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Schimmel in der Wohnung - Selber schuld?

Lüften, Lüften, Lüften lautet die Standardempfehlung gegen Schimmelpilz. Doch nicht immer ist der Wohnungsnutzer schuld daran, sondern Bausünden, die Jahre zurückliegen – was schwer zu beweisen ist.

Schimmelbefall in Wohnungen:

Man sollte meinen, das komme höchstens noch in abgewohnten Substandardwohnungen vor. Irrtum: Immer wieder werden auch die Bewohner schicker Neubauten davon betroffen. Wenden die sich an Experten um Rat, bekommen sie fast immer die gleiche Antwort: Die Hauptursache für Schimmelbildung liegt im Benutzerverhalten – sprich: selber schuld!

Es stimmt ja auch wirklich in sehr vielen Fällen. Da wird im Winter fast nicht gelüftet; Wäsche, Badetücher und Schuhe werden in der Wohnung getrocknet; in der Küche dampfen die Kochtöpfe; und zu allem Überdruss läuft auch noch ein Luftbefeuchter oder ein Springbrunnen rund um die Uhr.

Schimmel an der Wand

Wenn diese Feuchtigkeit nicht hinaus kann, sucht sie sich andere Wege. Gelangt feuchte Luft beispielsweise hinter einen Kasten, der an einer Außenwand steht, sitzt sie in der Kältefalle. Die warme Raumluft kann nämlich viel mehr Wasserdampf aufnehmen als kalte. In einem Kubikmeter Luft von 22 Grad Celsius können bis zu 19 Gramm Wasser enthalten sein, bei 10 Grad jedoch nur 9 Gramm. Wenn nun die kalte Außenwand hinter dem Kasten die Luft abkühlt, fällt das überschüssige Wasser aus der Luft aus. Es kondensiert und bildet hässliche Schimmelflecken an der Wand.

Sorgfältge Planung von Sanierungsmaßnahmen

Beim Thema Feuchtigkeit unterlaufen selbst den Professionisten immer wieder schwere Fehler. Häufig werden bei Sanierungsmaßnahmen die Wechselwirkungen einzelner Bauteile (zum Beispiel beim Fenstertausch) zu wenig berücksichtigt; es wird unterschätzt, dass Dämm-Maßnahmen eine besonders sorgfältige Verarbeitung verlangen, wo Lücken nicht nachträglich einfach zugekittet werden dürfen. Oder dass zunächst die feuchte Mauer saniert werden muss, bevor man ans Dämmen geht. Bei älteren Gebäuden liegt der Mangel oft schon in der Errichtung begründet.

Ein typisches Beispiel:

Geschoßdecken aus Beton, die bis zur Außenkante reichen. Im Vergleich zur (Ziegel-)Fassade leitet die Betondecke die Wärme viel schneller ab, was bedeutet, dass sie auch schneller auskühlt und damit Wasserdampf kondensieren lässt. Solche Wärmebrücken entstehen auch an Balkonen oder Fensterstürzen ohne Dämmung. Vor 20, 30 Jahren entsprach diese Bauweise dem Stand der Technik, und sie gilt daher nicht als Baumangel. Aber auch heute kann Schimmelbildung schon im Neubau begründet liegen. Bei einem neuen Betonbau sind pro Quadratmeter Wandfläche bis zu 160 Liter Wasser gebunden. Es braucht Zeit, bis diese riesigen Wassermengen trocknen können. Sinnvoll wäre es, Neubauten ein paar Monate durchtrocknen zu lassen. Umso mehr, als Polystyrol, das mit Abstand gängigste Dämm-Material, nur sehr wenig Wasserdampf durchlässt, sodass die Feuchtigkeit in der Mauer gefangen bleibt. Bewohnte Häuser brauchen viel länger zum Austrocknen. Denn erstens können sie vor allem in der kalten Jahreszeit nicht ständig durchlüftet werden. Außerdem sorgen die Bewohner für zusätzliche Feuchtigkeit durch Schwitzen, Kochen, Waschen und so weiter. So kann es bis zu sieben Jahre dauern, bis die Wände eines Neubaus durchgetrocknet sind. Feuchteschäden treten oft erst nach Jahren auf. Umso schwieriger ist es dann für einen Betroffenen, das Verschulden nachzuweisen.

Vermieter muss Schäden beheben

Theoretisch wäre die rechtliche Situation gar nicht so schlecht für den Mieter: Der Vermieter muss eine Wohnung in brauchbarem Zustand übergeben; „ernste Schäden“ muss er auf seine Kosten beheben lassen. Und Schimmelbefall ist als ernster Schaden anzusehen, sofern er sich in die Bausubstanz eingegraben hat. Bei einem rein oberflächlichen Pilzbefall geht man dagegen davon aus, dass dieser vom Wohnungsinhaber mit herkömmlichen Hausmitteln dauerhaft entfernt werden kann.

Luftfeuchtigkeit messen

Im Konfliktfall muss der Mieter beweisen, dass der Schimmel durch Baufehler und nicht durch falsches Nutzerverhalten verursacht wurde, beziehungsweise schon bei Übergabe der Wohnung als verborgener Mangel bestanden hat. Je früher der Schimmelbefall bemerkt wird, desto besser. Bei Verdacht sollte man ein Hygrometer montieren. Ein solches Gerät zum Messen der relativen Luftfeuchtigkeit ist bereits um etwas mehr als 100 Schilling erhältlich. Der Wert sollte 65 Prozent, im Winter (bei minus 10 Grad Celsius) 55 Prozent, nicht überschreiten. Liegt die Luftfeuchtigkeit konstant darunter und bildet sich dennoch Schimmel in der Wohnung, so deutet dies auf das Vorliegen eines Baumangels hin. Wer regelmäßig misst und dies dokumentiert, kann den Vorwurf, zu wenig zu lüften, leichter entkräften.

