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Autokindersitze - Sparen am falschen Platz

, aktualisiert am

Was taugen Kindersitze zum Tiefpreis? Wir haben ­Modelle mit Preisen zwischen 40 und 80 Euro getestet.

In der Testtabelle finden Sie:

  • Fisher-Price FP3000
    baugleich mit Fisher-Price Safe Voyage Grow With Me
  • Fisher-Price FP4000
    baugleich mit Fisher-Price Cronos
  • Osann (Nania) BeOne SP Luxe
    baugleich mit Obaby Tiny Tatty Teddy
  • Osann (Nania) Racer SP
    baugleich mit Babyblume Kindersitz Highway SP
  • Osann (Nania) Safety Paris SP
  • Osann (Nania) Starter SP
  • Tiggo Bebehut
  • United-Kids Alpha Deluxe
  • United-Kids Kid Comfort
  • United-Kids Kidstar

In der Testtabelle finden Sie Kriterien zur Sicherheit (Aufprall, Sitzkonstruktion), Handhabung bzw. Ergonomie (Anschnallen, Größenanpassung, Bedienungsanleitung, Reinigung, Komfort, Platz, etc.) sowie Schadstoffanteile (PAK, Flammschutzmittel) der getesteten Kindersitze.

Hier unser Testbericht:


Zwischen 200 und 500 Euro kosten Markenkindersitze, von wenigen Ausnahmen abgesehen. Viele Eltern fragen sich daher, ob sie nicht mit einem billigeren Modell (fast) ebenso gut fahren. Auf Online-Plattformen wird eine Fülle an Sitzen angeboten, die nur 40 oder 50 Euro kosten. Muss man wirklich das Fünf- bis Zehnfache zahlen, um seine Kinder sicher im Auto transportieren zu können?

10 Modelle zwischen 40 und 80 Euro im Test

Diese Frage stellte sich auch das Konsortium aus europäischen Autofahrer- und Verbraucher­schutz­organisationen (darunter der VKI), das seit Jahren die Sicherheit und ­Gebrauchsfähigkeit von Kindersitzen testet. Zehn Modelle wurden für die jüngste Test­serie ausgewählt, der Preisrahmen reicht von knapp 40 bis 80 Euro. Der Test erfolgte unter denselben strengen Kriterien, wie wir sie für Markenprodukte anwenden (siehe unseren letzten Test inAutokindersitze - In Richtung Sicherheit).

Ähnliche Angebote im Billigsegment

Zu erwähnen ist, dass das Angebot an billigen Kindersitzen vor allem im Internet sehr groß ist. Und es wechselt rasch. Daher ist es möglich, dass die getesteten Sitze nicht ­lange auf dem Markt sind. Dennoch bietet das Ergebnis dieses Tests eine gute Orien­tierungshilfe für die Qualität von Billig­modellen. Häufig sind die Angebote im ­Billigsegment einander sehr ähnlich, nicht selten unterscheiden sich die Kindersitze nur durch äußere Details – etwa durch unterschiedliche Bezüge oder unterschiedliche Verrippungen. Immer wieder werden völlig idente Produkte unter verschiedenen Bezeichnungen angeboten. So zum Beispiel das Model United-Kids Alpha Deluxe, das in diesem Test nicht zufriedenstellend abgeschnitten hat.

Ein baugleiches Modell war schon im Jahr 2008 auf dem Markt – unter der Bezeichnung IWH Trade Max/Vario Max, auch damals lautete das Testergebnis „nicht zufriedenstellend“. Aber auch gut geeignete Sitze werden unter unterschiedlichen Namen angeboten: Der Sitz mit der Typen­bezeichnung BeOne SP Luxe ist (u.a.) unter den Namen Osann oder Nania erhältlich und überdies mit dem Obaby Tiny Tatty Teddy baugleich – getestet wurde Letzterer, die ­Ergebnisse sind aber auf das Modell BeOne SP Luxe übertragbar.

Krasse Sicherheitsmängel bei sechs Produkten

Ein guter Sitz um 80 Euro

Die Ergebnisse sprechen eigentlich eine klare Sprache: Mehr als ein „durchschnittlich“ kann man von einem Billigprodukt nicht erwarten, sechs von zehn wurden, vor allem wegen krasser Sicherheitsmängel, als „nicht zufriedenstellend“ bewertet. Nur ein Kindersitz weicht von dieser Regel ab, und zwar der schon erwähnte BeOne von Osann (Nania) für die ECE-Gruppe 0+. Sowohl punkto ­Sicherheit als auch Handhabung kann er mit teureren Sitzen mithalten; bei der Schadstoff­überprüfung wurden zwar Flammschutz­mittel im Überzug des getesteten Modells nachgewiesen, allerdings nur in begrenzten Mengen. Es handelt sich um die seit Jahren erste gute Babyschale für unter 100 Euro.

