Zum Inhalt

Autokindersitze - Sicherheitslücken geschlossen

  • Nicht jeder Sitz paßt in jedes Auto
  • ISOFIX als weltweiter Standard festgelegt
  • Gruppe 0+ schließt eine gefährliche Lücke

Die neuen 0+-Sitze bringen mehr Sicherheit für die Kleinsten.

Welcher Kindersitz ist der beste?“ Diese einfache Frage läßt sich leider nicht so eindeutig mit der Nennung eines Marken- und Produktnamens beantworten. Die von uns im Crashtest gemessenen Unterschiede beim Unfallschutz waren nicht so gravierend, daß einer der Sitze im Bereich Sicherheit schlechter als „gut“ bewertet werden mußte. Ausschlaggebend für die Wahl eines Kindersitzes und den bestmöglichen Schutz im Ernstfall sind aber auch andere Faktoren.

Probieren geht über studieren

Der sicherste Kindersitz ist nutzlos, wenn beispielsweise der Gurt im Auto zu kurz oder das Gurtschloß schlecht erreichbar ist, wenn die Polsterung zu weich oder so geformt ist, daß der Kindersitz nicht gut aufliegt, oder wenn zuwenig Platz zwischen der Rückbank und den Vordersitzen bleibt, und diese verstellt werden müssen. Unkomfortable Sitzpositionen für Beifahrer oder gar Fahrer sind absolut inakzeptabel. Am häufigsten treten solche Schwierigkeiten auf, wenn Reboard-Sitze der Gruppe I im Fond eines zweitürigen Kleinwagens montiert werden sollen. Natürlich sollte auch der Sprößling einigermaßen bequem sitzen. Die „durchschnittlichen“ (Profex Dooby, Klippan Futura) und „weniger zufriedenstellenden“ (Chicco Synthesis Lux) Teilurteile im Bereich Handhabung und Komfort resultieren in erster Linie aus dem sehr steilen Winkel der Rückenlehnen, der mit Rücksicht auf die Wirbelsäule eigentlich erst für Kinder ab drei Jahren vertretbar ist. Beim Chicco-Modell kommt eine unzureichende Abstützung von Kopf und Rücken dazu. Zusätzlich zu diesen Widrigkeiten bieten viele Verkäuferinnen und Verkäufer nicht gerade fachlich kompetente Beratung, wie wir in der Vergangenheit feststellen mußten („Konsument“ 3/99 und 4/98). Begeben Sie sich also unbedingt samt Auto und Kind auf Einkaufstour und befestigen Sie das in Frage kommende Modell vor dem Kauf probeweise eigenhändig – auch um festzustellen, wie einfach die Montage ist. Fehlbedienung ist nämlich eine nicht zu unterschätzende Gefahrenquelle, und manche Sitze sind konstruktionsbedingt sehr anfällig dafür. Im Test fiel vor allem der Profex Dooby mit dem einzigen „durchschnittlich“ unangenehm auf.

Fest verbunden dank ISOFIX

Die Ideallösung ist im Kommen: ISOFIX-Stecksystem zur einfachen und sicheren Montage.

Hundertprozentigen Schutz vor Fehlbedienung wird es wohl nie geben – und wenn Sie es selber richtig machen, dann werden es Oma und Opa sein, die den Gurt falsch herum führen oder zuwenig straff anziehen. Eine deutliche Vereinfachung und Verbesserung der Montage verspricht ISOFIX. Der Name ist Programm: ISO steht für die Internationale Organisation für Standardisierung, die das System entwickelt hat und nach jahrelangen Bemühungen tatsächlich alle Autohersteller dazu bewegen konnte, es als weltweiten Standard für Neufahrzeuge zu übernehmen. FIX spricht für sich selbst, denn ISOFIX-Kindersitze werden mittels Steckverbindungen bombenfest mit der Karosserie des Fahrzeuges verbunden. Da der Sitz kein Spiel hat und die Karosserie bei einem Frontalaufprall einen Großteil der Aufprallenergie auffängt, verringert sich die Belastung des kleinen Passagiers (vor allem jene durch das Vorwärtsschleudern des Kopfes) im Vergleich zu einem möglichst straff mit dem Gurt befestigten Sitz noch weiter.

