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Büffelmozzarella - Blutiger Käse

Der Käse der Wasserbüffel Kampaniens wird von Gourmets in aller Welt ob seines Aromas geschätzt. Doch es klebt Blut daran – was einem den Appetit gehörig verderben kann.

Bild: WIRACHAIPHOTO, Alextype / Shutterstock.com

Sauer, gärig oder gar fischig. So empfanden manche Verkoster bei unserem jüngsten Mozzarella - Schwer zu verdauen den einen oder anderen Frischkäse am Ende der Lagerzeit.

Übel könnte einem aber auch werden, liest man Berichte über die Zustände auf den Wasserbüffelfarmen in Süditalien: "Zahlreiche Kadaver liegen herum – in fortgeschrittenem Verwesungszustand. Andere, noch lebende Kälber sind so abgemagert, dass sie kaum noch stehen können ..."

Über diese dunkle Seite des so beliebten "Mozzarella di bufala" hat die Tierschutzorganisation Vier Pfoten im Sommer 2014 erstmals berichtet. Die Verantwortlichen gelobten Besserung; jetzt – fünf Jahre danach – sollte eine positive Bilanz gezogen werden können. Doch sie fällt eher durchwachsen aus.

Wasserbüffel ohne Wasser

Wie kommt es eigentlich, dass Wasserbüffel, die vor allem in Asien beheimatet sind, in Europa gehalten werden? Nun, diese Rinderart liebt das Wasser bzw. Schlamm, ja sie ist sogar darauf angewiesen. Die Büffel haben weniger Schweißdrüsen, sind daher besonders wärmeempfindlich und benötigen Wasser zur Kühlung. Außerdem schützt sie ein Schlammbad vor Parasiten und Insekten, die die dicke Schlammschicht nicht durchdringen können.

Aus diesem Grund wurden Wasserbüffel von den Bauern Kampaniens anderen Rindern vorgezogen. Sie konnten in den sumpfigen Niederungen Kampaniens besser als Arbeitstiere eingesetzt werden. Heute werden sie längst nicht mehr dafür gehalten; aber man ist draufgekommen, dass man aus Büffelmilch wesentlich aromatischeren Käse machen kann als den eher geschmacksarmen und gummiartigen Mozzarella aus Kuhmilch.

400.000 Büffel in Intensivhaltung

Heute gibt es in Italien rund 400.000 Wasserbüffel in Intensivhaltung, drei Viertel davon in Kampanien. Das italienische Herkunftsgütesiegel DOP (Denominazione d’Origine Protetta) wird nur an Käse aus dem Süden Italiens vergeben, wobei über 90 Prozent der zertifizierten Milchprodukte aus den kam­panischen Provinzen Caserta und Salerno stammen. Ein Konsortium (Consorzio di ­Tutela della Mozzarella di Bufala Campana DOP) wacht streng darüber, dass nicht nur die Herkunft stimmt, sondern auch die Qualitätsstandards eingehalten werden.

Tierleid an der Tagesordnung

Das Tierwohl zählte da nie dazu. Im dicht ­besiedelten Umland der Millionenstadt ­Neapel gibt es viel zu wenig Grünland und schon gar keine Schlammpfützen für die Hunderttausenden Wasserbüffel. Eine artgerechte Tierhaltung ist daher – ohne größere Investitionen – so gut wie unmöglich. Die Büffel stellen generell höhere ­Anforderungen bei der Haltung als Hausrinder, gleichzeitig geben sie nur ein Viertel bis ein Fünftel der Milch einer Hochleistungskuh. Daher wird versucht, Kosten einzu­sparen, wo es nur geht. Geschwülste, unbehandelte Verletzungen und verdreckte Ställe sind an der Tagesordnung. 

4Pfoten hat zu dem Thema auch eine 4Pfoten: Video-Reportage Büffelmozzarella.

Grausame Tötungen

Männliche Kälber als "Abfall"

Was in der Öffentlichkeit das meiste Entsetzen hervorrief, war jedoch das Schicksal der männlichen Kälber. Um Milch zu geben, müssen die Kühe jedes Jahr ein Kalb zur Welt bringen; 50 bis 70 Prozent der Kälber sind männlich – die gelten aber als "nutzloser Abfall", weil es kaum eine Fleischproduktion gibt. Mehr als drei Viertel der Büffelfarmen sind reine Milchproduzenten. So lässt man die Tiere einfach verhungern oder ertränkt sie in Güllegruben oder in Flüssen.