Gefährlich beim Frontaufprall

Zwei Modelle versagten beim Frontal­aufpralltest. Darunter ebenfalls ein Osann-Nania-Sitz, der Safety Paris SP für die ECE-Gruppe 0/I. Im Crashversuch wurden beide Schultergurte aus der Sitzschale gerissen und der Dummy wurde nur mehr vom Beckengurt gehalten. Bei einem solchen Unfall ­würde der Kopf des Kindes mit großer Wucht an den Vordersitz prallen. Beim Tiggo Bebehut (Gruppe I/II/III) verformte sich die Lehne extrem stark, der Kopf des Dummys wurde ebenfalls heftig nach vorne geschleudert und prallte auf den Vordersitz.

Kein Schutz beim Seitenaufprall

Vier Modelle haben den Seitenaufpralltest nicht bestanden. Betroffen waren abermals der Tiggo Bebehut sowie gleich drei Sitze von United-Kids. Der Grund dafür liegt durchwegs an ihren abnehmbaren Rückenlehnen. Für größere Kinder (ab etwa 25 kg) muss die Rückenstütze abgenommen werden, weil sie dem Kind nicht genügend Platz bieten. Ohne Rückenstütze bieten die Sitze allerdings ­keinen Schutz beim Seitenaufprall, ein Airbag allein kann ein Kind nicht ausreichend schützen. Im Seitencrash zeigte sich, das der Kopf des Kinderdummys genau in die Lücke zwischen dem vom Dachrahmen fallenden Kopf- und dem aus der Rückenlehne aus­tretenden Seitenairbag geschleudert wird und auf die Fahrzeugtür prallt. Daher ist ein Kindersitz ohne Rückenlehne für die Gewichtsgruppe bis 36 kg ungeeignet.

Mängel bei der Bedienung

Deutliche Mängel wurden auch in der Bedienung offenbar. Bei einigen Modellen erwies sich die Montage des Sitzes oder das Anschnallen des Kindes als ausgesprochen mühsam. Gestresste Eltern könnten damit in der Praxis leicht überfordert sein, Fehler – und somit Sicherheitsrisiken – sind vorprogrammiert.

Hoher PAK-Gehalt

Schließlich wurden in den Bezügen von sieben der zehn getesteten Sitze PAKs (poly­zyklische aromatische Kohlenwasserstoffe) nachgewiesen, und zwar in einer Menge, die über eine Verunreinigung hinausgeht. PAKs gefährden die Gesundheit ebenso wie die Umwelt (Gewässer). Der PAK-Gehalt war bei United-Kids Alpha Deluxe und Nania Starter besonders hoch. Das negative Schadstoff­urteil schlug auf das Endurteil durch, denn ein hoher Schadstoffgehalt soll nicht durch gutes Abschneiden in anderen Kriterien ausgeglichen werden können.

Testtabelle: Autokindersitze

Gefährlich beim Frontalaufprall

Nania safety Paris SP: Beim Frontalaufprall wurde der Anschnallgurt samt Rückwand aus der Sitzschale gerissen; Bild: Stiftung Warentest Gefährlich. Beim Frontalaufprall wurde beim Nania Safety Paris SP der Anschnallgurt samt Rückwand aus der Sitzschale gerissen.
Nania Safety Paris SP: Der Sitz wird mit dem Autogurt auf der Rückbank befestigt; Bild: Stiftung Warentest Die Ausgangslage. Der Sitz wird mit dem Autogurt auf der Rückbank befestigt.
Nania Safety Paris SP: Die Vorverlagerung des Dummys ist deutlich sichtbar. Bild: Stiftung Warentest Der Aufprall. Schon jetzt ist die Vorverlagerung des Dummys deutlich sichtbar.
Nania Safety Paris SP: Die Gurthalterung bricht, der Dummy schleudert in Richtung Fahrersitz. Bild: Stiftung Warentest Die Folgen. Die Gurthalterung bricht, der Dummy schleudert in Richtung Fahrersitz.