Noch muß man vielfach abwarten

Derzeit stattet nur die VW-Gruppe (VW, Audi, Seat, Skoda) einen Großteil ihrer Neufahrzeuge mit den notwendigen ISOFIX-Rastbügeln aus. Einige andere Marken (zum Beispiel Ford und Renault) werden noch heuer folgen. Opel wiederum ist im Moment mit seinem eigenen Opel-Fix-System auf dem Markt, das ISOFIX sehr ähnlich, aber leider nicht damit kompatibel ist. Aus Sicht der Konsumenten wäre es wünschenswert, wenn auch Opel über kurz oder lang auf die internationale Norm umstellen würde. Spätestens dann, wenn die endgültige ISOFIX-Ausführung feststeht. Die zwei Rastbügel werden nämlich aller Wahrscheinlichkeit nach durch eine Zusatzbefestigung ergänzt, die eine mögliche vertikale Drehung des Sitzes unterbinden soll. Ab dann werden die Sitzhersteller sicherlich auch das Angebot verbessern. Im Moment gibt es nur ISOFIX-Sitze der Gruppe I, die ausschließlich über die Autohändler vertrieben werden.

Reboard-Sitze nicht nur für Babys

Erfreulich groß ist die Modellpalette mittlerweile bei der neuen Gruppe 0+. Dabei handelt es sich um Reboard-Liegeschalen, die etwas größer sind als die Liegeschalen der Gruppe 0 und Kinder bis zu einem Körpergwicht von 13 Kilogramm aufnehmen. Sie wurden geschaffen, um die Lücke zwischen den Sitzgruppen 0 und I zu schließen. Tatsache ist, daß viele Kinder größenmäßig sehr rasch über die Liegeschalen der Gruppe 0 hinaus wachsen. Befindet sich der Scheitel bereits nahe der Sitzoberkante, besteht kein optimaler Schutz mehr. Logische Folge ist, daß die meisten Eltern auf einen nach vorwärts gerichteten Sitz der Gruppe I umsteigen. Zu früh, denn Muskulatur und Wirbelsäule von rund neunmonatigen Kindern sind zu schwach, um den Körper und den schweren Kopf genügend zu stützen, geschweige denn, um die im Zuge eines Verkehrsunfalls auftretenden gewaltigen Belastungen unbeschadet zu verkraften. Gänzlich abzuraten ist von der Liegeposition – eine Funktion, die die meisten Sitze aufweisen. Sie mag zwar bequem sein, die möglichen Belastungen sind allerdings noch höher als in aufrechter Sitzposition. Mediziner und Unfallforscher sind sich jedenfalls darüber einig, daß Kinder möglichst bis 18 Monate in einem rückwärtsgerichteten Sitz transportiert werden sollten. Genau dies erlaubt die Gruppe 0+.

Mitwachsende Sitze sind ein Kompromiß

Sogenannte „mitwachsende“ oder Mehrbereichssitze, die im Extremfall (Kiddy 2000 reboard) sämtliche Sitzgruppen abdecken, erscheinen zwar auf den ersten Blick als eine praktische Sache. Ein Kompromiß sind sie allerdings immer, denn sie können ergonomisch nie optimal auf ein Kind einer bestimmten Altersgruppe zugeschnitten sein. Ab zwei Kindern wird die Anschaffung auch wirtschaftlich unattraktiv, denn man braucht auf jeden Fall einen zweiten Sitz. Und man kann durch die lange Bindung an das Produkt nicht von mittlerweile auf dem Markt befindlichen verbesserten Versionen der nächsthöheren Gruppe profitieren. Ungeklärt bleibt zuletzt die Frage, wie es mit der Lieferung von Ersatzteilen über einen Zeitraum von bis zu zwölf Jahren aussieht. Zumindest der Sitzbezug wird wohl kaum so lange durchhalten. Ein ganz wichtiger Hinweis zum Schluß: Mehrbereichssitze dürfen nur bis zum jeweiligen, vom Hersteller angegebenen Körpergewicht als Reboard-Sitze verwendet werden und müssen danach in Fahrtrichtung positioniert werden. Deshalb können nicht alle davon als Ersatz für die Gruppe 0+ herangezogen werden.

