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ÖBB: Fahrscheinautomaten - Nichts für Computermuffel

Die neuen ÖBB-Fahrscheinautomaten sind nun in 350 Bahnhöfen aufgestellt. Trotz einiger Verbesserungen geben sie immer noch manches Rätsel auf.

350 Automaten sind genug

Des einen Freud, des anderen Neid: „Obwohl kein Automat vorhanden (bzw. „der Automat defekt“) war, wurde mir der Ticketpreis nicht wie am Fahrkartenautomaten mit 50 Prozent Rabatt sondern mit nur 45 Prozent berechnet“, lautet die am häufigsten wiederkehrende Beschwerde in den zahlreichen Briefen von Bahnkunden mit Vorteilscard. Die ÖBB haben es geschafft, den neuen Touch-Screen-Automaten aufgrund des Selbstbucherbonus (10 Prozent mehr Rabatt für Vorteilscard-Besitzer) rasch eine hohe Akzeptanz zu verschaffen.

Zwei-Klassen-Gesellschaft

Doch nur 350 Bahnhöfe wurden mit Automaten ausgestattet, und mehr ist auch nicht geplant. Bis Ende 2004 werden noch 105 Fahrkartenautomaten in Regionalverkehrszügen installiert. So wird die „2-Kassen-Gesellschaft“ bei ÖBB-Kunden – und die Beschwerden darüber – Teil des Bahnalltags bleiben.

Mehr Bedienungsfreundlichkeit

Es fällt positiv auf, dass die ÖBB seit unserem ÖBB-Automatentest im letzten Jahr (siehe dazu: Weitere Artikel - "ÖBB-Fahrkartenautomaten") kontinuierlich an der Verbesserung der Benutzerfreundlichkeit der Automaten arbeiten. So wurde die Zahl der Bedienungssprachen von vier auf neun ausgeweitet: zu Deutsch, Englisch, Französisch und Italienisch kamen Ungarisch, Kroatisch, Tschechisch, Slowakisch, Slowenisch hinzu.

Von oben nach unten Zahlungsmöglichkeiten Wie weitergehende Hilfestellung aussehen könnte, zeigt eine Verbesserung, die seit Ende Juni 2003 installiert ist: Wartet jemand nach Wahl der Fahrkarte mit dem Zahlen mehr als 30 Sekunden, wird ein Kurzfilm eingespielt, der zeigt, wo die Münzen einzuwerfen beziehungsweise Papiergeld oder Kreditkarten einzustecken sind. Seit Ende Juli 2003 akzeptieren die Automaten laut ÖBB auch 20-Cent-Münzen als Zahlungsmittel. Zu Geduld raten die ÖBB, wenn der Automat vermeintlich nicht genug Retourgeld auswirft: Speziell, wenn das Rückgeld aus verschiedenen Münzwerten besteht, kann es bis zu 30 Sekunden dauern. Bargeldlose Zahlung ist mittlerweile mit allen vier in Österreich gebräuchlichen Kreditkarten, mit Bankomatkarte, elektronischer Geldbörse und Vorteilscard mit Zahlungsfunktion möglich.

Vom oben nach unten

Ein Pfeil samt kurzer Erklärung verdeutlicht jetzt am Eingabebildschirm die vorgegebene Reihenfolge für die Bedienung der verschiedenen Auswahlfelder (von oben nach unten). Zugleich fehlen wesentliche Erklärungen aber weiterhin. So wird nach wie vor die Bandbreite möglicher Fahrkarten (im Wiener Raum sind das fast 20) kommentarlos angeboten, was voraussetzt, dass die Kunden mit den lokalen Tarif-Finessen vertraut sind.

Karten auch fürs Ausland ab Herbst 2003

Im Herbst 2003 wird die Implementierung der Sitzplatzreservierung via Automat in Angriff genommen und werden 1000 ausgewählte internationale Ziele integriert, so dass bald auch Fahrkarten ins Ausland am Automaten gekauft werden können.

Rätsel: Wie kommt es zu den Preisen?

Ein grober Schwachpunkt ist nach wie vor die nicht nachvollziehbare Preisbildung. Grundsätzlich schlägt der Automat für die gewählte Fahrstrecke immer den Vollpreis vor. Tippt der Inhaber einer Vorteilscard seine Ermäßigung ein, beträgt der reduzierte Preis meist mehr als 50 Prozent. Das ist immer wieder Anlass für Ärger bei sich übervorteilt fühlenden Kunden, wie Beschwerdebriefe an „Konsument“ zeigen. Denn es wird nirgends erklärt, dass für Strecken in einem Verkehrsverbund-Gebiet als Vollpreis der Verbundtarif vorgeschlagen wird. Da die Verbünde viele Vorteilscards nicht anerkennen, wird die Vorteilscard-Ermäßigung aber vom meist etwas höheren unsichtbaren ÖBB-Tarif berechnet.

Tarifvarianten wählen

Mit der Funktionstaste „über“ kann der „Reiseweg“ verändert werden. Tatsächlich sind es meist aber Tarifvarianten (ÖBB, Verkehrsverbund), die hier zur Auswahl stehen. Warum ausgewählt werden kann, obwohl es laut ÖBB-Tarifbedingungen gar nicht erlaubt ist, bei Fahrten innerhalb eines Verkehrsverbundgebietes eine Fahrkarte nach ÖBB-Tarif statt nach Verbundtarif zu lösen, bleibt ein ÖBB-Geheimnis.

Wortreich aber unklar

Bei der Streckenfestlegung, die letztlich den Preis bestimmt, wird der Vorrang des Verbundgebietes hingegen auch gegen alle Gesetze der Logik durchgehalten. Der diesbezügliche „Klassiker“ ist die Strecke St. Pölten–Krems: Automaten im Bereich des VOR (Verkehrsverbund Ostregion) schlagen die Fahrt um satte 12 Euro vor (weil eine Strecke innerhalb des VOR-Gebietes zu Grunde gelegt wird, mit einem langen Umweg über Wien). Wem es auffällt, der kann mittels „über“-Taste die eigentlich gemeinte Direktverbindung um 4,60 Euro wählen. Ein Aufkleber auf den Automaten im VOR-Bereich weist mittlerweile wortreich, aber für Laien kaum verständlich, auf diese Eigenheit des Programms hin. Eine Beseitigung dieses Programmfehlers, der unaufmerksamen Kunden teuer zu stehen kommt, ist geplant, ein Zeitpunkt ist aber noch nicht absehbar.

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