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ICOs: die neue Krypto-Finanzierung - Risiko für Kleinanleger

Geldanlage: Bis zu 2 Milliarden US-Dollar will der WhatsApp-Konkurrent Telegram mit einem ICO in den kommenden Monaten einnehmen. Und auch in Österreich tut sich was: Die Crowdinvesting-Plattform Conda startet ein ICO. Aber was ist das überhaupt, ein Initial Coin Offering? Und ist es etwas für Kleinanleger?

Der Kurs-Höhenflug des Bitcoins in den vergangenen Monaten hat bei immer mehr Verbrauchern das Interesse an Kryptowährungen geweckt. Wie wir vom VKI dieses Thema grundsätzlich einschätzen, lesen Sie hier: Kryptowährungen: Bitcoin & Co - Digitale Münzen 

ICO Initial Coin Offering: Für Laien riskante Krypto-Unternehmensanleihen (Bild: Ivelin Radkov/ Shutterstock.com)

ICO: Initial Coin Offering

In der zunehmend "kryptischer“ werdenden Finanzwelt taucht nun eine neue Abkürzung immer häufiger auf, der wir uns im Folgenden widmen wollen: ICO – kurz für „Initial Coin Offering“. Was verbirgt sich dahinter? Es handelt sich um eine relativ neue Form der Unternehmensfinanzierung. Die Schöpfer der Bezeichnung ICO spielen dabei mit der Nähe zum IPO, dem „Initial Public Offering“. Das ist die englische Bezeichnung für einen Börsengang. ICOs sind aber keine Börsegänge. Bei einem ICO werden statt Aktien oder anderen Finanzanlagen zur Firmengründung sogenannte Coins (daher das „C“ im ICO) oder Tokens (deshalb gibt’s auch ITOs) einer virtuellen Währung ausgegeben. 

Echtes Geld für virtuelles

Es wird also zumeist „Echtgeld“ gegen „virtuelles Geld“ getauscht (bisweilen auch virtuelles Geld gegen virtuelles Geld). Im Unterschied zu einem Börsegang erfolgt diese Transaktion aber nicht über eine Wertpapierbörse, sondern wird direkt zwischen dem Emittenten (also dem Unternehmen) und dem Käufer abgewickelt. 

Ohne Regulierung

Für ein Unternehmen ist ein ICO eine interessante Angelegenheit. Stark vereinfacht gesagt braucht es keine Regulierung (mit einigen Ausnahmen – etwa, wenn die Coins als Unternehmensbeteiligung ausgestaltet sind) und die Coins sind im Prinzip frei verfügbar. Dem Anleger kann etwas, wenn auch virtuelles, als Sicherheit übergeben werden und die Einlösung liegt irgendwann in der Zukunft. 
Dabei gibt es unterschiedliche Varianten:

  1. Anspruch auf Kryptowährung: Der Käufer erwirbt einen Anspruch auf eine noch einzuführende und zu erstellende Kryptowährung. Über den zukünftigen Wert dieser Währung entscheiden ausschließlich Angebot und Nachfrage  – und gegebenenfalls noch zukünftige Akzeptanzstellen (z.B. der Einzelhandel: Werden die Coins als Zahlungsmittel akzeptiert?)
  2. Anspruch auf Coins oder Tokens: Der Käufer erwirbt Coins oder Tokens, die einen späteren Bezug von Produkten der Firma zu einem bestimmten Tauschkurs ermöglichen. In diesem Fall fungieren die Coins ähnlich wie ein Gutschein und sind nicht als eigenständige Währung gedacht.

Großer Trend

ICOs liegen auf jeden Fall im Trend. 2017 konnten Unternehmen rund um den Globus damit rund drei Milliarden US-Dollar einnehmen. Derzeit starten täglich weltweit Dutzende ICOs von Firmen aus den unterschiedlichsten Branchen. Wiewohl vor allem Start-ups und IT-Unternehmen die Nähe zu dieser Finanzierungsform suchen. 

Betrug und Ungereimtheiten

In Österreich gingen bisher rund eine Handvoll ICOs über die Bühne – von so modern klingenden Unternehmen wie Hydrominer, Herosphere oder Cointed. Aber ICOs werden von so manchen Experten auch kritisiert und von der Finanzmarktaufsicht genau beobachtet. Überall auf dem Globus wurden bereits Betrugsfälle rund um ICOs aufgedeckt – oder zumindest Ungereimtheiten aufgezeigt. Auch in Österreich. Bei Cointed etwa, einem Unternehmen aus Kufstein bzw. Wien, das alle möglichen Produkte und Dienstleistungen rund um Kryptowährungen anbietet, wurde kritisiert, dass das ICO nicht nach österreichischem Recht betrieben wurde. Denn abgewickelt wurde es von einer Holding mit Sitz in Hongkong.

