aber keine Dokumentation. Bevorzugt Bio-Baumwolle und GOTS-zertifizierte Stoffe, aber die Produk­tion wird unzureichend überwacht. In italienischem Werk wird nach wie vor sandgestrahlt.

Erfolge bei der Einhaltung der ILO-Mindeststandards. Aber unzureichendes internes Managementsystem. Großer Verbesserungsbedarf beim Abfallmanagement.

7 - 7 for all mankind 8 - Lee 9 - Wrangler

Mutterkonzern VF Corporation (USA) verpflichtet sich zu CSR, aber es gibt nur eher vage Bekenntnisse auf Konzern­ebene, über die Marken sind keine Infos verfügbar. Der letzte CSR-Report stammt aus 2005. In einer Fabrik wurden Anzeichen von Sandstrahlbehandlung gefunden.

Mutterkonzern VF Corporation (USA) verpflichtet sich zu CSR, aber es gibt nur eher vage Bekenntnisse auf Konzern­ebene, über die Marken sind keine Infos verfügbar. Der letzte CSR-Report stammt aus 2005. Ende 2010: 25 Tote bei Brand in einer Fabrik in Bangladesch.

Mutterkonzern VF Corporation (USA) verpflichtet sich zu CSR, aber es gibt nur eher vage Bekenntnisse auf Konzern­ebene, über die Marken sind keine Infos verfügbar. Der letzte CSR-Report stammt aus 2005. Proteste wegen ethisch bedenklicher Werbung.

10 - KiK 11 -  Hugo Boss 12 - Kuyichi

Immer wieder negative Meldungen (schlechte Arbeitsbedingungen, Ausspionieren von Arbeitskräften). Im Vorjahr hat KiK erstmals Fehler eingeräumt und bemüht sich seither um Imageverbesserung. Bekennt sich zu CSR-Grundsätzen, bleibt aber Details und Nachweise schuldig.

Das deutsche Bekleidungs­unternehmen verpflichtet sich zu CSR-Grundsätzen. Details betreffend die Umsetzung fehlen aber zur Gänze. Sowohl über das eigene Unternehmen als auch über die Wertschöpfungskette existieren keine öffentlich zugänglichen Informationen.

Auch das zweite niederländische Unternehmen arbeitet mit Made-By zusammen. Hat aber auf unsere Anfrage nicht einmal reagiert. Auch sonst sind keine Details über die CSR-Politik und deren Umsetzung zugänglich. Einzig der Einsatz von Bio-Baumwolle wird öffentlich deklariert.

13 - Diesel

Von der italienischen Designer-Marke ist so gut wie nichts bekannt, weil sie sich beim Thema CSR sehr verschlossen gibt. Bekennt sich auch nicht öffentlich zum Verbot des Sandstrahlverfahrens, soll aber einen Ausstieg planen.

   

Tod durch Sandstrahlen

Stonewashed ist out, sandgestrahlt ist in. Die Sandstrahltechnik lässt neuen Jeansstoff alt und verschlissen aussehen. Viele Jeansträger lassen sich einreden, dass das schick sei. Der Vorteil für die Produzenten: Sandstrahlen ist viel billiger als die Stonewash-Methode. Für die Arbeiter ist es weder schick noch billig: Sie bezahlen allzu oft mit ihrem Leben.

Jeanshersteller im Ethiktest: Arbeiter müssen Hosen sandstrahlen (Bilder: G.Burkhardt, Altemeier & Hornung) 

Quarzhaltiger Sand wird mit hohem Druck auf den Stoff geblasen. Dabei gelangen große Mengen von Sandstaub in die Luft – und in die Lungen der Arbeiter. Schon nach 6 bis 12 Monaten kann dies zu einer unheilbaren und häufig tödlichen Krankheit führen: Silikose (Staublunge). Da den Arbeitern oft keine Schutzausrüstung zur Verfügung gestellt wird, können sie ihr Gesicht nur notdürftig mit einem Tuch verhüllen.

Verbote mit Wenn und Aber

Allein in der Türkei sind mindestens 40 Sandstrahlarbeiter an Silikose gestorben. Mittlerweile ist die Sandstrahltechnik dort verboten. Die Produktion dürfte jedoch in ­Hinterhöfen weitergeführt werden, oder aber sie wurde in andere Länder – Ägypten, Jordanien, ­China, Indien oder Bangladesch – ausgelagert.

Die meisten großen Jeansproduzenten haben sich zum Verzicht auf die Sandstrahltechnik bekannt, ganz im Gegensatz zu den Nobelmarken (u.a. Armani, ­Dolce & Gabbana, Versace), denen die öffentliche Meinung herzlich egal zu sein scheint. Unter den von uns getesteten Firmen bekennen sich die meis­ten zum Verbot, von einigen ist keine Stellungnahme bekannt, nur Diesel möchte sich für den Ausstieg noch Zeit lassen. Viele Lieferanten halten ihre Sandstrahlabteilung dennoch weiter in Betrieb; das rechtfertigen sie damit, dass es andere Auftrag­geber gebe, die auf sandgestrahlte Jeans nicht verzichten wollten. In der Tat haben wir in einigen ­Werken deutliche Hinweise dafür vorgefunden.