Um wenigstens die illegale Tötung der Tiere zu unterbinden, zahlt man den Bauern neuerdings ­eine Prämie von fünf Euro, wenn sie die Kälber zum Schlachthof bringen, und zwar erst 20 Tage nach ihrer Geburt, wenn die Wunde der abgetrennten Nabelschnur verheilt ist.

Büffelfleisch hätte hohe Qualität

Büffelfleisch gilt als unverkäuflich. Dabei enthält es weniger Fett und schädliches Cholesterin und ist reich an Proteinen und Eisen. "Wir haben hier pures Gold, nutzen es aber nicht", so ein gern zitierter Ausspruch des Büffelzüchterverbandspräsidenten Angelo Coletta. Dazu bedürfte es nicht nur einer Marketingkampagne, sondern es wären auch Subventionen nötig, um die Umstellung zu erleichtern. Allein könnten das die Bauern nicht stemmen.

Weniger illegale Tötungen

Die Zustände auf den Büffelfarmen sind nach wie vor schrecklich, wie Vier Pfoten in der soeben veröffentlichten Nachuntersuchung feststellt. Anerkannt wird, dass die Zahl der illegalen Tötungen männlicher Kälber stark zurückgegangen ist. Laut dem Nationalen Statistik-Institut ISTAT sind die (legalen) Schlachtungen in Schlachthöfen von 4.621 in 2006 auf über 52.000 in 2017 gestiegen. Das ist wohl in erster Linie auf die Registrierungspflicht zurückzuführen, die es schwer macht, Kälber einfach verschwinden zu lassen. Dazu kommt die erwähnte Prämie von fünf Euro.

Resümee ernüchternd

Dennoch ist das Resümee des Vier-Pfoten-Reports ernüchternd: "Es gibt nach wie vor schwerwiegende Probleme betreffend das Wohl der Tiere." 27 Büffelfarmen wurden besichtigt. Die allermeisten weisen ver­heerende Mängel auf. Die Stallungen sind schmutzig, die Tiere liegen in ihren eigenen Exkrementen.

Kälber werden innerhalb der ersten Tage, wenn nicht unmittelbar nach der Geburt vom Muttertier getrennt. Männliche Kälber wirken schwächer (anscheinend lässt man sie sterben). Hufe werden nicht behandelt, die zu langen Klauen bereiten bei jedem Schritt Schmerzen, auch Geschwüre und Wunden bleiben unbehandelt, Nasenringe führen zu Infektionen. 

Marktmacht des Handels

Noch ein langer Weg

Kampagnenleiterin Nina Jamal von Vier ­Pfoten: "Was uns am meisten enttäuscht hat, ist, dass solche lösbaren Probleme nicht angegangen werden." Positiv sei, dass das Consorzio an Verbesserungen mit den Farmen arbeite. Vier Pfoten werde dazu eingeladen, Kurse für die Büffelzüchter abzuhalten.

Das sogenannte Classyfarms-Projekt habe eine Check­list geschaffen, die es den Betrieben ermögliche, Schwächen aufzudecken. Der Report hat unter den 27 untersuchten ­Betrieben immerhin drei ausgemacht, wo gewisse Verbesserungen durchgeführt wurden – zum Beispiel die Schaffung von Wassertümpeln oder andere Maßnahmen zur Kühlung. "Ein Anfang ist gemacht, aber die Industrie hat noch einen langen Weg vor sich", so Jamal.

Die erste Veröffentlichung der Missstände im Jahr 2014 habe einiges in Bewegung gebracht, ist sich Jamal sicher. Die Industrie zeige Gesprächsbereitschaft, die Supermärkte seien aufmerksam geworden, ­hätten Auflagen erteilt und Kontrollmöglichkeiten geschaffen. Anfangs habe das Consorzio betont, es sei nur für die Qualität der Milch zuständig. "Mittlerweile wird ­kommuniziert: Mehr Tierwohl heißt auch bessere Milchqualität."