Neuland für Juristen

Faktum ist: Die rechtliche Situation muss erst an diese junge Finanzierungsform angepasst werden – Neuland auch für Juristen und die Finanzmarktaufsicht. 

Risiken im Überblick

Die Risiken für Verbraucher hat die Finanzmarktaufsicht in einem Grundsatzpapier zusammengestellt: 

  • Unsichere Erfolgsaussicht: Typischerweise starten ICO-Projekte in einem sehr frühen Entwicklungsstadium neuer Geschäftsmodelle. Man weiß noch nicht, ob sich die Geschäftsidee gewinnbringend verwirklichen lässt. Die Wertentwicklung des Investments ist also nicht absehbar.
  • IT-Risiko: Die zugrundeliegende Technologie (Distributed Ledger bzw. Blockchain) ist meist relativ neu und oft nicht ausreichend getestet. Daher kann es nicht nur beim zu finanzierenden Projekt, sondern auch durch die verwendete Technologie zu Problemen kommen (Hacks, Codefehler etc.). 
  • Liquiditätsrisiko: Die Möglichkeit, den erworbenen Token auf einer Plattform zu handeln bzw. ihn wieder gegen gesetzliche Zahlungsmittel zu tauschen, kann eingeschränkt sein. Handelsplattformen sind darüber hinaus derzeit unreguliert und unterliegen daher nicht den strengen Transparenz- und Handelsvorschriften wie etwa Wertpapierbörsen.
  • Erhöhtes Betrugsrisiko: Einige Unternehmen haben möglicherweise nicht die Absicht, die eingenommenen Gelder oder virtuellen Währungen in der versprochenen Weise zu nutzen.
  • Unzureichende Dokumentation: Statt eines Prospektes gemäß Kapitalmarktgesetz gibt es bei ICOs in der Regel nur ein „white paper“. Dieses „white paper“ bietet lediglich eine Übersicht über Leistungen, Standards und Technik. Es unterliegt keinen gesetzlichen Vorgaben und kann unvollständig oder irreführend sein. 
  • Unzureichende Transparenz: Investoren haben in der Regel keinen Einblick in das Unternehmen oder die Entwicklung des Projektes. Oftmals ist ein komplexes technisches Verständnis notwendig, um die Merkmale und Risiken des ICOs vollständig zu verstehen. Es bestehen keine gesetzlichen Informations-Verpflichtungen, außer das Angebot fällt unter die Prospektpflicht nach dem Kapitalmarktgesetz (KMG).
  • Kein Anlegerschutz: Es gibt keine Einlagensicherung und keinen gesetzlichen Anlegerschutz. 
  • Keine Aufsicht: ICOs unterliegen zumeist keiner Regulierung und keiner Aufsicht. ICOs finden oft im Ausland oder auch im Internet statt. Eine Rechtsdurchsetzung kann dadurch erheblich erschwert bis unmöglich sein.

Coininvest 300

Ungeachtet dieser rechtlich unsicheren Rahmenbedingungen werden in den kommenden Monaten auch in Österreich neue ICOs erwartet. An der Professionalisierung des Systems wird gearbeitet. So wurde zum Beispiel Ende 2017 eine Plattform ins Leben gerufen, die Start-ups bei ICOs unterstützen soll: Coininvest 300. Betrieben wird die Plattform u.a. vom Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen KPMG und der Crowdinvestment-Plattform Conda. Letztere startete Ende 2017 selbst mit einem ICO (dem Pre-Sale/Vorverkauf), der bis Mitte des Jahres abgeschlossen werden soll. 

Fazit: hochspekulative Anlage

Lassen Sie sich nicht von den schick klingenden Begriffen rund um den Kryptowährungs-Hype blenden.

ICOs weisen aus unserer Sicht noch viele Unwägbarkeiten auf, die bei einer Kaufentscheidung nicht vernachlässigt werden sollten, nur weil es gerade modern ist, in diesem Segment zu investieren. Chancen und Risiken sind abzuwägen. Und vor allem gilt: ICOs sind eine hochspekulative Anlageform. Sie sollten nur Geld hineinstecken, mit dem ganz bewusst "gezockt“ werden soll – bei dem Sie also auch einen Totalverlust verschmerzen können.

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