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Paradies mit Schönheitsfehlern - Nur in der Werbung

Heile Welt der Werbung: Wäre es nicht schön, wenn sie auch wahr wäre? - "Kunde König", ein satirischer Kommentar von Alois Grasböck.

KONSUMENT-Kolumnist Alois Grasböck 
Alois Grasböck
1952 - 2017

Dieser Text erschien schon einmal, in Ausgabe 3/2014, und erinnert an Alois Grasböck. Fast 250 Mal hat er als „Kunde König“ an dieser Stelle mit scharfer Beobachtungsgabe und feinem Wortwitz den Blick auf große und kleine Merkwürdigkeiten der Konsumwelt gerichtet. Am 22. Dezember 2017 ist Alois Grasböck verstorben. Wir trauern um einen liebenswürdigen Kollegen. Unser aufrichtiges Mitgefühl gilt seiner Familie, seinen Freunden und den Kollegen von den Oberösterreichischen Nachrichten.

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Theoretisch leben wir längst im Paradies. Schon ein Brotaufstrich genügt, um aus einer glücklichen Familie eine superglückliche zu machen. Mütter strahlen vor Entzücken, wenn die Kinder ihre Kleidung verdrecken, weil das eh ein Waschmittel erledigt. Männer reißen sich ums Abwaschen, seit das mit einem Superspülmittel extrem viel Spaß macht. Die Handys sind gratis, die Autos gibt‘s mit einem Riesenrabatt, die Möbel werden pausenlos verbilligt.

Für dumm verkauft

Leider weist das Paradies den Schönheitsfehler auf, dass es nur in der Werbung existiert. Es ist ja durchaus verständlich, dass jeder seine Ware lobt, aber der Konsument tut gut daran, Grenzen zu ziehen. Sobald der Verdacht erwacht, man wolle ihn für dumm verkaufen, empfiehlt sich der Ausruf: "Nicht mit mir, das Zeug könnt ihr euch in die Haare schmieren!“

TV-Sendungen, die verblöden

Das ist nicht immer leicht. Angenommen, jemand schaut sich eine TV-Sendung mit einem hohen Verblödungsfaktor an, womöglich verschärft mit Deppen-Preisfragen der Sorte: "Ist ein Jumbo-Jet a) ein Elefantenfurz oder b) ein Flugzeug?“ Wer sich das geduldig bieten lässt, läuft Gefahr, dass auch seine Widerstandskraft gegen die Werbeblöcke erlahmt. Tritt dieser Fall ein, sollte die Kritikfähigkeit wieder geschärft werden.

"Die Ofenfrische" oder "die Aufgetaute"?

Nehmen wir für den Anfang ein harmloses Beispiel, etwa eine Pizza, die als „Die Ofenfrische“ beworben wird. Das wirft die Frage auf: Ist sie frisch und kommt sie aus einem Ofen? Nicht beim Kauf, denn da liegt sie stocksteif gefroren in der Kühltruhe, über ihr Alter weiß man nichts Genaues. Und bevor sie daheim doch aus dem Ofen kommt, wird sie erst einmal „Die Aufgetaute“.

Gespür für Mogelpackungen

Das regt zum Nachdenken an, und wer ein wenig übt, wird bald ein Gespür für Mogelpackungen, faule Sonderangebote und übertriebene Glücksversprechen entwickeln. Das dient der gesamten Menschheit, weil es beweist, dass die Dummheit keineswegs grenzenlos ist. Und wenn sich das bis zu den schwarzen Werbe-Schafen herumspricht, wird‘s auch nicht schaden.


Lesen Sie dazu auch den Bericht Unlauterer Wettbewerb: Werbeschmähs vor Gericht 3/2014.

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