Marktmacht des Handels

Dem Handel kommt aufgrund seiner Marktmacht eine wichtige Rolle beim Tierschutz zu, indem er die Einhaltung bestimmter Kriterien verlangt und Kontrollen durchführen lässt. Vier Pfoten hat die Maßnahmen von 13 Supermarktketten im deutschsprachigen Raum bewertet, darunter Hofer, Rewe und Spar in Österreich.

Allgemein haben die Unternehmen die Brisanz des Problems erkannt, an Verbesserungen wird nach wie vor gearbeitet. Vier Pfoten hat uns den letzten Stand der Bewertungen am 18. 10. 2019 bekanntgegeben. Demnach liegen die drei österreichischen Ketten knapp beisammen, mit leichtem Vorteil für Spar.

Besonders hervorzuheben sind bei Spar die ­Häufigkeit der Kontrollen und die strengen Tierwohlkriterien. Der Spar-Konzern verdankt dies dem Umstand, dass er sich auf einen Lieferanten (Garofalo) konzentriert, der sich selbst strenge Standards auferlegt hat. Was das eigene Engagement betreffe, sei Hofer hervorzuheben, ergänzt Jamal, weil diese Kette mit der Universität in Neapel Kriterien erarbeitet hat, die über die Mindestanfor­derungen von Vier Pfoten hinausgehen. Überdies führe Hofer laut eigenen Angaben selbst unangekündigte Kontrollen durch. In Deutschland werden Aldi Nord und Süd besonders gut bewertet, in der Schweiz Migros.

Woran soll sich der Konsument halten?

Auf Gütesiegel zu achten, ist in jedem Fall sinnvoll, jedoch nicht ausreichend. Das Siegel für geschützte Herkunftsbezeichnung DOP signalisiert zwar nicht mehr nur hohe Produktqualität, sondern hat wie erwähnt begonnen, auch den Tierschutz zu berücksichtigen. Aber damit steckt man noch in den Kinderschuhen.

Und "biologischer Büffelmozzarella" ist nach Ansicht von Vier Pfoten auch nicht aussagekräftig genug. Denn die Bio-Standards sind auf Rinder allgemein ausgerichtet; die artgerechte Haltung von Wasserbüffeln – vor allem der erhöhte Wasserbedarf – ist dabei nicht berücksichtigt.

Nina Jamal rät daher Konsumenten, sich einerseits an der Vier-Pfoten-Bewertung zu orientieren. Besser wäre es aber, selbst bei den Supermärkten genau nachzufragen, woher ihr Büffelmozzarella stammt und unter welchen Bedingungen er hergestellt wird. Das würde dem Handel klar­machen, dass Tierwohl nicht nur den Tierschutzorganisationen, sondern auch den Konsumenten wichtig ist. Natürlich gilt es auch, den Konsum problematischer Produkte möglichst zu reduzieren, auf pflanzliche Nahrungsmittel umzustellen.

Bewertung der Supermärkte

Vier Pfoten hat Supermarktketten nach fünf Kriterien bewertet. Sie wendet dabei eine vierstufige Bewertungsskala an: ++/+/~/-.

Sie finden hier die endgültige Version vom 18.10.2019, die bei Redaktionsschluss unserer Printausgabe noch nicht berücksichtigt werden konnte. Im Vergleich zur früheren Version sind die Unterschiede zwischen den drei heimischen Ketten Spar, Hofer und Rewe geringer geworden. 

Klick für Großdarstellung:

Büffelmozzarella: Tierwohl-Bewertung der Supermärkte Hofer, Rewe und Spar (Bild: Grafik-Anstalt)

Verschmutzte Nasenringe können Infektionen verursachen.
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Zusammengepfercht auf verdreckten Betonböden
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Die Klauen müssen regelmäßig geschnitten werden, um Schmerzen zu vermeiden.
Die Klauen müssen regelmäßig geschnitten werden, um Schmerzen zu vermeiden.

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Wasserbüffelfarmen: Der traurige Alltag der Rinder

(Alle Fotos: Vier Pfoten)

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