Testkriterien

Die Untersuchung der Jeans-Hersteller wurde im Rahmen einer internationalen Kooperation von einer branchenkundigen Audit-Organisation durchgeführt. Ausgewählt wurden große, international tätige Markenfirmen.

Fragebogen, Besichtigungen, Unterlagen

Die Untersuchung basiert auf 32 Kriterien zur sozialen und ökologischen Unternehmensverantwortung, jedes davon unterteilt in eine Reihe von Subkriterien. Jedes Unternehmen erhielt einen umfangreichen Fragebogen.
Sachdienliche Unterlagen, die die Unternehmen zur Verfügung stellten, wurden überprüft; mit den Verantwortlichen in der Unternehmenszentrale wurden ausführliche Gespräche zu offenen Fragen geführt.

Bei Zustimmung durch das Unternehmen wurde eine Expertenbesichtigung einer Produktionsstätte (Herstellung der Jeans vom Zuschneiden bis zur Endbearbeitung) durchgeführt; Unterlagen (wie Gehaltslisten, Arbeitszeitaufzeichnungen, …) wurden gesichtet, um die Antworten auf dem Fragebogen zu überprüfen. Mit Zustimmung des Unternehmens wurden darüber hinaus Arbeiter auf dem Werksgelände interviewt, wobei die Prüfer ihre Interviewpartner auswählen konnten.

Wurden weder der Fragebogen beantwortet noch Besichtigungen und Interviews gewährt, so erfolgte die Beurteilung des Unternehmens nach den öffentlich zugänglichen Informationen. Bewertet wurden außerdem die Unternehmenspolitik, die Bereitschaft zur Kooperation und der Internetauftritt.

Erhebungszeitraum: Jänner bis Juni 2011.

So wird beurteilt

Die Erfüllung jedes einzelnen Kriteriums wird in 5 Abstufungen beurteilt – von umfassend bis unzureichend erfüllt.
Zusätzlich wird eine Gewichtung durchgeführt: Je nach Nachweisbarkeit der zur Verfügung stehenden Informationen werden die Beurteilungen der Einzelkriterien mit einem Faktor zwischen 0,1 und 1 gewichtet.

Die Nachweisbarkeit wird danach bewertet, in welchem Maße die Informationen dokumentiert wurden (durch zur Verfügung gestellte Unterlagen, öffentlich zugängliche Reports, …) bzw. durch die unabhängigen Prüfer in der Vor-Ort-Untersuchung bestätigt werden konnten.

Daraus ergibt sich, dass Unternehmen, die eine Teilnahme an der Untersuchung verweigern, nur eine sehr niedrige Beurteilung erhalten können.

Dargestellt werden die Gruppenurteile und das Gesamturteil in einer fünfstufigen Skala von A bis E. Stufe A bedeutet, dass zumindest 80 Prozent aller Kriterien erfüllt sein müssen; E am anderen Ende der Skala steht für ein Ergebnis, in dem unter 20 Prozent der Kriterien erfüllt wurden.

Die Kriterien im Einzelnen:

  • Soziales (in den Produktionsstätten): Bewertet wurden soziale Mindeststandards für die Fertigung: die Definition von Anforderungen (betreffend z.B. Mindestlohn, Überstundenregelung, Gesundheit, Sicherheit), deren Kommunikation und die Überprüfung der Einhaltung der Anforderungen.
  • Umwelt (in den Produktionsstätten): Bewertet wurden ökologische Anforderungen an die Produktionsstätten (Vorhandensein eines Umwelt-Management-Systems), die Definition von Anforderungen (Zielsetzungen zum Energieeinsatz, zur Abwasserbehandlung, spezifische Anforderungen im Färbereiprozess, u.v.a.m.), deren Kommunikation und deren Überprüfung.
  • Unternehmenspolitik (auf Unternehmensebene): Überprüft wurden unter anderem Leitlinien zum sozialen und ökologischen Handeln, zur Verankerung des Umweltschutzes, zur Umsetzung sozialer bzw. ökologischer Beschaffungsrichtlinien sowie zum Engagement in Sozial- und Umweltprojekten.
  • Umgang mit dem Personal (auf Unternehmensebene): Bewertet wurde das Vorhandensein von Leitlinien und Maßnahmen für freiwillige Sozialleistungen, im Besonderen familienfreundliche Angebote und Gesundheitsförderung.
  • Transparenz (auf Unternehmensebene): Einbezogen wurden öffentlich zugängliche Berichte, die Teilnahme an der Befragung, die Bereitschaft zur Überprüfung beim Anbieter und in dessen Fertigung, die Genehmigung von Arbeiterinterviews, der Austausch mit Interessengruppen (NGOs).
  • Konsumenteninformation (auf der Homepage): Ausgewertet wurden Informationen zum Thema CSR (soziales und ökologisches Engagement) auf den internationalen Websites der Unternehmen (in der Regel in englischer Sprache).

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Aus dem Inhalt

  • Lebensmittel: fair und natürlich
  • Lifestyle: modisch, aber ökologisch
  • Mobilität, Tourismus, Freizeit
  • Nachhaltigkeit im Haushalt
  • Abfall vermeiden, Ressourcen schonen
  • Trend: gemeinsam nutzen statt besitzen

160 Seiten, 14,90 € + Versand

KONSUMENT-Buch: Nachhaltig leben (Bild:VKI)

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