 

Steckbriefe der guten und durchschnittlichen Sitze

Autokindersitz Osann (Nania) BeOne SP Luxe (Bild: ICRT)Osann (Nania) BeOne SP Luxe

Sehr leichte Babyschale mit guten Testwerten. Sehr geringes Verletzungsrisiko beim Frontcrash, geringe Gefahr der Fehlbedienung. Beim Seitencrash nur durchschnittlich. Kleine Mängel bei Sitzeinbau und Bedienungsanleitung; dünne Polsterung, leicht erhöhte Schadstoffbelastung.

 

Autokindersitz Osann (Nania) Racer SP (Bild: ICRT)Osann (Nania) Racer SP

In jeder Beziehung durchschnitt­licher Sitz mit leichten Schwächen bei der Sicherheit. Steht nicht stabil im Fahrzeug. Bietet größeren Kindern zu wenig Platz, sehr eng, dünne Polsterung, Beinauflage nicht optimal. Leicht erhöhte Schadstoffbelastung.

 

Autokindersitz Fisher-Price FP3000 (Bild: ICRT)Fisher-Price FP3000

Ebenfalls leichte Schwächen bei der Sicherheit, der Sitz steht nicht stabil im Fahrzeug. Zu wenig Platz für ­größere Kinder, sehr eng, dünne Polsterung. Erhöhte Schadstoff­belastung: vor allem hoher PAK-Gehalt, weiters Flammschutzmittel.

 

Autokindersitz Fisher-Price FP4000 (Bild: ICRT)Fisher-Price FP4000

Der Sitz weist dieselben Mängel auf wie der FP3000: kein stabiler Stand, zu wenig Platz für größere Kinder, hoher PAK-Gehalt.

Zusammenfassung

Sicherheitsrisiko. Bei billigen Kinder­sitzen (unter 100 Euro) ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie hohen Unfallschutz ­bieten, gering. Im Test wurde nur ein Modell von zehn als gut bewertet. Keiner der Sitze ist mit dem Isofix-System aus­gestattet, das die Gefahr einer Fehlbedienung stark herabsetzen würde.

Schneller Modellwechsel. Gerade bei Billigmarken ist ein häufiger Modellwechsel zu beobachten. Immer wieder kommt es vor, dass Anbieter nach einem schlechten Testergebnis den Produktnamen ändern. So ist für Kaufinteressenten die schlechte Qualität des Produktes nicht mehr feststellbar.

Markensitze im Vergleich. Bei Sicherheitsprodukten sollte nicht der Preis die wichtigste Rolle spielen. Teurere Modelle schneiden in den Tests in der Regel wesentlich besser ab. Die Ergebnisse aktueller Modelle finden Sie im Autokindersitze - In Richtung Sicherheit.

Testkriterien

In einer internationalen Kooperation von Verbraucherorganisationen und Automobilclubs werden regelmäßig Autokindersitze hinsichtlich Unfallsicherheit, Handhabung/Ergonomie und Schadstoffen untersucht. Die Kindersitze werden für die Prüfung anonym im Handel eingekauft.

Unfallsicherheit

Die Sicherheit wird in einem Crashtest in Anlehnung an die Norm ECE R44/04 untersucht. Der Crashtest wird mit einer Golf-VI-Rohkarosserie durchgeführt, die auf einem Prüfschlitten gezogen wird. Experten prüfen unter anderem die Vorverlagerung und Verzögerung des Kopfes, die Verzögerung der Brust sowie das Verletzungsrisiko im Bauchraum. Bei mitwachsenden Sitzen werden unterschiedlich große Dummys eingesetzt. Die Messwerte der Dummys werden gespeichert, zusätzlich dokumentieren Hochgeschwindigkeitskameras den Aufprall.

Das Gruppenurteil Unfallsicherheit beinhaltet folgende Einzelprüfungen:

  • Frontaufprall: mit 64 km/h in Anlehnung an Euro-NCAP-Crashtests.
  • Seitenaufprall: Crashtest mit quer montierter Karosserie bei 25 km/h gegen eine fest stehende Tür.
  • Sicherheit der Sitzkonstruktion: Drei Experten beurteilen Gurtverlauf und Standsicherheit.