Tödlich verunglückte Kinder im Straßenverkehr 1998

*)13 davon ungesichert

Sitzgruppen von 0 bis III

Kinder unter 12 Jahren oder 1,50 m Körpergröße müssen im Auto mit einem geeigneten Kinderrückhaltesystem gesichert sein. Nachstehend sind die genormten Sitzgruppen aufgelistet. Ausschlaggebend ist vor allem die Gewichtsgrenze. Erreicht Ihr Kind diese Grenze oder wächst es über den Sitz hinaus (was speziell bei den Reboard-Liegeschalen oft der Fall ist), müssen Sie ohne Rücksicht auf das Alter auf eine höhere Gruppe umsteigen.


Gruppe

Gewicht

Alter

0

bis 10 kg

0 bis zirka 9 Monate

0+

bis 13 kg

0 bis zirka 18 Monate

I

9 bis 18 kg

zirka 9 Monate bis 3 Jahre

II

15 bis 25 kg

zirka 3 bis 6 Jahre

III

22 bis 36 kg

zirka 6 bis 12 Jahre

Anbieteradressen

Audi:

Auto Z Autozubehör HandelsgesmbH, Ketzergasse 120, A-1230 Wien, 01/866 96-0

Britax Römer Kindersicherheit GmbH,

Blaubeurer Straße 71, D-89077 Ulm, 00 49/731/93 45-0

Chicco:

Gschnitzer Kinderausstattung GesmbH, Katzmoosstraße 26, A-5161 Elixhausen, 0 66 2/48 07 91-0

Concord:

Knokin GesmbH & Co. KG, Babyhartwaren, Maierhof 130, A-4906 Eberschwang, 0 77 53/20 27-0

Kiddy:

Dornauer Autoausstattung GesmbH & Co. KG, Rochusgasse 1A–3, A-5020 Salzburg, 0 66 2/83 40 20-0

Klippan GesmbH,

Sägewerkstraße 24, D-83395 Freilassing, 00 49/86 54/46 78

Maxi-Cosi Deutschland GmbH,

Augustinusstraße 11 B, D-50226 Frechen-Königsdorf, 00 49/22 34/69 19 01

Profex:

Kern Viktor E. GesmbH, Percostraße 14, A-1220 Wien, 01/250 35-0

Recaro:

Teuber Automotive Componenten GesmbH, Deutschstraße 6, A-1230 Wien, 01/614 60-0

Storchenmühle:

Baby+Kind, Walter Hecht, Eisenwang 119, A-5322 Hof bei Salzburg, 0 62 29/38 50-0

Kompetent

Sitzt, paßt und hat keine Luft.

Am wichtigsten ist, daß sich der Kindersitz ordentlich und ohne allzu große Mühe in Ihrem Auto montieren läßt und Ihr Sprößling gut hineinpaßt. Achten Sie auf eine möglichst straffe Fixierung mit den Gurten. Je weniger Spiel, desto besser.

Sicher in der Mitte.

Die Mitte der Rückbank ist an sich der sicherste Platz in einem Auto. Allerdings nur dann, wenn Sie den Kindersitz mit dem dort befindlichen Sicherheitsgurt ordentlich befestigen können.

Nur mit orangem Aufkleber.

Kaufen Sie nur Sitze mit dem orangefarbenen Aufkleber und dem Hinweis auf die Prüfung nach ECE R 44/03 darauf. Die Versionen 02 und 01 sind nicht mehr zeitgemäß!

0+ ist eine gute Wahl.

Kinder bis 18 Monate sollten nach Möglichkeit entgegen der Fahrtrichtung befördert werden. Ziehen Sie daher die Gruppe 0+ der Gruppe 0 vor.