Zumutbare Vorkehrungen

Das vom Wohnungsinhaber geforderte Verhalten muss zumutbar sein. So kann niemandem vorgeschrieben werden, die Fenster im Winter ständig geöffnet zu halten, oder Waschen und Kochen zu unterlassen. Wer ausreichend heizt und lüftet, hat das Recht, vom Vermieter die Behebung des Schadens beziehungsweise eine Herabsetzung der Miete zu verlangen. Tritt der Schimmelpilz in gesundheitsschädlichem Ausmaß auf, kann der Mieter den Vertrag vorzeitig kündigen. Allerdings gibt es keinen Grenzwert, ab wann Schimmel die Gesundheit gefährdet. Noch unschärfer ist die Definition für richtiges Nutzerverhalten: Was heißt ausreichend lüften?

Wer die Behebung eines Baumangels einfordert, sollte sich zuvor vergewissert haben, dass er seinerseits wirklich alles getan hat, um die Raumfeuchtigkeit gering zu halten. Es gibt eine Reihe von Landesstellen und privaten Instituten, die Messungen der Luftfeuchtigkeit und der Sporenbelastung der Luft vornehmen (Kosten: ein paar Tausend Schilling). Nur wird man dann möglicherweise nicht viel mehr wissen als zuvor; die Luftfeuchtigkeit kann man auch selbst mit einem Hygrometer feststellen. Wirklich hilfreich wäre ein Gutachten eines Zivilingenieurs, das allerdings bis zu 40.000 Schilling kosten kann. Davor scheuen die meisten Betroffenen zurück. Versuchen Sie daher, sich mit Nachbarn abzusprechen und gemeinsam vorzugehen, um die Kosten aufteilen zu können. Außerdem sollten Sie den professionellen Rat einer Mieterberatungsstelle einholen. Möglicherweise kann eine außergerichtliche Streitbeilegung einen teuren Prozess vermeiden.

Stoßlüften. Je besser die Fenster isoliert sind, umso wichtiger wird regelmäßiges Lüften, vor allem im Winter. Nicht ständig einen Spalt offen halten, sondern Stoßlüften bei weit geöffnetem Fenster, möglichst auch mit Durchzug von einem Fenster zum anderen. Mindestens dreimal am Tag fünf Minuten; zusätzlich bei konkreten Anlassfällen – beim Wäschetrocknen, Kochen oder nach dem Duschen.

Lüftungssysteme. Wer dafür keine Zeit hat oder zu vergesslich ist, kann sich auch eine automatische Be- und Entlüftungsanlage installieren lassen: sie sorgt für kontinuierlichen Luftaustausch bei lediglich geringem Energieverlust.

Ausreichend heizen. Um viel Feuchtigkeit aufzunehmen und wegzutransportieren, muss die Raumluft ausreichend warm sein (um 20 Grad Celsius). Ein häufiger Schimmelherd ist ein ungeheiztes Schlafzimmer, das nur durch Warmluftzufuhr aus anderen Räumen erwärmt wird. Die hereinströmende feuchtwarme Luft kondensiert hinter dem Schlafzimmerschrank oder dem Vorhang. Daher kalte Räume nie mitheizen, sondern geschlossen halten.

Außenwände freihalten. Vermeiden Sie schwere Wandvorhänge oder Wandverkleidungen vor kalten Außenwänden. Kästen sollten einen Mindestabstand von fünf Zentimetern aufweisen.

Schimmel entfernen. Bereits bestehender Schimmelbefall muss in jedem Fall beseitigt werden. Befallenes Material (Tapeten, Teppiche, Holzkomponenten) entfernen. Schimmelstellen an der Wand am besten mit Hausmitteln (fünfprozentige Sodalauge oder fünfprozentige Essigessenz) abwischen. Einweg-Handschuhe verwenden.

Woher die Feuchtigkeit kommt

1.Undichte Stellen am Dach (kaputte Dachziegel, undichte Abschlüsse bei Schornstein oder Dachluke)

2.Geschoßdecke, die bis nach außen reicht

3.Fehlende oder schlampig verlegte Fassadendämmung

4.Kondenswasserbildung an ungedämmten Wasserleitungen oder Lüftungsrohren

5.Lecks in Wasser- und Abwasserrohren

6.Eindringen von Grund- oder Sickerwasser wegen fehlender oder mangelhafter Abdichtung von Kellerwänden oder Kellerboden

7.Balkon mit nach außen ragenden Beton- oder Stahlteilen

8.Undichte oder verstopfte Dachrinne

9.Verdunstendes Wasser beim Kochen, Wäschetrocknen oder Duschen

VKI-Expertenhotline Bauen/Wohnen/Finanzieren: 0900 940 024
(Montag bis Freitag 9 bis 15 Uhr, öS 12,48 bis 14,88 je Minute)

Technische Beratung, Durchführung von Messungen:
Wir schicken Ihnen gerne eine Liste öffentlicher und privater Institutionen zu: Tel:(01) 588 770.

Beratung und Unterstützung in rechtlicher Hinsicht
gewähren
Mietervereinigung (Zentrale Tel: [01] 401 85-0)
Mieterschutzverband (Zentrale Tel:[01] 523 23 15-0) und
Mieter-Interessens-Gemeinschaft (Tel:[01] 216 16 93)

Gutachten.
Einige unabhängige Institutionen erstellen Gutachten zu teils sehr günstigen Preisen, beispielsweise das Technologische Gewerbemuseum (TGM), auch außerhalb Wiens;
Preis 5000 bis 10.000 Schilling. Tel:(01) 331 26-478.

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