Handhabung/Ergonomie

Das Gruppenurteil Handhabung/Ergonomie beinhaltet folgende Einzelprüfungen:

  • Schutz vor Fehlbedienung. Drei Experten und vier Testpersonen prüfen die Sitze im Praxistest. Falsch montierte Systeme stellen den Unfallschutz infrage. Die Experten bewerten das konzeptionelle Fehlbedienungsrisiko – auch mit Blick darauf, dass die Kindersitze manchmal von Personen bedient werden, die mit dem System nicht vertraut sind.
  • Einbauen, Anschnallen, Sitzumbau und Größenanpassung: Beurteilung durch drei Experten. Testwagen: Ford Galaxy, VW Golf VI (fünftürig) und Fiat 500 C (zweitürig).
  • Bedienungsanleitung: Beurteilung der Anleitung anhand einer umfangreichen Checkliste. Die Tester bewerten dabei auch, ob die erforderlichen Warnungen vorhanden sind. Die ECE-Norm schreibt verschiedene Hinweise vor, etwa zur Unverträglichkeit von Airbag und Kindersitz.
  • Platzbedarf im Fahrzeug: Die Note zeigt, wie viel Platz der Kindersitz im Fahrzeug beansprucht. Je geringer der Platzbedarf, desto besser die Note.
  • Sitzposition: Beurteilung der Winkel der Sitzlehne und des Platzangebotes für die Beine.
  • Reinigung und Verarbeitung: Beurteilt wird: Abnehmen und Reinigen des Bezugs sowie die Verarbeitung von Sitzschale, Kanten und Nähten.
  • Komfort für das Kind: Beurteilt werden Beinauflage, Polsterung und die Sicht für das Kind.
  • Platz für das Kind: Alle Sitze werden mit Handhabungspuppen und Kindern untersucht.

Schadstoffe (0 %)

Sitzbezug, Gurte und Gurtpolster sowie Sitzpolster werden auf folgende Schadstoffe untersucht: PAK (polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe), Phthalate (Weichmacher), Organophospor-Flammschutzmittel, bromierte Flammschutzmittel, Organozinnverbindungen, phenolische Verbindungen, kritische Farbstoffe, Formaldehyd und Metalle.

Die Analyse auf PAK erfolgt in Anlehnung an die Vorgaben des Bundesinstituts für Risikobewertung und des ZEK (Zentraler Erfahrungsaustauschkreis): PAK-Dokument ZEK 01.2–08 (2011) und PAK-Dokument ZEK 01.4–08 (2012).

Bis auf PAK und Organophosphor-Flammschutzmittel wurden keine Schadstoffe nachgewiesen.

Abwertungen

Ist die Unfallsicherheit „durchschnittlich“ oder schlechter, kann das Testurteil nicht besser sein. Testurteil und Unfallsicherheit können maximal eine Note besser sein als die Noten für Frontal- oder Seitenaufprall. Sind Frontal- oder Seitenaufprall „nicht zufriedenstellend“, können Testurteil und Unfallsicherheit nicht besser sein.

Ist die Sicherheit der Sitzkonstruktion „weniger zufriedenstellend“ oder schlechter, kann die Unfallsicherheit nur eine Note besser sein (bestenfalls „durchschnittlich“).

Ist die Handhabung/Ergonomie „durchschnittlich“ oder schlechter, kann das Testurteil nicht besser sein.

Sind die Noten für Schutz vor Fehlbedienung, Anschnallen oder Einbau „weniger zufriedenstellend“ oder schlechter, kann die Handhabung/Ergonomie nicht besser sein. Ist die Note für Schadstoffe „nicht zufriedenstellend“, kann das Testurteil nicht besser sein.

Ist die Note für Schadstoffe „weniger zufriedenstellend“, kann das Testurteil nur eine Note besser sein (bestenfalls „durchschnittlich“).

Sind die Noten für Phthalate (Weichmacher), Organophospor-Flammschutzmittel, bromierte Flammschutzmittel, phenolische Verbindungen, Organozinnverbindungen oder Formaldehyd „durchschnittlich“ oder schlechter, kann das Urteil für Schadstoffe nicht besser sein.

 

Anbieter

Fisher-Price Kids im Sitz GmbH
Gottmadingen (D)
+49 7731 97 00 77
Osann (Nania)
Osann (Nania)

 

Osann (Nania) Kids im Sitz GmbH
Gottmadingen (D)
+49 7731 97 00 77
Osann (Nania)
Osann (Nania)

 

Tiggo GmbH
Rüdenau (D)
+49 9371 989 17 48
Tiggo GmbH

 

United Kids GmbH & Co KG
Nordhalben (D)
+49 9267 91 42 10
United Kids GmbH & Co KG

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