ISOFIX ist im Kommen.

Der neue, weltweite Standard reduziert die Gefahr der Fehlbedienung und verbessert die Unfallsicherheit. Fragen Sie bei einem geplanten Autoneukauf Ihren Autohändler.

Nur ohne Airbag.

Kindersitze dürfen nur auf Plätzen ohne Airbag montiert werden! Eine Deaktivierung durch die Werkstatt ist zwar möglich, bietet aber keine hundertprozentige Garantie. Außerdem sind erwachsene Beifahrer dann weniger geschützt.

So haben wir getestet

Im internationalen Gemeinschaftstest waren 12 Autokindersitze der Gruppen 0, 0+, I, II, und III in verschiedenen Kombinationen, einschließlich einer Baugleichheit.

Abwertung

Das „Konsument“-Testurteil konnte nicht besser sein als das Teilurteil in den Bereichen „Sicherheit“ beziehungsweise „Gefahr der Fehlbedienung“. „Komfort für das Kind“ war ausschlaggebend für das Teilurteil im Bereich „Handhabung/Komfort“. War dieses „weniger zufriedenstellend“, wurde das „Konsument“-Testurteil um eine Stufe abgewertet. Bei Sitzen, die mehrere Gruppen umfassen, gilt das Urteil der schlechtesten Gruppe.

Sicherheit

Prüfungen in Anlehnung an ECE R 44/03. Beim Frontalaufprall mit 50 km/h und Heckaufprall mit 30 km/h wurden unter anderem die Vorverlagerung sowie die Verzögerung von Kopf und Brust gemessen, außerdem das Bauchverletzungsrisiko. Der ISOFIX-Sitz wurde zusätzlich in einer auf dem Prüfschlitten montierten Golf-IV-Karosse untersucht.

Gefahr der Fehlbedienung

Falsch montierte Sitze stellen den Unfallschutz insgesamt in Frage. Wir haben dieses Problem auf Grundlage des ISO CD 13215-3 – auch mit Blick auf die Benützung durch mit dem System nicht vertraute Personen und Käufer von gebrauchten Sitzen – bewertet.

Gebrauchsanleitung

Zwei unabhängig voneinander arbeitende Teams mit je drei Prüfpersonen bewerteten die Gebrauchsanleitungen nach einer Checkliste mit 30 Fragen.

Handhabung/Komfort

Anhand der Gebrauchsanleitungen bewerteten die gleichen Teams die Handhabung und den Komfort. Dazu wurden die Kindersitze jeweils in einen zweitürigen Kleinwagen (Fiat Uno) und einen viertürigen Mittelklassewagen (Mercedes C-Klasse) eingebaut, um Ein- und Ausbau, Anschnallen der Kinder und Reinigungsmöglichkeit beurteilen zu können. Auffälligkeiten wurden zusätzlich durch einen Orthopädiefachmann beurteilt.

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

Das könnte auch interessant sein:

Test: Kombikinderwagen premium

Test: Kombikinderwagen

Nur die zwei preiswertesten Modelle sind gut. Die übrigen sind zu eng oder unbequem. Manche lassen sich zu Geschwister- und Zwillingswagen umbauen.

Schadstofftest Bisphenole in Kinderprodukten premium

Schadstofftest Bisphenole in Kinderprodukten

Wir haben Beißspielzeug, Decken, Dosen, Lätzchen, Schuhe, Sonnenbrillen, Strumpfhosen und Trinkflaschen auf problematische Bisphenole untersucht. Von 86 Produkten waren nur 28 frei davon.

Kinder-Sonnencreme im Test premium

Kinder-Sonnencreme im Test

Neun von insgesamt 17 getesteten Produkten sind gut. Vier halten den angegebenen UV-Schutz nicht ein und fallen durch, darunter die zwei teuersten Produkte im Test.

Gefördert aus Mitteln des Sozialministeriums 

Sozialministerium

Zum Seitenanfang